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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 18. März 2020 um 8:19 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WM/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Auf jeden bestätigten Corona-Fall kommen bis zu zehn unentdeckte
  2. Coronavirus: Warum Herr Drosten jetzt endlich schweigen sollte
  3. Corona-Virus-Pandemie – was lernen wir daraus?
  4. Die Solidarität der EU
  5. Die München-Theorie um „Patient null“
  6. Frankreich: Ausgangssperre und 100.000 Polizisten
  7. VW-Konzern stellt Produktion ab Samstag weitgehend ein
  8. Spain has nationalized all of its private hospitals as the country goes into coronavirus lockdown
  9. Von der Pandemie zum Wirtschaftskollaps?
  10. Kapitalismus kaputt?
  11. Zur Lage der Rente: Gerd Bosbach über die Hintergründe
  12. Equal Pay Day: Ab heute verdienen auch Frauen Geld
  13. Der 8-Stunden-Arbeitstag: die wechselvolle Geschichte eines Mythos
  14. Rettung des Regenwalds: Mit Selbstverpflichtungen eher nicht
  15. Mehr Befugnisse für die Polizei
  16. Verteidigungshaushalt soll stärker steigen als geplant – aber unter Corona-Vorbehalt
  17. Bundesrat: SPÖ und FPÖ zwingen Regierung zu Mercosur-Nein
  18. Oppositionsführer Gantz erhält Auftrag zur Regierungsbildung
  19. Sanders ist besser – aber nicht gut genug
  20. Offener Brief an die Mitglieder des Bundessicherheitsrates

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Auf jeden bestätigten Corona-Fall kommen bis zu zehn unentdeckte
    Auf jeden bestätigten Corona-Fall kommen bis zu zehn unentdeckte
    Jeden Tag erfassen Staaten weltweit die Zahl ihrer nachweislich am Coronavirus infizierten Menschen. Dabei ist allen klar: Tatsächlich liegt der Wert viel höher. Forscher wagen nun eine Schätzung. […]
    Bezogen auf die weltweite Statistik bedeutet das: zwischen einer und zwei Millionen Menschen könnten derzeit infiziert sein. Legt man die Fallzahlen des Robert Koch-Instituts für Deutschland vom Dienstagabend von mehr als 7000 bestätigten Infektionen zugrunde, hätten sich hierzulande bislang zwischen 35.000 und 70.000 Menschen infiziert. […]
    Laut der Auswertung wurden zu Beginn der Epidemie in China ungefähr 86 Prozent der Infektionen übersehen, nur 14 Prozent wurden identifiziert, schreiben die Forscher im Fachmagazin “Science”. Auf jeden nachweislich Infizierten kamen also ungefähr sieben unentdeckte Fälle.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung Jens Berger: Erstaunlich ist, dass im gesamten Artikel dazu nicht auf die wichtigen Implikationen dieser „Dunkelziffern“ auf die Risikobewertung der Krankheit eingegangen wird. Wenn die Zahl der tatsächlich Infizierten nämlich zehnmal so groß sein sollte, dann wäre nach Adam Riese auch die Sterblichkeitsziffer zehnmal so niedrig, da die Todesopfer sich bei diesem Indikator auf die Grundgesamtheit der Infizierten beziehen. Dann bekämen wir aber auch bei den „Durchseuchungsmodellen“ (die 60 bis 70 Prozent werden im Artikel ja angesprochen) ganz andere, viel niedrigere Ziffern, als die mit denen in der letzten Woche operiert wurde, um die massiven Gegennaßnahmen zu rechtfertigen. Denn dann wären wir – man traut es sich heute ja kaum noch sagen – bei den Sterblichkeitsziffern und den zu erwartenden Todesopfern tatsächlich im Bereich einer wenn auch schweren(!) Grippewelle. Die Studie aus Science ist übrigens nicht die erste Studie zu diesem Thema. Bereits am 31. Januar hatten internationale Forscher für die Stadt Wuhan mit sehr ähnlichen Dunkelziffern gerechnet.

    passend dazu: „Wir haben neue Symptome entdeckt“
    Hendrik Streeck ist wahrscheinlich der Virologe, der die meisten Patienten in Deutschland gesehen hat. Ein Interview über neue Covid-19-Symptome, Schnelltests und zu hohe Todeszahlen. […]
    Wie erklären Sie die geringen Todeszahlen in Deutschland im Vergleich zum Beispiel zu Italien?
    Darüber bin ich gar nicht überrascht. Denn in Italien hat man nur die sehr schwer symptomatischen Fälle getestet. Dabei hat die aktuelle Studie aus Shenzhen zum Beispiel auch herausgefunden, dass sich Kinder genauso häufig mit dem Erreger anstecken wie Erwachsene, sie entwickeln allerdings nur leichte oder gar keine Symptome. Folgt man der Studie und legt zugrunde, dass 91 Prozent Covid-19 nur mit milden oder moderaten Symptomen durchmachen, dann haben sich die Italiener zunächst nur auf die verbliebenen neun Prozent fokussiert. Hinzu kommt, dass dort auch nachträglich die Toten auf Sars-CoV-2 getestet werden. Auch in China gingen anfangs die Todeszahlen stark in die Höhe, nicht aber die Infektionszahlen, weil man sich dort ebenfalls auf die Toten konzentrierte. Jetzt ist es umgekehrt, weil in China viel mehr getestet wird.
    Quelle: FAZ

  2. Coronavirus: Warum Herr Drosten jetzt endlich schweigen sollte
    […] Drosten orientiert sich an der Idee “Flatten the Curve”, die, wie hier gezeigt, auf dem fatalen Irrtum beruht, man könne den Ausbruch ohne ganz radikale Maßnahmen “etwas verlangsamen”. Dies wird Deutschland in eine noch schlimmere Katastrophe führen, als sie Italien mit dem Zusammenbruch seines Gesundheitssystems gerade erlebt. Mich erreichen fast stündlich verzweifelte Lagebeschreibungen von Ärzten aus Italien, die dies bestätigen.
    Wer kann das so ignorieren, obwohl es glasklar ist, dass Deutschlands Infektionszahlen den italienischen gerade acht Tage hinterherhinken? Ganz Deutschland ist so verrückt.
    Natürlich ist Drosten nicht der einzig Verantwortliche, aber er war es, der in einer Talkshow die Idee in die Welt gesetzt hat, man könne 70 Prozent der Bevölkerung sich infizieren lassen. Es ist bezeichnend für unsere Mediendemokratie, dass eine unbedacht dahingesagte Zahlenspielerei in einer Talkshow offizielle Leitlinie der Bundesregierung geworden ist, und allenthalben nachgeplappert wird, auch von der AfD. Dabei genügt ein Mausklick, um zu sehen, dass es Ländern wie China, Südkorea, Taiwan und Singapur gelungen ist, nach erheblichen Ausbrüchen die Infektionsrate im Promillebereich (!) einzudämmen, auch Russland handelt vernünftig. Dazu bemerkt frontal21 lapidar, die Seuche sei in China “zum Stillstand gekommen”. Etwa von alleine? Es ist beispiellose Ignoranz, dass Deutschland sich nicht daran orientiert, welche Maßnahmen in diesen Ländern getroffen wurden und sich von dortigen Experten beraten lässt.
    Quelle: Alexander Unzicker auf Telepolis

    Anmerkung Jens Berger: Auch wenn die Überschrift vielleicht etwas anderes suggeriert, geht Autor Alexander Unzicker mit seinen Forderungen weit über die Empfehlungen des „Starvirologen“ Christian Drosten hinaus. Die NachDenkSeiten bleiben in dieser aufgeheizten Debatte beim Standpunkt, möglichst alle Argumente zu Wort kommen zu lassen und nicht unnötig vorzufiltern. Auch hier heißt eine Verlinkung nicht, dass wie wir auch alle Aussagen des Artikels teilen.

  3. Corona-Virus-Pandemie – was lernen wir daraus?
    Der Neoliberalismus, der unter anderem Krankenhäuser kaputtgespart und die Produktion lebenswichtiger Arzneimittel nach China und Indien verlagert hat, gehört auf den Müllhaufen der Geschichte!
    Die Corona-Virus-Pandemie offenbart, wie falsch es war, dass wir in der Ära des Neoliberalismus das Gemeinschaftsleben vernachlässigt haben. Nicht mehr Gemeinsinn und Zusammenhalt bestimmten weite Teile der Gesellschaft, sondern Selbstverwirklichung und Eigennutz.
    Umso erfreulicher ist es, zu beobachten, dass die jetzige Krise viele Menschen daran erinnert, wie wichtig es doch ist, zusammenzuhalten und füreinander einzustehen. So hat sich etwa im Saarland eine Nachbarschaftshilfe gegründet, die Hilfeleistende und Hilfesuchende zusammenführen und somit den Alltag vieler erleichtern will: nh-saarland.de. Eine Initiative, die ich gerne unterstütze.
    Was wir jetzt besonders sehen, ist, wer wirklich unverzichtbare Arbeit für uns alle leistet: Krankenschwestern, Altenpfleger, Ärzte, Verkäuferinnen, Paketboten, Fahrer und so weiter. Nicht die Investmentbanker, „Nieten in Nadelstreifen“ und anderen Multimillionäre, die vor allem die Propheten des Neoliberalismus und in der Politik besonders CDU und FDP jahrelang als „Leistungsträger der Gesellschaft“ gepriesen haben.
    Jetzt haben es Krankenschwestern, Pfleger, Verkäuferinnen, Paketboten, Fahrer und viele andere, die in schlecht bezahlten und unsicheren Arbeitsverhältnissen beschäftigt sind, schwarz auf weiß: Sie sind „systemrelevant“. Darum müssen sie in der aktuellen Corona-Krise weiter zur Arbeit gehen und riskieren, sich anzustecken. Es stimmt: Ohne diese Mitmenschen, die für unser Alltagsleben unverzichtbar sind, geht nichts mehr. Aber wenn die Corona-Krise überstanden ist, ist zu befürchten, dass wieder schnell vergessen wird, wie „systemrelevant“ diese Berufsgruppen mit schlechter Bezahlung, starker Belastung und familienunfreundlichen Arbeitszeiten sind. Das muss uns alle beschämen, vor allem aber diejenigen, die in Politik und Gesellschaft die Fehlentscheidungen der letzten Jahre zu verantworten haben, die zu schlechten Löhnen, unsicheren Jobs und Hungerrenten geführt haben. Hoffentlich zerstören der Corona-Virus und seine Folgen das Kartenhaus des Neoliberalismus. Wir brauchen wieder mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt und Solidarität und weniger Selbstverwirklichung und Eigennutz.
    Quelle: Oskar Lafontaine
  4. Die Solidarität der EU
    Wegen des Ausbleibens von Unterstützung aus Brüssel und Berlin bitten mehrere Staaten Europas Beijing um Hilfe im Kampf gegen Covid-19.
    Berlin (Eigener Bericht) – Nach dem Ausbleiben von Unterstützung sowie nach Exportverboten für medizinische Schutzausrüstung seitens Deutschlands und der EU bitten mehrere europäische Staaten China um Hilfe im Kampf gegen die Covid-19-Pandemie. Hatte vergangene Woche Italien erste Hilfslieferungen aus der Volksrepublik erhalten, weil Deutschland die Ausfuhr wichtiger Schutzkleidung nicht erlaubt, so hat sich am Sonntag nun auch Serbien mit der Bitte um Hilfe an Beijing gewandt. Vorausgegangen war der Beschluss der EU, das deutsche Exportverbot umgehend für sämtliche Mitgliedstaaten verpflichtend zu machen und die Ausfuhr wichtiger Güter zur Covid-19-Bekämpfung allenfalls noch in Ausnahmefällen zu gestatten. Serbien hat drastische Maßnahmen eingeleitet, um die Pandemie zu stoppen – ein Versuch, der in China gelungen ist, den Deutschland jedoch unterlässt; hierzulande heißt es nur noch, man wolle die Virus-Ausbreitung “verlangsamen”. Die Coronakrise verstärkt neben den Rissen in der EU auch die transatlantischen Spannungen: Die Trump-Administration hat einen aussichtsreichen deutschen Impfstoffhersteller zu übernehmen versucht.
    Quelle: German Foreign Policy

    Dazu: Die Solidarität der EU (II)
    Experten rechnen mit schweren Erschütterungen der EU in der Coronakrise. Zentrifugale Kräfte werden schon jetzt stärker.
    Berlin (Eigener Bericht) – Experten rechnen mit ernsten Erschütterungen der EU durch die Coronakrise und spekulieren über einen möglichen Zerfall der Union. Die schweren menschlichen Kosten der Pandemie und das Gefühl, “dass die europäischen Institutionen nicht helfen”, könnten gerade in den am härtesten betroffenen Ländern wie Italien und Spanien, die zugleich in hohem Maß verschuldet seien, zentrifugale Tendenzen hervorbringen, urteilt ein US-Experte. Bereits jetzt steigen die Spannungen etwa zwischen Deutschland auf der einen und Frankreich und Italien auf der anderen Seite, nachdem Berlin im Alleingang die deutschen Außengrenzen geschlossen und damit das Schengener Abkommen ausgehebelt hat. Während der Élysée-Palast “die unilateralen Maßnahmen an den Grenzen” verärgert moniert, heißt es in der EU-freundlichen italienischen Tageszeitung La Repubblica, Berlin sei, anstatt sich “mit den Partnern” detailliert abzustimmen, in einer der schwersten Krisen der Union einer “nationalen Logik” gefolgt. Faktisch habe damit das Covid-19-Virus die letzten “Illusionen” über die EU “hinweggefegt”.
    (…) Nur noch Rhetorik
    Steigender Unmut ist nicht nur aus Frankreich, sondern auch aus Italien zu vernehmen. Es sei “kein unbedeutendes Ereignis”, dass in Berlin, in “der Hauptstadt der hegemonialen Nation in Europa”, dem “Angelpunkt der ökonomischen und institutionellen Architektur, auf die die Union sich stützt”, entschieden worden sei, mit der Grenzschließung das Schengener Abkommen zu sprengen, hieß es zu Wochenbeginn in der linksliberalen Tageszeitung La Repubblica, die – im Gegensatz etwa zur italienischen Rechten und zum Milieu der Cinque Stelle, die auch in der Coronakrise jeweils deutlich EU-kritische Positionen vertreten – als prinzipiell in hohem Maß EU-freundlich gilt. Berlin habe den Bruch mit Schengen im Alleingang beschlossen, in Verfolgung “einer nationalen Logik”, anstatt den Schritt – so hatte es in der vergangenen Woche auch Macron gefordert – “mit den Partnern” zu diskutieren. Damit habe “das Virus in wenigen Wochen die Illusionen hinweggefegt”, für die Schengen – als Symbol der Freizügigkeit – stehe, hieß es in La Repubblica. Ähnliches habe man schon beobachten können, als Griechenland “um den Preis eines untragbaren sozialen Leidens saniert” worden sei – als man “begriffen” habe, “dass in der Union eine starre Hierarchie existiert”. All dies geschehe, während in Italien Hilfslieferungen aus dem “klugen China” einträfen, nicht aber von den “misstrauischen europäischen Freunden”: “Das Virus hat die Heucheleien zertrümmert, es bleibt nur die Rhetorik.”…
    Quelle: German Foreign Policy

  5. Die München-Theorie um „Patient null“
    In Italien empfinden viele die deutsche Grenzschließung als nationalen Alleingang. Ein Arzt ist überzeugt zu wissen, dass das Coronavirus aus Deutschland kam.
    Professor Massimo Galli, Chef der Abteilung für Infektionskrankheiten in der Klinik „Luigi Sacco“ in Mailand, ist überzeugt davon, dass Italiens „Patient null“, der das Coronavirus in den Norden des Landes eingeschleppt hat, aus Deutschland gekommen sei. Konkret: Es müsse ein Mitarbeiter des Autozulieferers Webasto aus Stockdorf bei München gewesen sein. Dort war am 28. Januar ein Manager positiv auf das Virus getestet worden, nachdem er am 20. und 21. Januar am Firmensitz mit einer Webasto-Mitarbeiterin aus Wuhan Kontakt gehabt hatte.
    (…) Ob sich die München-Theorie vom „Patienten null“ aus Deutschland erhärten lässt, steht dahin. Jedenfalls hat sie in Italien ein Narrativ verstärkt, wonach das Übel aus China über den Umweg Deutschland nach Italien gekommen sei.
    Quelle: FAZ
  6. Frankreich: Ausgangssperre und 100.000 Polizisten
    (…) Reformen ausgesetzt
    Sars-CoV-2 hat nun geschafft, was wiederholte Straßenproteste mit vielen Hunderttausenden und Streiks nicht erreicht haben: Macron erklärte gestern, dass er Reformen, namentlich die Rentenreform, ab sofort aussetzt. Im Rahmen der Mobilisation für den Gesundheits-Krieg brauche man alle Energie, “darum habe ich entschieden, dass alle Reformen, die gerade in Arbeit sind, ausgesetzt werden, angefangen die Rentenreform”.
    Zugleich verkündete Macron aber auch, dass seine Regierung dabei ist, ein Gesetz auszuarbeiten, das nichts weniger ist als ein neues Notstandsgesetz.: “Ab Mittwoch wird dem Ministerrat ein Gesetzesentwurf vorgelegt, dass auf die Dringlichkeit im Notfall antwortet und es erlaubt, über ‘Ordonanzen’ gesetzesmäßig in Bereichen zu agieren, die für die unmittelbar mit der Bewältigung einer Krise zu tun haben.”
    Die Akzeptanz für ein solches Unterfangen ist augenblicklich von einer Notwendigkeit gekennzeichnet, die corvid 19 aufdrängt. Niemand weiß genau, wie lange diese Situation der Notwendigkeiten vorhält. Ein wachsames Auge auf die Staatsaktivitäten – und nicht nur auf die individuellen sportlichen oder körperlichen Aktivitäten im Park – ist angebracht.
    Notmaßnahmen für die Wirtschaft
    Anzufügen ist, dass Macron auch für das gigantische Problem der Auswirkungen auf die Real- und Finanzwirtschaft (vgl. Kapitalismus kaputt) erste Lösungsvorschläge skizzenhaft präsentierte: Mit einem 300-Milliarden-Euro-Programm will er Unternehmen bei Bankkrediten helfen, darüber hinaus schlägt Macron vor, Steuerzahlungen wie auch Sozialabgaben für Unternehmen auszusetzen, auch sollen Strom- und Gasrechnungen “keine Probleme” darstellen. Wirklich?
    Im Fokus von Macrons Rede stand “Solidarität”, so sprach er gleichermaßen von Hilfen der Gemeinschaft für die Ärmsten und Bedürftigen wie auch für kleine und mittlere und andere Unternehmen. Ein großer Bogen, fürwahr. Was sich dann konkret zeigen wird, ist noch abzuwarten. Generell gab es die – nicht ungewohnte – Kritik an Macron, dass er große Worte verwendet, aber nicht entschlossen und verlässlich genug “konkret wurde”.
    Quelle: Telepolis
  7. VW-Konzern stellt Produktion ab Samstag weitgehend ein
    Der Volkswagen-Konzern will die Produktion in zahlreichen Werken wegen der Ausbreitung des neuen Coronavirus vorübergehend aussetzen. An den allermeisten Standorten solle an diesem Freitag die letzte Schicht laufen, heißt es in einem Brief des Konzernbetriebsrats an die Beschäftigten, der manger-magazin.de vorliegt…
    Quelle: Managermagazin
  8. Spain has nationalized all of its private hospitals as the country goes into coronavirus lockdown
    (…) The Spanish government has nationalized all of its hospitals and healthcare providers in the country in its latest move to combat the spread of the coronavirus.
    The Ministry of Health in Prime Minister Pedro Sánchez’s administration on Monday announced it would put all of Spain’s private health providers and their facilities into public control as the spread of COVID-19 continues to grip the country.
    The step was announced by Salvador Illa, Spain’s health minister, The Guardian reported.
    Illa also said fourth-year medical students in Spain would be asked to help the country’s health service, Politico reported, while companies capable of producing medical equipment should get in touch with the government.
    (…) There were 9,191 confirmed cases of the virus in Spain as of Monday, with 309 deaths linked to it.
    Quelle: Business insider
  9. Von der Pandemie zum Wirtschaftskollaps?
    (…) Jeder Staat muss sich auf massive Ausgabensteigerungen und Einnahmenausfälle einstellen. Das wird die Budgetdefizite sprunghaft ansteigen lassen.
    (…) Klassische Konjunkturmaßnahmen müssen ergriffen werden, können aber in der gegenwärtigen Lage nur eine beschränkte Wirkung haben. Zu denen zählt auch die Ankurbelung öffentlicher Investitionen, besonders effektiv in der Bauwirtschaft, in der Energieinfrastruktur, in den Datennetzen. Vieles davon braucht aber Zeit, und würde bei gleichzeitiger Gesundheitskrise keine so großen positiven Folgen haben. Auch die Unterstützung für Unternehmen bei Investitionen dürfte bloß beschränkt wirksam sein. Noch bei den günstigsten Kreditbedingungen werden nicht allzu viele Unternehmen nun ihre Produktionskapazitäten ausbauen.
    (…) Eine der wichtigsten Aufgaben bleibt, die Einkommen der breiten Bevölkerungsschichten zu stabilisieren und Massenentlassungen zu vermeiden. In der Großen Depression in Folge der Finanzkrise 2008 ist Deutschland dabei etwa mit der staatlich unterstützten Kurzarbeit gut gefahren. Kurzarbeit und Unterstützung durch den Staat führt dazu, dass Arbeitnehmer nicht entlassen werden müssen, stabilisiert die Einkommen während der Krise und führt vor allem dazu, dass es nach Überwindung der Krise einen schnelleren Aufwärtstrend gibt. Jeder Euro, der dafür ausgegeben wird, kommt letztlich mehrfach zurück.
    (…) Viele Unternehmen und Beschäftigte werden gegenwärtig und in den nächsten Wochen dramatisch getroffen werden. Das gilt für Hotels, Messebetreiber, Messebauer, Restaurants und deren Beschäftigte, für Theater und sonstige Kulturinstitutionen, Clubs, die gesamte Kreativszene, Schauspieler, Autoren, deren Lesungen ausfallen. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Es betrifft aber auch Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die die Kinderbetreuung übernehmen müssen, wenn Schulen und Kitas schließen müssen. Hier wird es Notmaßnahmen in Hinblick auf Entgeltfortzahlung etc. geben müssen. Grundsätzlich müssen wir davon ausgehen, dass ein bestimmter Teil der Bevölkerung richtig massiv betroffen sein wird, mit massiven Einkommenseinbußen bis hin zu existenziellen Bedrohungen. Gerade im Dienstleistungssektor kann eine Insolvenzwelle drohen. Es wäre weder gerecht, noch wäre es ökonomisch vorausschauend, die Unternehmen, Solo-Selbstständigen und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hier allein zu lassen und eine Pleitewelle hinzunehmen.
    Quelle: Gegenblende
  10. Kapitalismus kaputt?
    (…) Was hat oberste Priorität angesichts der rasch um sich greifenden Pandemiepanik, der abstürzenden Finanzmärkte und der sich in vielen Weltregionen abzeichnenden Rezessionen, die Millionen Menschen in ein existenzgefährdendes Elend zu stürzen drohen?
    Eine ordentliche, rasche umgesetzte Bankenrettung natürlich! Soviel müsste eigentlich noch aus dem letzten Crash von 2008/09 hängen geblieben sein.
    (…) The sky is the limit
    Diesmal scheint die Zähleinheit, mit der die Rettungsmaßnahmen des Staates sinnvoll quantifiziert werden können, nicht mehr die Milliarde, sondern die Billion zu sein (eine Billion sind 1000 Milliarden) – mit der Tendenz ins Unendliche. Die Bundesregierung kündigte buchstäblich Hilfen in “unbegrenzter Höhe” an, um den drohenden ökonomischen Zusammenbruch zu verhindern…
    Im Falle eines Wirtschaftseinbruchs sollen nun die berüchtigten Fiskalregeln samt den Schuldenbremsen in der Eurozone ausgesetzt werden, um den Mitgliedsstaaten mehr finanziellen Manövrierraum bei der Krisenbekämpfung zu verschaffen. All das Gerede über Schuldenbremsen und schwarze Nullen, mit dem das Berliner Spardiktat gegenüber Europas Krisenländern gerechtfertigt wurde – es ist jetzt schon Makulatur.
    Vorschläge, die vor wenigen Wochen das Ende der politischen Karriere bedeutet hätten, werden nun als Rettungsanker in die Diskussion gebracht. Der deutsche Wirtschaftsminister, Genosse Peter Altmaier, kündigte an, notfalls strategisch wichtige Betriebe zu verstaatlichen, um hochsensible Bereiche der Wirtschaft zu schützen. Auf der Webpräsenz der Tagesschau wird wiederum über “Helikoptergeld” diskutiert, um mit direkter Gelddruckerei und dem Verschenken von Bargeld – etwa 1.000 Euro pro Bundesbürger – dem Kollaps der Nachfrage entgegenzuwirken.
    Die EZB hat wiederum zusätzliche Anleiheaufkäufe angekündigt, um Liquidität in die Finanzmärkte zu pumpen, die bis Jahresmitte 120 Milliarden Euro umfassen sollen. Zudem können Banken auf “extrem günstige Finanzierungsbedingungen” hoffen, so das Manager Magazin. Umstritten ist die Zinspolitik, weil Schäuble und Steinbrück mitten im sich entfaltenden Krisenschub Zinserhöhungen fordern.
    Offen war bis Montagmittag, wie die europäische Notenbank den drohenden Zusammenbruch des Finanzsektors Italiens verhindern gedenkt, der unter einen gigantischen Schuldenberg, faulen Krediten und einer Staatsschuldenquote von rund 130 Prozent des BIP ächzt. Ein neuer Krisenschub in der Eurozone dürfte von Italien ausgehen.
    (…) Fazit: Offensichtlich wird, dass der labile, von Grund auf marode Spätkapitalismus inzwischen unfähig ist, größere externe Schocks zu verkraften. Wochenlange Produktionsausfälle lassen das auf uferloses Wachstum geeichte System in eine existenzbedrohende Krise stürzen. Eine grundlegende Systemtransformation scheint – auch vor dem Hintergrund der eskalierenden Klimakrise – unabdingbar.
    Am Beginn der voll einsetzenden Klimakrise, die eine Vielzahl unterschiedlichster externer Schocks mit sich bringen wird, gewinnt die Überführung des Kapitals in Geschichte, der Aufbau einer postkapitalistischen Gesellschaft, die den kommenden externen Schocks gewachsen sein wird, den Charakter einer Überlebensnotwendigkeit der menschlichen Zivilisation…
    Quelle: Telepolis
  11. Zur Lage der Rente: Gerd Bosbach über die Hintergründe
    von Bosbach/Korff: Für Ende März ist der Abschlussbericht der Rentenkommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ angekündigt. Die zukünftige Höhe und Finanzierung der Renten ist kontrovers, das Thema erscheint unübersichtlich. Der Mathematiker und Rentenexperte Prof. Dr. Gerd Bosbach beantwortet Fragen von Jens Jürgen Korff zum Hintergrund dieser Auseinandersetzungen.
    KORFF: Rentenkommission, Experten – das klingt alles sehr kompetent und unpolitisch. Wird die Kommission uns sagen, wie die Lage ist bei der Rente und beim Generationenvertrag?
    BOSBACH: Das ist ganz neutral nicht zu erwarten. Die versammelten Experten haben in der Kommission einiges geklärt, aber anderes wird wohl in Kommissionen vertagt oder der Bundesregierung als Aufgabe übergeben. Berichte und Prognosen zum Thema Rente sind häufig interessengeleitet und politisch gefärbt, auch dann, wenn sie von Experten kommen. Das haben wir bereits erlebt, als der Ökonom Axel Börsch-Supan im April 2018 zum Start der Kommissionsberatungen versucht hat, die Diskussion mit konstruierten „Sachzwängen“ in eine bestimmte Bahn zu lenken.
    KORFF: Eine zentrale Frage ist ja: Steigen die Kosten der gesetzlichen Rente ins Unermessliche?
    BOSBACH: Experten wie Börsch-Supan versuchen, diesen Eindruck zu erwecken, indem sie auf absolute Zahlen verweisen: Die Ausgaben der Deutschen Rentenversicherung sind von 2000 bis 2018 massiv gestiegen: Von 214 auf 308 Milliarden €. Das sieht auf den ersten Blick erschreckend aus. Doch auf den zweiten Blick sieht man: In der gleichen Zeit ist auch unser allgemeiner Wohlstand, gemessen im Bruttoinlandsprodukt (BIP), um weit über 50 % gestiegen, von 2,1 auf 3,35 Billionen €. Um die Kostenentwicklung realistisch einschätzen zu können, müssen wir uns anschauen, wie sich die Ausgaben im Verhältnis zum BIP entwickelt haben. Das sehen wir hier:

    KORFF: Das ist überraschend: Es ist keine Steigerung zu sehen. Alle reden von steigenden Rentnerzahlen, längeren Bezugszeiten und davon, dass die Renten in den letzten Jahren deutlich gestiegen sind. Stimmt das denn alles nicht?
    BOSBACH: Doch, das stimmt alles. Trotzdem ging der Anteil unseres Wohlstandes, den wir für die gesetzliche Rente ausgegeben haben, in den 2000er Jahren zurück und hat sich zurzeit bei gut 9 % eingependelt. Wenn wir mehr Geld zur Verfügung haben, geben wir mehr für Urlaub aus, mehr für Autos, mehr für Gesundheit, mehr für Kommunikation… Warum dann nicht auch mehr für Renten, wenn die Zahl der Rentner gestiegen ist?
    KORFF: Wie hat sich die Alterung der Gesellschaft dabei ausgewirkt?
    BOSBACH: Die Lebenserwartung stieg seit 2000 um 2,2 Jahre bei den Frauen und um 3,4 Jahre bei den Männern. Der Anteil von 65+ an der Bevölkerung stieg um mehr als ein Drittel von 15 auf über 21 %. Trotzdem kann von einer „Unbezahlbarkeit“ der gesetzlichen Rente – zumindest für die Vergangenheit – keine Rede sein.
    Quelle: Lügen mit Zahlen

  12. Equal Pay Day: Ab heute verdienen auch Frauen Geld
    Der Aktionstag “Equal Pay Day” macht jedes Jahr auf eine große Ungerechtigkeit aufmerksam: Bis zu diesem Tag arbeiten Frauen in Deutschland im Durchschnitt ohne Bezahlung, während Männer schon ab dem 1. Januar Geld für ihre Arbeit bekommen. 2020 entspricht dieser Unterschied 77 Tagen ohne Bezahlung. Der Equal-Pay-Day ist in diesem Jahr deshalb am heutigen 17. März.
    Vielfältige Ursachen für unterschiedliche Bezahlung
    Laut Statistischem Bundesamt beträgt der Unterschied der Bezahlung zwischen Männern und Frauen in Deutschland aktuell 21 Prozent. Die Ursachen für diese Ungerechtigkeit seien vielfältig, als wesentliche Gründe werden Teilzeitarbeit und Minijobs genannt, die deutlich mehr von Frauen in Anspruch genommen werden. Die sogenannten “Frauenberufe” seien tariflich schlechter bewertet und dadurch geringer bezahlt. Frauen seien in den gutbezahlten Führungspositionen außerdem nach wie vor deutlich seltener vertreten als Männer. Und oft bekämen Frauen auch für gleichwertige Arbeit weniger Lohn.
    (…) Familienarbeit gleichberechtigt teilen
    “Ohne konkrete Handlungskonzepte seitens der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, insbesondere zu den Themen Vereinbarkeit und Wiedereinstieg, werden wir da nicht wirklich weiterkommen”, so Steffen-Beck. “Entgeltgleichheit wird nur erreicht werden, wenn wir bei dem Verhandlungsbegriff auch das Private in den Blick nehmen. Nur wenn Familien- und Sorgearbeit gleichberechtigt geteilt wird, ist die Voraussetzung für alle geschaffen, berufliche Chancen voll wahrzunehmen.”
    Quelle: ndr

    Dazu: Equal Pay Day – mit Tarifverträgen zu mehr Lohngerechtigkeit
    Frauen verdienen durchschnittlich 21 Prozent weniger als Männer. Dort, wo Tarifverträge gelten, ist die Kluft zwischen den Gehältern deutlich kleiner. Die Politik sollte deshalb die Tarifbindung stärken und Maßnahmen ergreifen, die Männern und Frauen die gleiche Teilhabe an Erwerbs- und Sorgearbeit ermöglichen.
    (…) Tarifverträge führen zu ausgeglichener Bezahlung
    Gleiches Gehalt für Männer und Frauen – Tarifverträge tragen dazu bei. Denn dort, wo Tarifverträge gelten, ist die Verdienstlücke zwischen Frauen und Männern um durchschnittlich 10 Prozentpunkte geringer. Und Frauen, die nach Tarif bezahlt werden, erhalten fast ein Viertel mehr Gehalt als Frauen in nicht tarifgebundenen Unternehmen.
    Auch deshalb sollte die Politik die Tarifbindung stärken, unter anderem indem öffentliche Aufträge in Zukunft nur noch an tarifgebundene Unternehmen vergeben werden. Auch müssen Tarifverträge für ganze Branchen einfacher für allgemeinverbindlich erklärt werden. Vor allem frauendominierte Berufe im Dienstleistungssektor würden davon profitieren.
    Quelle: DGB

  13. Der 8-Stunden-Arbeitstag: die wechselvolle Geschichte eines Mythos
    „Es geht aber in einer Zeit, wie die jetzige ist, nicht an, dass auf der einen Seite Zehntausende Menschen länger als acht Stunden, zehn und elf Stunden arbeiten, während anderseits viele Zehntausende Menschen vollständig arbeitslos sind und nicht den nötigen Erwerb zu finden vermögen.“ Diese Worte sind aktuell wie nie. Tatsächlich sind sie aber beinahe 100 Jahre alt. Ausgesprochen wurden sie von Ferdinand Hanusch im Jahr 1918 als Begründung für die Notwendigkeit des 8-Stunden-Tages. Dieser steht zwar noch heute im Gesetz. De facto wurden die Arbeitszeiten seit seiner Einführung aber stetig ausgedehnt. Im Jahr 2018 wurde sogar der 12-Stunden-Tag legalisiert.
    Die Forderung nach dem 8-Stunden-Tag und einer 40-Stunden-Woche
    Blickt man zurück, so ist der 8-Stunden-Tag die zentrale Forderung der Arbeitnehmer:innenbewegung im 19. und 20. Jahrhundert gewesen.(…) Das Arbeitszeitgesetz 1969
    Der Einführung des AZG war ein von der SPÖ initiiertes Volksbegehren vorangegangen, das eine etappenweise Reduktion der Wochenarbeitszeit auf 40 Stunden bis Mitte der 1970er-Jahre forderte…Zusammengefasst lässt sich also festhalten, dass es nahezu 100 Jahre dauerte, bis die Forderung nach einem 8-Stunden-Arbeitstag und einer 40-Stunden-Arbeitswoche Realität wurde. Das AZG ist das Ergebnis dieses langen politischen Kampfes. Noch heute legt § 3 AZG die Normalarbeitszeit mit 8 Stunden pro Tag und 40 Stunden pro Woche fest.
    (…) Die Flexibilisierungsschraube dreht sich
    Bemerkenswert ist, dass seit der Einführung des AZG im Jahr 1969 alle wesentlichen Überarbeitungen des Arbeitszeitrechts darauf abzielten, die bestehenden Regelungen „flexibler“ zu gestalten…
    (…) Klar ist jedenfalls, dass knapp 50 Jahre nach seinem Inkrafttreten von der Grundidee des AZG wenig übrig geblieben ist. Die Normalarbeitszeitgrenzen von 8 Stunden pro Tag und 40 Stunden pro Woche stehen zwar noch im Gesetz. Der betriebliche Alltag sieht freilich anders aus. Die AZG-Novelle 2018 hat im Ergebnis den 12-Stunden-Tag legalisiert, der zuvor nur innerhalb enger Grenzen zulässig war. Bei der Gleitzeit sind nunmehr sogar 12 Stunden Normalarbeitszeit pro Tag möglich. Der Trend geht also eindeutig in Richtung Ausdehnung und nicht Reduktion der Normalarbeitszeitgrenzen.
    Quelle: a&w blog
  14. Rettung des Regenwalds: Mit Selbstverpflichtungen eher nicht
    Für Lebensmittel und Konsumgüter wird weiter abgeholzt. Entwaldungsfreie Lieferketten gibt es quasi nicht.
    In den letzen zehn Jahren haben sich viele Unternehmen verpflichtet zur Rettung des Regenwalds beizutragen und die Entwaldung in ihren Lieferketten einzuschränken oder zu stoppen. Die britische Nichtregierungsorganisation «Global Canopy» hat nachgeprüft, was aus diesen Selbstverpflichtungen geworden ist.
    Nicht viel, das zeigt der Bericht, den die Organisation Ende 2019 veröffentlicht hat. Es gibt zwar Fortschritte, das belegen auch Berichte anderer Organisationen wie Greenpeace, hinter ihren Zielen bleiben die untersuchten Unternehmen aber weit zurück.
    Die meisten ergreifen noch immer keine wirksamen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass ihre Versorgungsketten frei von Abholzung sind. Wirklich entwaldungsfreie Lieferketten gibt es quasi keine. Um die Zerstörung der Regenwälder aufzuhalten, reichten freiwillige Selbstverpflichtungen nicht aus, schließen die Autoren des Berichts. Das Ziel, die Zerstörung von tropischem Regenwald bis 2020 zu beenden, sei gescheitert.
    (…) Für den Regenwald war 2019 unter dem Strich so oder so ein desaströses Jahr, vor allem wegen der zunehmenden Entwaldung in Brasilien sowie ausgedehnten Bränden in Brasilien und Indonesien. Von den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen, die vorsehen, Entwaldung bis 2020 komplett zu stoppen, sind wir weit entfernt.
    Quelle: Infosperber
  15. Mehr Befugnisse für die Polizei
    Die Landesregierung hat ein neues Polizeigesetz beschlossen, das mehr Befugnisse für die Polizei und noch mehr Sicherheit bringt. Bei Geflüchteten, die eine Beschäftigungserlaubnis haben und in Arbeit stehen, soll die Zeit des Asylverfahrens auf den Duldungszeitraum angerechnet werden.
    „Die Landesregierung arbeitet in der Innenpolitik gründlich und lösungsorientiert. Heute haben wir im Kabinett gute Ergebnisse für Änderungen beim Polizeigesetz und Bleibeperspektiven für Ausreisepflichtige in Arbeit beschlossen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Anschluss an die Sitzung des Ministerrats. (…)
    Der stellvertretende Ministerpräsident und Innenminister Thomas Strobl erklärte: „Mit dem neuen Polizeigesetz machen wir Baden-Württemberg noch sicherer. Nach dem heutigen Kabinettsbeschluss gehen wir nun in die Anhörung und das parlamentarische Verfahren kann zügig durchgeführt werden. Zukünftig kann unsere Polizei dann Bodycams auch in Wohnungen und Geschäftsräumen einsetzen… Durch eine weitere Neuregelung im Polizeigesetz wird es unsere Polizei bei Personenkontrollen im Zusammenhang mit Großveranstaltungen, die ein besonderes Gefährdungsrisiko aufweisen, leichter haben, potentielle Straftäter aus dem Schutz der Anonymität zu holen. Und schließlich können nun auch Automatische Kennzeichenlesesysteme rechtssicher eingesetzt werden, nachdem die Regelungen der Rechtsprechung angepasst wurden. Das ist ein wichtiges Fahndungsinstrument, das eine personelle Entlastung für die Polizei bringt.“
    Um die Auswirkungen der Personenkontrollen bei Großveranstaltungen überprüfen zu können, werden die neuen Regelungen ein Jahr nach ihrem Inkrafttreten einer Evaluation unterzogen. Die neuen Regelungen zur Bodycam berücksichtigen in besonderem Maße die Vorgaben des Grundgesetzes zum Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung. Insbesondere bedarf die weitere Verarbeitung der Aufzeichnung einer Bodycam in Wohnungen einer richterlichen Zustimmung.
    Quelle: Baden-Württemberg.de

    Anmerkung Christian Reimann: Nach 2017 ist das nun eine weitere geplante Verschärfung des Polizeigesetzes durch die grün-schwarze Landesregierung. Im Zusammenhang mit den Maßnahmen gegen das Corona-Virus dürften kaum Widerstände gegen die damit verbundenen Einschränkungen von Freiheitsrechten laut werden. Dennoch: Widerstand scheint geboten.

  16. Verteidigungshaushalt soll stärker steigen als geplant – aber unter Corona-Vorbehalt
    Der Verteidigungshaushalt soll in den kommenden Jahren stärker steigen als bislang geplant. Das geht aus dem Eckwertebeschluss für den Bundeshaushalt 2021 und die mittelfristige Finanzplanung für die nächsten Jahre hervor, den das Bundeskabinett am kommenden Mittwoch beschließen will. Allerdings steht der gesamte Etat unter dem Vorbehalt der Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie.
    (…) Die nunmehr vorgesehene Aufstockung des Wehretats wird im Entwurf als Verstetigung der NATO-Quote im Jahr 2021 und des Eckwertes des Jahres 2021 bezeichnet. Die Bundesregierung hatte zugesichert, die so genannte NATO-Quote, den Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt, bis 2024 auf 1,5 Prozent zu erhöhen; wenn auch unter der von den Allianzmitgliedern vereinbarten Anhebung auf zwei Prozent.
    Quelle: Augen geradeaus!

    Anmerkung Christian Reimann: Ausgerechnet für die Rüstung hat der Möchtegern-Kanzlerkandidat der SPD und derzeitige Bundesfinanzminister Scholz mehr Geld übrig. Dabei wäre das Geld dringend nötig gegen “Zustände, die wir hier zum Teil haben, (die;C.R.) mit dem Wohlstandsniveau in einem Land wie Deutschland nur schwer zu vereinbaren (sind;C:R)” – z.B. zu wenig Lehrpersonal in Schulen und Hochschulen, viel zu wenig Personal im Öffentlichen Dienst und miserable Zustände in Krankenhäusern sowie Alten- und Pflegeheimen und das viel zu niedrige gesetzliche Rentenniveau. Zugleich ist Herr Scholz auch dafür verantwortlich: Bundesregierung spart jährlich 25 Milliarden durch Herunterrechnen der Hartz IV-Sätze.

    Und nun also die Aufblähung der Bundeswehr, die wohl auch wieder gegen Russland in Stellung gebracht werden soll – auch mit Hilfe des SPD-Mitglieds Scholz. Was daran sozialdemokratisch sein soll, kann er vermutlich selber nicht mal richtig erklären …

  17. Bundesrat: SPÖ und FPÖ zwingen Regierung zu Mercosur-Nein
    Das Mercosur-Abkommen zwischen der EU und Südamerika ist Geschichte: Der Bundesrat hat mit den Stimmen von SPÖ und FPÖ beschlossen, dass jeder Vertreter Österreichs gegen jede Form des Abkommens stimmen muss. Das Abkommen steht in der Kritik, die Lebensmittelsicherheit und die Umwelt zu gefährden.
    Nationalrat und Bundesrat können die Regierung zwingen, auf EU-Ebene eine bestimmte Position zu vertreten. Und das haben SPÖ und FPÖ im Fall des umstrittenen Freihandelsabkommens Mercosur gemacht: Die ÖVP-Grüne Regierung wird verpflichtet, auf EU-Ebene gegen den Handelspakt zu stimmen – der Beschluss aus dem Bundesrat ist bindend.
    (…) Kein Vertreter Österreichs darf das Abkommen also unterstützen – womit Mercosur Geschichte ist, weil die Zustimmung einstimmig sein muss. Im September kurz vor der Nationalratswahl haben bereits alle Parteien außer den NEOS gegen das Mercosur-Abkommen gestimmt. Der Bundesrat hat diesen Beschluss jetzt für die neue ÖVP-Grüne Regierung erneuert – und ÖVP, Grüne und Neos überstimmt…
    Quelle: kontrast at
  18. Oppositionsführer Gantz erhält Auftrag zur Regierungsbildung
    Israels Staatspräsident Reuven Rivlin ist zur Überzeugung gekommen, dass Oppositionsführer Benny Gantz die besten Chancen für eine Regierungsbildung hat.
    (…) Nach Abschluss der Gespräche bei Rivlin stand fest: Für Netanjahu als Regierungschef traten alle 58 Abgeordneten seiner bisherigen Koalition ein, Gantz empfahlen dagegen 61. Daraufhin erteilte Rivlin Oppositionsführer Gantz den Auftrag zur Regierungsbildung. Er hat nun maximal sechs Wochen Zeit dafür.
    (…) Prozess gegen Netanjahu wegen Coronakrise verschoben
    Die Opposition war sich auch einig in ihrer Kritik an der Verschiebung des Auftakts des Prozesses gegen Netanjahu. Ein von Justizminister Amir Ohana verfügter Notstand an Gerichten, der wegen Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus verhängt wurde, hat zur Folge, dass der für diesen Dienstag geplante Prozessstart verschoben wird. Netanjahu ist als erster Ministerpräsident in der Geschichte des Landes angeklagt. Ihm wird Bestechlichkeit, Betrug und Untreue in drei Fällen vorgeworfen. Als neuer Termin wurde am Sonntag der 24. Mai genannt. Zuvor hatten sich die Anwälte Netanjahus vergeblich um eine Verschiebung bemüht.
    Quelle: Süddeutsche
  19. Sanders ist besser – aber nicht gut genug
    Nach seiner deutlichen Niederlage bei den Vorwahlen in Michigan und anderen US-Bundesstaaten am vergangenen Dienstag hatten in der Demokratischen Partei viele gehofft, Sanders würde sich hinter Biden einreihen. Danach sah es am Sonntagabend in keiner Phase der Debatte aus.
    (…) Sanders wiederholte nicht nur seine bekannten Positionen zur Einheitskrankenversicherung für alle Amerikaner, zu den “Gaunern in der pharmazeutischen Industrie” und zum Einfluss von Milliardären auf Wahlen. Er attackierte Biden auch in ungewöhnlicher Schärfe wegen dessen angeblicher Zustimmung zu Einschnitten in das soziale Sicherungssystem. Als Biden das bestritt, unterstellte Sanders ihm zu lügen, wenn auch ohne das Wort zu gebrauchen.
    (…) Über die gesamte Debatte machte Sanders mit seiner einfachen, klaren Botschaft die bessere Figur. Er gewann nach Punkten. Das ist vermutlich zu wenig. Die Umfragen fallen so deutlich zugunsten von Biden aus, dass Sanders vermutlich nur mit einem K.-o.-Sieg noch einen Umschwung hätte bewirken können.
    (…) Und er hatte eine Nachricht mitgebracht: Er werde als Vizepräsidenten eine Frau auswählen. Das war zwar erwartet worden, Biden hatte es aber bislang nicht bestätigt. Es war der Teil der Debatte, über den später in den US-Medien prominent berichtet wurde. In Sachen Eigen-PR ist Biden so professionell wie Sanders.
    Quelle: SPON

    Dazu: Was nun, Bernie?
    Mit seinem innen- und sozialpolitischen Programm und seiner konsequenten Haltung zum Problem Israel/Palästina ist Bernie Sanders ein Störfaktor im aktuellen Kampf der Demokratischen Partei um die Präsidentschaft in den USA und trifft auf den geballten Widerstand ihrer korrupten Elite und den ihr nahestehenden Oligarchen und Medien.
    (…) Joe Biden wird heute als moderat angepriesen. Der Journalist Stephen Lendman verweist auf dessen fast 50-jährige Bilanz im Dienst der Demokraten als Senator und als Vizepräsident unter Obama mit einer langen Liste seiner Positionen und Abstimmungen zugunsten endloser Kriege und Maßnahmen, im ausschließlichen Interesse der Privilegierten, der Wallstreet und Konzerne. Mit etwas moderatem Make-Up wäre er also der verlässliche Demokratische Präsidentschaftskandidat.
    (…) Bernie Sanders hatte mit der großen Palette seiner weitgehenden sozialen und innenpolitischen Maßnahmen in seinem Wahlprogramm ein Land skizziert mit sozialen Bedingungen, wie viele es sich in den USA ersehnen…
    Anders als Obama, aber ähnlich wie Trump, hätte Sanders natürlich große Probleme im Washingtoner politischen Schlangennest und Sumpf des Militär-Industriellen-Medien-Komplexes auch nur zu versuchen, Maßnahmen anzupacken, die dessen Interessen widersprechen. Aber er versprach vieles davon durchzusetzen, wenn „wir“ im Weißen Haus sind.
    (…) Der Knüppel wurde kürzlich selbst gegen Sanders hervorgeholt. „Putin mischt sich wieder in den Wahlkampf ein.“ Aber dieser Putin konnte sich anscheinend nicht so recht entscheiden, wen von beiden er nun unterstützen soll. Am einfachsten also Trump und Sanders. Die Reaktion der beiden konnte nicht unterschiedlicher sein. Trump hat sich bis heute dagegen gewehrt und verklagt nun die Washington Post, die New York Times und CNN.
    Sanders hingegen gab sofort klein bei, winselte und erklärte gegenüber Journalisten „die Einmischung der Russen in die US-Wahlen“ sei eine „hässliche Sache“ um „uns zu spalten“. Das haben sie 2016 getan. Sie versuchen, Chaos zu verursachen und Hass in Amerika zu erzeugen“.
    Im Gegensatz zu Donald Trump, betrachte er Vladimir Putin nicht als „guten Freund“ und betonte Putin sei „ein autokratischer Gangster“, der die amerikanische Demokratie untergraben will. „Mir ist es ehrlich gesagt egal, wen Putin als Präsidenten will. Meine Botschaft an Putin ist klar: ‚Halten Sie sich aus US-Wahlen heraus, und als Präsident werde ich sicherstellen, dass Sie das tun.’“
    Albrecht Müller von den NachDenkSeiten meinte dazu, wenn diese Aussagen stimmen, „dann ist dieser Hoffnungsträger auch ein hoffnungsloser Fall. Denn dazu, an die erkennbare und deutliche Einflussmöglichkeit Russlands auf die Wahlen in den USA zu glauben, gehört schon eine ordentliche Portion Einfalt.“…
    Quelle: Ken FM

  20. Offener Brief an die Mitglieder des Bundessicherheitsrates
    Ein breites Bündnis aus Organisationen aus der Entwicklungs-, Friedens- und Menschenrechtspolitik und humanitären Hilfsorganisationen fordert:
    Umfassendes Rüstungsexportverbot für die Jemen-Militärkoalition
    Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
    der Beginn des Kriegs im Jemen jährt sich bald zum fünften Mal. Im Jahr 2019 gab es mehr als 3.000 direkte Todesopfer, sehr viel mehr Menschen leiden an der durch den Krieg verursachten Not. 24 Millionen, oder rund 80 Prozent der Bevölkerung, davon 12,3 Millionen Kinder, sind auf humanitäre Hilfe angewiesen…
    Wir, die unterzeichnenden Organisationen, fordern die Bundesregierung deshalb auf, das im September letzten Jahres gegenüber Saudi-Arabien verlängerte Rüstungsexportmoratorium erneut zu verlängern und weitere wirksame Schritte zu unternehmen, um den Nachschub an Waffen für den Krieg im Jemen zu unterbinden.
    Angesichts der nach wie vor eklatanten Verletzungen des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte durch die dortigen Kriegsparteien muss die Bundesregierung zwingend das Moratorium in ein umfassendes und zeitlich nicht befristetes Rüstungsexportverbot für die Mitglieder der von Saudi-Arabien geführten Militärkoalition überführen. Dieses darf keine Ausnahmen für Komponentenlieferungen im Rahmen europäischer Gemeinschaftsprojekte und bereits erteilter Exportgenehmigungen zulassen…
    Rüstungsexportgenehmigungen in Länder der Militärkoalition im Jemen stehen damit im eklatanten Widerspruch zu selbst gesetzten Vorgaben der Bundesregierung sowie nationalen, europäischen und internationalen rechtlichen Verpflichtungen, wie sie sich aus dem Gemeinsamen Standpunkt der Europäischen Union und dem internationalen Waffenhandelsvertrag ergeben.
    Daher fordern wir Sie als Mitglieder der Bundesregierung auf:
    Verhängen Sie nun ein umfassendes, rechtlich verbindliches und zeitlich nicht befristetes Rüstungsexportverbot gegenüber allen Mitgliedern der von Saudi-Arabien angeführten Militärkoalition im Jemen, solange diese am bewaffneten Konflikt beteiligt sind, oder die Gefahr besteht, dass auch deutsche Rüstungsgüter zu Menschen- und Völkerrechtsverletzungen im Jemen beitragen. Dieses Rüstungsexportverbot darf keine Ausnahmen für Komponentenlieferungen im Rahmen europäischer Gemeinschaftsprojekte und bereits erteilte Exportgenehmigungen zulassen.
    Folgen Sie der Entschließung des Europäischen Parlaments und setzen Sie sich für ein EU-Waffenembargo gegen alle Mitglieder der von Saudi-Arabien angeführten Militärkoalition im Jemen ein.
    Quelle: Justice now


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