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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 20. Januar 2020 um 8:05 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Bürgerkrieg in Libyen – “Deutschland darf sich nicht wegducken”
  2. Deutschlands blühender Antiamerikanismus ist eine Schande
  3. USA wollen über eine Milliarde US-Dollar zur Bekämpfung der chinesischen Dominanz in 5G investieren
  4. Doppelte Standards
  5. Bundesentwicklungsminister Müller gegen Bundeswehreinsatz in Mali
  6. Sahra Wagenknecht über ihren Rückzug – „Mehr geistige Freiheit“
  7. Soleimanis “untold facts”
  8. Bundeswehreinsatz in Libyen möglich
  9. Merz will radikale Steuerreform: „Bierdeckel kommt beidseitig beschrieben“
  10. SPD-Chefin Esken: „Die schwarze Null muss weg“
  11. CO2-Grenzwerte – Diesen Autoherstellern drohen die höchsten Strafen
  12. Kein Land zahlt derart hohe Kohle-Entschädigungen
  13. Der Klimawandel vor unserer Haustür
  14. Staatliche Schulden und Löhne – bricht die Vernunft sich Bahn?
  15. Teures Gutachten soll Scheuer entlasten
  16. Werbung ohne Evidenz – Der Professor und das “gute” Wasser
  17. Einladender G20-Gastgeber: 2019 hat Saudi-Arabien 184 Menschen hinrichten lassen
  18. Die Spielarten neoliberaler Erziehung

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Bürgerkrieg in Libyen – “Deutschland darf sich nicht wegducken”
    Mit der Einigung, wie in Libyen auf einen Frieden hingearbeitet werden soll, hat Deutschland einen wichtigen Schritt mit auf den Weg gebracht. Nun kommt es darauf an, dass die Kanzlerin alte Fehler nicht wiederholt.
    Die Kanzlerin hat es geschafft, dass in Libyen vielleicht bald zumindest die Waffen schweigen. Chapeau. Dass zehn Staaten, die im Hintergrund die Strippen ziehen und mit Geld, Waffen oder Söldnern das Töten in Libyen am Laufen halten, heute sagen: Damit hören wir auf – das hätten vor Kurzem wenige für möglich gehalten.
    2011 hielt sich Deutschland aus Militäraktion raus
    Die Kanzlerin und Libyen – das ist eine lange Geschichte. 2011 beschloss Angela Merkel, sich einer internationalen Militäraktion gegen Libyens Diktator Muammar al-Gaddafi nicht anzuschließen. Wir saßen damals in Benghasi, mit vielen anderen Journalisten, und sahen Gaddafis Panzer immer näher kommen.
    Es waren französische, britische und amerikanische Kampfflugzeuge, die Gaddafi damals kampfunfähig machten und schließlich stürzten. Den Aufständischen in Benghasi war 2011 nur schwer zu erklären, warum Deutschland sich weggeduckt hat.
    Dass Libyen danach im Chaos versank, lag übrigens nicht an der Militärmission. Der Fehler war, dass die westliche Allianz die bestehende Ordnung zerstörte und Libyen dann vergaß.
    Quelle: Tagesschau

    Anmerkung Albrecht Müller: Dieser Kommentar in dem deutschen Hauptmedium ist eine wirkliche Zumutung. Da wird der Regime Change gerechtfertigt und behauptet, nach der Militärintervention habe man Libyen vergessen. Und deshalb sei der Fall eingetreten, was wir seit Jahren beobachten: Ein gescheiterter Staat, schreckliche Verhältnisse, Mord und Totschlag. Und das ganze wäre nach Meinung des Kommentators der Tagesschau besser gelaufen, wenn die Bundeswehr damals schon beteiligt gewesen wäre. Unglaublich.

  2. Deutschlands blühender Antiamerikanismus ist eine Schande
    Nur noch vier von zehn Bundesbürgern haben eine positive Meinung von den USA. Dabei handelt es sich um Deutschlands wichtigsten Partner in der Welt. Wie konnte das passieren? Für den FDP-Politiker Frank Müller-Rosentritt ist die deutsche Regierung mitverantwortlich. (…)
    Die Bundesregierung darf das antiamerikanische Ressentiment nicht nur hier und da in dürren Worten bedauern. Sie muss ihm aktiv entgegenarbeiten. Hier ist auch der Koordinator der Bundesregierung für die transatlantische Zusammenarbeit gefragt. Er und das Auswärtige Amt müssen immer wieder daran erinnern, wie tief die Gesellschaften unserer beiden Länder miteinander verbunden sind.
    Und auch die Unionsparteien sind gefragt. Ihre Aussenpolitiker müssen endlich den Rücken gerade machen und dem irrlichternden Koalitionspartner Paroli bieten. Seit 70 Jahren behaupten CDU und CSU, das transatlantische Verhältnis gehöre fest zur ihrer politischen DNA. Wenn dem wirklich so ist, dann müssen sie diese Haltung auch gegenüber der SPD vertreten. Ohne Wenn und Aber.
    Eine deutsche Regierung darf nie auch nur den Anschein von Antiamerikanismus erwecken.
    Quelle: Frank Müller-Rosentritt in Neue Zürcher Zeitung

    Anmerkung Christian Reimann: Soso, diese Bundesregierung sei „mitverantwortlich“ für antiamerikanische Ressentiments. Dabei folgt diese Merkel-Regierung ebenso wie ihre Vorgänger den USA in fast allen Belangen – auch zum Schaden deutscher Interessen. Selbst das Ausspähen des Kanzlerin-Handy ist faktisch folgenlos geblieben. Und sind es nicht die USA, die Konflikte mit China (Handelskrieg und Aufrüstung in asiatischen Regionen), Iran (Austritt aus dem Atom-Abkommen) und Russland (mit der Folge, dass die Gefahren von atomarer Aufrüstung und Krieg in Europa und Deutschland ernorm zunehmen) begonnen haben? Bitte lesen Sie dazu auch Die Gewinner von Trumps Kriegspolitik sind BlackRock und Co..

    Aber ebenso in der täglichen Arbeitswelt machen sich auch hierzulande insbesondere US-amerikanische Finanzkonzerne wie eben Blackrock immer breiter. Bitte lesen Sie dazu “Frühstück mit BlackRock und Co.“. Das spüren vermutlich auch in Deuschland immer mehr Bürgerinnen und Bürger. Im Übrigen dürfte sich eine kritische Positionierung der hiesigen Bevölkerung nicht gegen die USA und ihre Bevölkerung generell, sondern vielmehr gegen die US-Regierung und die sie unterstützenden herrschenden Eliten richten. Aber ob Herr Müller-Rosentritt den qualitativen Unterschied kennt, ist fraglich.

    Offensichtlich haben ein Aufenthalt in New York im Jahr 2005 (für die Deutsche Bank) und u.a. die Mitgliedschaft bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) ein zu optimistisches, ja geradezu unterwürfiges Bild der USA bei Herrn Müller-Rosentritt hinterlassen. Die DGAP versteht sich als Think Tank/Politikberater und „eine Verzahnung von Entscheidungsträgern aus Finanzwesen, Industrie, Medien, Politik und Justiz“. Demnach dürfte sie weniger an den Interessen der Bevölkerungsmehrheit, sondern am obersten 1 Prozent und ihrer Umgebung orientiert sein. Ein „blühender Antiamerikanismus“ dürfte hier – vor allem vor dem Hintergrund einer zunehmend aggressiven US-Außenpoliitk – als störend empfunden werden.

  3. USA wollen über eine Milliarde US-Dollar zur Bekämpfung der chinesischen Dominanz in 5G investieren
    In den USA wurde ein Gesetzentwurf eingebracht, der eine Subventionierung von Unternehmen zur Entwicklung der schnellen 5G-Technologie vorsieht. Für die Bekämpfung der chinesischen Dominanz in dieser Richtung soll über eine Milliarde US-Dollar ausgegeben werden.
    Eine Gruppe von US-Gesetzgebern hat ein Gesetz zur Subventionierung von Unternehmen, die an der 5G-Technologie arbeiten, eingebracht, um dem chinesischen Marktführer Huawei entgegenzuwirken. Der Schritt erfolgt zu einer Zeit, in der Washington seinen Druck auf seine Verbündeten erhöht, sich von der chinesischen Technologie abzuwenden.
    Das Gesetz mit dem Titel “Utilizing Strategic Allied Telecommunications Act” (zu Deutsch: Gesetz über die Nutzung der strategischen Telekommunikation durch Alliierte) würde mindestens 750 Millionen US-Dollar oder bis zu fünf Prozent der jährlichen Auktionserlöse für Unternehmen bereitstellen, die die Technologie der nächsten Generation für den US-Markt für mobiles Breitband entwickeln. Zusätzlich sieht es die Schaffung eines separaten Fonds mit dem Wert von 500 Millionen US-Dollar (Multilateral Telecommunications Security Fund) für Entwickler von “vertrauenswürdigen und sicheren” Geräten auf der ganzen Welt vor.
    Der überparteiliche Gesetzentwurf wurde von sechs US-Senatoren eingebracht, unter anderem von den Vorsitzenden des Senate Select Committee on Intelligence, dem Vorsitzenden Richard Burr und dem stellvertretenden Vorsitzenden Mark Warner.
    In dem Entwurf wird weder direkt auf bestimmte Unternehmen hingewiesen, noch werden bestimmte “alliierte” Länder genannt. Die Verfasser der Maßnahme sagen jedoch offen, dass sie darauf abzielen, chinesische Telekommunikationsanbieter wie Huawei und ZTE, die aufgrund ihrer angeblichen Verbindungen zur chinesischen Regierung “inakzeptable Risiken” für die nationale Sicherheit der USA darstellen, abzuschrecken.
    Quelle: RT Deutsch

    Anmerkung Albrecht Müller: Lesenswert,Einschließlich der Beiträge über Italien und Portugal.

    Dazu: Deutschland schadet sich mit Huawei-Ausschluss selbst
    Die Bundesregierung wird später in diesem Monat einen Gesetzesentwurf veröffentlichen, der die Sicherheitskriterien für das Mobilfunknetz verschärfen soll und Huawei möglicherweise aus dem 5G-Netz in Deutschland ausschließt. China wirft Deutschland in der Folge Diskriminierung gegenüber dem chinesischen Unternehmen vor und weist darauf hin, dass Deutschland sich mit dem Huawei-Bann selbst schadet. (…)
    Die Fraktionen von Union und SPD arbeiten derzeit an einem Gesetzesentwurf, der die Sicherheitskriterien für den 5G-Aufbau verschärfen soll. Das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) zitierte aus dem Entwurf, der von der Regierung festgelegte Sicherheitskatalog für Netzbetreiber, der einen Zertifizierungsprozess und eine Vertrauenswürdigkeitserklärung beinhaltet, würde der strategischen Bedeutung von 5G für die nationale Sicherheit nicht gerecht. „Dieser verfolgt einen herstellerneutralen und rein technischen Ansatz.” Jedoch müssten die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen im Herkunftsland eines Anbieters ebenfalls berücksichtigt werden. „Unsere Haltung zu den Sicherheitsfragen beim Aufbau des 5G-Netzes ist von der Notwendigkeit getrieben, Sicherheit herzustellen, und nicht von wirtschaftspolitischen Erwägungen”, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Der „nicht-vertrauenswürdige” 5G-Gerätehersteller ist laut dem Entwurf sowohl im „Kern- als auch im peripheren Netz auszuschließen“. Dabei wird Huawei zwar nicht explizit genannt, aber die Formulierung ist auf das chinesische Unternehmen zugeschnitten. Der Grund soll daran liegen, dass Huawei enge Beziehungen zur chinesischen Regierung unterhalte und verpflichtet sei, über eine „Hintertür“ Daten an diese weiterzuleiten. Huawei hat alle Vorwürfe wegen Spionage und Sabotage zurückgewiesen.
    Quelle: German.China.org.cn

    Anmerkung Christian Reimann: Auch wenn aktuell die Unterzeichnung des Handelsabkommens der ersten Phase freudig zur Kenntnis genommen wird, scheint der Konflikt zwischen den USA und China nicht beendet. Und die diese Bundesregierung tragenden Fraktionen/Parteien stellen sich offenbar bedingungslos auf die Seite der USA. Am Beispiel des für Deutschland geplanten 5G-Ausbaus könnte der Eindruck entstehen, dass dieses auch zum Schaden der hiesigen Bevölkerung geschieht. Denn: Ein Ausschluss von Huawei, dem Marktführer dieser Technologie, bedeutet Mehrkosten (Huawei ist auch am günstigsten) oder gar Verzicht. Die vorgetragenen Sicherheitsbedenken gegen den chinesischen Konzern wirken – wenn nicht frei erfunden – wie eine Rhetorik aus dem Kalten Krieg und zum Wohle des US-Imperiums.

    Bitte lesen Sie dazu auch bzw. erneut Boah dieser Huawei-Bullshit hört und hört nicht auf. Ist mal gut langsam?

    Wichtigste Voraussetzung für die Einführung dieser Technologie sollte/muss der Ausschluss von gesundheitlichen Gefahren sein, über die kürzlich im „Tagesspiegel“ berichtet wurde. Es dürfte hierbei auch von Interesse sein, ob die chinesische Wissenschaft hierzu geforscht hat und zu welchen Ergebnissen sie gekommen ist.

  4. Doppelte Standards
    Die Reaktion der Linken auf den US-Angriff auf den iranischen General ist erwartbar. Ihr antiimperialistisches Narrativ ist kurzsichtig. (…)
    Wenn Linke das militärische Vorgehen der USA anprangern, zu Iran aber schweigen, dann sind das doppelte Standards. Als 2018 iranische Revolutionsgarden einen Raketenangriff auf eine Veranstaltung der Demokratischen Partei Kurdistan-Iran (DPKI) in der irakisch-kurdischen Stadt Koya verübten und 17 Menschen starben, war das Teilen der Linken keinen Hashtag, keinen Aufschrei wert.
    Quelle: taz

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Verstehe ich das richtig: wer den Drohnen-Mord an Soleimani verurteilt (z. B. als extralegal und völkerrechtswidrig, oder weil man das Töten von Menschen generell ablehnt) und die USA dafür anklagt, ist ein Antiimperialist (anscheinend was ganz Schlimmes) und nicht in der Lage zu sehen, daß der Iran im Allgemeinen und Soleimani im Besonderen gleichfalls militärische Interessen vertreten, kriegsführende Parteien und Menschen ermorden? Mit anderen Worten findet es Othmann völlig gerechtfertigt, Generäle und (vermutliche) Mörder einfach so ohne Anklage und Gerichtsverfahren umzubringen? Und, noch unglaublicher, “Gegen den Irak-Krieg zu sein, wie es viele Linke damals waren, ist einfach, wenn man nicht unter der Herrschaft Saddam Husseins leben muss.” Ernsthaft? Kann man nicht gleichzeitig anerkennen, daß Saddam Hussein ein grausamer Diktator war, aber die USA auf der Basis von Lügen einen Krieg vom Zaun gebrochen haben, der das Mehrfache von Saddam Husseins Opfern gefordert und das Land in einem ganz fürchterlichen Zustand zurückgelassen hat, zerbombt, verarmt, zerrissen zwischen Machtinteressen und Konfessionen und gepeinigt von terroristischen Attacken? Daß der IS das direkte Ergebnis des Irak-Kriegs ist? Hat Othmann sein dermaßen eindimensionales Weltbild, das sie anderen “Linken” unterstellt? Völkerrechtswidrige Hinrichtungen und Angrifffskriege befürworten, ist das neuerdings links? Was frage ich – die taz unterstützt ja die Grünen und hat schon lange nichts mehr mit Links zu tun.

  5. Bundesentwicklungsminister Müller gegen Bundeswehreinsatz in Mali
    Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat die Pläne von Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) kritisiert, zusätzliche Truppen zum Kampf gegen den Terror nach Mali zu entsenden. “Einer Ausweitung des Bundeswehreinsatzes stehe ich skeptisch gegenüber”, sagte Müller im Interview mit der “Neuen Osnabrücker Zeitung” (NOZ). “Nur wenn die Menschen eine Lebensperspektive haben, können wir Radikalisierung, Terror, Flucht und Schleppertum wirksam begegnen”, sagte Müller.
    Hinter der Krise in Mali und in der gesamten Tschad-Region stünden Konflikte zwischen Bauern und Tuareg um immer weniger Wasser und immer weniger Weideland fürs Vieh. Er bereite daher eine Verstärkung der Initiative in der Sahel-Region vor. Schwerpunkt dafür seien die Modernisierung der Landwirtschaft, eine bessere Versorgung mit Wasser und die Schaffung von Ausbildungsplätzen und Jobs. “Die Radikalisierung ist die Folge der Ressourcenknappheit. Wenn nichts mehr bleibt, schließen sich die Menschen den Terrorgruppen Boko Haram und IS an, die ihnen einen Dollar Sold und ein Gewehr versprechen”, erklärte der Minister.
    Quelle: Presseportal

    Anmerkung Christian Reimann: Wenigstens einer im Merkel-Kabinett, der nicht dem Glauben erlegen ist, die Bundeswehr werde die Situation in Mali verbessern können. Noch besser wäre jedoch, die Bundeswehr aus dem Gebiet abzuziehen

  6. Sahra Wagenknecht über ihren Rückzug – „Mehr geistige Freiheit“
    Den Vorsitz der Linkspartei-Bundestagsfraktion hat Sahra Wagenknecht abgegeben. Jetzt möchte sie sich mehr Zeit zum Lesen und Publizieren nehmen.
    Quelle: taz

    Anmerkung JK: Erstaunlich, einmal keine direkten Angriffe auf Sahra Wagenknecht in der taz . Aber man ist ja mit Wagenknechts Rückzug aus der Fraktionsspitze am Ziel.

  7. Soleimanis “untold facts”
    Soleimani gab der Webseite des iranischen Staatsoberhaupts im letzten Herbst ein Interview. Heute kann es als sein politisches Testament gelesen werden
    Im Iran-Konflikt habe die “Stunde der Amateure” geschlagen, findet Klaus Brinkbäumer in einem Leitartikel für Die Zeit. Damit meint der Autor US-amerikanische und iranische Politiker, die in der jüngsten Vergangenheit gravierende Fehler begangen hätten. Leider ist die Amateurliga auch in den Medien, speziell den deutschen, stark vertreten. Das ist beunruhigend, weil die Artikel überwiegend den Ton trafen, der den iranischen Machthabern gefällt. Mindestens galt das für die umfangreiche Berichterstattung in der ersten Januarwoche, die wegen ihrer Aktualität den spin-off des Ereignisses geprägt hat.
    Demnach habe der US-Präsident seine Entscheidung, den Revolutionsgardisten Soleimani töten zu lassen, impulsiv getroffen, ohne Abwägung der Folgen, ohne Konsultation vernunftbegabter Berater und ohne eine erkennbare Strategie. Auf der anderen Seite wurde Soleimani zum zweitmächtigsten Mann des Iran und staatlichen Repräsentanten (Rolf Mützenich, SPD) im Rang eines Vizepräsidenten (Jürgen Trittin, Grüne) stilisiert. Folglich hätten die USA dem Iran faktisch den Krieg erklärt.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung Jens Berger: Zu diesem Hinweis erreichte uns von Herr Wolff folgende Zuschrift …

    Guten Tag.
    Mich interessiert, warum die NDS kommentarlos(!) auf einen Artikel verweisen, in dem zwar zunächst zugegeben wird, dass der Anschlag auf Soleimani völkerrechts- und menschenrechtswidrig war, der aber anschließend nur darin besteht, diesen Mord zu rechtfertigen und dem Iran die alleinige Schuld an der Situation in nahen Osten zuzuweisen, ohne auch nur im geringsten auf die Position des Iran einzugehen.
    Dabei werden die üblichen Mittel verwendet. Erstens die Antisemitismuskeule (ja – das ist jetzt polemisch) und zweitens die vom Wertewesten immer herangezogene Begründung: „Er war ein Böser und für einen bösen Staat unterwegs, deshalb war die Ermordung gerechtfertigt“
    Ja – der Artikel ist interessant und eine Verlinkung in den NDS sinnvoll: aber als Beispiel für Propaganda. Deshalb wäre ein Kommentar gut gewesen.
    MfG
    Helmut Wolff

    Herr Wolff hat Recht. Im redaktionellen Trubel haben wir es leider versäumt, diesen Artikel, der uns von einem anderen Leser empfohlen wurde, ausreichend zu prüfen. Dieser Fehler tut uns leid.

  8. Bundeswehreinsatz in Libyen möglich
    Die Bundesregierung stellt sich darauf ein, zur Absicherung eines Waffenstillstands in Libyen möglicherweise auch einen militärischen Beitrag zu leisten. Das sagte Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer am Rande einer CDU-Vorstandsklausur in Hamburg.
    Sollte auf der Libyen-Konferenz in Berlin morgen ein Waffenstillstand vereinbart werden, stelle sich die Frage, wer diesen absichere. Deutschland werde sich damit auseinandersetzen müssen, wie der Beitrag aussehen könne. Zugleich bezeichnete Kramp-Karrenbauer bereits das Zustandekommen der Konferenz als Erfolg.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Dazu: Stellungnahme zu Moskau-Gesprächen
    „Die Allianz der libyschen Nationalversammlungen, zu der Organisationen der Zivilgesellschaft, nationale Parteien, Menschenrechtsverbände, Schriftsteller, Wissenschaftler, Diplomaten und Akademiker gehören, hat die jüngsten Bemühungen in Moskau, die zur Beendigung des Krieges und zu einer friedlichen Lösung der Libyenkrise führen sollten, aufmerksam verfolgt.
    Wir begrüßen die aufrichtigen Bemühungen neutraler Parteien, die Libyer dabei zu unterstützen, den Krieg zu beenden und ihre Probleme zu lösen. Jedoch richten wir unsere Erklärung an die Teilnehmer der Berlin-Konferenz zu Libyen und bekräftigen Folgendes:

    1. Die Türkei kann kein ehrlicher und erstrebenswerter Vermittler zwischen den libyschen Gegnern sein. Sie verstößt systematisch gegen Resolutionen des Sicherheitsrats in Bezug auf das Waffenembargo und erschwert die Bekämpfung des Terrorismus in Libyen. Die Türkei ist untrennbar mit der sogenannten Regierung des Nationalen Abkommens (GNA) [‚Einheitsregierung‘] verbündet, die den politischen Arm der kriminellen und terroristischen Milizen, die die Hauptstadt kontrollieren, bildet. Damit die Türkei gegenüber den Libyern glaubwürdig wird und um ihren guten Willen zu beweisen, muss sich die türkische Regierung öffentlich verpflichten, die Lieferung von Waffen an die Milizen einzustellen und die syrischen Söldner abzuziehen, die sie nach Libyen gebracht hat.
    2. Die Hauptursachen des Konflikts in Libyen sind Gewalttätigkeit und die schlechte Sicherheitslage sowie die bewaffneten Milizen. Diese Milizen sollten nach einem bestimmten Zeitplan entwaffnet und aufgelöst werden.
    3. Die von ihrem Oberbefehlshaber, Feldmarschall Khalifa Haftar, geführte Libysche Nationalarmee (LNA) ist der einzige Garant für die Einheit, Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität Libyens und die Bewahrung seiner Ressourcen. Dies wurde deutlich bei der Befreiung der Ölterminals aus dem Griff des international sanktionierten Ibrahim al-Dschadran und seiner Miliz; die LNA sicherte alle Ölfelder und konnte die Treibstoffschmuggelbanden und Schleuserbanden ausschalten sowie die illegale Einwanderung in den von ihr kontrollierten Gebieten beenden. Die internationale Gemeinschaft hat die Pflicht, der LNA dabei zu helfen, die Camps von den Milizen zurückzugewinnen und ihre Streitkräfte innerhalb des ganzen Landes sowie an den Grenzen im Dienste der Sicherheit und des Friedens in Libyen und der Region einzusetzen.

    Quelle: der Freitag

  9. Merz will radikale Steuerreform: „Bierdeckel kommt beidseitig beschrieben“
    Friedrich Merz fordert eine radikale Reform des Steuersystems und eine Generalüberholung der Altersvorsorge in Deutschland. Der Aktienbesitz müsse gefördert werden.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung J.K.: Merz enttäuscht nicht. Immer im Dienst der Finanzindustrie unterwegs.

    Verpflichtende betriebliche Altervorsorge, die gesetzliche Rentenversicherung soll also entgültig demontiert werden und Blackrock & Co dürfen sich auf riesige Mittelzuflüsse freuen wenn das Geld in den entsprechenden Fonds landet.

    Ob die Grünen einen Kanzler Merz mittragen? Man wird sehen.

    Was man jetzt leider schon sagen kann, dass es gegen das endgültige geplante aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht einmal ansatzweise einen Widerstand geben wird wie wir in Frankreich aktuell erleben.

    Anmerkung Christian Reimann: Über Herrn Merz ist auf Wikipedia u.a. zu lesen: “Seit März 2016 ist er als Aufsichtsratsvorsitzender (active chairman) und Lobbyist für den deutschen Ableger des weltweit größten Vermögensverwalters BlackRock tätig, was im Zusammenhang mit seiner Kandidatur zum Parteivorsitzenden der CDU 2018 in überregionalen Tageszeitungen unter anderem wegen eines möglichen Interessenkonfliktes aufgegriffen wurde.” Sein Engagement für Blackrock könnte Herrn Merz auch im Rahmen seiner oftmals diskutierten Kanzlerkandidatur zum Verhängnis werden.

    Bitte lesen Sie dazu auch Frühstück mit BlackRock und Co., Die Gewinner von Trumps Kriegspolitik sind BlackRock und Co. und Merz: “Große Koalition hält nicht über den Jahreswechsel 2019/2020 hinaus” mit einer Anmerkung.

  10. SPD-Chefin Esken: „Die schwarze Null muss weg“
    Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken dringt auf umfangreiche Investitionen in Wohnungsbau, Bildung und Infrastruktur. Über ein solches Zukunftsprogramm wolle sie in der großen Koalition mit CDU und CSU verhandeln, und darüber dürfe nicht nach Kassenlage entschieden werden, sagte Esken. Sie lehnte erneut Forderungen ab, den jetzigen Rekordüberschuss des Bundes für Steuersenkungen zu nutzen. Im Gegenteil sollten für Zukunftsinvestitionen notfalls auch Schulden gemacht werden. „Die schwarze Null muss weg“, sagte sie.
    Quelle: Schwäbische

    Anmerkung Christian Reimann: Mitte Dezember 2019 war zu lesen: Olaf Scholz stellt schwarze Null infrage. Das war wohl dem innerparteilichen Wahlkampf um den SPD-Parteivorsitz geschuldet. Wenn der derzeit amtierende Bundesfinanzminster aber nun auf „Kollisionskurs zur neuen SPD-Führung“ geht, so ist das ein glatter Affront nicht lediglich gegen das neue Spitzendu, sondern gegen die Wählerschaft von Frau Esken und Herrn Walter-Borjans. Schließlich haben sie sich im Wahlkampf für mehr Investitionen ausgesprochen. Herr Scholz handelt mit seinem Festhalten an der „schwarzen Null“ ausdrücklich auch gegen Beschluss Nr. 1 vom letzten SPD-Parteitag im Dezember 2019, in dem u.a. der Satz steht:

    In diesem Sinne dürfen stetige Investitionen nicht an dogmatischen Positionen wie Schäubles schwarzer Null scheitern.“. Völlig zurecht – als ob er Probleme durch den derzeitigen Bundesfinanzminister ahnen könnte – schrieb Albrecht Müller bereits Anfang Dezember 2019: „Scholz will die neue SPD-Führung unterstützen. Gut so. Die Konsequenz wäre, das Amt des Finanzministers und Vizekanzlers zur Verfügung zu stellen.“.

  11. CO2-Grenzwerte – Diesen Autoherstellern drohen die höchsten Strafen
    • Eine aktuelle Analyse zeigt, dass die 13 führenden Automobilhersteller Europas vermutlich die gesetzlichen CO₂-Vorgaben für 2021 verfehlen werden.
    • Nach den Berechnungen eines Beratungsunternehmens kämen auf manche Autobauer deshalb Strafen in Milliarden-Höhe zu.
    • Besonders teuer könnte es für VW werden. […]

    Laut PA Consulting werden alle 13 führenden Automobilhersteller Europas ihre Ziele für 2021 voraussichtlich verfehlen und mit Strafzahlungen von insgesamt 14,5 Milliarden Euro rechnen müssen.
    Besonders hart könnte es trotz eines klaren Bekenntnisses zur Elektromobilität Volkswagen treffen. Das liegt vor allem daran, dass die Wolfsburger vergleichsweise viele Autos verkaufen. Die VW-Flotte dürfte 2021 im Schnitt nur noch 96 Gramm CO₂/km ausstoßen, 2018 kamen die Fahrzeuge jedoch noch auf 121 Gramm. Laut der Analyse von PA Consulting wird sich dieser Wert bis zum nächsten Jahr nur auf 109 Gramm verringern – auch, weil Volkswagen es bis dahin wohl nicht schaffen wird, genug Elektroautos auf die Straße zu bringen. Da sich die Höhe der Strafzahlungen auch nach der Zahl der verkauften Autos richtet, drohen VW Strafen von 4,5 Milliarden Euro.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung Jens Berger: Diese Zahlen muss man natürlich ins Verhältnis setzen. VW hat im letzten Jahr ein Betriebsergebnis von 14,8 Milliarden Euro erwirtschaftet – und dies vor allem mit schweren, leistungsstarken Autos, die zu viel CO2 ausstoßen. Unter dem Strich lohnt sich die Produktion von verbrauchsstarken Autos also immer noch.

  12. Kein Land zahlt derart hohe Kohle-Entschädigungen
    Klimareporter°: Herr Ott, die Kohleverstromer sollen eine Entschädigung von 4,35 Milliarden Euro vom Staat erhalten, weil sie ihre Kraftwerke stilllegen sollen. Das sieht die jetzt getroffene Einigung von Bund und Ländern zum Kohleausstieg vor. Ist das angemessen?
    Hermann Ott: Die EU-Kommission wird eine sehr sorgfältige Prüfung einleiten, ob diese Zahlungen mit den europäischen Beihilfevorschriften im Einklang sind – es ist also noch nichts wirklich entschieden. In einem ersten Schritt wird untersucht werden, ob diese Zahlungen als Beihilfe gewertet werden müssen – das ist höchst wahrscheinlich.
    In einem zweiten Schritt wird überprüft, ob diese Beihilfen “angemessen” sind. Das ist höchst zweifelhaft angesichts der schon jetzt bestehenden Marktbedingungen. Die Energieproduktion aus Kohle ist ein zunehmend weniger profitables Geschäft. Und die Bedingungen werden sich durch steigende CO2-Preise im EU-Emissionshandel weiter verschlechtern.
    Diese Zahlungen sind ein vergiftetes Geschenk an die Kohleindustrie. Vergiftet deshalb, weil sie vermutlich zurückgezahlt werden müssen.
    Bis wann wird klar sein, ob der Deal so überhaupt funktioniert?
    Die Überprüfung durch die EU-Wettbewerbskommissarin wird bis zu zwei Monaten dauern. Wenn Probleme festgestellt werden, gibt es eine formellere Untersuchung, die bis zu 18 Monaten dauern kann. Dann folgt die Entscheidung, die auch unter Auflagen erfolgen kann. Je nach Ausgang der Prüfung sind die schon gezahlten Beihilfen zurückzuzahlen.
    Im Gegensatz zu dem, was die Bundesregierung behauptet, gibt es also keine Rechtssicherheit.
    Wie verfahren andere Länder, die ebenfalls aus der Kohle aussteigen? Viele wollen ja schon früher als Deutschland kohlefrei sein, wo 2038 das Enddatum ist.
    Es gibt in keinem anderen Land Vorschläge für derartig massive Entschädigungszahlungen, wie sie von der Bundesregierung angepeilt werden, und die EU-Kommission wird das bei ihrer Entscheidung berücksichtigen. Das ist umso erstaunlicher, als tatsächlich in vielen Ländern angesichts der Klimakrise sehr viel frühere Ausstiegsdaten gelten.
    Griechenland zum Beispiel, das in hohem Maße von Braunkohle abhängig ist, plant, schon bis 2028 auszusteigen. Großbritannien verbraucht schon jetzt 40 Prozent weniger Kohle als vor zehn Jahren und will bis 2025 komplett aussteigen. Die Niederlande haben vor Kurzem 2029 als Ausstiegsdatum gesetzlich festgelegt.
    Quelle: klimareporter
  13. Der Klimawandel vor unserer Haustür
    Dichter, Maler und Musiker haben dem Wald unzählige Werke gewidmet. Seit einigen Jahren wird er durch Hitze und Trockenheit gefährdet. Oder? Wetterextreme hat es doch schon immer gegeben? Unser Autor Harald Grill wollte es genauer wissen und hat sich mit Baumexperten im Bayerischen Wald getroffen. (…)
    Die Waldbrände, Hochwasser und Stürme der letzten Jahre zeigen, dass der Klimawandel auch in Bayern angekommen ist. Er gefährdet nicht nur einzelne Baumarten, wie die bei uns am meisten verbreitete Fichte, sondern das gesamte ökologische Gleichgewicht. Die Folge: Bäume werden geschwächt und der Schädlingsbefall nimmt zu.
    Noch werden in weiten Teilen der Bevölkerung die alarmierenden Meldungen nicht ernst genug genommen. Wetterschwankungen habe es seit eh und je gegeben, heißt es immer wieder. Und auch, dass Maßnahmen für den Klimaschutz Arbeitsplätze gefährden.
    Quelle: BR

    Anmerkung unseres Lesers M.H.: nicht nur in Brasilien und Australien sind die Wälder u.a. durch menschliche Eingriffe bedroht!

    Vor unserer Haustür sieht es fast genauso aus, dank ungebremstem Kfz-Verkehr, und politischen Entscheidungen, die von der CSU unter dem damaligen Ministerpräsidenten Stoiber eingeleitet wurden, unter dem Motto: dem Borkenkäfer eine Heimat in Bayern!

    Die Nationalparkverwaltung ist natürlich gehalten die Dinge schönzureden; die angrenzenden Privatwälder, deren Besitzer bei Borkenkäferbefall verpflichtet sind abzuholzen, sprechen aber eine andere Sprache.

    Anmerkung Jens Berger: Auch im Harz ist die Waldbrandgefahr dramatisch gestiegen, wie Göttinger Experten erst letzte Woche noch einmal unterstrichen?

  14. Staatliche Schulden und Löhne – bricht die Vernunft sich Bahn?
    Es ist meistens nur eine Frage der Zeit, bis Ideen, für die es eine klare empirische Evidenz gibt, auch in den Kreisen nicht mehr verleugnet werden können, die ihnen aus ideologischen Gründen zunächst schroff ablehnend gegenüber stehen. Das war bei den staatlichen Schulden so und jetzt gilt es allmählich für den Zusammenhang von Löhnen und Preisen. (…)
    Noch einen Schritt weiter geht jetzt, man höre und staune, ein weiteres Flaggschiff des ökonomischen Konservatismus, die Neue Zürcher Zeitung (NZZ). Sie versteigt sich zu der Schlagzeile „Wenn Sozialpartner zu Geldpolitikern werden“ und fragt, ob man wirklich mit Lohnerhöhungen die Inflation ankurbeln kann und sollte. Basis des Artikels in der NZZ ist natürlich nicht eigene Einsicht, sondern eine Ausarbeitung von Mitarbeitern der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ, das Original in Englisch kann man hier herunterladen).
    Dort wird in der Tat argumentiert, es sei eine Überlegung wert, die Inflation mit Hilfe eines sozialen Konsensus über angemessene Lohnsteigerungen wieder auf normale Bahnen zu bringen, weil sich empirisch zeigen lasse, dass der Zusammenhang von Inflation und Lohnstückkosten ganz eng ist. Man führt verschiedene Länder – wie Frankreich und Italien – vor, in denen sich in der Vergangenheit eine Verringerung der Inflationsrate unter Mitarbeit der Sozialpartner ohne allzu große soziale Kosten bewerkstelligen ließ. Das ist beeindruckend für eine Institution (selbst wenn die Autoren nicht die BIZ repräsentieren), die sich als Bank der Zentralbanken fühlt und von daher in der Regel auch Notenbankpositionen repräsentiert. (…)
    Bemerkenswert an dem Papier aus der BIZ sind aus meiner Sicht neben dem Thema an sich vor allem zwei Dinge: Erstens, die beiden Ökonomen bemerken an einer Stelle (S. 15) ganz lapidar, wie bedeutend das „öffentliche Wissen“ der Unternehmen über die Tatsache ist, dass sich nicht nur die eigene Lohnsumme erhöht, wenn auf Branchenebene Lohnerhöhungen durchgesetzt werden, sondern auch die der Konkurrenten, weil die Unternehmen dann keine Verluste von Marktanteilen fürchten. Das aber steht in striktem Gegensatz zum mikroökonomisch fundierten Gleichgewichtsmodell, weil dort der anonyme Markt die Preise bestimmt und für öffentlich verfügbare Informationen kein Platz ist. Die Tatsache, dass die Unternehmen sich anders verhalten, wenn sie dieses Wissen haben, belegt gerade, dass die Tarifverhandlungen den Charakter eines öffentlichen Gutes haben, das der Einzelne nur nachfragt, wenn er weiß, dass es alle nachfragen (müssen).
    Quelle: flassbeck economics
  15. Teures Gutachten soll Scheuer entlasten
    Nun rückt auch die Verteidigungsstrategie Scheuers ins Blickfeld. Ein Rechtsgutachten, das Scheuer in der Affäre um die Pkw-Maut entlasten soll, kommt den Steuerzahler nach SPIEGEL-Informationen teuer zu stehen. Für die knapp 90 Seiten lange Untersuchung, die das Verkehrsministerium in Auftrag gab, stellten Anwälte der Kanzlei Linklaters über 240.000 Euro in Rechnung, auf Basis eines Stundensatzes von 410 Euro.
    Quelle: Spiegel

    Anmerkung unseres Lesers H.M.: Es wird immer absurder!

    Anmerkung Christian Reimann: Mehrfach haben die NachDenkSeiten auf die Unfähigkeiten des Bundesministers Scheuer hingewiesen. Aber er hörte offenbar nicht einmal auf die Mitarbeiter seines Hauses – bitte lesen Sie dazu erneut Behörde warnte vor Maut-Risiken. Dieser Bundesminister genießt offensichtlich „Narrenfreiheit“ – zumindest wohl bis zum Erreichen des Zeitpunktes seiner Pensionsansprüche.

  16. Werbung ohne Evidenz – Der Professor und das “gute” Wasser
    Eine Firma verkauft Wasserfilter für Tausende Euro. Experten sprechen von Betrug. Doch ein Hochschulprofessor wirbt dafür – ohne Belege. Ein Lehrstück, wie freie Wissenschaft für Geldmacherei missbraucht wird. […]
    Im Video spricht er über die Nachteile und Gefahren, die Wasser angeblich hat, wenn es aus dem Wasserhahn kommt. Es geht um Mineralstoffe im Leitungswasser, die angeblich die Funktion des Körpers beeinträchtigen und der Gesundheit schaden, um Medikamentenreste, Arsen und Blei. Dann präsentiert Froböse die vermeintliche Lösung: den Wasserfilter von Wassertankstelle e.V. Das Gerät befreie das Wasser von Schadstoffen, sodass es endlich bedenkenlos genossen werden könne.
    “Wir arbeiten hier mit der Champions League zusammen, genau wie wir es auch selber sind”, sagt Froböse. Die Botschaft ist klar, hier wird ein Spitzenprodukt verkauft. Allein: Der Professor kann seine Behauptungen auf SPIEGEL-Nachfrage mit keiner einzigen wissenschaftlichen Studie untermauern. Ein Forscher der Berliner Charité bezeichnet die Aussagen als “wissenschaftlich und medizinisch völlig unhaltbar”.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung Jens Berger: Der Betrug mit mal mehr mal weniger teuren Wasserfiltersystemen geht nun schon seit Jahrzehnten und die Verbraucherschutzzentralen stehen mit ihren Warnungen hilflos da. Es ist unverständlich, dass der Gesetzgeber hier noch nicht aktiv geworden ist. Dabei darf man nicht vergessen, dass nicht fachgerecht installierte und nicht regelmäßig fachmännisch gewartete Filter durch die Gefahr einer Verkeimung sogar massive Gesundheitsschäden auslösen können.

    Anmerkung unseres Leser H.M.: Der auf SPON kritisierte Prof. Ingo Froböse ist häufig Gast im ARD-Morgenmagazin, meist interviewt von Sportmoderator und Reporter Peter Grossmann, mit dem Froböse offentlich beruflich enger verbunden ist. Froböse und Grossmann haben mindestens zwei Bucher zusammen herausgebracht. Dass diese Nähe von Froböse und Grossmann, die gemeinsamen beruflichen Interessen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen keinen verantwortlichen Redakteur, keinem Kollegen oder Führungskraft aufgefallen sein will, nur nur schwer vorzustellen.

    Zumal Grossmann offenbar ein Faible für umstrittene Geschäftspartner hat. Mit dem umstrittenen Haldemar Bankhofer (“Mister Schleichwerbung”), der früher ebenfalls Dauergast im ARD-Morgenmagazin war, hat Peter Grossmann das Buch “Naturdoping” herausgebracht. 2008 warf die ARD den “Gesundheitsguru” Bankhofer aus dem ARD Morgenmagazin – wg. des Verdachts der Schleichwerbung.

  17. Einladender G20-Gastgeber: 2019 hat Saudi-Arabien 184 Menschen hinrichten lassen
    Warum kann Riad in nur einem Jahr 184 Menschen hinrichten und viele foltern lassen und trotzdem den prestigeträchtigen G20-Gipfel ausrichten? Das fragt die Menschenrechtsgruppe Reprieve und nennt Saudi-Arabien einen Pariastaat.
    Mit Initiativen, die für andere Länder auch im Mittleren Osten seit Langem Alltag sind, aber für Saudi-Arabien fortschrittlich erscheinen, poliert Mohammed bin Salman (bisweilen auch kurz MBS genannt) das Image des Golfstaats auf.
    Vor allem setzt er auf die Frauenkarte. Dank ihm dürfen Frauen seit Sommer 2019 Auto fahren, und nach der Ernennung einer der ersten weibliche Botschafterin in den USA, Prinzessin Rima bint Bandar, vor rund einem Jahr ist am Dienstag Prinzessin Haifa al-Mogrin zur ständigen Vertreterin Saudi-Arabiens bei der vergleichsweise einflusslosen Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) ernannt worden. (…)
    Doch sogar für saudische Maßstäbe hat der Golfstaat im Jahr 2019 eine Art Höchststand erreicht und 184 Menschen hingerichtet, darunter 88 saudische Staatsbürger, 90 Ausländer und sechs Personen unbekannter Nationalität, hieß es in einer von der britischen Menschenrechtsorganisation Reprieve veröffentlichten Erklärung unter Berufung auf die Nachrichtenagentur Saudi Press Agency. Am 23. April 2019 hat das Königreich 37 Personen hingerichtet, darunter mindestens drei, die zum Zeitpunkt ihrer angeblichen Straftaten Kinder waren. Angehörige der Toten wurden laut Reprieve erst nach deren Hinrichtungen informiert, aber von den Behörden angewiesen, keine Trauerfeiern abzuhalten.
    Dies ist ein weiterer düsterer Meilenstein für Mohammed bin Salmans Saudi-Arabien. Die Herrscher des Königreichs glauben eindeutig, dass sie völlig ungestraft das internationale Recht missachten können, wenn es ihnen passt”, so die Direktorin von Reprieve Maya Foa.
    Die Organisation, die auch die Menschenrechtsverstöße in Guantanamo anprangert, beschreibt, wie Angeklagte in Saudi-Arabien durch Folter zu Geständnissen gebracht und dann beispielsweise als “Terroristen” hingerichtet werden, wenn sie sich für mehr Freiheiten in dem ultrakonservativen Land eingesetzt haben.
    Quelle: RT Deutsch
  18. Die Spielarten neoliberaler Erziehung
    Sabine Seichter im Gespräch mit Ute Welty
    Schwarze Pädagogik ist immer noch Teil der Lebensrealität, sagt die Pädagogin Sabine Seichter. Sie trage heute neoliberale Züge. In Verbindung mit Gentechnik könne in Zukunft ein Designerkind geschaffen werden, schreibt Seichter in ihrem Buch „Das normale Kind“.
    In ihrem neuen Buch „Das normale Kind“ wirft die Salzburger Pädagogik-Professorin Sabine Seichter einen neuen Blick auf die Geschichte der schwarzen Pädagogik. Darin zeigt sie auf, wie das Kind im Verlauf seiner Entwicklung zur standardisierten Ware wurde und bis heute zu wenig als autonomes, mündiges Wesen gefördert werde.
    Es sei ihre Absicht gewesen, einmal in die dunklen und tabuisierten Ecken pädagogischen Handelns zu blicken, in die man eigentlich nicht hinsehe, sagt Seichter. „Was ich zur Sprache bringen möchte, sind alle Spielarten des missbrauchten Kindes an dessen Körper, Seele und vor allem an dessen Würde.“ Es lohne sich genauer hinzuschauen, denn die „schwarze Pädagogik“ sei nicht verschwunden. „Denn in der Tat zeigt sich die schwarze Dimension des Pädagogischen heute eher versteckter als noch vor Jahrzehnten, was aber nicht heißt, dass sie nicht genauso da ist,“ so die Buchautorin.Schwarze Pädagogik ist immer noch Teil der Lebensrealität, sagt die Pädagogin Sabine Seichter. Sie trage heute neoliberale Züge. In Verbindung mit Gentechnik könne in Zukunft ein Designerkind geschaffen werden, schreibt Seichter in ihrem Buch „Das normale Kind“.
    Quelle: Deutschlandfunk


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