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Titel: Eine Bitte und Anregung für SPD-Mitglieder: Fordern Sie, bevor Sie abstimmen, von Ihren Vorsitzenden-Kandidaten ein klares Bekenntnis zum Atomwaffenverbotsvertrag und zur Friedenspolitik

Datum: 17. Oktober 2019 um 15:45 Uhr
Rubrik: Friedenspolitik, SPD
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Der folgende Text ist ein Beitrag von Uwe Thomas. Er war Landesminister in Schleswig-Holstein und Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung. Ihm macht große Sorge, dass wir auf einen großen kriegerischen Konflikt zusteuern. Er plädiert entschieden für den Beitritt zum Atomwaffenverbotsvertrag und er vermisst – wie wir von den NachDenkSeiten auch – eindeutige Bekenntnisse zur Wiederaufnahme der von Willy Brandt konzipierten und und vor 50 Jahren durchgesetzten Friedenspolitik. Albrecht Müller.

Uwe Thomas:

Vor einem halben Jahrhundert machte Willy Brandt, Außenminister einer Großen Koalition, den damaligen Bundeskanzler Kiesinger darauf aufmerksam, dass der Bundeskanzler für die Richtlinien der Regierungspolitik zuständig sei, nicht für die der Sozialdemokratischen Partei. Eine Feststellung, die auch für die heutige Große Koalition gültig sein sollte.

Infolge dieser Handlungsmaxime stieg der Stimmenanteil der SPD damals von 39,3 auf 42,7 Prozent. Die Große Koalition konnte (gegen den Willen von Herbert Wehner und Helmut Schmidt) nach der Wahl 1969 abgelöst werden durch eine Regierung unter sozialdemokratischer Führung. Schon in der Großen Koalition hatte sich Willy Brandt erfolgreich für den Beitritt Deutschlands zum Atomwaffensperrvertrag (oder Nichtverbreitungsvertrag NVV) eingesetzt. Und stand damit in heftigem Gegensatz zu seinem Kabinettskollegen Franz Josef Strauß, der diesen Vertrag für ein Versailles von kosmischen Ausmaßen hielt. Und sich bei der entscheidenden Kabinettsklausur still und leise davonmachte.

Die Nuklearmächte, welche den Vertrag initiiert hatten, haben ihn allerdings in einem wichtigen Punkt gebrochen. Denn in Artikel VI heißt es: “Jede Vertragspartei verpflichtet sich, in redlicher Absicht Verhandlungen zu führen über wirksame Maßnahmen zur Beendigung des nuklearen Wettrüstens in naher Zukunft und zur nuklearen Abrüstung sowie über einen Vertrag zur allgemeinen und vollständigen Abrüstung unter strenger und wirksamer internationaler Kontrolle.” Davon kann leider keine Rede sein, auch wenn Barack Obama zu Beginn seiner Amtszeit nukleare Abrüstung versprochen hatte, denn im weiteren Verlauf seiner Amtszeit hat der Friedensnobelpreisträger die nukleare Aufrüstung massiv vorangetrieben.

Gerade weil die Nuklearmächte sich nicht an Artikel VI des NVV halten, ist die neue Initiative zu einer Ächtung dieser Massenvernichtungswaffen im Atomwaffenverbotsvertrag so wichtig. Dieser Vertrag wurde unter anderem von unserem Nachbarn Österreich in die Vereinten Nationen eingebracht. Der ausgearbeitete Vertrag wurde am 7. Juli 2017 mit 122 Stimmen angenommen. Es geht darum, Atomwaffen zu stigmatisieren und langfristig diese existentielle Gefahr für die Menschheit zu beseitigen.

Bisher haben sich keine NATO-Länder zu einem Beitritt entschlossen. Umso bemerkenswerter sind Aussagen von Rolf Mützenich, dem Fraktionsvorsitzenden der SPD im Bundestag. Er sagte am 20. 9. 2017 gegenüber dem rbb Inforadio: “Wir tun wirklich gut daran, gegenüber dem atomaren Schatten, der sich wieder über die Welt legt, für Abrüstung und Rüstungskontrolle einzutreten.” Er hat sich klar für einen Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag ausgesprochen und ist überzeugt, dass diese Position in der SPD-Bundestagsfraktion mehrheitsfähig ist. Dazu ist es allerdings bisher nicht gekommen, obwohl auch Linke und Grüne sich für einen deutschen Beitritt ausgesprochen haben, während die CDU/CSU dagegen ist. Der Widerstand des damaligen deutschen Außenministers Siegmar Gabriel, inzwischen kein SPD-Bundestagsabgeodneter mehr, statt dessen seit dem 26.06.2019 nun Vorsitzender der Atlantikbrücke als Nachfolger von Friedrich Merz, war heftig und wird leider auch von Michael Roth, Kandidat für den SPD-Vorsitz und nach wie vor Staatsminister im Auswärtigen Amt, bekräftigt. Was zu bedauern ist. Gerade hier wäre eine klare Position der SPD als Friedenspartei sehr wichtig. Zum Gück gibt es andere Kandidatinnen und Kandidaten für den Vorsitz der SPD, welche die Position von Rolf Mützenich teilen und unterstützen. Deshalb gibt es Hoffnung für die Friedenspartei SPD.

Tritt Deutschland dem Atomwaffenverbotsvertrag bei, müssen auch die amerikanischen Atomwaffen in Büchel (Rheinland-Pfalz) abgezogen werden. Dabei handelt es sich ohnehin um eine bemerkenswerte Konstruktion, denn diese Atomwaffen sollen mit deutschen Flugzeugen und deutschen Piloten entsprechend den Vorgaben der US-Regierung auf ihre Ziele angesetzt werden, wo immer die sich befinden. Fairerweise muss man sagen, dass es bisher keinerlei Anzeichen gegeben hat, dass die amerikanische Regierung sie tatsächlich einzusetzen beabsichtigt. Ein Veto der Bundesregierung gibt es gleichwohl nicht. Ein im Grunde unerträglicher Zustand. Im nächsten Jahr steht eine Entscheidung an für eine neue Generation von Bomben und für die Ablösung der bisherigen Flugzeuge, welche die Bomben tragen. Und diese Generation kann schon aus technischen Gründen nur in den USA beschafft werden, sagen die amerikanischen Strategen, auch wenn die Kosten von Deutschland zu übernehmen sind.

Vor 50 Jahren war es Willy Brandt, der mit viel persönlichem Mut und großer Überzeugungskraft Deutschland und die Welt dem Frieden nähergebracht hat. Vielleicht ist es nach der nächsten Bundestagswahl dann Rolf Mützenich, welcher die Fackel aufnimmt und mit einem klaren friedenspolitischen Kurs die Menschen in Deutschland überzeugt, wieder SPD zu wählen. Dazu wird er die Unterstützung der neuen Vorsitzenden der SPD dringend brauchen. Willy Brandt musste Widerstände überwinden und Anfeindungen über sich ergehen lassen. Aber er ist standhaft geblieben. Warum soll sich die Geschichte nicht wiederholen?


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