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Titel: Massiver Kampagnenjournalismus bei der Hamburg-Wahlberichterstattung des ZDF.

Datum: 24. Februar 2020 um 7:41 Uhr
Rubrik: Medienkritik, Strategien der Meinungsmache, Wahlen
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Wer gestern Abend ab kurz vor 18:00 Uhr die Wahlberichterstattung des ZDF, dann „Heute“ und „Heutejournal“ verfolgt hat, wurde fortwährend mit eindeutigen Absichten der Meinungsindoktrination konfrontiert. Es ging wie immer gegen alles Linke. Gegen die nach Meinung der ZDF-Wahlbeobachterinnen zu linke Bundes-SPD-Führung, für Scholz und für die SPD der Hamburger Art. Das Ganze wurde gewürzt von voreiligen Kommentierungen zum angeblichen Misserfolg der AfD. Albrecht Müller.

Hier zunächst das „Vorl. Ergebnis der Vorabauszählung“, wie es amtlich heißt.

Die genaue Auszählung läuft ab 8:00 Uhr. Danach wird das genaue Ergebnis bekanntgegeben. Dieses hier abgebildete Ergebnis ist also immer noch vorläufig.

Ergebnis vorläufige Auszählung mit Verlusten und Gewinnen:

  • SPD 39 Prozent (- 6,6)
  • CDU 11,2 Prozent (- 4,7)
  • Grüne 24,2 Prozent (+ 11,9)
  • Linke 9,1 Prozent (+ 0,6)
  • FDP 5 Prozent (- 2,4)
  • AfD 5,3 Prozent (- 0,8)

Nun zu den besonderen Leistungen des ZDF am Wahlabend:

  1. Die Hamburger SPD wird durchgehend und ohne Fragezeichen zum Sieger erklärt, obwohl sie nach den Hochrechnungen um die 7 % verloren hatte. Explizit wurde diese Interpretation dann mit dem bekannten Trick erreicht: Das Ergebnis mit früheren Umfragen für die SPD verglichen. Umfragen sahen die SPD wohl mal bei rund 30 %. Verglichen damit sind die 38 %, von denen am frühen Wahlabend die Rede war, in der Tat ein beachtlicher Zuwachs. Tatsächlich beträgt der jetzt vorläufig gemessene Verlust 6,6 Prozentpunkte.
  2. Unentwegt wurde von den ZDF-Größen darauf abgehoben, dass die neue SPD-Bundesparteiführung in Hamburg nicht auftrat und auch nicht eingeladen worden war. Die Absicht war klar: Die als links bezeichneten, obwohl tatsächlich moderaten neuen Vorsitzenden Esken und Walter-Borjans und ihre Empfehlung für die sozialdemokratischere Ausrichtung der SPD sollte offensichtlich diskreditiert werden. Besonders sichtbar wurde das im Gespräch zwischen Frau Schausten und dem vom ZDF angeheuerten Experten, Professor Korte. Da war die Rede davon, es sei am Wahlergebnis sichtbar, dass die SPD gewinnen könne, wenn die „Mitte“ gestärkt werde.

    Empfohlen wurde der Typ „Hamburg-SPD“ einschließlich des früheren Ersten Bürgermeisters Olaf Scholz.

    ZDF-Chefredakteur Peter Frey wörtlich:

    „Natürlich: In Hamburg ging es heute vor allem um Hamburg, um Umwelt, Verkehr, Wohnen, Bildung. Aber die selbstbewusste Nordmetropole hat auch bundespolitische Signale gesetzt.
    Zunächst an die SPD. Sie kann noch gewinnen. Mit hanseatischem Trotz hat Hamburg den als Scholz-Klon verspotteten Peter Tschentscher deutlich im Amt bestätigt. Ein Sieg ohne die neue Parteispitze. Hamburg stimmt für eine SPD von Mitte und Vernunft.“

    Nirgendwo wurde wenigstens andeutungsweise darauf hingewiesen, dass die Hamburger SPD mit dem mächtigen Seeheimer Kahrs einen der fragwürdigen Charaktere enthält und dieser Charakter auch die Hamburger SPD insgesamt „auszeichnet“.

  3. Vom ZDF wurden ständig Koalitionsmöglichkeiten gezeigt, auch grafisch – mit den Grünen, mit der CDU. Dass die SPD auch mit der Linkspartei koalieren könnte, wurde konsequent unterschlagen. Nicht dass diese Koalition besonders wahrscheinlich wäre, aber die Koalition mit der geschlagenen CDU ist genauso unwahrscheinlich. Diese wurde aber als Option erwähnt. Die Option einer Koalition SPD/Linkspartei wurde vermutlich auch deshalb konsequent verschwiegen, um nicht den Eindruck zu erwecken, dass es in Hamburg eine linke Mehrheit ohne die sogenannten bürgerlichen Parteien CDU, FDP und Grüne gibt.
  4. Richtig peinlich war die Darstellung des AfD-Ergebnisses. Hier wurde trotz wiederkehrenden Erwähnens der Unsicherheit des bis dahin festgestellten Wahlergebnisses praktisch davon ausgegangen, dass die AfD nicht mehr in der Hamburger Bürgerschaft vertreten sein werde. Es wurde im Film gezeigt, wie traurig die Stimmung bei der Wahlfeier in der AfD-Geschäftsstelle war. Dann kam aber alles anders. Die Auszählungen ergaben, dass die AfD in der Bürgerschaft vertreten sein wird. Dann hätte man im auf diese Nachricht folgenden „Heute Journal“ wenigstens erwarten dürfen, dass das ZDF auf die Fehleinschätzung der Wahlberichterstattung zwischen 18:00 Uhr und 19:30 Uhr hinweist. Nichts davon. Kampagnenjournalisten dürfen keine Schwäche zeigen.

    Besonders peinlich war in diesem Zusammenhang eine Anmerkung des ZDF-Chefredakteurs in seinem Kommentar im Heute Journal. Wörtlich:

    „Und schließlich die AfD. Wo ihr parlamentarischer Aufstieg begann, verliert sie jetzt. Rassismus säen und sich dann nach Gewalttaten wie in Halle und Hanau scheinheilig distanzieren – darauf haben die Hamburger heute die richtige Antwort gefunden.“

    Nach dem bisher vorliegenden Ergebnis hat die AfD gerade mal 0,8 % verloren. Die SPD 6,6 %, die CDU 4,4 % usw. Offenbar hatte der ZDF-Chefredakteur die Wahlberichterstattung seines Senders zwischen 18:00 Uhr und 19:30 Uhr gesehen und nicht mehr mitbekommen, dass die AfD in der Bürgerschaft vertreten sein wird und ihr Verlust mit 0,8 % ausgesprochen gering ist. Auf diese dumme Weise kann man der AfD wirklich nicht begegnen. Im Gegenteil. Das fördert den von ihr gepflegten Eindruck, ein Opfer zu sein.

  5. Der CDU, die mit dem vorläufigen Ergebnis von 11,2 % wirklich jämmerlich abschnitt, wurde breiter Raum zur Darstellung gegeben. Im Heute Journal wurde der CDU-Generalsekretär 4 Minuten und 4 Sekunden lang interviewt. Der Generalsekretär durfte ellenlang begründen, dass die Bundes-CDU einen Grundsatzbeschluss hat, der auch in Thüringen eine Zusammenarbeit nicht nur mit der AfD, sondern auch mit der Linkspartei ausschließt. In diesem Zusammenhang kam auch von der Interviewerin Marietta Slomka, die den Eindruck harten Fragens vermittelte, im Heute Journal kein einziger Hinweis auf die Rolle der Ost-CDU im DDR-„Unrechts“-Staat und kein Hinweis auf die vielen Nazis in der CDU der Nachkriegszeit.

Das war wahrlich ein Ausbund an Kampagnen-Journalismus. Wie zu hören ist, war es bei der ARD nicht viel anders.


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