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Titel: EU endlich auf dem richtigen Weg – jetzt sollte noch die Subventionierung der Täter beendet werden (Finanzkrise XL)

Datum: 10. Mai 2010 um 15:32 Uhr
Rubrik: Banken, Börse, Spekulation, Euro und Eurokrise, Europäische Union, Finanzkrise
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Die Beschlüsse vom Wochenende können dazu beitragen, die Spekulation gegen einzelne Länder und gegen den Euro zu beenden. Da teile ich die Meinung von Gustav Horn vom IKM (siehe Anlage 1). Allerdings halte ich es für sinnvoll und notwendig, die Strategie und Beschlüsse demnächst so zu verändern, dass die Spekulanten nicht auch noch für ihr mieses Verhalten belohnt werden. Dazu unten zwei Vorschläge. Albrecht Müller

Es hat lange – viel zu lange – gedauert, bis sich die Spitzen Europas dazu durchgerungen haben, den Spekulanten zu begegnen. Insbesondere die deutsche Bundesregierung hat mit ihrem Abwarten und Zögern wesentlich dazu beigetragen, die Stabilisierung sehr teuer zu machen. Auch die Europäische Zentralbank hat in diesem Prozess keine gute Rolle gespielt. Man musste den Eindruck gewinnen, dass die Verantwortlichen den Ernst der Lage nicht erkennen, und manche innenpolitische und wahlpolitische Erwägung wichtiger war als die Prüfung der Sache in einem sehr gefährlichen Spiel.

Es sind nun schon fast drei Jahre vergangen, seit offenbar wurde, dass sich die private Industriekreditbank (IKB) maßlos mit wertlosen US-Papieren verspekuliert hat. Über 8 Milliarden € hat uns diese private Spekulation gekostet. Schon damals schworen die verantwortlichen Politiker, die Finanzmärkte besser regulieren zu wollen. Nichts Entscheidendes ist geschehen. Die Vorgänge um Griechenland zeigten, dass die Spekulation munter weiter geht, wenn nicht deutlich signalisiert wird, dass sich die Spekulation nicht lohnt.

Dabei gäbe es zwei einfache Wege, wie man einem Großteil der Spekulanten das Handwerk legen könnte: Der erste ist der von Präsident Obama vorgeschlagene, nämlich die Banken aufzuspalten. Bankgeschäfte würden danach getrennt in solche, die auf Publikumseinlagen und Liquiditätszufuhr der Notenbanken beruhen und zu normalen Krediten für richtige Sachinvestitionen führen, und solche, die auf spekulativen, für die Gesellschaft nutzlosen und gefährlichen Aktivitäten beruhen oder diese fördern. Das Investmentbanking gehört weitgehend in die zweite Kategorie. Würde man den normalen Banken dann noch untersagen, Kredite für reine Spekulationsgeschäfte zu gewähren, wäre das Kasino weitgehend ausgetrocknet. Dieser Weg ist freilich mühsam und auf dem Gesetzgebungsweg liegen viele von den Lobbyisten errichtete Hindernisse. Ein viel eleganterer und naheliegenderer Weg zur Eindämmung der Spekulation durch Banken wird dagegen mit Argusaugen betrachtet. Ansätze dazu sind allerdings in den EU-Beschlüssen vom Wochenende enthalten..

Wir nehmen es heute klaglos hin, dass die gleichen Banken, die von den Zentralbanken einschließlich der Europäischen Zentralbanken fast zum Nulltarif mit Liquidität versorgt werden, mit genau dem Geld in die Kasinos zum Zocken gehen und sogar, wie wir es jetzt in Europa sahen, gegen die gleichen Staaten spekulieren, die sie mit dieser Liquidität ausgestattet haben.

Es ist ja schon ein schlechter Witz, dass Banken vom Staat das Geld via Zentralbank zum Nulltarif bekommen und damit Staatsanleihen dieses Staates kaufen, die weit höhere Zinsen abwerfen. Wodurch ist eine solche massive Subventionierung von Bonimachern und Zockern durch den Steuerzahler gerechtfertigt? Sie entspringt doch nur dem neoliberalen Dogma – das es allerdings auch in die Verträge von Maastricht geschafft hat – , wonach der Staat immer alles falsch macht und nur die Weisheit der „Märkte“ den Staat daran hindert, das Geld zu verschleudern.

Der schlechte Witz wurde aber zum Skandal, als die Banken nicht nur Staatsanleihen zu normalen Bedingungen kauften, sondern mit dem vom Staat bereit gestellten Geld auf einen Bankrott von befreundeten Staaten spekulieren und Horden von Investmentbankern zusammen mit anderen Spekulanten die Zinsen, wie im Falle Griechenlands offensichtlich, nach oben treiben.

Warum nahm bisher die Europäische Zentralbank nicht den Staaten direkt Staatsanleihen ab, sondern nur über den Umweg der Refinanzierung der Banken? Gab es dafür einen ernstzunehmenden Grund oder nur die alte Ideologie, dass das unweigerlich zur Inflation führe, weil die „unverantwortlichen Staatenlenker“ nicht mit dem Geld umgehen können und des seriösen Bankers als Warner bedürfen? Müssen wir uns sklavisch an das Verbot im Maastricht-Vertrag halten? In der Sache bringt das nichts. In Zeiten des Zockerbankertums ist das geradezu lächerlich. Das dämmert langsam auch den Verantwortlichen in Brüssel und bei der Mehrheit der europäischen Regierungen. Wenn die Finanzkrise etwas gezeigt hat, dann die Tatsache, dass die Zocker, die sich Investmentbanker nennen, nicht mit Geld umgehen können, und schon gar nicht mit billigem Zentralbankgeld.

Wenn die Europäische Zentralbank damit beginnt, den Staaten – unter den gleichen quantitativen Restriktionen, wie sie von der EZB für richtig gehalten werden –, direkt Staatsanleihen abzunehmen (was die USA und Großbritannien ohnehin schon vorgemacht haben), dann wird nicht nur die Spekulation gegen diese Anleihen verhindert, sondern auch den Banken eine ganz erhebliche Menge an Spielmaterial weggenommen. Ungerechtfertigte Gewinne, die in diesen Tagen wieder gefeiert werden, würden ebenso verschwinden wie die großen Boni, die nicht Ausdruck von großer Leistung sind, sondern lediglich von einer privilegierten Position von Institutionen, die sich Banken nennen – abgezweigte Einkommen.

Wenn die Banken als Investmentbanken ausgeschaltet werden, dann bringt das – volkswirtschaftlich betrachtet – einen großen Gewinn: es werden nicht mehr weiter Ressourcen verschwendet für einen wirklich nicht produktiven Wirtschaftszweig. Die Finanzwirtschaft war in den Hochzeiten des Kasinobetriebs stolz darauf, dass sie 5 oder – wie in Großbritannien – sogar nahezu 10 % der Wertschöpfung der Volkswirtschaft erbringe. Dieser Stolz ist unberechtigt. Es ist der Stolz auf die Verschwendung von Ressourcen. Die Spekulation im Finanzcasino verschlingt unnötig Ressourcen, die wir für andere nützliche Tätigkeiten gebrauchen können .

Anhang 1:

Betreff: [Presse] Pressemitteilung Hans-Böckler-Stiftung: Horn: EU-Beschlüsse stabilisieren Währungsunion

10.05.2010

“Klares Signal gegen Spekulation und irrationale Ausschläge”

Horn: EU-Beschlüsse stabilisieren Währungsunion

Die EU-Finanzminister haben mit ihren Beschlüssen vom Wochenende einen wichtigen Schritt zur Stabilisierung der Europäischen Währungsunion gemacht. “Die EU und ihre Mitgliedsstaaten haben genau das Richtige getan: Sie lassen keinen Zweifel offen, dass sie eine gemeinsame Verantwortung für den Währungsraum tragen und spekulative Angriffe auf den Euro parieren werden”, sagt Prof. Dr. Gustav A. Horn, Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung. “Mit dem Notfallfonds hat die europäische Politik endlich eine effektive Vorkehrung getroffen, um Attacken von Spekulanten abzuwehren und irrationale Ausschläge der Finanzmärkte einzudämmen”, erklärt der Ökonom. Wenn die Europäische Zentralbank (EZB) bereit sei, im Notfall Staatsanleihen aufzukaufen, werde das ein Weiteres tun: “Das Signal ist klar: Europa ist ein Riese, und der Riese ist aufgewacht. Spekulanten müssen sich jetzt zehnmal überlegen, ob sie sich mit ihm anlegen.”

Das entschlossene Auftreten der EU und die Nennung hoher, aber letztendlich realistischer Summen für den Notfallfonds reduzierten das Risiko, dass tatsächlich Geld fließen müsse, betont Horn: “Eine glaubhafte Abschreckung senkt die Kosten für die Steuerzahler. Das klingt nach Wild-West, aber es ist überzeugend, weil es die Logik der Finanzmärkte aufgreift. Wenn die Europäer schon zu Beginn der Griechenland-Krise nach dieser Maxime gehandelt hätten, wären die Probleme wahrscheinlich nicht so eskaliert.”

Horn ist optimistisch, dass die Euro-Stabilisierungspolitik nicht zu einem Inflationsschub führen wird. “Ich bin überzeugt, dass sich alle Akteure darüber im Klaren sind, dass es hier um Ausnahme-Maßnahmen für einen extremen Notfall geht.” Die EZB habe im Verlauf der Bankenkrise erhebliches Geschick darin gezeigt, Schuldpapiere je nach Bedarf aufzukaufen und wieder zu verkaufen, um den Finanzmärkten Liquidität zuzuführen und wieder zu entziehen. “Die Zentralbank hat alle nötigen Instrumente und die Erfahrung, um die Preissteigerung unter Kontrolle zu behalten”, sagt Horn.

Kontakt in der Hans-Böckler-Stiftung

Prof. Dr. Gustav A. Horn
Wissenschaftlicher Direktor IMK
Tel.: 0211-7778-331
E-Mail: [email protected]
Rainer Jung


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