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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 23. September 2019 um 8:44 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Klimapaket
  2. Steinmeier ist ein Präsident der Phrasen
  3. Spahns heikle Mission in Mexiko
  4. Nine Eleven, Climate, Ecology and the Left: Necessary Consequences to be Drawn – Nine Eleven, Klima, Ökologie und linke Politik: die nötigen Konsequenzen
  5. Google mal Gewerkschaft
  6. Ohne Essen in die Schule
  7. Die Altersarmut kommt
  8. EU-Landwirtschaft verursacht Klimaschäden von 77 Milliarden Euro
  9. Am Haken von Bayer & Co.?
  10. Was die Bahn jetzt anders machen will
  11. Hamburger Polizei verteidigt Einsatz gegen Blockade bei Klimademo
  12. Proteste in Ägypten: Der Bann der Angst ist gebrochen
  13. Bartsch: Bericht zur deutschen Einheit ist „einzige Lobhudelei”
  14. Why I Decided Not To Delete My Old Internet Posts
  15. Kaffee kostet
  16. Krise über Ukraine-Connections im US-Wahlkampf
  17. Parteitag der NRW-SPD will «Rot Pur» beschließen
  18. „Selbstverharmlosung“: Die Medienstrategie der AfD

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Klimapaket
    1. Klimapaket versagt beim Klimaschutz und vertieft die soziale Spaltung
      Die Vorsitzenden der Fraktion DIE LINKE, Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch, erklären anlässlich der heutigen Beschlüsse des Klimakabinetts der Bundesregierung:

      „Das heute vom Klimakabinett vorgestellte Klimapaket ist unsozial und ineffektiv. Es belastet vor allem kleine und mittlere Einkommen. Es schont Reiche und Konzerne. Es setzt auf nutzlose, marktliberale Instrumente statt auf wirkungsvolle staatliche Ordnungspolitik. Es treibt die Gesellschaft auseinander. Das Klimapaket wird im Bundestag keine Unterstützung der LINKEN erhalten.
      Sämtliche Maßnahmen des Klimakabinetts sind nicht gegenfinanziert und daher eine teure Mogelpackung. Jedes Klimapaket, das keine angemessenen Steuern für die superreichen Multimillionäre vorsieht, will stattdessen kleine und mittlere Einkommen belasten. Wer nicht sagt, wo das Geld herkommen soll, täuscht Bürgerinnen und Bürger. Es muss massiv und nachhaltig investiert werden. Diese notwendigen zusätzlichen Investitionen dürfen nicht mit unsozialen Kürzungen in anderen Bereichen finanziert werden. Höhere Kraftstoffpreise werden Geringverdiener besonders hart treffen. Das Klimapaket untergräbt die Akzeptanz des Klimaschutzes in der Gesellschaft und den sozialen Zusammenhalt.
      Angela Merkel wird als gescheiterte Klimakanzlerin in die Geschichte eingehen. Dieser weitgehend ineffektive Flickenteppich an Maßnahmen wird dem Klimawandel nicht ansatzweise gerecht. Kaum jemand wird aufgrund der heutigen Beschlüsse sein Auto stehen lassen, selbst wenn er es könnte. Der Markt versagt beim Klima und trotzdem liefert die Kanzlerin das Klima weiterhin dem Markt aus. Nationaler Emissionshandel ist der falsche Weg: Statt höherer Energiepreise, die das Leben für Pendler und Geringverdiener verteuern, brauchen wir staatliche Ordnungspolitik, die die Gesellschaft sozial und klimafreundlich umbaut.

      Unsere Forderungen:

      1. Sozial gerecht statt Reiche schonen: Wir fordern eine Klimareichensteuer, die Millionenerbschaften, Millionenvermögen und Millioneneinkommen zur Kasse bittet, um die notwendigen Investitionen zu finanzieren. Es braucht das politische Signal: Diesmal bezahlen es die Reichen! Klimaschädliche Subventionen gehören abgeschafft.
      2. Bahnreform statt Scheuer-Murks: Wir brauchen eine tiefgreifende Bahnreform, einen massiven Ausbau des Schienennetzes und der Transportkapazitäten sowie einen Preisdeckel. Die Teilprivatisierung der Bahn und die Preiserhöhungen der vergangenen 20 Jahre müssen zurückgenommen werden. Das würde einer kostenlos angebotenen BahnCard 50 bzw. Halbierung der heutigen Fahrpreise entsprechen.
      3. ÖPNV attraktiver machen statt Tanken teurer: Wir brauchen eine Revolution im Öffentlichen Personennahverkehr, von der kleine und mittlere Einkommen profitieren. Wir fordern als wichtigen Schritt ein vom Bund finanziertes Ein-Euro-Ticket. Wenn alle Bürgerinnen und Bürger den ÖPNV für maximal einen Euro am Tag nutzen könnten, wäre es für viele Menschen machbar, das Auto stehen zu lassen. Dafür muss der ÖPNV ausgebaut, sicherer, zuverlässiger und sauberer werden.
      4. Statt Marktversagen brauchen wir staatliches Handeln: Wir brauchen staatliche Investitionen und eine neue staatliche Ordnungspolitik für soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz: Zum Beispiel gehören Energiekonzerne in öffentliche Hand. Gebäude müssen mit einem Bundesprogramm energetisch saniert werden – ohne Mehrkosten für Mieterinnen und Mieter.
      5. Innovationen statt Stillstand: Wir brauchen ein massives Investitionsprogramm in erneuerbare Energien, in Innovations- und Speichertechnologien.“

      Quelle: Die Linke. im Bundestag

    2. Pillepalle statt Klimaschutz
      Klimakabinett verhöhnt Engagement von Millionen Menschen
      Das globalisierungskritische Netzwerk Attac kommentiert die heute vorgestellten Pläne des so genannten Klimakabinetts der Bundesregierung:
      “Allen Versprechen von Merkel zum Trotz: Was das so genannte Klimakabinett heute vorgelegt hat, ist Pillipalle statt Klimaschutz. Die mächtigen Profitinteressen der Kohle- und Autoindustrie, der Agrarlobby und der Chemiekonzerne haben auch heute wieder eine effektive Klimapolitik verhindert. Mit diesen Beschlüssen verhöhnt die Bundesregierung das Engagement von 1,4 Millionen Menschen, die heute allein in Deutschland für Klimagerechtigkeit auf die Straße gegangen sind. Mit dieser Politik ist der Kollaps nicht zu verhindern. Es hilft nichts: Wir werden uns der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen weiterhin gemeinsam – auch mit Aktionen zivilen Ungehorsams – entgegenstellen müssen. Klimaschutz bleibt Handarbeit. Statt weiterhin auf Wachstum zu setzen, brauchen wir Mobilität für alle Menschen mit viel weniger Autos, einen schnellen Kohleausstieg und den Bruch mit der industrialisierten Landwirtschaft”, sagt Achim Heier vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis.
      Mit der Kampagne “einfach.umsteigen: Klimagerechte Mobilität für alle” engagiert sich Attac für einen sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft.
      Quelle: attac
    3. Das Ende der Klima-Kanzlerin
      Gestern vorm Kanzleramt: Schülerinnen und Schüler von “Fridays for Future” halten ein langes, selbstgemaltes Transparent in die Höhe. “Rückkehr der Klimakanzlerin” ist da zu lesen. Mit einem großen Fragezeichen dahinter, und einem – kleinen – Ausrufezeichen. Es war ein Hoffnungsschrei, gerichtet an die Frau hinter den dicken Mauern.
      Dass sie endlich wieder loslegen möge wie zuletzt vor mehr als zehn Jahren, als Angela Merkel auf Klimakonferenzen glänzte. Als sie einem überrumpelten US-Präsidenten Bush das Maximal-zwei-Grad-Ziel bei der Erderwärmung aus den Rippen leierte. Als sie sogar 2015 noch einiges tat, damit das Paris-Abkommen zustande kam. (…)
      Aber die Klima-Kanzlerin hat abgedankt. Mit Pauken und Trompeten. National hatte Merkel das schon lange. Deutschland kommt zu langsam voran beim Kohleausstieg. Frühere Klimaziele wurden gerissen, Klima-Pakete verhallten fast wirkungslos. Und jetzt hat sie auch noch die Hoffnungen der Klima-Jugend böse enttäuscht.
      Das, was die Koalition als Klimaprogramm 2030 verkauft, ist ein Flop. Ein mutloses Stück Papier, das niemandem wehtun will. Das gar nicht ernsthaft versucht, die Menschen zu klimafreundlicherem Verhalten zu lenken – oder wer bitte soll bei drei Cent teurerem Benzin in drei Jahren das Auto stehen lassen?
      Quelle: tagesschau.de
    4. Freibier für alle!
      Mit ihrem Klimapaket setzt die Bundesregierung ein klares Signal: Bloß keinem irgendwie wehtun, Preissteigerungen werden ganz fix kompensiert, alles kann so bleiben, wie es war. Wo ist die Politik, die über Alltagssorgen hinausgeht und Visionen formuliert? (…)
      Nur für unsere jüngeren Leser und Leserinnen sei daran erinnert, dass Politik früher einmal ganz anders funktioniert hat. Menschen hatten ein Programm, das klar über die Alltagssorgen hinausging und Vision reklamierte.
      Willy Brandt, Ältere erinnern sich noch, hatte 1966 den blauen Himmel über der Ruhr ausgerufen und auch noch die Verständigung mit dem Ostblock als Ziel seiner Politik formuliert.
      Zu dieser Zeit waren mutmaßlich 90 Prozent der Bevölkerung für diese Idee überhaupt nicht zu gewinnen, aber: Überraschung! Die Sozialdemokratie hielt daran fest und – man kann es sich heute gar nicht mehr vorstellen – gewann 1972 in Westdeutschland die Wahl bei einer Wahlbeteiligung von 91 Prozent mit 46 Prozent der Stimmen.
      Stellen wir uns kurz das fast Undenkbare vor: Die Bundesregierung verkündet, ja, wir haben einen Klimawandel und wir wollen was dagegen tun und wir kündigen hiermit an: Neuzulassungen von Fahrzeugen mit Verbrennungskraftmaschinen wird es ab 2025 nicht mehr geben!
      Zugelassen werden zudem nur noch Fahrzeuge, wenn ein privater Stellplatz nachgewiesen wird, denn das Abstellen auf öffentlichem Grund ist nur zum Halten bis maximal drei Minuten erlaubt.
      Quelle: klimareporter
  2. Steinmeier ist ein Präsident der Phrasen
    Das deutsche Staatsoberhaupt hat wenig Macht, es soll sich nicht in die Tagespolitik einmischen und trotzdem als Führungspersönlichkeit auf die Gesellschaft einwirken. Das einzige Mittel dafür ist die deutsche Sprache. Kaum einer hat sie je so schlecht behandelt wie der Amtsinhaber.
    Der deutsche Bundespräsident hat dem «Spiegel» vor ein paar Tagen ein Interview gegeben. Wer das nicht mitbekommen oder es schon wieder vergessen hat, muss sich nicht grämen. Er oder sie ist nicht allein.
    Frank-Walter Steinmeier, 63 Jahre alt und seit 2017 Inhaber des höchsten Amts der Bundesrepublik, hat in seinem Leben noch kaum einen Satz formuliert, an den man sich erinnern könnte. Menschen, die ihn kennen, bezeichnen ihn als klug, sogar humorvoll. Aber sobald er öffentlich spricht, wirkt es, als würde er seiner Muttersprache den Krieg erklären. Neben einem stark ausgeprägten Hang zu Floskeln und Phrasen ist das, was Steinmeier inhaltlich sagt, auf eine Weise überraschungsfrei, dass es fast komisch wirkt. Wollte man eine Komödie über einen biederen Beamten drehen, der irrtümlich ins höchste Staatsamt purzelt und versucht, es irgendwie auszufüllen: Er wäre die Idealbesetzung.
    Ein typischer Steinmeier-Satz klingt so: «Wenn Engagement für die Demokratie und Respekt vor den Institutionen der Demokratie nicht mehr selbstverständlich sind, sollten wir darüber nicht zur Tagesordnung übergehen.» Oder so: «Wenn wir die Demokratie gegen ihre Skeptiker verteidigen wollen, werden wir wohl einen etwas längeren Atem brauchen.» Wieviel Kaffee die «Spiegel»-Redakteure wohl gebraucht haben, um beim Abtippen solcher Sätze nicht wegzudämmern?
    Quelle: Neue Zürcher Zeitung

    Anmerkung Albrecht Müller: Sehr lesenswert.

  3. Spahns heikle Mission in Mexiko
    Jens Spahn ist nach Mexiko gereist, um den deutschen Pflegenotstand zu bekämpfen. Die Rede, die er vor den mexikanischen Pflegeexperten hält, ist auch eine Bewerbungsrede: Der Minister wirbt um mexikanische Fachkräfte. “Deutschland ist nach Japan das zweitälteste Land der Welt”, sagt Spahn. “Wir brauchen dringend Pflegekräfte.” Deshalb hat er 15 mexikanische Pflegeschulleiter und Fachkräfte nach Deutschland eingeladen. Es soll ein Pilotprojekt sein, der Beginn einer neuen Kooperation.
    50.000 bis 80.000 Pflegestellen, so rechnet Spahn vor, seien in Deutschland unbesetzt. Krankenpfleger in Kliniken fehlen genauso wie Altenpfleger in Heimen. In Deutschland allein, so viel steht fest, wird der Bedarf kurzfristig nicht zu decken sein – auch wenn die Bundesregierung um Berufsrückkehrer wirbt, auch wenn Löhne steigen und auch wenn Auszubildende künftig nicht mehr selbst für ihr Schulgeld aufkommen müssen. Bis die neuen Gesetze wirken, wird es dauern. (…)
    Allerdings ist eine Anwerbung in Mexiko politisch heikel. Zwar ist das Land jung, das Durchschnittsalter liegt bei 29,2 Jahren. Doch auch Mexiko altert, Leiden wie Diabetes nehmen zu. Und damit steigt auch in Mexiko der Bedarf nach Fachkräften. “Es fehlt uns an Personal”, sagt der Leiter einer regierungsunabhängigen mexikanischen Gesundheitsstiftung im Gespräch mit Spahn.
    Erst im Frühjahr hatte die OECD Mexiko ein ernüchterndes Urteil ausgestellt: Im internationalen Vergleich sei die Gesundheitsversorgung unterdurchschnittlich, weil es an staatlichen Investitionen fehle. Die Zahl der Klinikbetten sei sehr gering, auf dem Land mangele es an Ärzten und Pflegern. Nach einer Statistik der Weltgesundheitsorganisation WHO gibt es in Mexiko 2,9 angestellte Pflegefachkräfte pro 1000 Einwohner. In Deutschland sind es 12,9 Prozent.
    Auch wenn es paradox klingt, könnte die Kooperation mit Deutschland Mexiko auf lange Sicht aber weiterhelfen. Leiter von Pflegeschulen berichten, dass sie viele Pflegeplätze nicht besetzen können, weil es nicht genug Kliniken gebe, in denen die Studenten ihre praktischen Ausbildungsteile absolvieren könnten. Ein Austausch mit Deutschland schafft da Erleichterung.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung unseres Lesers H.M.: Nach dem Kosovo, den Philippinen ist jetzt Mexiko an der Reihe: Statt hier die Hausaufgaben zu machen (durch Arbeitsbedingungen und Gehälter den Pflegeberuf attraktiver machen) wildert Spahn weltweit weiter nach Pflegekräften, die auf Kosten der dortigen Steuerzahler ausgebildet worden sind. Damit reißt der CDU-Mann Lücken in die dortigen Versorgungssysteme. Das ist dem Christdemokraten offenbar egal. Christliche Solidarität sieht jedenfalls anders aus.

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Oh. Immerhin wird mal thematisiert, daß Deutschland anderen Ländern Fachkräfte abwirbt, die eben auch dort dringend benötigt werden. Hier wird z. B. angegeben, daß laut WHO Deutschland mehr als viermal so viele Pflegefachkräfte pro Einwohner hat als Mexiko (12,9 zu 2,9 pro 1000 Einwohner) – wer hat denn da wirklich den Fachkräftemangel? Und statt armen Ländern die auch dort notwendigen PflegerInnen abzuwerben, könnte Spahn z. B. in der Schweiz und in Großbritannien um Tausende deutsche Pflegekräften werben: kein Problem mit der Anerkennung und kein Sprachproblem. Aber diesen Kräften müsste die Bundesrepublik endlich vernünftige Löhne und bessere Arbeitsbedingungen bieten, und deutliche Lohnerhöhungen oder einen besseren Pflegekraftschlüssel will man in Deutschland natürlich unter allen Umständen vermeiden. Mit den Krankenkassenbeiträgen würden die Lohnnebenkosten steigen, das Lohnniveau in der Pflege sowieso, und irgendwann hätte Deutschland vielleicht keinen Außenhandelsüberschuss und keine völlig überdimensionierte Exportindustrie und keine überdimensionierten Kapitalgewinne mehr; das kann keine hart neoliberale, konzernhörige Regierung.

    Dazu: Pflegenotstand absurd: Wie Flüchtlinge vom Arbeitsmarkt ferngehalten werden
    Georg Restle: „Der Gesundheitsminister im Einsatz gegen den Pflegenotstand. Jens Spahn auf Welttournee, um Pflegekräfte nach Deutschland zu holen. Hier im Kosovo, und heute schon in Mexiko. Kein Witz. Guten Abend und willkommen bei MONITOR. Kein Weg und kein Land scheinen dem Gesundheitsminister gerade zu weit, um den riesigen Bedarf an Pflegekräften zu decken. Unbürokratisch und ohne große Hürden soll das alles funktionieren, Hauptsache schnell. Dabei müsste sich Jens Spahn nur vor der eigenen Haustür umschauen. In Deutschland gibt es nämlich Menschen, die sofort mit der Pflege anfangen könnten – wenn man sie nur ließe. Aber hierzulande tun Ausländerbehörden gerade alles, um sie genau daran zu hindern. Lara Straatmann und Nikolaus Steiner über eine Politik, für die es eigentlich nur einen Begriff gibt – absurd.“
    Zumindest die Schürze darf er schon mal anprobieren. Modou Niang ist ausgebildeter Altenpflegehelfer. Seit fünf Jahren ist der Senegalese schon in Deutschland, lernt die Sprache, gilt als gut integriert. Jetzt möchte er eine Ausbildung zum Altenpfleger in Bayern beginnen.
    Modou Niang, Altenpflegehelfer: „Dieser Beruf, ich finde, das ist ein schöner Beruf. Viele Bewohner, wo die mir immer sagen, Modou, du bist Beste. Und das liegt immer bei mir im Herzen.”
    Doch für Modou Niang ist erstmal Schluss. Er darf nicht arbeiten und auch keine Ausbildung machen. Sein Asylantrag wurde abgelehnt, er ist nur geduldet. Grundsätzlich dürfen auch Geduldete arbeiten und eine Ausbildung machen, aber die Ausländerbehörde erteilte ihm dafür keine Erlaubnis. Für die Heimleiterin Claudia Ruf-Hegele nicht nachvollziehbar, denn sie suchen hier händeringend Auszubildende – und er fehlt. (…)
    Georg Restle: „Nach den neuesten Gesetzesverschärfungen droht Flüchtlingen wie Modou Niang jetzt sogar Haft. Geht es nach der Ausländerbehörde, soll er Deutschland so schnell wie möglich verlassen. Vielleicht hat er dann ja Glück und der Gesundheitsminister schaut mal vorbei, um ihn dann wieder anzuwerben.“
    Quelle: monitor

  4. Nine Eleven, Climate, Ecology and the Left: Necessary Consequences to be Drawn – Nine Eleven, Klima, Ökologie und linke Politik: die nötigen Konsequenzen
    Die ungehemmte Rüstungs- und Militärpolitik der USA ist aber noch vermehrt auch nach Nine Eleven nicht nur für gewaltige Treibhausgas-Sünden verantwortlich, sondern natürlich auch für die unglaublichen Zerstörungen in Afghanistan, dem Irak, Libyen und Syrien. Und ja, man mag es kaum glauben, obwohl die Gefahren längst bekannt sind, das_US-Militaer_hat_es_wieder_getan, nämlich uranummantelte Munition im Irak und 2015 in Syrien eingesetzt! Da konnte 2003 selbst „der_Spiegel“ nicht umhin, darüber zu berichten. Und wir wundern uns, dass Menschen fliehen?!
    Und mir wird wirklich Angst um die Klima-Bewegung, wenn deren „Ikone“, die unbedarfte Greta_Thunberg_Barack_Obama_trifft, und mit dem ehemaligen „Drohnen-Präsidenten“ ordentlich Shake_Hands macht und man sich versichert, das man „ein Team“ sei! Das kommt dabei heraus, wenn man den Kampf ums Klima den Kindern überlässt.
    Den Kindern (die völlig zu recht hochbesorgt sind) ist wohl nichts vorzuwerfen, aber flugs kann die Naivität zum „Reinwaschen“ der „Mogelpackung“ Obama und der von ihm mitgetragenen US-Kriegspolitik genutzt werden! Wirklich wirksame Bewegungen brauchen keine naiven Ikonen, sondern Führung, in denen sich Intelligenz, Überzeugungskraft und umfängliches Wissen mit Engagement und Herzblut vereinigt. Enthusiasmus allein genügt nicht, Naivität wird in dieser Welt immer ausgenutzt und fehlgeleitet! So gelingt es immer wieder, die verschiedenen – alle hochwichtigen – humanistischen Anliegen voneinander zu isolieren und schließlich gegeneinander auszuspielen.
    Quelle: Wipokuli
  5. Google mal Gewerkschaft
    Für viele Menschen ist YouTube eine wichtige Einnahmequelle, weil sie dort ihre Videos einstellen und wegen Hunderttausender Abonnenten Werbegelder erhalten. Doch die Regeln diktiert der Konzern. Jetzt organisiert sich Widerstand. (…)
    Dass sich Videokünstler und Gewerkschaften neuerdings gegen den Internetriesen stellen, liegt unter anderem am 54-jährigen Jörg Sprave. Auf seinem YouTube-Kanal zeigt er allerhand Steinschleudern, in mitunter kuriosen Videos. Trotz 2,2 Millionen Abonnenten kann er allerdings nicht mehr von den Werbeeinnahmen des Kanals leben, wie es früher einmal war. Denn 2018 änderte YouTube seine Richtlinien, weil Firmen mit ihrer Werbung nicht mehr in Videos etwa mit Gewaltinhalten oder religiösen Fanatikern auftauchen wollten. Seitdem können Werbekunden anhand von 2500 Kriterien bestimmen, in welchem Umfeld sie erscheinen möchten.
    In der Konsequenz brachen die Einnahmen zahlreicher YouTuber ein, “bei einigen zu 100 Prozent”, sagt Sprave. Er wollte sich zur Wehr setzen und gründete die YouTubers Union (YTU). Dabei handelt es sich nicht um eine Gewerkschaft, sondern nur um eine Facebook-Gruppe. Darüber versammelt Sprave inzwischen 24.000 Mitglieder aus aller Welt, er sieht YTU als eine Bewegung. Sein Kanal “The Slingshot Channel” dient ihm dabei als Sprachrohr.
    Zunächst hatte er – trotz medialer Aufmerksamkeit – keinen Erfolg. Er reiste nach Zürich zu Googles Europasitz, erreichte bei den Verantwortlichen allerdings nichts. Dem Steinschleuderbastler fehlte die Schlagkraft – und ein Team. Das änderte sich diesen Sommer. Gemeinsam mit der IG Metall gründete er das Projekt FairTube. Die Macher prangerten YouTubes Praktiken an und stellten dem Konzern eine Frist bis Ende August. “Das ist schon ein kleines Erdbeben”, sagt Sprave. Ohne die IG Metall hätte YouTube wohl nicht reagiert.
    Die Forderungen: FairTube will wissen, wie Videos in bestimmte Kategorien einsortiert werden. Ordnet ein Bot Videos einem werbeunfreundlichen Umfeld zu – Spraves Steinschleudern etwa der Kategorie “Waffen”-, so verringern sich die Einnahmen deutlich. Auch sperre YouTube zuweilen Kanäle ohne nachvollziehbaren Grund, klagt FairTube. Um derlei Konflikte zu klären, fordert die Initiative menschliche Ansprechpartner und Beteiligung, etwa durch einen Beirat.
    Quelle: Spiegel Online
  6. Ohne Essen in die Schule
    Kein Geld für Urlaub, nicht genug für gesundes Essen, Leben auf beengtem Raum: In Deutschland wächst jedes fünfte Kind in Armut auf, meldet der Paritätische Gesamtverband. Und dennoch werde viel zu wenig dagegen unternommen.
    Allein in Sachsen-Anhalt sind rund 130.000 junge Menschen unter 25 Jahren von Armut betroffen. Das ist mehr als ein Viertel der jungen Bevölkerung. Das Problem ist hier besonders groß.
    Unser Landeskorrespondent Christoph Richter ist für das Wochenendjournal durch Sachsen-Anhalt gereist, hat eine alleinerziehenden Mutter von vier Kindern begleitet, eine Kindertafel besucht, an einem Familienfrühstück teilgenommen und mit dem Präsidenten des Kinderschutzbundes sowie mit Kindheits- und Wirtschaftsforschern gesprochen.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung unseres Lesers H.B.: Sehr gute Reportage eines engagierten Journalisten (Christoph D. Richter), der die Wirklichkeit armer Familien und Kinder und das Versagen der Politik ziemlich ungeschminkt beschreibt.

  7. Die Altersarmut kommt
    Die Grundrente wirkte in den vergangenen Monaten wie das Paradebeispiel dafür, dass die große Koalition keine Zukunft hat. SPD und Union stritten hingebungsvoll, aus sachlichen, aber besonders aus taktischen Gründen. Die SPD hat mit dem geplanten Zuschuss für drei Millionen Niedrigrentner ein massentaugliches Thema entdeckt, mit dem sie sich von CDU/CSU sozial abheben kann. Weil der Union ein eigenes Rentenkonzept fehlt, reagierte sie auf den Vorstoß sichtlich panisch.
    Diese taktischen Erwägungen überdeckten die Sachdifferenzen, die es auch gibt. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) wollte auf eine Bedürftigkeitsprüfung verzichten, um keinen Senior abzuschrecken. Jeder dritte berechtigte Ältere beantragt heute nicht Hartz IV, weil er sich vor dem Gang zum Amt schämt. Die Union wiederum wandte ein, dass es ohne jede Prüfung sehr teuer wird, weil übermäßig die Falschen profitieren. Beide Seiten haben einen Punkt. (…)
    Lässt man das Parteitaktische außen vor, erschien immer ein Kompromiss möglich: Das Einkommen prüfen, damit vor allem jene Grundrente bekommen, die sie wirklich brauchen – aber ohne abschreckende Ausforschung jedes ersparten Euros. Lassen Union und SPD die Taktik im Schrank, können sie sich nun in ihrer Arbeitsgruppe auf so einen Kompromiss verständigen. Dann bekommt keine Friseurin Grundrente, deren Ehemann hohe Altersbezüge hat oder die selbst nennenswerte Mieteinnahmen kassiert – eine sinnvolle Einschränkung. Forscher von DIW und Bertelsmann-Stiftung errechneten gerade, dass sonst viele Senioren mit höheren Einkünften profitieren würden.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Es ist ja schon ein kleiner Fortschritt, daß die Neoliberalen (hier: Alexander Hagelüken) endlich eingestehen, daß in Zukunft sehr viel mehr Rentner im Alter arm sein werden – alle Warnungen, daß das mit der (Riester-)Renten”reform” (drastischen Rentenkürzung) von 2001 genau so kommen würde, sind damals abgebügelt worden. Noch besser wäre, wenn Hagelüken und andere zugestehen würde, daß das kein Thema nur für die Zukunft, sondern sich die Altersarmut schon in den letzten Jahren rasant ausgebreitet *hat* – wie er selber schreibt, erkennbar an der stark gestiegenen Zahl alter Menschen, die die Tafeln nutzen (müssen). Leider folgen aus der richtigen Erkenntnis nicht die richtigen Forderungen: deutlich höhere Löhne und deutlich höhere Rentenbeiträge. Sondern die üblichen Beschwörungsformeln: “Mehr Qualifikation, stärkere Gewerkschaften und mehr Berufschancen für Mütter bewirken, dass Altersarmut erst gar nicht entsteht.” Höhere Qualifikationen nützen gar nichts, wenn es zu wenige Jobs gibt (bei aktuell 4 Millionen Arbeitslosen) und auch Qualifizierte in den Niedriglohnbereich gepresst werden; dito gibt es auch für Mütter nicht mehr auf dem Arbeitsmarkt zu holen; und stärkere Gewerkschaften stehen doch für die von den Neoliberalen abgelehnten starren Löhne (und haben sich im Übrigen vorzüglich mit der Altersarmut arrangiert: 2001 wurde die Riester-Rente vom DGB wärmstens empfohlen). Die Forderung nach einer staatlich finanzierten Grundrente zeigt nur, daß die Neoliberalen mit ihrem Latein am Ende sind: wie vor 20 Jahren vorhergesagt, steigen (nicht sinken) die Belastungen für den Staat durch die Kürzungen der (von den Unternehmen gezahlten) Umlagerente, und “1000 Euro [Grund]Rente” als Maßnahme gegen die Altersarmut anzupreisen, ist ein böswilliger Scherz. Voraussetzung sind 35 Beitragsjahre, die viele eben nicht haben, und 1.000 Euro monatlich (brutto?) reichen in mindestens der Hälfte der Großstädte mit ihren hohen Mieten schon lange nicht mehr zum Leben. Es bleibt dabei: solange die “Logik” bzw. der Irrsinn der Forderung nach höherer Wettbewerbsfähigkeit durch niedrigere Löhne nicht gebrochen wird, gibt es auch keine Lösung für die Rentenfrage.

  8. EU-Landwirtschaft verursacht Klimaschäden von 77 Milliarden Euro
    foodwatch hatte in einer sogenannten Meta-Studie zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen zu den sogenannten negativen externen Effekten der Landwirtschaft analysieren lassen. Darunter versteht man Kosten, die durch landwirtschaftliche Produktion zum Beispiel in der Umwelt entstehen – die aber nicht von den Verursachern, sondern von der Allgemeinheit getragen werden. Die Studienauswertung zeigt, „wie enorm die externen Effekte der Landwirtschaft“ sind, insbesondere auf das Klima. Allein durch den CO2-Effekt der EU-Landwirtschaft würden sich umgerechnet externe Kosten in Höhe von ca. 77 Milliarden Euro pro Jahr ergeben, wenn man den vom Umweltbundesamt vorgeschlagenen CO2-Preis von 180 € pro Tonne zugrunde legt. Zum Vergleich: Das sind weit mehr als die jährlich in der EU ausgeschütteten 55 Milliarden Steuergelder für Agrarsubventionen. (…)
    Das Problem ist: Diese Umweltkosten spielen in der Agrarpolitik bisher kaum eine Rolle. foodwatch forderte daher die Bundesregierung vor der Sitzung des Klimakabinetts und dem globalen Klimastreik an diesem Freitag auf, konkrete CO2-Einsparvorgaben für die Landwirtschaft zu formulieren. Um Anreize zu schaffen, möglichst klimafreundlich zu produzieren, muss zudem das Verursacherprinzip angewendet werden: Die Landwirtschaft muss für die von ihr verursachten Klima- und Umweltschäden aufkommen. Das würde umweltfreundlich erzeugte Produkte günstiger machen als solche, deren Produktion hohe Umweltschäden verursacht. (…)
    Externe Kosten entstehen in der Landwirtschaft nicht nur durch den CO2-Ausstoß. Auch Grundwasser oder Flüsse und Seen werden zum Beispiel durch Pestizide oder Gülle aus der landwirtschaftlichen Produktion belastet. Wasserbetrieben und Kläranlagen entstehen so hohe Mehrkosten. Hauptverursacher der Umweltkosten sind Betriebe der hochintensiven konventionellen Landwirtschaft, insbesondere im Bereich Tierhaltung. Hier sind zum Beispiel der energieintensive Futtermittelanbau und die Betreibung von Ställen und Belüftungssystemen ein Problem. Bei pflanzlichen Produkten sind die negativen externen Effekte deutlich geringer.
    Quelle: foodwatch

    Anmerkung Christian Reimann: Die komplette, 18-seitige Studie mit dem Titel „Externe Kosten in der Landwirtschaft“ können Sie hier nachlesen.

  9. Am Haken von Bayer & Co.?
    Seit ein paar Jahren konzentriert sich das Züchtungsgeschäft auf immer weniger Firmen. Erst kauften die großen Pestizidkonzerne wie Monsanto Züchtungsunternehmen auf. In den vergangenen drei Jahren fusionierten die Branchenriesen im Saatgut- und Pestizidgeschäft untereinander: Die deutsche Bayer AG kaufte die US-Firma Monsanto, das chinesische Unternehmen ChemChina übernahm die Schweizer Firma Syngenta, die beiden amerikanischen Chemiekonzerne DuPont und Dow Chemical legten ihr Agrargeschäft zusammen und nennen es jetzt Corteva. Der deutsche Chemiekonzern BASF blieb solo, übernahm aber von Bayer einen Großteil von dessen Saatgutgeschäft, etwa den Gemüsezüchter Hild. Experten des Internationalen Gremiums für nachhaltige Lebensmittelsysteme (IPES-Food) haben errechnet, dass die vier Konzerne weltweit über 60 Prozent des verkauften Saatgutes und 80 Prozent aller Pestizide herstellen.
    Bio-Verbände sowie umwelt- und entwicklungspolitische Organisationen warnen seit Jahren vor dieser Marktmacht. Die Konzerne würden „weltweit kleinere Züchter verdrängen, Artenvielfalt zerstören, Druck auf politische Entscheider entfalten und mittels Patenten Bäuerinnen und Bauern in Abhängigkeit bringen“, beschreibt Jürgen Maier, Geschäftsführer des Forums Umwelt und Entwicklung, die Folgen.
    Denn gezüchtet wird, was Geld bringt. Die Konzerne konzentrieren sich dabei auf die konventionelle, industrialisierte Landwirtschaft. Dort wachsen die Pflanzen in einem Überangebot an Nährstoffen wie Stickstoff heran. Synthetische Pestizide, die die Konzerne gleich mitverkaufen, schützen die Pflanzen vor Krankheiten und Schädlingen. Wichtige Zuchtziele sind Höchsterträge, Lagerfähigkeit und gutes Aussehen. Doch Bio-Landwirte und Bio-Gärtner wirtschaften ohne Kunstdünger und Pestizide. Deshalb brauchen sie andere Pflanzen: Solche, die den Boden gut durchwurzeln, möglichst effektiv mit den zur Verfügung stehenden Nährstoffen umgehen und sich gegen Unkraut und Schädlinge behaupten können.
    Die profitorientierte Züchtung hat noch einen weiteren Nachteil. Sie gefährdet die Vielfalt. Denn die großen Züchter konzentrieren ihre Anstrengungen auf absatzstarke Arten, alle anderen werden kaum noch weiterentwickelt. Global gesehen liefern nur noch 30 Pflanzenarten 95 Prozent der pflanzlichen Nahrungsmittel, schreibt das Bundesamt für Naturschutz. Die wichtigsten sind Weizen, Reis und Mais. Dabei wären rund 30 000 Pflanzenarten für den Menschen nutzbar.
    Quelle: Schrot & Korn
  10. Was die Bahn jetzt anders machen will
    Das Bahnfahren in Deutschland soll in Folge des Klimapakets der Bundesregierung bereits in den nächsten Monaten um zehn Prozent billiger werden. Das neue Preissystem werde frei geschaltet, sobald die geplante Mehrwertsteuersenkung für den Fernverkehr in Kraft trete, sagte Bahn-Chef Richard Lutz am Sonntag in Berlin. Laut Klimapaket der Bundesregierung soll eine entsprechende Gesetzesreform zum 1. Januar kommen.
    Sicher ist dieser Starttermin allerdings nicht. Denn zuerst müssen noch Bundestag und Bundesrat zustimmen. Ob dies so schnell geht, ist offen. Die Bahn will die Steuersenkung jedenfalls in vollem Umfang an die Kunden weitergeben. Auf die zum Jahresende sonst übliche Preiserhöhung bei Fernverkehrstickets werde der Konzern verzichten, kündigte Lutz an. (…)
    Die Bundesregierung hatte am Freitag beschlossen, die Mehrwertsteuer von 19 auf sieben Prozent zu reduzieren. Für Taxifahrten oder Nahverkehrstickets gilt bereits dieser ermäßigte Satz. Der neue Einstiegspreis für ICE-Fahrten soll nach Angaben der Bahn künftig mit Bahncard-Rabatt bei 13,40 Euro liegen – dies sei “der niedrigste reguläre Einstiegspreis seit der Bahnreform 1994”. Ohne Bahncard beträgt der Preis demnach für Spartickets 17,90 Euro statt bislang 19,90 Euro.
    Der reduzierte Steuersatz von sieben Prozent gilt für Fahrkarten ab 50 Kilometer Entfernung, die ab Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung gebucht werden. Auch die Bahncard 100 würde billiger. Ob andere Bahncards günstiger werden, hängt von den genauen Gesetzesregelungen ab. Sie gelten nicht als Ticket und müssten extra erwähnt werden. (…)
    Der niedrigere Steuersatz soll dazu führen, dass mehr Fahrgäste vom Auto auf die klimafreundlichere Bahn umsteigen. Die Bahn rechnet durch den Steuereffekt pro Jahr mit fünf Millionen mehr Passagieren. Deshalb sollen kurzfristig Aufträge für 30 neue Hochgeschwindigkeitszüge ausgeschrieben werden. Laut Bahn soll der Auftrag rund eine Milliarde Euro kosten. Sie sollten ab 2023 auf die Schiene kommen.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Der Wahnsinn. Das Ziel, mehr Passagiere auf die Schiene zu bringen, ist ja richtig. Aber das System Bahn steht schon heute kurz vor dem Kollaps. Wenn die Politik allen Ernstes mit lächerlichen 20 Milliarden Euro bis 2030 zusätzlich für die Bahn plant (also weiterhin nur auf billig, billig und billig setzt), während Experten den Bedarf mit “mindestens 70 bis 80 Milliarden” beziffern, dann setzt die Bundesregierung zum x-ten Mal auf Volksverdummung, das Prinzip Hoffnung und ungedeckte Schecks – und natürlich die Schwarze Null, ganz wichtig. Und von den genannten 20 Milliarden Euro werden schon mindestens 4 Milliarden schon von Stuttgart 21 verschluckt werden.

  11. Hamburger Polizei verteidigt Einsatz gegen Blockade bei Klimademo
    Die Polizei in Hamburg hat sich gegen Kritik an ihrem Vorgehen gegen eine Sitzblockade im Anschluss der Klimademonstration verteidigt. In sozialen Medien war den Beamten unverhältnismäßige Gewalt auch gegen Kinder vorgeworfen worden – unter anderem mittels sogenannter Schmerzgriffe.
    Laut Polizei ging “eine erhebliche Anzahl an Beschwerden” ein. Behördensprecher Timo Zill wies diese Vorwürfe zurück: Einsatzkräfte hätten einige Demonstranten unter Anwendung einfacher körperlicher Gewalt von der Fahrbahn gebracht, nachdem diese auf mehrere Aufforderungen und die Androhung unmittelbaren Zwangs nicht reagiert hätten, hieß es in einer Stellungnahme auf Twitter.
    “Die Einsatzkräfte haben dies im erforderlichen Maße, ruhig, besonnen und professionell durchgesetzt”, so Zill. Die Beamten hätten unter anderem den sogenannten Rückenhaltegriff eingesetzt. Über die Straßenblockade sagte er: “Schade, dass einige wenige versuchen, auf diese Weise den friedlichen Protest für ihre Zwecke zu missbrauchen.”
    In einem auf Twitter verbreiteten Video ist etwa zu sehen, wie Polizisten nahe der zentral gelegenen Lombartsbrücke einen jungen Mann in einen Spezialgriff nehmen, seinen Kopf zur Seite drehen und ihn wegtragen.
    Ein anderes Video zeigt, wie ein Polizist eine Demonstrantin festhält, während ein anderer offenbar schmerzhafte Griffe an ihrer Hand anwendet.
    “Eine Klima-Sitzblockade so brutal anzugehen, ist echt das Letzte”, twitterte Emily Laquer von der vom Verfassungsschutz beobachteten “Interventionistischen Linken”. Andere Nutzer schrieben, dass es sich bei vielen Teilnehmern um Minderjährige gehandelt habe. “Werden Schmerzgriffe bei Kindern eingesetzt?”, hieß es in einem Kommentar.
    Zur Sitzblockade aufgerufen hatte das Bündnis “Sitzenbleiben!”, ein Zusammenschluss aus den Gruppen “Ende Gelände Hamburg”, der “Interventionistischen Linken” und anderer Initiativen. Bei der Demonstration von “Fridays for Future” waren zuvor nach Angaben der Polizei etwa 70.000 Menschen friedlich für den Klimaschutz auf die Straße gegangen.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung J.K.: Was soll die Botschaft des Polizeieinsatzes sein? Wir können auch anders. Bisher wurden die Klimaproteste – primär die von ‘Fridays for Future’ – sowohl politisch als auch publizistisch ja mit Samthandschuhen angefasst. Wird der Protest etwas expliziter, hört der Spaß offenbar sofort auf.

  12. Proteste in Ägypten: Der Bann der Angst ist gebrochen
    In der Nacht auf den 21. September sind in ägyptischen Großstädten zahlreiche Proteste ausgebrochen, in denen das Ende der Militärdiktatur und der Rücktritt von Präsident El-Sisi gefordert wurden. Die Demonstrationen bedeuten für den Feldmarschall und die herrschende Elite vor allem eines: Der Bann der Angst ist gebrochen. Eine aktuelle Einschätzung von mosaik-Redakteur Rami Ali.
    Es ist ein Klima der Angst, das in Ägypten seit dem Militärputsch 2013 herrscht. Präsident Abdel Fatah El-Sisi geht gnadenlos gegen KritikerInnen vor. Unterstützt von einer Medienlandschaft, die er zur Gänze kontrolliert, werden alle, die seinen Kurs kritisieren, als „Volksverräter“ gebrandmarkt. Die KritikerInnen leben meistens im Exil. Zu groß ist die Angst vor Folter und den unmenschlichen Zuständen in den berüchtigten Gefängnissen Tora oder Al-Aqrab.
    Etwa 60.000 politische Gefangene soll es geben, darüber hinaus tausende durch den ägyptischen Geheimdienst Verschleppte und „Verschwundene“ – zu ihnen gehörte auch der ermordete italienische Student Giulio Regeni. Wer dieses Klima kennt, versteht, welchen Mut die aktuellen Protestbewegungen voraussetzen. (…)
    Die Vorwürfe der Korruption und Veruntreuung von Milliarden ägyptischer Pfund sind brisant. Denn El-Sisi verpasst keine Möglichkeit zu betonen, dass sich das Volk gedulden müsse, weil Ägypten „ein armes Land“ sei. Mit diesem Argument wurden nach und nach Subventionen auf Getreide, Treibstoff und Grundnahrungsmittel wie Zucker, Reis, Brot und Speiseöl aufgehoben. Das führte unter anderem dazu, dass der Benzinpreis im Juni 2018 um etwa 50 Prozent und im Juli 2019 nochmals um rund 20 Prozent angehoben wurden.
    Dahinter stecken die Kürzungs-Bedingungen Internationalen Währungsfonds (IWF), der Ägypten einen 12-Milliarden-Euro-Kredit gewährte. Die offizielle Inflationsrate betrug 2017 fast 24, 2018 noch immer 21 Prozent. Die Zahl der in Armut lebenden ÄgypterInnen stieg von knapp 28 auf über 32 Prozent im Jahr 2018. Das bedeutet, dass etwa ein Drittel der Bevölkerung mit weniger als einem US-Dollar pro Tag auskommen muss. Vor diesem Hintergrund war der Zorn über den exzessiven Lebensstil und die unbegründete Bauwut El-Sisis und seiner Offiziere enorm.
    Quelle: mosaik

    Anmerkung unseres Lesers V.S.: Trotz enormer Polizeigewalt, trotz unzähligen politischen Gefangenen, trotz vielen “Verschwundenen”, die wohl ermordet wurden, wagen sich in Ägypten tausende Menschen auf die Straße. Beeindruckend! Leider gilt Militärdiktator El-Sisi in der EU als Verbündeter – und entsprechend wenig erfahren wir in traditionellen Medien über sein Regime. Dieser Artikel liefert wertvolle Einblicke.

  13. Bartsch: Bericht zur deutschen Einheit ist „einzige Lobhudelei”
    • Der neueste Jahresbericht zum Stand der deutschen Einheit kommt zu dem Ergebnis, dass Ostdeutschland deutlich aufgeholt habe.
    • Linksfraktionschef Dietmar Bartsch spricht von Beschönigung.
    • Er macht den Ostbeauftragten Christian Hirte dafür verantwortlich.
    Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, hat den Jahresbericht zum Stand der deutschen Einheit kritisiert. „Mit dem neuen Ostbeauftragten verkommt der Jahresbericht zum Stand der deutschen Einheit zu einer einzigen Lobhudelei“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Natürlich ist viel geleistet worden, von Ost- und Westdeutschen. Aber dass nach 30 Jahren Ostdeutsche weiterhin länger arbeiten müssen und dafür weniger Geld bekommen, ist einer von vielen nicht akzeptablen Fakten. Es bleibt viel zu tun.“ (…)
    Im Jaresbericht von vor einem Jahr hatte es mit Blick auf 2017 noch geheißen, die Wirtschaftskraft verharre mit 73,2 Prozent in etwa auf dem Vorjahresniveau. Über den neuen Bericht will das Bundeskabinett am kommenden Mittwoch beraten.
    Löhne, Gehälter und verfügbare private Einkommen erreichen den Angaben zufolge inzwischen etwa 85 Prozent des westdeutschen Niveaus. Der Abstand sei noch geringer, wenn man die unterschiedlichen Lebenshaltungskosten in Ost und West berücksichtige, so der Bericht. (…)
    Die Regierung zieht nach RND-Informationen insgesamt eine positive Bilanz der Entwicklung nach 1989: „Das Zusammenwachsen Deutschlands und die Angleichung der Lebensverhältnisse sind seither weit vorangekommen.“ Belastet sei der Osten durch die zurückliegende Abwanderung vor allem junger Menschen sowie den Geburtenrückgang der 1990er-Jahre.
    Der Vorsitzende der Regierungskommission zur Organisation der Jubiläen von 30 Jahre Mauerfall und Einheit, Matthias Platzeck (SPD), hatte jüngst noch vor einer Vertiefung der Gräben zwischen Ost- und Westdeutschland gewarnt.
    Quelle: RND
  14. Why I Decided Not To Delete My Old Internet Posts
    While working for the National Security Agency, Edward Snowden helped build a system to enable the United States government to capture all phone calls, text messages, and emails. Six years ago, he provided documents about this electronic panopticon to journalists, and the shocking revelations that ensued set off massive changes — changes in attitudes and behaviors, in policies and technologies, across private industry and the public sector, in the U.S. and around the world.
    Now, in his new memoir “Permanent Record,” Snowden explains how his revolutionary act of whistleblowing came to occur. At its root was a decision dating to Snowden’s earliest contact with the NSA — “the first thing that you might call a principle that occurred to me during this idle but formative time,” as the future government systems engineer puts it in the excerpt below: The determination to live in an honest world, a world where people could show their true faces and own their full history, a world without shame. This was the ideal that guided Snowden into the NSA. And of course it would be the ideal that guided him out, as well.
    After my injured legs forced me out of the Army, I still had the urge to serve my country. I would have to serve it through my head and hands — through computing. That, and only that, would be giving my country my best. Though I wasn’t much of a veteran, having passed through the military’s vetting could only help my chances of working at an intelligence agency, which was where my talents would be most in demand and, perhaps, most challenged.
    That meant that I needed a security clearance. There are, generally speaking, three levels of security clearance in the American Intelligence Community, or IC: from low to high, confidential, secret, and top secret. The last of these can be further extended with a Sensitive Compartmented Information qualifier, creating the coveted TS/SCI access required by positions with the top-tier agencies — CIA and NSA. The TS/SCI was by far the hardest access to get, but also opened the most doors, and so I went back to Anne Arundel Community College while I searched for jobs that would sponsor my application for the grueling background investigation the clearance required. The approval process for a TS/SCI can take a year or more. All it involves is filling out some paperwork, then sitting around with your feet up and trying not to commit too many crimes while the federal government renders its verdict. The rest, after all, is out of your hands.
    Quelle: The Intercept

    Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu auch Edward Snowden und die Medien: Benutzt, gepriesen, totgeschwiegen und schauen Sie sich den Snowden-Film an und animieren Sie bitte Ihre Freunde, Verwandten, Kinder und Eltern, es Ihnen gleich zu tun.

  15. Kaffee kostet
    Die Schnäppchen Anfang August: ein Kilogramm gemahlenen Kaffee für 5,98 Euro; die billigsten Espressobohnen kosteten 6,99 Euro je Kilo. Wir Deutschen lieben günstigen Kaffee. Mehr als 60 Prozent des Röstkaffees wird über Sonderangebote verkauft, haben die Marktforscher von Nielsen 2017 ermittelt. Die billigen Bohnen sind längst zum Nationalgetränk der Deutschen geworden: 162 Liter trinkt der Durchschnitts-Bürger jedes Jahr – mehr als Bier oder Wasser.
    Von unserem Genuss können die Menschen, die den Kaffee anbauen und die Bohnen ernten, allerdings nicht leben. 25 Millionen Kleinbauern ernten rund drei Viertel des weltweit angebauten Kaffees von zehn Millionen Tonnen. Ein Viertel davon stammt von größeren Plantagen, von Landarbeitern im Akkord geerntet für Hungerlöhne. „Die Preise für Kaffee auf dem Weltmarkt sind seit den frühen 1980er-Jahren um zwei Drittel gesunken. Das reale Einkommen der Kaffeebauern hat sich im selben Zeitraum halbiert“. So steht es im Coffee Barometer 2018, einer Faktensammlung, die mehrere Entwicklungsorganisationen wie Oxfam und der WWF herausgegeben haben. Dabei ist Kaffee ein boomendes Geschäft. 175 Milliarden Euro geben die Menschen weltweit jedes Jahr für Kaffee aus. Weniger als zehn Prozent davon fließen in die Erzeugerländer, heißt es im Coffee Barometer. Der Bericht listet auch auf, wer am Kaffee verdient. Zehn Unternehmen rösten ein Drittel aller Kaffeebohnen, Marktführer sind der Schweizer Konzern Nestlé und Jacobs Douwe Egberts (JDE). JDE gehört zu 51 Prozent der deutschen Industriellenfamilie Reimann, 49 Prozent hält der Lebensmittelkonzern Mondelez. Weitere Großröster sind Lavazza, Starbucks und Tchibo. Versorgt werden sie von einer handvoll Firmen, die einen Großteil des Handels mit den grünen Bohnen kontrollieren.
    Quelle: Schrot & Korn
  16. Krise über Ukraine-Connections im US-Wahlkampf
    Trump und die Demokraten sind wegen des Drucks auf die ukrainische Regierung über Kreuz, den wahrscheinlich Trump, aber sicher auch Präsidentschaftskandidat Biden als Ex-Vizepräsident ausgeübt haben
    Ein Geheimdienstagent hatte einen offiziellen Whistleblower-Hinweis an den Generalinspekteur der Geheimdienste geschickt. Es geht um ein von den Geheimdiensten (heimlich?) abgehörtes Telefongespräch am 25. Juli von US-Präsident Donald Trump mit einem ausländischen Regierungschef, in dem er u.a. ein Versprechen gemacht haben soll, das der Geheimdienstagent bedenklich findet. Verdichtet hat sich, dass es um das Gespräch von Trump mit dem neuen ukrainischen Präsidenten Zelenskyi geht, in dem er ihm zu seinem Wahlsieg gratulierte. Vermutet wird, dass Trump Zelenskyi mit der Aussetzung von 250 Millionen US-Dollar an Militärhilfe nötigen wollte, Ermittlungen gegen Joe Biden und/oder seinen Sohn einzuleiten (Ukrainegate: Geheimdienst-Whistleblower sorgt für Unruhe in Washington).
    Trump stritt zunächst alles ab und verwies darauf, dass er wisse, dass Gespräche von den eigenen und ausländischen Geheimdiensten abgehört würden. Deswegen würde er hier auch nichts Bedenkliches sagen. Gestern räumte er ein, es sei im Rahmen des Sprechens über Korruption auch um Joe Biden gegangen. Es habe sich weitgehend um Glückwünsche und um die ganze Korruption gehandelt, die stattfindet, und “um die Tatsache, dass wir nicht wollen, dass unsere Leute wie Vizepräsident Biden und sein Sohn zu der in der Ukraine herrschenden Korruption beitragen”.
    Quelle: Telepolis
  17. Parteitag der NRW-SPD will «Rot Pur» beschließen
    Ein Jahr nach der Wahl von Sebastian Hartmann zum neuen Landeschef will die nordrhein-westfälische SPD am Samstag (10.00 Uhr) auf einem Parteitag in Bochum ihren weiteren Kurs abstecken. Den 450 Delegierten liegt ein Leitantrag unter dem Motto «Rot Pur» vor, mit dem die Partei ihr Profil schärfen will. Der mitgliederstärkste SPD-Landesverband will damit zur Halbzeit der großen Koalition auch ein Signal nach Berlin senden.
    Im Leitantrag fordert die NRW-SPD eine Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung, einen Mindestlohn von mindestens zwölf Euro und die Abschaffung von Hartz IV zugunsten einer sanktionsfreien Grundsicherung in Höhe von mindestens 570 Euro. Zu den Vorschlägen gehört auch die Einführung einer Kindergrundsicherung. Damit sollen alle Familienleistungen vom Kindergeld bis zum Steuerfreibetrag zusammengeführt werden. Außerdem verlangt die NRW-SPD eine grundlegende Reform der privaten Altersvorsorge und den Abschied von der Riester-Rente.
    Als Abrechnung mit der Agenda-Politik der SPD will Hartmann die Vorschläge nicht verstehen. «Wir wollen keine Schlacht der Vergangenheit schlagen, sondern der Zukunft – und die findet außerhalb der Partei statt», hatte er gesagt. Als stärkster Landesverband sehe sich die NRW-SPD aber «als Ideen- und Taktgeber für die Bundes-SPD».
    Der Bundestagsabgeordnete Hartmann (42) war im Juni 2018 – ein Jahr nach der Niederlage der SPD bei der Landtagswahl – zum neuen Landesvorsitzenden gewählt worden. Bei der Europawahl dieses Jahr stürzte die SPD in NRW auf 19,2 Prozent ab und landete hinter den Grünen.
    Quelle: Welt

    Anmerkung unseres Lesers U.D.: Die Forderungen sind alt. Hier übernimmt (endlich) ein Teil der SPD die Forderungen von Sahra Wagenknecht. Die SPD sollte den Mut zur Zusammenarbeit mit den „Die Linke“ haben und mit dem Verteufeln von Sahra Wagenknecht aufhören. Es ist nicht nur eine Minute nach zwölf Uhr in der Umweltdebatte, sondern auch für die linken Kräfte in unserer Gesellschaft.

  18. „Selbstverharmlosung“: Die Medienstrategie der AfD
    Georg Restle: „Bürgerlich, konservativ, Partei der Mitte. So präsentiert sich die AfD-Spitze gerade vor jedem Mikrofon, das ihr hingehalten wird. Und das ausgerechnet nach den Wahlerfolgen des rechtsextremen „Flügels“ in Sachsen und Brandenburg. Plötzlich gibt sich sogar der Frontmann des „Flügels“ Björn Höcke als bürgerlicher Demokrat. Camouflage nennt man so etwas oder schlicht Täuschungsmanöver, und dafür hat dieser Mann der AfD die Vorlage gegeben: Götz Kubitschek, einer der wohl einflussreichsten Vordenker der AfD und der gesamten rechten Szene in Deutschland. „Selbstverharmlosung“ heißt seine Strategie tatsächlich, mit der man bürgerliche Wähler für die AfD gewinnen will, indem man seine wahren Ziele ganz gezielt verschleiert. Jan Schmitt und Julia Regis.“ (…)
    In einem ZDF-Interview wird Andreas Kalbitz Neonazi-Vergangenheit bagatellisiert.
    Interviewerin: „Beschäftigen wir uns kurz mit Ihrer politischen Vita. Sie waren als junger Mensch in der CSU, waren dann bei den als rechtsextrem eingestuften Republikanern, haben mal in die rechte Szene reingeschaut.“
    Nur mal reingeschaut?
    Johannes Hillje, Politik- und Kommunikationsberater: „Der Mann hat die Hälfte seines Lebens in der rechtsextremen Szene verbracht. Das ist kein Reingucken, das sind nicht nur Bezüge zum rechtsradikalen Lager, sondern das ist eine wirklich sehr enge Verbindung, wenn nicht sogar eine Verwurzelung im rechtsextremen Milieu. Wenn man dieses, diese Erzählung von Kalbitz so aufnimmt und auch ihn … an ihn zurückspielt, dann wird das zur Wahrheit erklärt in einem Gespräch und das ist nicht die Aufgabe von Journalisten. Journalisten sollen nicht übernehmen, sie sollen überprüfen, ob das, was Politiker sagen, wirklich stimmt.“
    Verharmlosung, Normalisierung, Täuschung. So gelingt es der AfD, auch ihre radikalen Inhalte zu transportieren.
    Matthias Quent, Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft: „Demokratien sterben nicht mehr durch einen Putsch, sie sterben durch eine schleichende Normalisierung von demokratiefernen, von antidemokratischen Positionen. Das ist, was die AfD beabsichtigt, eine Normalisierung ihrer Positionen, ein Einsickern in gesellschaftliche Diskurse, um irgendwann die Macht übernehmen zu können.“
    Georg Restle: „Mit ihrer Strategie der „Selbstverharmlosung“ will die AfD vor allem auch im Westen erfolgreich sein. Bei Götz Kubitschek klingt das dann so: Den Osten ins Horn stoßen lassen, den Westen mit feinen Flöten einstimmen. Wer das für Poesie hält, der täuscht sich allerdings.“
    Quelle: monitor


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