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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Der Fisch stinkt vom Kopf her … Auszug aus dem Buch „Abgefahren. Warum wir eine neue Bahnpolitik brauchen.“
Datum: 23. Oktober 2019 um 9:10 Uhr
Rubrik: Lobbyismus und politische Korruption, Privatisierung, Rezensionen, Stuttgart 21, Verkehrspolitik
Verantwortlich: Albrecht Müller
Vor einer Woche und pünktlich zur Frankfurter Buchmesse erschien das Buch „Abgefahren. Warum wir eine neue Bahnpolitik brauchen“. Verfasser sind Bernhard Knierim und Winfried Wolf, beides ausgewiesene Verkehrsexperten und Freunde der Schiene – aber eben auch engagierte Kritiker des Bahnkonzerns. Was dort vorgeht, geht uns alle an, weil wir darunter leiden und weil wir dafür zahlen. Albrecht Müller.
In sechzehn Kapiteln auf knapp 300 Seiten wird das breite Panorama der Krise des Schienenverkehrs im Allgemeinen und der Deutschen Bahn AG im Besonderen ausgebreitet und faktenreich untersetzt. Behandelt werden außer Themen, die gewissermaßen zum Standard gehören, wie „marode Infrastruktur“, „Kleinstaaterei im Schienennahverkehr“ oder „Gefährdung der sprichwörtlichen Sicherheit im Schienenverkehr“, auch Aspekte, die in anderen aktuellen Veröffentlichungen kaum umfänglich behandelt werden wie „Bahnimmobilien. Oder: Was hat die Bahnreform von 1994 mit der Mietenexplosion 2019 zu tun“, „Auf dem Rücken der Bahnbeschäftigten“ und „Die Deutsche Bahn als Politikum: Auslandsengagements der DB im Interesse der deutschen Außenpolitik“.
Hervorzuheben ist auch: Nach jedem der 16 Kapitel gibt es einen ergänzenden, meist zweiseitigen Kommentar von 16 Personen, die in einem engen Zusammenhang stehen mit dem jeweils zuvor behandelten Thema, also etwa Claus Weselsky beim Thema „Beschäftigte“, die Bürgerinitiative „Prellbock Altona“ beim Thema Großprojekte, der PRO-BAHN-Landesvorsitzende Thomas Kraft beim Thema „Flickenteppich Nahverkehr“ oder Tom Adler beim Thema „Stuttgart21“.
In den letzten Wochen hat sich die Krise der DB zugespitzt. Bekannt wurde, dass Gelder in Höhe von rund einer dreiviertel Milliarde Euro „unter der Hand“ in Beraterverträge geflossen sind, die im dafür allein berechtigten Gremium, dem Aufsichtsrat, nicht beschlossen wurden. Unter anderem erhielt der Ex-Ministerpräsident von NRW, Jürgen Rüttgers, Geld von der Bahn für „Beratung“, faktisch eine Vergoldung seines weitgehenden Abschieds aus der Politik. In diesem Zusammenhang geht die Deutsche Bahn AG nun nicht primär gegen diese unglaublichen Praktiken zur Verschleuderung von Steuergeldern vor. Nein, sie sucht „undichte Stellen“, die dafür verantwortlich sind, dass dieser Skandal an die Öffentlichkeit gelangte – und konzentriert sich dabei auf das einzige Mitglied der GDL im Bahnaufsichtsrat, der aus diesem Gremium herausgekegelt werden soll.
Die Buch-Autoren Knierim und Wolf sind der Auffassung, dass das System hat. Das gesamte Spitzenpersonal der DB sei inzwischen durchsetzt von Menschen, denen die Schiene absolut gleichgültig ist und die die DB als Selbstbedienungsladen begreifen – und die an der Bahnspitze eine Politik betreiben, die zur weiteren Zersetzung und Zerstörung der Bahn beitragen muss. Unter anderem deshalb, weil sie selbst mit den Interessen der Autobranche und der Luftfahrt verbunden sind. Nachfolgend das Kapitel 16 „Der Fisch stinkt vom Kopf her – Oder: Notwendig ist ein umfassender Neuanfang“ (für die NachDenkSeiten deutlich gekürzt und an wenigen Stellen aktualisiert).
Angaben zum Buch: Bernard Knierim / Winfried Wolf, Abgefahren. Warum wir eine neue Bahnpolitik brauchen, Verlag PapyRossa Köln, Oktober 2019, 292 Seiten, 17,90 Euro.
Der Fisch stinkt vom Kopf her – Warum bei der Deutschen Bahn ein Großreinemachen ansteht
Bernhard Knierim und Winfried Wolf
Mitte Oktober kam es zu einem neuen Eklat bei der DB. Der Bundesvorsitzende der GDL, Claus Weselsky, gab bekannt, dass es im Bahnkonzern Bestrebungen gibt, den einzigen Vertreter der GDL im Bahnaufsichtsrat, Mario Reiss, aus diesem Amt zu drängen. Vorausgegangen ist ein handfester politischer Skandal: Die Deutsche Bahn AG hat in den vergangenen Jahren „Beraterverträge“ mit Ex-Top-Managern, aber auch mit Politikern, abgeschlossen, bei denen es erstens so gut wie keine nachweisbare Gegenleistung gibt, die zweitens stark den Geruch der verdeckten, ungerechtfertigten Gehaltserhöhung oder der geheimen Aufstockung beim „Goldenen Handschlag“ haben und die drittens im Aufsichtsrat nicht beschlossen (sondern nur von einem einzelnen Vorstand entschieden) wurden. Es geht dabei in der Summe, so Claus Weselsky, um einen Betrag in Höhe von 700 Millionen Euro. Der GDL-Chef fordert in diesem Zusammenhang das Ausscheiden des Bahnvorstands Berthold Huber. Wobei sich natürlich auch fragen lässt: Wie können Verträge in dieser Höhe beschlossen worden sein, ohne dass Richard Lutz, der bis zum 31. Dezember 2018 Finanzchef war (im Zeitraum Februar 2017 bis Ende 2018 in Personalunion mit seiner Funktion als Bahnchef) davon Kenntnis hatte? Politisch spannend ist, dass auch der Ex-CDU-MP Jürgen Rüttgers als – sehr gut bezahlter! – DB-„Berater“ auf der DB-Payroll stand (oder noch steht).
Die Offensive der GDL findet unsere volle Unterstützung. Wir betonen ergänzend: Es handelt sich hier nicht um Ausrutscher, nicht um eine einmalige Affäre. Die Sache hat System. Und das System ist in der Zusammensetzung der Führungskader der Deutschen Bahn AG zu suchen.
Schildert man in einer größeren Öffentlichkeit die irrationalen, unwirtschaftlichen und kontraproduktiven Entscheidungen der Deutschen Bahn (beim Tarifsystem, bei Großprojekten wie Stuttgart 21, beim Fahren auf Verschleiß, bei der Einstellung der Nachtzüge), dann sind die meisten, die das hören, schlicht und einfach fassungslos. Und immer wieder werden die Fragen gestellt: Warum machen die das? Sind Ignoranz, Naivität oder böse Absicht verantwortlich? Die Antwort lautet: Naivität spielt kaum eine Rolle. Ignoranz ist weit verbreitet. Vorherrschend sind Verantwortungslosigkeit und Wurstigkeit. Das hat mit dem konkreten Personal an der Spitze der Bahn zu tun. Die Top-Etage der Deutschen Bahn AG ist durchsetzt mit Führungskräften, die beim Thema Mobilität nur den Blick durch die Windschutzscheibe einer teuren Limousine kennen.
Das Management der DB AG
Beginnen wir ganz oben, dort wo der Fisch zu stinken beginnt. Die drei Bahnchefs, die die Deutsche Bahn AG in den ersten mehr als zwei Jahrzehnten ihrer Existenz prägten, waren Heinz Dürr, Hartmut Mehdorn und Rüdiger Grube. Bezieht man den Zeitraum 1990 bis 1993 als diejenige Periode, in der die Bahnprivatisierung intensiv vorbereitet und umgesetzt wurde, mit ein, dann dominierten diese Herren das Eisenbahngeschehen in Deutschland über ein Vierteljahrhundert hinweg – im Zeitraum 1990 bis 2017. Mit einer kurzen, zweijährigen Unterbrechung, in der – 1997 bis 1999 – der Bahnchef Johannes Ludewig hieß. Dürr, Mehdorn und Grube hatten alle drei vor ihrem Amtsantritt nie etwas mit Eisenbahn zu tun. Sie hatten alle drei den wichtigsten Teil ihrer beruflichen Karriere in der Kaderschmiede des Daimler-Konzerns absolviert. Alle drei hatten sie im Daimler- DASA-Airbus-Imperium den entscheidenden Teil ihrer Prägung in der Wirtschaftswelt erhalten. Dürr hatte Mehdorn als seinen Nachfolger vorgeschlagen. Mehdorn hatte Grube als Nachfolger ins Spiel gebracht. Grube war bei Daimler-DASA Mehdorns Büroleiter gewesen. Man kann das Ganze als die Daimler-DB-Dynastie bezeichnen.
Doch im Einzelnen: Heinz Dürr war ab 1991 Bundesbahnchef, von 1994 bis 1997 Chef der neuen Deutschen Bahn AG und anschließend 1997/98 Aufsichtsratschef der DB. Er war vor seinem Antritt als Bundesbahnchef fünf Jahre lang Daimler-Vorstand. Er war und ist maßgeblicher Eigentümer des weltweit führenden Autozulieferers Dürr AG. Er war der „Erfinder“ des desaströsen Projekts Stuttgart 21.
Hartmut Mehdorn nahm ab 1989 führende Positionen bei Airbus und DASA ein. Damals war Daimler Großaktionär bei Airbus; DASA war eine Daimler-Gesellschaft und ging später in EADS/Airbus auf. 1992 bis 1995 war Mehdorn Vorstandsmitglied der Daimler-Tochter DASA. Er galt längere Zeit als Kandidat für den Top-Job bei Daimler. Als diese Karriere durch den Aufstieg von Jürgen Schrempp an die Daimler-Spitze verbaut war, wechselte er für kurze Zeit an die Spitze der Heidelberger Druckmaschinen. Mehdorn wurde dann 1999 von seinem Duzfreund, dem Bundeskanzler Gerhard Schröder, als Bahnchef berufen. Mehdorn war derjenige, der das Projekt Stuttgart 21, das sein Vorgänger im Amt, Johannes Ludewig, gestoppt hatte, reaktivierte.
Rüdiger Grube war 1990 bis 1992 Büroleiter von Mehdorn in der DASA-Geschäftsführung. Von 1996 bis 2009 nahm Grube im Daimler-Konzern führende Positionen ein. In seiner Bahnchef-Amtszeit trat er bis zur Fukushima-Reaktor-Katastrophe vehement für die Verlängerung der Atomkraftwerke-Laufzeiten ein. Kanzlerin Angela Merkel berief Grube am 25. April 2009 zum neuen Bahnchef. Er stand bis Januar 2017 an der Spitze der Deutschen Bahn. Grube war nach Mehdorn der wesentliche Treiber bei der fatalen Global-player-Strategie. Und er war der Stuttgart-21-Exekutor.
Grube erhielt trotz seines eigenmächtigen Ausscheidens als Bahnchef am 30. Januar 2017 einen hochkarätig-goldenen Handschlag in Höhe von 2,3 Millionen Euro. Es gibt gute Gründe, ihm Untreue gegenüber seinem langjährigen Arbeitgeber DB vorzuwerfen. Allzu krass in Konflikt zu DB-Interessen stehend sind die Engagements, die Grube sofort nach seinem Weggang bei der Bahn übernahm: bei der Investmentgesellschaft Lazard, bei dem Tunnelbauer Herrenknecht, bei dem Lkw-Spediteur Schockemöhle, beim Bahntechnik-Konzern Bombardier Transportation.[1]
Im März 2017 wurde bekannt, dass Grube ab dem 21. Juni 2017 den Aufsichtsratsvorsitz der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) übernimmt. Bereits dieses Engagement ist problematisch.
Ähnlich wie es an der Spitze der Bahn aussah (und roch), sieht es an der Spitze des Aufsichtsrats (AR) aus: Günther Saßmannshausen war der erste Aufsichtsratsvorsitzende der DB AG (in dieser Position 1994 bis 1997). Er spielte eine wichtige Rolle bei der Vorbereitung und Umsetzung Bahnreform, also bei der formellen Privatisierung der DB. Saßmannshausen stammt aus dem Ölgeschäft. Er war Preussag-Chef und u.a. Mitglied in den Aufsichtsräten von VW, Continental und Deutsche Shell. Auf ihn folgte in dieser Position 1997, wie bereits erwähnt, Heinz Dürr. Dürrs Nachfolger war Dieter Vogel (1999-2001), der als Ex-Thyssen-Mann eng mit der Transrapid-Technologie verbunden war. Die Deutsche Bahn unterstützte dann in der Ära Mehdorn den Einsatz des Transrapid, obgleich dieses teure Magnetbahn-System direkt mit der Schiene konkurrierte. Auf Vogel folgte an der AR-Spitze Michael Frenzel (2001-2005), erneut ein Top-Mann von Preussag/Tui, damals auch Betreiber der Billig-Airline Tuifly. Frenzel war dann 2006 bis Juli 2018 einfaches Mitglied im Aufsichtsrat der DB AG. Seit 2012 ist Frenzel Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW). In dieser Position ist er vor allem ein Lobbyist für Autoverkehr und Flugverkehr.[2] 2005 wurde Werner Müller Aufsichtsratsvorsitzender. Er war damals gleichzeitig Chef der Ruhrkohle AG-Stiftung. Die Ruhrkohle (RAG) ist einer der wichtigsten Kunden im Schienengüterverkehr der DB AG; das Unternehmen hat ein Interesse an niedrigen Frachttarifen, was wiederum für die DB gewinnreduzierend ist. Auf Müller folgte 2010 bis 2018 Utz-Hellmuth Felcht. Felcht nimmt seit 2007 und bis heute bei dem Finanzinvestor One Equity Partners (OEP) eine führende Position ein. OEP ist mit der zweitgrößten Bankengruppe in den USA, JP Morgan Chase & Co, verbunden. Der Name OEP fiel immer wieder mal, wenn es zu neuen Anläufen zur Privatisierung der Deutschen Bahn kam oder wenn große Tochtergesellschaften der Deutschen Bahn teilprivatisiert werden sollten, wie dies 2015/2016 geplant war.
Seit April 2018 ist der CDU-Politiker und Staatssekretär Michael Odenwald Vorsitzender des DB-Aufsichtsrats. Der Mann engagierte sich bislang vor allem für das Wohlergehen der Luftfahrt – derjenigen Form von Mobilität, die in besonderem Maß zur Klimaerwärmung beiträgt. Odenwald war bis April 2018 Aufsichtsratschef bei Fraport, und er ist weiter Mitglied im Aufsichtsrat von Fraport, dem größten deutschen Airport, der zugleich im internationalen Luftverkehrsgeschäft engagiert ist.
Es klingt natürlich ein bisschen nach Verschwörungstheorie oder besser Verschwörungspraxis, wenn eine Kontinuität mit den Interessen der Autolobby nahestehenden Top-Bahn-Personen von Dürr bis Grube und über alle DB-Aufsichtsratschefs hinweg behauptet wird. Und wenn dabei einigermaßen auffällig Bahnchef Johannes Ludewig ausgeklammert wird. Wie passt dann dieser Top-Bahn-Mann in das „Schema“? Tatsächlich bildet Ludewig in der beschriebenen Serie einen interessanten Sonderfall. Er war in den Jahren 1997 und 1998 der von Kanzler Helmut Kohl eingesetzte Bahnchef. Einiges spricht dafür, dass Ludewig als Kohl-Vertrauter damit einen Versorgungsposten erhielt. Ludewig war keine Lichtgestalt in diesem Amt. Beispielsweise unterstützte er weiter, wie zuvor Dürr, die Magnetbahn-Technologie. Doch in einigen Punkten engagierte er sich offensichtlich aus Überzeugung für Bahn-Interessen: So stellte er Stuttgart 21 auf den Prüfstand und sprach sich schließlich Anfang 1999 gegen die Fortführung des Projekts aus. Er startete eine Pünktlichkeitsoffensive und knüpfte die Boni der Manager an das Erreichen dieses Ziels. Die Leidenschaftlichkeit und Konsequenz, mit der er die Pünktlichkeitsoffensive betrieb („Der Satz ‚Pünktlich wie die Eisenbahn‘ muss wieder zum Markenzeichen der Bahn werden“), trieb die Mehrheit der Führungskräfte, die Einkommenseinbußen befürchteten, auf die Barrikaden. Die Ablösung von Ludewig als Bahnchef wurde vor allem von Gerhard Schröder betrieben. Schröder war bis Herbst 1998 als niedersächsischer Ministerpräsident und Mitglied im VW-Aufsichtsrat eng mit dem größten deutschen Autohersteller verbunden; ab September 1998 stand er der ersten rot-grünen Bundesregierung vor und ließ sich gerne als „Autokanzler“ titulieren. Nach Ludewigs Weggang und mit Mehdorns Antritt als neuer Bahnchef wurde als eine der ersten Maßnahmen die Koppelung Bahnpünktlichkeit und Boni aufgegeben. Bald darauf wurde das Projekt Stuttgart 21 wieder auf die Schiene gesetzt. Insgesamt gesehen erscheint die Kurzzeitära Ludewig eher als eine Ausnahme, mit der die hier beschriebene Regel bestätigt wird, wonach auf den Top-Sesseln im Bahnkonzern immer mehr die Herren mit den Auto- und Luftfahrtinteressen Platz nahmen.
Dazu passt, dass es auch unterhalb der Top-Ebene im Vorstand und Aufsichtsrat der Deutschen Bahn eine große Zahl von Führungskräften gab und gibt, die auch auf diesem Level die Durchsetzung des Bahnkonzerns mit Auto- und Luftfahrtinteressen dokumentieren. Wir beschränken uns auf drei exemplarische Beispiele.
Christoph Franz. In der Ära Mehdorn fiel vor allem der große Einfluss von Ex-Lufthansa-Leuten ins Auge. Diese waren maßgeblich für das 2002 neue und dann gescheiterte Bahnpreissystem verantwortlich, das sich am Ticket-System der Airlines ausrichtete. Damit verbunden war die Abschaffung der BahnCard50. Franz war ab 1990 bei der Lufthansa, zuletzt in höheren Manager-Positionen tätig. 1994 wechselte er zur Deutschen Bahn, wo er bald Mitglied im Konzernvorstand und Chef der Fernverkehrssparte wurde. Nach dem Scheitern dieser Bahnpreisreform ging Franz zur Schweizer Fluggesellschaft Swiss, die er bald unter die weiten Flügel des Lufthansa-Kranichs führte. 2011 wurde Franz Lufthansa-Chef. Diese Position hatte er dann bis 2014 inne. Sein beruflicher Werdegang endete dort, wo er begann. Die Deutsche Bahn war in der Karriere von Franz faktisch eine Zwischenstation – jedoch mit ausgesprochen negativer Wirkung für die Bahn.
Jürgen Großmann. Der Milliardär war bis Sommer 2018 ein langjähriges und einflussreiches Mitglied im Bahnaufsichtsrat. Großmann gehört laut Forbes zu den hundert reichsten Personen in Deutschland. Er war 2007 bis 2012 Chef des Energiekonzerns RWE. Er initiierte 2010 den „Energiepolitischen Appell“, der für eine Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke warb und wurde dabei von Bahnchef Rüdiger Grube engagiert unterstützt. Großmann gehört zum Kreis der „FroGS“, der „Friends of Gerhard Schröder“. Er kaufte 1993 für zwei DM das damals marode Unternehmen Georgsmarienhütte (GM-Hütte) auf und formte das Unternehmen zu einem verschachtelten Großkonzern mit rund 50 einzelnen, von der GM-Holding kontrollierten Unternehmen. Die Unternehmen der GM-Holding sind in den Bereichen Stahl, Maschinenbau, Autozulieferung und – vor allem – Bahntechnik engagiert. Mit der Bochumer Verein Verkehrstechnik GmbH und der Bahntechnik Brand-Erbisdorf GmbH ist die GM-Hütte nach Eigendarstellung „der führende Radsatzhersteller in Europa“. Wichtigster Kunde in dem Bereich Radsatzherstellung war laut GM-Hütte-Angaben die DB AG. Die Interessenskonflikte zwischen Großmann als Unternehmer und Großmann als Kontrolleur der DB waren also ausgesprochen vielfältig.
Antje Neubauer. Die PR-Fachfrau war in den Jahren 2006 bis Sommer 2019 für die DB tätig, zuletzt als Marketingleiterin und PR-Chefin.[3] Sie arbeitete zuvor für den RWE-Konzern. Neubauer sagte von sich: „Bevor ich 2006 zur Bahn ging, hatte ich keinerlei Bahn-Bezug. Ich kann mich nicht entsinnen, mit meinen Eltern je Zug gefahren zu sein.“ Noch 2019 betonte Antje Neubauer: „Ich bin ein Autofan!“[4] 2017 entstand unter der Ägide von Antje Neubauer und anlässlich der Eröffnung der Hochgeschwindigkeitsstrecke Berlin – München bei der DB ein ausgesprochen aufwendig gedrehter 90-Sekunden-DB-Werbefilm mit dem Formel-I-Weltmeister Nico Rosberg, in dem der ICE gegen das Flugzeug und gegen ein (von Rosberg ziemlich sportlich gefahrenes) Auto gewinnt. Am PR-Film-Ende lässt Rosberg auf der Dachterrasse eines Luxushotels die Champagner-Korken knallen. Die Fachzeitschrift „Horizont“ (vom 20. Oktober 2017) stellte die berechtigte Frage: „Ob die Konsumenten Rosbergs Einsatz für den Bahnkonzern […] als glaubwürdig empfinden, wird sich herausstellen. Schließlich steht er wie kaum ein zweiter in Deutschland für schnelle Autos und war regelmäßig für seinen langjährigen Arbeitgeber Mercedes-Benz im Werbeeinsatz.“
Und wie sieht die aktuelle Führungscrew im Bahnkonzern aus? Wo ist der noch relativ neue Bahnchef Richard Lutz zu verorten? Lutz wird in der Regel als netter Junge beschrieben. Im Übrigen, so der überwiegende Tenor der Berichte, sei Lutz farblos; ein unbeschriebenes Blatt. Lutz ist Betriebswirtschaftler. Er kam 1994 zur neu gegründeten Deutschen Bahn AG. Er präsentierte sich dort als überzeugter Privatisierer. 2011, als er im Bahnkonzern „nur“ der für die Finanzen verantwortliche Vorstand war, machte er deutlich, dass die Bahnprivatisierung für das Top-Personal dieses Unternehmens immer zentrales Thema und für ihn eine Herzensangelegenheit ist. Er führte in der „Börsen-Zeitung“ (vom 11.2.2011) aus: „Im September [2011] werden wir wieder vier Stationen (mit Roadshows; d. Red.) haben: In Tokio, in Peking, Hongkong und Singapur besuchen wir Staatsfonds und Pensionsfonds. Das machen wir seit 2002. Vor allem in Japan […] fragen uns die Anleger immer wieder, wann wir endlich an die Börse gehen.“ Zu diesem Zeitpunkt behaupteten die maßgeblichen Politiker der damaligen schwarz-gelben Bundesregierung und der damalige Bahnchef Grube, ein Bahnbörsengang oder eine Privatisierung der DB AG stünden „nicht auf der Tagesordnung“. Lutz konnte damals Gegenteiliges vortragen, da ihn niemand als künftigen Bahnchef auf dem Schirm hatte. Die Hybrid-Anleihe in Höhe von 2 Milliarden Euro, die die DB im Oktober 2019 aufnahm, ist einerseits aus DB-Sicht kontraproduktiv, weil weit teurer als eine normale Anleihe (siehe Jens Berger auf NDS). Sie führt andererseits dazu, dass Finanzinvestoren bei der DB indirekt Einfluss gewinnen. Nur wenige Wochen nach seinem Amtsantritt als Bahnchef wurde Lutz im April 2017 auf der Bilanzpressekonferenz mit der Frage konfrontiert, wie er beim Projekt Stuttgart 21 zu verfahren gedenke. Er antwortete, er sei „finster entschlossen“, Stuttgart 21 fertig zu bauen.[5] Das war eine typische Freud‘sche Fehlleistung: Lutz weiß natürlich, dass das Projekt kontraproduktiv ist. Er führte im April 2018 im Verkehrsausschuss des Bundestages auch aus, dass das Projekt der DB dauerhaft Verluste einbringen würde. Doch er ist eben Teil der bahnzerstörerischen DB-Führungskräfte-Crew, die sich politischen Vorgaben und nicht den Fahrgästen oder dem Schienenverkehr primär verpflichtet fühlt.
Die Volksweisheit lautet: Wie der Herr, so´s G‘scherr. So auch im Fall des aktuellen Bahnvorstands. Lutz zur Seite steht – und an Lutz´ Stuhl sägt – Ronald Pofalla. Dieser ist ein Mann, der seine Entschlossenheit, öffentliche Gelder zu veruntreuen, sehr früh dadurch dokumentierte, dass er als Bundestagsabgeordneter in den Jahren 2006 bis 2009 aus Mitteln für den MdB-Bürobedarf Montblanc-Luxusschreibgeräte im Wert von 14.722,32 Euro orderte.[6] Pofalla war lange Zeit Kanzleramtschef und unter Bundeskanzlerin Angela Merkel fürs Grobe verantwortlich. Im Vorfeld der DB-Aufsichtsratssitzung am 5. März 2013, auf der eine neue Kostensteigerung für Stuttgart 21 beschlossen werden sollte und auf der die Zustimmung einzelner AR-Mitglieder als unsicher galt, schlug Pofallas Stunde. Er bearbeitete einzelne Aufsichtsräte – und konnte am Ende alle Räte (mit der Ausnahme des GDL-Vertreters) für die Zustimmung zur S21-Kostenerhöhung gewinnen. Gegen Pofalla wurde in dieser Sache mehrfach Anklage wegen Untreue erhoben. Sein Einzug in den Vorstand der Deutschen Bahn im August 2015 wurde allerorten als Belohnung für seine Nibelungentreue gegenüber der Kanzlerin interpretiert. Mit Eisenbahn hatte Pofalla nie etwas zu tun. In seiner CDU-Stammregion hatte er sich vielmehr als wackerer Promoter des hoch defizitären Regionalflughafens Weeze hervorgetan, während gleichzeitig Schienenstrecken in der betreffenden Region stillgelegt wurden. Als Verantwortlicher für die Bahn-Infrastruktur versagte Pofalla im Sommer 2017 bei dem Tunneleinbruch in Rastatt komplett. Das Handelsblatt monierte, Pofalla sei „abgetaucht“, um in bewährter Weise die Angelegenheit „auszusitzen“.[7]
Seit dem 1. Januar 2019 ist Alexander Doll Finanzvorstand. Er übt diese Funktion in Personalunion mit dem Job des Logistik-Verantwortlichen im Vorstand, den er seit Herbst 2017 innehat, aus. Als Finanzvorstand löste Doll Richard Lutz ab. Alexander Doll hat damit, von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, eine enorme Machtfülle auf sich konzentriert. Das ist erstaunlich für einen absoluten Newcomer – und aufschlussreich für einen Mann mit dieser höchst spezifischen Vita: Als Doll im November 2017 zur Deutschen Bahn stieß – damals im Vorstand zunächst nur verantwortlich für die Geschäftsfelder DB Cargo und DB Schenker – verwies Bahnchef Lutz in einem Brief an die „lieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ darauf, dass Doll in seiner früheren Zeit als Banker „uns als DB bei mehreren Projekten beraten“ hat. Das ist höchst zurückhaltend formuliert. Alexander Doll ist Bankkaufmann mit viel Erfahrung im internationalen Investmentbanking. Es ist kaum nötig zu betonen, dass er mit Eisenbahn nie etwas zu tun hatte. Doll war im Zeitraum 2001 bis 2009 in führenden Positionen bei der Schweizer Bank UBS tätig. In dieser Funktion fädelte er den Aufkauf des US-Logistikers Bax Global durch die Deutsche Bahn AG ein. Damit wollte Mehdorn den ersten großen Schritt als global player unternehmen. Das Ganze war ein Fehlschlag für die DB. Der Bahnkonzern musste das US-Geschäft aufgeben. Doch es war ein gutes Geschäft für UBS. Doll war sodann in den Jahren 2005 bis 2008, erneut als Top-Banker bei UBS, engagiert beim damals geplanten Börsengang der Deutschen Bahn. Auch in diesem Fall war der damalige Bahnchef Hartmut Mehdorn sein Auftraggeber. Auch dieses Projekt war ein Fehlschlag für die DB. Und ein ausgezeichnetes Geschäft für UBS. Im Frühjahr 2009 wechselte Alexander Doll dann zur Investmentbank Lazard. Er nahm dort im Zeitraum Mai 2009 bis Dezember 2012 die Position eines „Managing Director of Financial Advisory Business Germany“ ein. In dieser Funktion organisierte er 2010 – in der Zeit mit Rüdiger Grube als Bahnchef – den bislang größten Auslandseinkauf der Deutschen Bahn AG überhaupt, die Übernahme des britischen Bus- und Schienenverkehrsbetreibers Arriva. Grube ist, wie beschrieben, heute für Lazard aktiv. 2018 wurde beschlossen, dass Arriva wieder verkauft wird. Wer ist damit im Bahnvorstand beauftragt? Richtig: Alexander Doll. Im Herbst 2019 zeichnet sich ab, dass die DB nicht einmal das Geld zurückbekommt, das 2010 für Arriva bezahlt wurde. Das wäre dann ein Fehlschlag für die DB. Und wieder einmal ein Geschäft für diejenigen Banker, die den neuen Arriva-Deal abwickeln. Wer wird dies sein? UBS? Lazard? Oder Barclay? Für die letztgenannte Bank war Doll 2012 bis 2017 aktiv – in der Zeit, bevor er zur DB kam. Die zitierte Hybrid-Anleihe wiederum kommt die DB teuer zu stehen; sie zahlt hier einige Dutzend Millionen Euro mehr als im Fall einer normalen Anleihe. Das Ganze ist zugleich ein gutes Geschäft für die beteiligten Banken.
Grundsätzlich muss die Frage gestellt werden: Was könnte die Motivation für den 47-jährigen Alexander Doll gewesen sein, 2017 trotz „deutlicher Einkommenseinbußen“ zur DB zu wechseln? Er gilt als „einer der bekanntesten Investmentbanker Deutschlands“ und vertrat bis zu seinem Wechsel zur DB in nicht gekündigter Position die Großbank Barclays in Deutschland. „Doll gilt als Dealmaker“, schreibt das „Finanz-Magazin“ vom 10. November 2017. Und mit „Deals“ bei der Deutschen Bahn AG dürften in erster Linie neue Versuche einer Teilprivatisierung gemeint sein – oder die Ausgliederung beispielsweise des Schienengüterverkehrs. Der Verantwortliche bei DB Cargo heißt im Übrigen seit November 2017 Roland Bosch. Ihn qualifizierten für diesen Job die Tatsachen, dass er Betriebswirtschaftler ist, dass er im früheren Berufsleben für eine Beratungsfirma, die Boston Consulting Group, tätig war und dass er von 2002 bis 2010 als Führungskraft für den Bahn-Konkurrenten und größten Lkw- und Bushersteller Europas, den Daimler-Konzern, arbeitete.
Die Deutsche Bahn AG erlebt aktuell ihre größte Krise. Der Konzern ist faktisch überschuldet. Die Infrastruktur marode. Die Bahn-Oberen haben aktuell das unverdiente Glück, dass im Rahmen der zugespitzten Klimadebatte neue Milliarden in den Konzern fließen. Damit wird jedoch diese Krise nur übertüncht. Der Vorstand und die Mehrheit der Führungskräfte im Konzern Deutsche Bahn sind so zusammengesetzt, dass sie nicht in der Lage sein werden, die Krise des Konzerns zu bewältigen. Ja, sie haben daran schlicht kein Interesse. Diesen Bahn-Oberen sind die Interessen der Fahrgäste und der Bahnbeschäftigten mehr oder weniger gleichgültig sind. Sie bringen dies nicht selten offen zum Ausdruck. So als der damalige Bahnchef Mehdorn erklärte: „Bei Strecken, auf denen ich mit dem Zug länger als drei Stunden unterwegs bin, nehme ich den Flieger. Denn lange Bahnreisen sind eine Tortur.“[8] Oder wenn Ulrich Homburg, bis 2015 DB-Verantwortlicher für den Fernverkehr, offen bekannte, nie Nachtzug gefahren zu sein – aber den Nachtzug dann einfach einstellte. Homburg wurde im Übrigen in besonderer Weise bei den eingangs erwähnten „Beraterverträgen“ bedacht. Oder wenn Grube und Lutz vom „Autonomen Fahren“ schwärmen und sich für die neue Offensive der Autoindustrie in Form von floatenden Stadtautos engagieren.
Viele der Top-Verantwortlichen im Bahn-Konzern vertreten, wie aufgezeigt, Interessen, die in Widerspruch zu einer gedeihlichen Entwicklung der Schiene stehen. Und alle betreiben sie eine Politik, die kontraproduktiv für den öffentlichen Verkehr im Allgemeinen und den auf Schienen im Besonderen ist. Es gibt damit in Deutschland – und im Übrigen zugleich in Europa – Indizien für einen vergleichbaren, gefährlichen Prozess, wie wir ihn in den USA mit dem Niedergang des schienengebundenen, öffentlichen Verkehrs im Zeitraum 1930 bis 1960 erlebt hatten. Für die USA gilt als belegt, dass für die Zerstörung des öffentlichen Verkehrs in den US-Städten eine Verschwörungspraxis verantwortlich war, die von den Autokonzernen General Motors, Ford, Chrysler im Verbund mit dem Reifenhersteller Firestone organisiert wurde, ein vor der Öffentlichkeit geheim gehaltenes Komplott, dessen Wirken nachträglich in einem Ausschuss des US-Senat im Jahr 1974 mit dem „Snell-Report“ dokumentiert wurde.[9]
[«1] Im Juli 2017 wurde publik, dass Grube als Chairman für das deutsche Investmentbanking der Vermögensverwaltungs- und Finanzberatungsgesellschaft Lazard „gewonnen“ wurde. Die „Süddeutsche Zeitung“: „Als Grube als Bahnchef eine Teilprivatisierung der Töchter Schenker und Arriva prüfen ließ, bekam Lazard den Auftrag.“ Was für die SZ ein „bisschen Geschmäckle“ hat. (SZ 14.7.2017). Seit Sommer 2017 arbeitet Grube als Berater für die Firma Herrenknecht, weltweit größter Hersteller von Tunnelbohrmaschinen. Die Deutsche Bahn ist Deutschlands größter Auftraggeber im Tunnelbau. Stuttgart 21 ist das größte Tunnelbau-Projekt im Land überhaupt. Ein wesentlicher Auftragnehmer beim S21-Großprojekt ist Herrenknecht. Ein knappes Jahr vor seinem Weggang bei der DB, im April 2016, ließ Grube verfügen, dass die DB-Speditionstochter Schenker „Lang-Lkws“, auch „Giga-Liner“ genannt, einsetzen kann, obgleich diese den Schienengüterverkehr substanziell bedrohen. Es war damals die Lkw-Spedition Schockemöhle, die sich in diesem Bereich besonders engagierte. Grube ist seit Sommer 2017 Beiratsvorsitzender bei der Lkw-Speditionsfirma Paul Schockemöhle. Beim Großauftrag für die neueste ICE-Generation (ICE 4) ist Bombardier Transportation nach Siemens der entscheidende Lieferant. Der Zuschlag erfolgte zu Grube-Zeiten. Im Sommer 2019 wurde bekannt: Grube wird Aufsichtsratsvorsitzender von Bombardier Transportation.
[«2] Der Verband tritt ein für einen generellen „Aus- und Neubau der Fernstraßen“. Er fordert „die Luftverkehrssteuer ad acta zu legen“, „Nachtflugverbote und Flugverbote in Tagesrandzeiten […] zu verhindern“ und „die großen Flughafendrehkreuze bedarfsgerecht“ auszubauen.
[«3] Neubauer kündigte ihren Job Anfang 2019. Sie war noch bis September 2019 für die DB aktiv. Im Oktober übernahm Jürgen Kornmann ihren Job. Kornmann war 1998 bis 2007 für VW aktiv, u.a. als Markensprecher für Vertrieb, Marketing, Elektronische Medien und IT. Nach: Zeit online vom 22. Februar 2019.
[«4] Ich bin ein Autofan, Interview mit Antje Neubauer in: Unterwegs, Oktober 2018 (turi2 edition #7).
[«5] Siehe W. Wolf, abgrundtief + bodenlos. Stuttgart 21, sein absehbares Scheitern und die Kultur des Widerstands, 3. Auflage März 2019, S. 176.
[«6] Montblanc-Affäre – Pofalla griff bei Luxusfüllern am meisten zu, in: Berliner Morgenpost vom 24. August 2016.
[«7] Handelsblatt vom 30. August 2017; siehe ausführlich Winfried Wolf, abgrundtief + bodenlos. Stuttgart 21, sein absehbares Scheitern und die Kultur des Widerstands, Köln, a.a.O., S. 324.
[«8] Sächsische Zeitung vom 14. Januar 2003.
[«9] Im Jahr 1974 wurde in der für den US-Senat verfassten Studie von Bradford C. Snell umfassend dokumentiert, wie General Motors, Standard Oil und der Reifenhersteller Firestone die radikale Umstrukturierung des Transportsektors über mehr als drei Jahrzehnte hinweg mit krimineller Energie vorangetrieben hatten. Danach wurden nach der Weltwirtschaftskrise, in den 1930er Jahren, in Millionenstädten wie Baltimore, Philadelphia, New York, St. Louis und Los Angeles die Unternehmen mit schienengebundenen Verkehrsmitteln, die jahrzehntelang gut funktioniert hatten, aufgekauft, der Schienen-Transport abgebaut bzw. auf Busverkehr umstrukturiert. Zu diesem Zweck gründeten General Motors, Standard Oil of California (also Rockefeller) und der führende Reifenhersteller Firestone, die Holding National City Lines. Bis 1950 kaufte diese Gesellschaft Stadt für Stadt elektrische Verkehrssysteme auf und wandelte sie in Busgesellschaften um. Dieser tiefgreifende Umbau des nordamerikanischen Verkehrssektors wurde noch dadurch begünstigt, dass General Motors zu diesem Zeitpunkt in den USA 70 Prozent aller Autobusse und 80 Prozent aller Lokomotiven herstellte und somit die Transportarten, die eine Alternative zum privaten Straßenverkehr bildeten, kontrollierte. Siehe ausführlich bei: Winfried Wolf, Verkehr. Umwelt. Klima. Die Globalisierung des Tempowahns, Wien 2009, Seite 136ff und: Wikipedia: de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fer_Amerikanischer_Stra%C3%9Fenbahnskandal. Auch: wikireal.org/w/images/1/17/Thesen-Papier_WS11_-_Autoindustrie%2C_Snell-Report.pdf
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