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Titel: Debatte um Bioenergie: Die energetische Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen ist elementar für die Klimarettung

Datum: 19. Dezember 2019 um 13:42 Uhr
Rubrik: Energiepolitik, Ressourcen
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Vor einigen Tagen haben die NachDenkSeiten den Text „Die Lüge von der nachhaltigen Bioenergie und die Zerstörung des Waldes“ von Walter Tauber veröffentlicht – in dem Wissen, dass Taubers Debattenbeitrag auch Widerspruch hervorrufen kann. Diesen Widerspruch meldet nun unser Leser Hans-Peter Zepf an. Wir geben seinen Antworttext hier wieder, darunter folgen Anmerkungen von Walter Tauber. Von Redaktion.

Über den Autor: Hans-Peter Zepf ist Diplom-Physiker, war beruflich nie im Bereich Umweltschutz oder Energietechnik tätig, ist aber seit den späten 70er-Jahren in Umweltschutz und Umweltverbänden wie Greenpeace, BUND und Ökoinstitut engagiert. Er war insbesondere auch zu keiner Zeit wirtschaftlich mit der Holzindustrie oder Forstwirtschaft verbunden, hatte aber als im Schwarzwald tätiger freiberuflicher Redakteur reichlich kritisch mit ihr zu tun.

Wann habe Sie den letzten Kahlschlag gesehen? Gut, bei mir ist das erst wenige Jahre her, aber es ging um Wald, der dem Flächenhunger der Industrieansiedlungen geopfert wurde. Dort wo Forstwirtschaft zum Zweck der Holznutzung betrieben wird, gibt es Kahlschläge in Deutschland schon lange nicht mehr und in Europa fast nicht und dort wo sie, wie in den Karpaten, meist illegal stattfinden, wird durchaus intensiv dagegen angekämpft.

Wenn es Bereiche gibt, in denen die EU-Politik auf dem richtigen Wege ist, dann ist es gewiss die Waldwirtschaft. Der Waldbestand in der EU wächst trotz der Holznutzung und der bedauerlichen anhaltenden Zersiedlung und Flächenversiegelung seit Jahrzehnten, auch in in jüngster Zeit (Quelle: WWF-Waldbericht 2018). Er wächst übrigens außerdem und zwar massiv im von Klimaschützern zu Unrecht vielgescholtenen China. Die Aufforstung in der EU und China zusammen kompensiert in den letzten Jahren nahezu den Waldverlust im Rest der Welt. Was kein Trost ist. Denn in den Tropen wird nicht wiederherstellbarer Urwald gerodet, hier werden Plantagen aufgeforstet, die den Verlust des Urwaldes nicht annähernd ersetzen können. Abgesehen vom Verlust an zahllosen Tier- und Pflanzenarten bildet der aufgeforstete Nutzwald auch klimatisch keinen Ersatz für den Verlust des Urwalds, denn tropischer Regenwald speichert pro Fläche mehr als viermal soviel Energie wie europäischer Nutzwald, selbst wenn dieser ökologisch vorbildlich bewirtschaftet wird.

Keine Frage: Es muss alles unternommen werden, damit Urwald auf der ganzen Welt von wirtschaftlicher Nutzung nicht mehr angetastet wird. Jedoch: Der Aspekt der Energieholzgewinnung spielt für den Verlust der Regenwälder so gut wie keine Rolle. Bei weitem dominiert der Hunger nach Flächen für die wirtschaftliche Nutzung, beispielsweise für die Viehbeweidung. Der zu diesem Zweck zerstörte Urwald wird, es ist ein unglaubliches Elend, nach wie vor oft überhaupt nicht genutzt, sondern durch Brandrodung sinnlos vernichtet. Daran ist zwar durchaus auch EU-Politik schuld, aber nicht die Energie- oder Forstpolitik, sondern ein Mercosur-Abkommen, das vollkommen ungetrübt von jeder Klimaverantwortung entstanden ist und (von den entsprechenden Leuten beidseits des Atlantik) sehr dafür gelobt wird, dass es den Export von südamerikanischem Rindfleisch nach Europa erleichtert. Aber wir müssen nicht die Bewohner der Tropen schelten. Im Traumland der Naturfreaks, in Kanada, hat die Kahlschlagsfläche zum Zwecke der Ölsandgewinnung inzwischen die Fläche Großbritanniens überschritten. Auch dort geht es um den Verlust von Urwald.

Wenn in Nordamerika in der Tat immer noch Kahlschlag und Raubbau am Wald stattfindet, meines Wissens und nach WWF-Zahlen ist das so, so hat dies zum geringsten Teil mit der Anforderung der energetischen Holznutzung zu tun, sondern mit der Gier von Investoren, die die Flächen zu ganz anderen Zwecken benötigen.

Holznutzung muss natürlich nachhaltig erfolgen, d.h. so, dass der Natur nicht mehr Biomasse entnommen wird als nachwächst. In Deutschland und in der EU sichern dies aber die geltenden Regelungen, teilweise eher bürokratisch überzogen. Mehr noch, die Waldfläche in Europa hat sich in den letzten 25 Jahren kontinuierlich um drei Prozent vergrößert und würde man die zum Teil brachiale Gier nach Flächen für Siedlung und Infrastruktur zügeln, könnte es noch besser werden.

Die WWF kritisiert zwar, dass die aufgeforsteten Wälder oft nicht den ökologischen Wert der Ursprungswälder haben, zumindest in Deutschland aber gilt dies nicht. Urwälder gibt es hier (und in fast ganz Europa) schon lange nicht mehr, vielmehr ersetzen artenreiche Mischwälder viel zu dicht bestandene Fichtenholz-Monokulturen ohne jedes weitere Leben aus dem frühen 20. Jahrhundert. Mischwälder, die dennoch eine intensive wirtschaftliche Nutzung erlauben, aber nicht durch Kahlschlag, sondern durch selektive Forstverjüngung.

Europäische Waldbewirtschaftung (und mehr noch die chinesische) ist deshalb nicht nur klimatisch nachhaltig, sie ist, und das ist einmalig, eine echte Senke für Klimagase, d.h. sie bindet mehr Kohlendioxid als sie freisetzt. Trotz zahlloser wissenschaftlicher Untersuchungen der Klimaengineering-Fantasten setzen alle anderen Bereiche menschlichen Wirkens nach wie vor mehr CO2 frei als sie binden.

Energieholzbewirtschaftung ist klug gemacht und durchaus so machbar, dass sie vollkommen nachhaltig ist, also dass das bei der Energiegewinnung freigesetzte CO2 durch das Nachwachsen des Waldes wieder gebunden wird. Und, wie gesagt, hier funktioniert tatsächlich etwas brauchbar in Europa, wenn auch längst nicht optimal. Wenn, wie Walter Tauber schreibt, der NABU eine Überprüfung der EU-Ziele für die Energiegewinnung aus Biomasse fordert, ist dies natürlich allemal gerechtfertigt. Zumal weitaus mehr Energie aus Biomasse gewonnen werden müsste.

Perspektiven für die Energiewende ohne nachwachsende Rohstoffe?

Wer in Anspruch nimmt, eine Kühltruhe, eine Klimaanlage, ein Fernsehgerät (alles im Gegensatz zum Autor) zu betreiben, wird auch nach einer perfekt vollendeten Energiewende und sparsamster Technologie künftig elektrische Energie benötigen. Wer darüber hinaus elektromotorische Mobilität (im Gegensatz zum Autor) und Strom zur Gebäudeheizung (Wärmepumpe) benötigt, wird sogar wesentlich mehr brauchen als heute.

Dabei wird es wohl darauf hinaus laufen, dass auf absehbare Zeit zwei große Energiequellen für die nachhaltige Elektrizitätsversorgung zur Verfügung stehen: Erstens die Photovoltaik und zweitens die Windenergie. Von der Photovoltaik wissen wir sicher, dass sie erstens nachts gar keine und zweitens im Winterhalbjahr fast keine Energie liefert, von der Windenergie wissen wir das nicht so genau, aber doch sicher, dass sie zu gewissen Zeiten und diese sind mitunter nachts und im Winter ebenfalls keine nennenswerte Energiemenge liefert.

Die Folge ist, dass jeglicher Traum von einer CO2-freien Energiewirtschaft nach 2050 Makulatur ist. Es gibt kein Konzept für eine Energiewende ohne Elektrizitätsgewinnung aus Gas. Und dieses Gas wird ein fossiles sein, wenn wir es nicht schaffen eine nachhaltige Bewirtschaftung mit Energiepflanzen zu erreichen, die in der Lage ist, die bleibenden großen Energiemengen zu liefern, wenn Flaute und Nacht ist. Man bedenke immer: Die Anlagenauslegung sieht vor, dass Photovoltaikanlagen nur ein Achtel, Windkraftanlagen an Land ein Viertel und Offshore ein Drittel des Jahres Strom liefern.
Weder die Stromvernetzung noch die Energiespeicherung zeigen Perspektiven, dass tage- bis wochenlanger oder gar saisonaler (Solarenergie) weitgehender Ausfall von Wind- plus Solarenergie kompensiert werden kann.

Es gibt eine weitere nachhaltige Energiequelle, die exzellent speicherbar ist, perfekt serienreif entwickelt, geeignet für sehr große Energiemengen, preiswert und mit herausragendem Wirkungsgrad (gegenüber Power-to-gas oder Batterien weit überlegen), das ist die Wasserkraft. Doch genau diese perfekte Energiequelle steht wie keine andere in der gesellschaftlichen Kritik des Naturschutzes auf Grund der großen Zerstörung von Ökosystemen. Wir reden nicht vom idyllischen Teich am Waldrand sondern von für die globale Energieversorgung relevanten Größen im Gigawattbereich. Weitere nachhaltige Energiesysteme stehen nicht zur Debatte. Außer nachwachsenden Rohstoffen.

Wer also nach 2050 eine CO2-freie Stromerzeugung will, also ohne Erdgas, der muss Holz und Biogas nutzen und zwar viel. Auch bei intelligentester Anwendung von Einsparmöglichkeiten, wovon angesichts von 300kW-Elektroautos nicht die Rede sein kann, werden die Kapazitäten der nachwachsenden Rohstoffe nicht ausreichen, wenn die Nahrungsmittelversorgung von 8 oder mehr Milliarden Menschen nicht beeinträchtig sein soll. Weitere Informationen gibt es etwa bei der „Plattform Waldklima“.

Es soll nicht Ziel der Waldbewirtschaftung sein, Bäume zum Verbrennen zu pflanzen. Vielmehr sollte sehr viel mehr in Holz gebaut werden. Nicht nur idyllische Blockhäuser, sondern auch Geschosswohnungsbau, Bürohäuser, Fabriken und Brücken. Jedes Stück Holz, das neu verbaut wird, ist eine CO2-Senke, entzieht also dem Klimakreislauf CO2, richtig gemacht für Jahrhunderte. Und es wirkt doppelt: Es spart den Einsatz von Zement. Die Zementindustrie ist aber ein Hauptverursacher von Klimagasen. Energetisch genutzt werden sollte nie der frisch gefällte Baum, allenfalls das Abfallholz, das chemisch unbehandelte Stammholz erst nach einer langen Nutzung als Konstruktionsholz.


Anmerkungen von Walter Tauber

Mein Artikel ist keine “Meinung” sondern eine gründliche Recherche, in der ein Dutzend Wissenschaftler zitiert werden.

Es mag sein, dass die europäische Waldwirtschaft beispielhaft ist. Es mag sein, dass China es auch gut macht. Es ist wahr, dass der Amazonas für Viehweiden geopfert wird, da ist unsere Lust auf Fleisch schuld. Aber was hat das alles mit meinem Bericht zu tun? Ist der Verweis auf andere schlimme Beispiele nicht ablenkend? Auch der Aspekt, wie der Energiemix in Zukunft aussehen soll, d.h. wie viel Strom wir aus Sonne und Wind und anderen Quellen produzieren werden, ist eine interessante Frage, die aber nichts mit meinem Bericht zu tun hat.

Es geht darum, dass eine (vielleicht versehentliche) Gesetzeslücke einen zerstörerischen Raubbau ermöglicht hat. Es geht darum, dass Kohle durch Holz zu ersetzen, noch mehr CO2 Ausstoß verursachen wird. Die Definition der EU von CO2-Neutralität muss revidiert werden.

Herzlichen Gruß,
Walter Tauber


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