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Titel: Aufruf zu Julian Assange in der Bundespressekonferenz

Datum: 5. Februar 2020 um 17:00 Uhr
Rubrik: Aufbau Gegenöffentlichkeit, einzelne Politiker/Personen der Zeitgeschichte, Erosion der Demokratie, Veranstaltungshinweise/Veranstaltungen
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Am morgigen Donnerstag um 10:30 h findet in der Bundespressekonferenz eine Veranstaltung mit Sevim Dagdelen, Sigmar Gabriel, Gerhart Baum, Herta Däubler-Gmelin, Navid Kermani und Günther Wallraff statt, die der Unterstützung von Julian Assange dienen soll. Es ist höchst erfreulich, dass sich solche „Schwergewichte“ wie die Bundesminister a.D. jetzt endlich zu der schon seit Jahren in dieser Sache engagierten Sevim Dagdelen gesellen. Hier findet sich der diesbezügliche Aufruf. Leider findet Moritz Müller doch ein paar Wermutstropfen, die sich aber sicher noch ausbügeln lassen.

In dem Aufruf wird Ex-FDP-Innenminister Gerhart Baum wie folgt zitiert: „Man plane keine Sympathieerklärung für den 48-jährigen Australier, sondern „eine Sympathieerklärung für die Menschenrechte, die auch für ihn gelten“.

Ich finde es bemerkenswert, dass Herr Baum sich gleichzeitig mit der Erklärung schon wieder von Julian Assange distanziert, wenn dieser seit mittlerweile fast 10 Jahren von vier „demokratischen“ Regierungen auf das Äußerste und in menschenverachtender Weise bedrängt wird. Siehe hierzu das bestürzende Interview mit dem UN-Sonderberichterstatter für Folter, Professor Nils Melzer. Wenn Herr Baum wirklich etwas für Julian Assange erreichen will, sollte er so eine Distanzierung vielleicht hintanstellen und warten, bis Herr Assange in Freiheit und Sicherheit ist. Ich hoffe, dass es sich hier um Herrn Baums persönliche Meinung handelt.

Weiter wird Herr Baum zitiert: „Die genannten Prominenten seien im Übrigen nicht allein. „Der Protestprozess ist schon lange im Gange“, so der Liberale. „Es gibt sehr viele Unterstützer. Das Spektrum ist sehr breit. Auch Amnesty International ist dabei.“

Ich weiß nicht, ob ich hier etwas verpasst habe oder ob Herr Baum mehr weiß als ich. Gerhart Baum erklärt, dass AI dabei sei. Das kann ich nirgends erkennen. Wenn man auf deren internationale Website geht und “Assange” eingibt, dann kommt nach Relevanz geordnet eine Meldung vom 13. Mai, dass die Vergewaltigungsvorwürfe auf Genaueste überprüft werden müssen.

Die schwedischen Behörden haben dieses von Herrn Melzer beschriebene Verfahren im November 2019 zum dritten Mal eingestellt. AI hat 2700 Angestellte. Da müsste doch einer dabei sein, der die Website auf dem aktuellsten Stand hält und keine 9 Monate alten obsoleten, rufmörderischen Statements stehen lässt. Merkwürdig…

Ich habe genau vor einem Jahr an Amnesty International UK geschrieben und um Hilfe für Herrn Assange, der sich damals noch in der ecuadorianischen Botschaft in London aufhielt, gebeten. Aber mir, und danach auch anderen, wurde daraufhin erklärt, dass Assange in den Augen von Amnesty International kein “Prisoner of Conscience” (gewaltfreier politischer Gefangener) sei. Als ich das zum ersten Mal las, war ich ziemlich fassungslos.

Wir haben Kumi Naidoo, den Generalsekretär, zweimal persönlich darum gebeten, dass sich AI für Assange einsetzt, aber es ist nichts in dieser Richtung passiert. Auf jeden Fall nicht offensichtlich, und wenn etwas unbemerkt hinter den Kulissen vorginge, so sollte AI doch zumindest obiges Vergewaltigungsstatement vom 13. Mai 2019 richtigstellen.

Vielleicht hat Herr Baum ja Einfluss auf Amnesty International und seiner Ankündigung folgen jetzt Aktionen. Amnesty International könnte in kürzester Zeit tausende Demonstranten auf die Straße bringen.

Amnesty leistet in vielen Bereichen vorbildliche Arbeit, die man auf keinen Fall missen möchte, aber im Lichte meiner oben genannten Beobachtungen im letzten Jahr klingen einige der AI-Slogans leider etwas hohl. Dies könnte Generalsekretär Kumi Naidoo mit frischer Substanz ausfüllen, denn er ist ein südafrikanischer Veteran, der in sehr jungen Jahren höchstpersönlich und mit großem Einsatz gegen die dortige Apartheid gekämpft hat.

Wie gesagt, ich schaue trotzdem mit positiver Erwartung auf die morgige Veranstaltung in der BPK und hoffe, dass Herr Baum hier nicht für alle Beteiligten gesprochen hat, die ja zum Glück auch sehr wortgewaltig sind und ihre Nuancen setzen können, wenn sie denn wollen.

Ich will hier keine Grabenkämpfe einleiten, sondern nur um Besinnung und für uneingeschränkte Solidarität werben für den Menschen Assange, der sich in Lebensgefahr befindet. Wie von Herrn Melzer beschrieben, sind wir hier an einem Scheideweg, der uns alle betrifft oder betreffen wird.

Denjenigen, die sich selbst engagieren will, seien die folgenden Websites empfohlen, denn hier kann man das von Gerhart Baum erwähnte, breite Spektrum eindrucksvoll erleben:

Korrektur Moritz Müller 6. Februar 8:02 Uhr: Im obigen Artikel sind mir bedauerlicherweise zwei Fehler unterlaufen. 1. Die Zitate von Gerhart Baum stammen aus dem RND-Artikel (Redaktions-Netzwerk Deutschland), in dem der Aufruf, der heute in der BPK erfolgen soll, angekündigt wird. Es gibt diesen Aufruf also zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Ruptly und Phönix werden heute um 10:30 Uhr live aus der BPK berichten. 2. Kumi Naidoo ist im Dezember aus gesundheitlichen Gründen als AI-Generalsekretär zurückgetreten und es gibt noch keinen offiziellen Nachfolger. Ich wünsche ihm eine gute Besserung und einen Job, in dem er wieder sagen kann, was er will, wie z.B. 2013 in Davos! Trotz meiner Kritik an Amnesty Internationals inakzeptabler Haltung in der Assange-Affäre hat es mich beeindruckt, wie Kumi Naidoo im letzten März aus der Sicherheit seines Hauptquartiers in London alleine zu uns Aktivisten auf die Straße trat. Siehe Foto im offenen Brief an ihn.


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