Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Wahlen
- Die Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen 2019
Die Wahlen zum 7. Landtag Brandenburg und zum 7. Sächsischen Landtag am 1. September 2019 läuten einen neuen Zyklus der deutschen parlamentarischen Demokratie ein.
2014 zog die AfD erstmals in drei Länderparlamente ein, inzwischen ist sie in allen Landtagen vertreten. Am gestrigen Wahlabend mündete eine fünfjährige politische Übergangsperiode in einen neuen politischen Zyklus. War der vorherige Zyklus geprägt vom Erstaunen über das Erstarken einer Partei rechts von der Union, trotz oder wegen ihrer verschiedenen Häutungen in Richtung einer antidemokratischen, autoritär-völkischen Partei und dem Rätseln darüber, wie ihre Wähler und Wählerinnen gleichwohl am besten zurückgewonnen werden könnten, so wird der nächste Zyklus von der Erkenntnis geprägt sein, dass die parlamentarische Existenz dieser Partei von Dauer sein wird und es eine nicht unerhebliche Zahl von Bürgerinnen und Bürgern in dieser Gesellschaft gibt, die die politischen Positionen und den Stil dieser Partei gut heißen, teilen und nicht nur billigend in Kauf nehmen.
Der Ausgang der gestrigen Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen bestätigt einige seit den Landtagswahlen 2016 zu beobachtende Tendenzen:
- Die Repolitisierung der gesellschaftlichen Debatten hält an, politische Themen spielen in den Alltagsgesprächen wieder eine größere Rolle. Dabei handelt es sich weniger um bestimmte Themen, sondern um gesellschaftspolitische Richtungsfragen. Wie gefährdet ist die parlamentarische Demokratie, wenn eine rechte, nationalistisch-völkische Partei erstarkt? Welche Veränderungen kommen auf den Alltag zu durch Zuwanderung, sozioökonomische Veränderungen, was bedeutet das jeweils für die widerstreitenden Vorstellungen von einer guten Gesellschaft? Kurz, es finden gesellschaftspolitische Auseinandersetzungen um die Art und Weise des zukünftigen Zusammenlebens statt – und die Beteiligung an Wahlen steigt.
- Die Zeit der Volksparteien, wie sie in der alten Bundesrepublik entstanden, ist vorbei. Das Parteiensystem hat sich verändert: Statt zwei großer Parteien und mehrere kleinere Parteien konkurrieren jetzt mehrere mittelgroße Parteien und mehrere kleinere Parteien. Dadurch wird der mögliche Wahlausgang hinsichtlich der Frage, welche Parteien die Regierung bilden werden, für die Wähler und Wählerinnen unübersichtlicher und taktische Entscheidungen schwerer. Die Orientierung an Personen, in der Regel an der Ministerpräsidentin bzw. an dem Ministerpräsidenten gewinnt an Bedeutung. Michael Kretschmer und Dietmar Woidke besaßen über die Grenzen der eigenen Parteianhänger hinaus großes Ansehen, eine Wechselstimmung gab es nicht, obwohl die Zustimmung zu ihren Parteien sank. Je näher die Frage, wer regieren soll/wird, desto stärker zogen sie ihre Parteien in den Umfragen nach oben. Es wiederholte sich ein Bild aus dem Frühjahr 2016 in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz: Der MP zog in einem Land seine Partei mit, die im anderen deutlich verlor.
- Die Transformation des Parteiensystems führt zu schwierigen Regierungsbildungen. Spätestens nach diesen Wahlen müssen alle Parteien sich darauf einrichten, dass die altbekannten Muster der Regierungsbildung zur Ausnahme, die frühere Ausnahme zur Regel wird. Die notwendige Bildung von «ungeliebten» Koalitionen wird einerseits die öffentliche Debatte über den Charakter von Koalitionen demokratisieren, andererseits aber immer neue Nahrung für populistische Attacken gegen die »Altparteien«, die «Systemparteien« oder das «neoliberale Parteienkartell» liefern. Möglicherweise gewinnt in dem Maße, in dem die Anpassung an die neue Realität gelingt, die Rückkehr zu Koalitionswahlen an Bedeutung: Mehrere Parteien stellen ein gemeinsames Regierungsprogramm zur Wahl.
- Die AfD hat sich im Parteiensystem als feste Größe etabliert. Die Frage, wie es andere Parteien – insbesondere die CDU – mit einer Zusammenarbeit halten werden, wird auch für die Entwicklung der AfD selbst an Bedeutung gewinnen. Die AfD steht vor der strategischen Entscheidung, den Weg der sich ständig radikalisierenden Bewegung weiter zu verfolgen oder auf Umsetzung ihrer Mandatsmacht in Regierungsmacht zu setzen. Vereinigung wie die Werte-Union oder Personen wie H.-G. Maaßen fungieren bei letzterem als Brückentechniker. Seitens der anderen Parteien wird endlich zu realisieren sein, dass es sich bei der Wahlentscheidung für die AfD nicht um bloßen (einmaligen) Protest handelte, sondern eine Abwendung von anderen Parteien, ihren Programmen und gesellschaftspolitischen Vorstellungen. Wer AfD wählt, will eine andere Gesellschaft.
Quelle: Horst Kahrs/RLS
- Sahra Wagenknecht zu den Wahlergebnissen
Nicht nur erneut eine Klatsche für die Große Koalition, sondern auch eine dramatische Niederlage für DIE LINKE. Das machen bereits die ersten Hochrechnungen aus Sachsen und Brandenburg deutlich. Offensichtlich wird DIE LINKE von vielen ihrer früheren Wähler nicht mehr als Kraft wahrgenommen, die ihre Interessen ernst nimmt und ihr Leben zum Besseren verändern will. Ich finde das schlimm und das muss sich ändern. DIE LINKE muss wieder zu einer Alternative für all diejenigen werden, die von der herrschenden Politik seit Jahren im Stich gelassen werden. Für diejenigen, die zu Niedriglöhnen schuften, die unter fehlender sozialer Infrastruktur leiden und die Angst vor Altersarmut haben. Wenn wir von diesen Menschen als grünliberale Lifestyle-Partei statt als ihre Stimme wahrgenommen werden, wenn sie das Gefühl bekommen, dass wir auf sie herabsehen, weil sie nicht den hippen Großstadt-Code beherrschen, dann ist es nur normal, dass sie sich von uns abwenden. Das dürfen wir nicht länger zulassen!
Quelle: Sahra Wagenknecht via FaceBook
- “Das freundliche Sachsen hat gewonnen”
Die CDU atmet hörbar auf: In Sachsen bleibt sie nach ARD-Hochrechnung stärkste Partei und lässt damit die AfD hinter sich. Ministerpräsident Kretschmer muss aber womöglich eine Koalition auch mit den Grünen bilden, und das dürfte ihm schwerfallen.
Sie hatten zwischenzeitlich mit dem Äußersten gerechnet, und um so erleichterter reagierten CDU-Anhänger, als nach Auszählung der Stimmen klar war: Die CDU bleibt in Sachsen trotz erheblicher Verluste stärkste Partei – vor einer deutlich erstarkten AfD.
Zwar verliert die CDU 7,3 Prozentpunkte gegenüber 2014. Ein Ergebnis von 32,1 Prozent bedeutet aber, dass Ministerpräsident Michael Kretschmer erneut eine Regierung bilden kann. Fraglich ist nur, mit wem.
Quelle: Tagesschau
Anmerkung Jens Berger: Mehr als 60% der Sachsen haben entweder die AfD oder die CDU, deren sächsischer Landesverband von der AfD ohnehin oft nur marginal unterscheidbar ist, gewählt. Das ist also der „freundliche Sachsen“? Auch wenn es sich hierbei um ein Zitat handelt, hätte die Tagesschau gut daran getan, auf diese Überschrift zu verzichten. Aber auch aus PR-Sicht ist das Kretschmer-Zitat mehr als fragwürdig – die Partei der „freundlichen Sachsen“ hat immerhin fast sieben Prozentpunkte verloren und ist damit hinter der Linkspartei in absoluten Zahlen der zweitgrößte Wahlverlierer.
Anmerkung JK: Was ist bitte das Freundliche an der CDU? Steuersenkungen für Unternehmen und Reiche, Ablehnung einer Vermögensteuer (man bedenke die „geifernden Angriffe“ gegen diese, wie es Heiner Flassbeck treffend formuliert hat), Bekämpfung einer Deckelung der Mieten (mit nicht minder harscher Rhetorik dagegen), …..
- So hält man die AfD auf Abstand
Genauso geht Politik: Hingehen, zuhören, mit den Leuten diskutieren, auch wenn einem deren Sprüche nicht passen. Und dann handeln. Michael Kretschmer hat geschafft, wovon CDU-Parteifreunde in anderen Ländern träumen: Er hat die AfD auf Abstand gehalten. Er hat für seine Partei und für den Staat Vertrauen zurückgewonnen. Er hat gezeigt, wozu ein überzeugter Demokrat in der Lage ist.
Quelle: Tagesspiegel
Anmerkung JK: Realitätsverlust? Der Stimmenanteil der AfD ist in Sachsen geradezu explodiert. Hier sollte man auch die dramatischen Verlust der Linken betrachten. Sicher eine Folge des schäbigen Mobbings gegen Sahra Wagenknecht und einer falschen politischen Strategie, die sich auf eine links-urbane, akademische Klientel und die Identitäts- und Diversitätspolitik fokussierte. Riexinger und Kipping sollten endlich zurücktreten.
- Die Abschaffung der Bundeswehr – das ist Klimaschutz!
Der Kampf gegen die menschengemachten Ursachen des Klimawandels geht Hand in Hand mit dem Kampf gegen Krieg und Militarisierung. Eine Flugstunde des Jagdflugzeugs Eurofighter produziert mit 11 Tonnen Kohlenstoffdioxid so viel, wie durchschnittlich eine in Deutschland lebende Person im gesamten Jahr produziert. Das Pentagon hat größere Treibhausgasemissionen als Industrieländer wie Dänemark und Schweden.
Rede von Jacqueline Andres am 23. August 2019
bei der Kundgebung von Fridays for Future in Tübingen.
Quelle: Justice Now
Anmerkung Jens Berger: Diese Rede sollten sich vor allem diejenigen zu Gemüte führen, die meinen, Klimaschutz und Friedensengagement gegeneinander ausspielen zu müssen.
- Weltkrieg
- Antikriegstag
Nie wieder Krieg! Das war die Lehre, die die Deutschen aus dem Zweiten Weltkrieg gezogen hatten. Folgerichtig setzte unsere Außenpolitik auf gute Nachbarschaft, auf Abrüstung, gemeinsame Sicherheit, auf Frieden und Entspannung. Bundeskanzler Willy Brandt erhielt dafür den Friedensnobelpreis.
Heute haben die meisten Politiker die Lehren des Zweiten Weltkriegs vergessen. Merkel, Kramp-Karrenbauer, Scholz, Maas, Habeck, Lindner und auch Gauland setzen – wenn auch mit unterschiedlichen Akzenten – auf Aufrüstung und Kriegsbeteiligung. Auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts soll der Militärhaushalt steigen, wenn es nach Merkel und Kramp-Karrenbauer geht. Deutschland würde dann mehr Geld für Rüstung und Krieg ausgeben als Russland.
An den Sanktionen, die von der „kriegerischsten Nation der Weltgeschichte“ USA (Jimmy Carter) betrieben werden, beteiligt sich die Bundesregierung und ist damit mitverantwortlich für den Tod vieler Menschen. Allein in Venezuela kamen in einem Jahr 40.000 Menschen ums Leben, weil laut den US-Ökonomen Jeffrey Sachs und Mark Weisbrot die notwendigen Medikamente fehlten – die selbstverständlich auch Deutschland liefern könnte.
Deutsche Truppen stehen wieder an der russischen Grenze, die Bundeswehr beteiligt sich an völkerrechtswidrigen Kriegen von Jugoslawien bis Syrien und deutsche Politiker faseln von Kriegsschiffen an der Straße von Hormus. Als ich Kramp-Karrenbauer nach ihrer Amtseinführung als Kriegsministerin bezeichnete, waren einige hellauf empört. Es scheint, wir beteiligen uns an völkerrechtswidrigen Kriegen und wissen es noch nicht einmal. Selbst die Grünen sind meist dabei. So, als seien Waffenlieferungen und Kriege Beiträge zum Umwelt- und Klimaschutz.
Als ich in den 80er Jahren mit einem Germanistik-Professor durch Sofia spazierte, blieb er vor dem „Verteidigungsministerium“ stehen und sagte: „Siehst Du, hier beginnt die Lüge. Früher stand da oben: ‘Kriegsministerium’. Solange der US-Kriegshaushalt von über 700 Milliarden Dollar „Verteidigungshaushalt“ heißt, wird die Welt belogen. Die „westliche Wertegemeinschaft“, die unter Führung der USA für viele blutige Kriege verantwortlich ist – ich erinnere nur an den vergessenen Krieg im Jemen – und ihre Propaganda-Medien orientieren sich immer noch an Churchill: „Im Krieg ist die Wahrheit so kostbar, dass sie immer von einer Leibwache von Lügen umgeben sein sollte.“
Siehe dazu auch den engagierten Artikel von Albrecht Müller auf den NachDenkSeiten.
Quelle: Oskar Lafontaine via Facebook
- Mit “Fassungslosigkeit” reagiert Russland auf die fehlende Einladung für Putin
Moskau hat sich verärgert darüber gezeigt, dass Polen den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu den diesjährigen Gedenkfeiern aus Anlass des Weltkriegsbeginns vor 80 Jahren nicht eingeladen hat.
In einer Erklärung des russischen Außenministeriums hieß es am Mittwoch, die Regierung habe mit “Fassungslosigkeit” zur Kenntnis genommen, dass Warschau nur an seine engen Verbündeten aus der Europäischen Union und der Nato-Militärallianz gedacht habe.
Dabei werde unterschlagen, dass die Sowjetunion “fraglos einen entscheidenden Beitrag zur Niederlage des Hitler-Reichs und zur Befreiung Polens von den Nazi-Aggressoren geleistet” habe. (…)
Der Pressedienst des polnischen Präsidenten Andrzej Duda erklärte, der Schlüssel zu den Einladungen sei “nicht historischer”, sondern “zeitgenössischer” Natur. An die “dramatischen Ereignisse” werde Polen zusammen mit den Staaten erinnern, mit denen es heute für den Frieden eng zusammenarbeite – in einer Welt, die auf der “Beachtung des Völkerrechts” beruhe.
Quelle: Focus Online
- Weltkrieg? Fehlanzeige!
Die Bundesregierung ignoriert den Termin. Der Bundestag lädt zu keiner Veranstaltung ein. Der Krieg gegen Polen ist in Deutschland kein Thema.
Am 1. September jährt sich zum 80. Mal der deutsche Überfall auf Polen – und damit der Beginn des Zweiten Weltkriegs. Es ist nicht so, dass das hierzulande groß bemerkt würde oder gar Anlass für Erinnerung wäre. Ganz im Gegenteil: Es gibt in Deutschland keine offizielle Veranstaltung von Bundestag oder Bundesregierung. Einzelne zivilgesellschaftliche Initiativen führen lokale Aktionen durch, es gibt vereinzelt Podiumsdiskussionen, und auch manche Gedenkstätte wird tätig. Mehr oder weniger ist damit allerdings die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Kriegsbeginn abgehakt, denn tatsächlich findet hierzulande aus diesem Anlass keine einzige Konferenz statt. Der „Polenfeldzug“ ist sogar für deutsche Historiker*Innen kein Thema mehr. (…)
Den Angriff auf Danzig hat Günter Grass in seiner „Blechtrommel“ künstlerisch verewigt, aber er blieb damit eine Ausnahme. Es ist bezeichnend, dass es auf Deutsch wohl mehr wissenschaftliche Untersuchungen zum „Bromberger Blutsonntag“ gibt – also den polnischen Morden an ungefähr 400 Volksdeutschen – als zu den Zehntausenden Morden der Deutschen selbst. Die meisten dieser Untersuchungen erschienen in den 1950er bis 1970er Jahren und hatten durchaus etwas Relativierendes an sich. Sie passten beispielsweise zum Prozess gegen Erich von Manstein, der 1939 Generalstabschef der Heeresgruppe Süd gewesen war; 1949 stand er vor Gericht und wurde wegen Kriegsverbrechen zu 18 Jahren Haft verurteilt, nicht allerdings für Vergehen in Polen – was die Legende vom sauberen Krieg zu bestätigen schien. (…)
Medien, staatliches und zivilgesellschaftliches Desinteresse bedingen und verstärken sich also gegenseitig. Die Aufmerksamkeitsökonomien sind anders geartet. Die Folgen dieses Nichtwissens sind mangelndes Verständnis für unseren Nachbarn und europäischen Partner. Sie verhindern eine Aussöhnung und sie verhindern einen ernsthaften Dialog, der nicht zuletzt den Austausch darüber umfasst, warum der Angriff auf Polen für uns nicht so wichtig ist wie für unser Nachbarland.
So darf es nicht bleiben. Wir sollten uns tatsächlich mit Polen und der deutsch-polnischen Geschichte auseinandersetzen. Das Gespräch mit den Nachbarn suchen, und nicht nur mit dortigen Freunden, sondern auch mit unbequemen Partnern. Vor allem aber müssen wir lernen – und Unwissen und Stereotype überwinden.
Quelle: taz
- Steinmeier ruft Deutsche zu produktivem Streit zum Wohl der Demokratie auf
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Deutschen zu produktivem politischen Streit zum Wohl der Demokratie aufgerufen. “Es bringt nichts, sich vor den Problemen wegzuducken. Es bringt schon gar nichts, sich die Wütenden und Frustrierten einfach wegzuwünschen. Sondern: Wer überzeugen will, muss streiten können”, sagte Steinmeier am Freitag laut Redetext bei der Eröffnung des Bürgerfests in seinem Amtssitz Schloss Bellevue in Berlin.
“Wer Mut zur Zukunft hat, der scheut auch den Streit nicht. Der weiß zu ringen um den besseren Weg, um die bessere Zukunft”, sagte er. Mit Blick auf die beiden Landtagswahlen am Wochenende in Sachsen und Brandenburg mahnte Steinmeier sowohl Politiker als auch Wähler, Verantwortung für die demokratische Streitkultur zu übernehmen.
“Ja, manchmal hat man es satt und will, dass die Politik sich ändert. Diese Leidenschaft und der Streit um die Zukunft gehören dazu. Aber eins sage ich ganz deutlich: Treibt unser Land nicht auseinander”, sagte das Staatsoberhaupt. “Diese Verantwortung trägt jeder, der sich in unserem Land zur Wahl stellt, und an diese Verantwortung sollte auch jeder denken, der in die Wahlkabine geht.”
Der Präsident nahm zugleich ehrenamtliche Lokalpolitiker vehement gegen Anfeindungen in Schutz. “Gemeinderäte und Bürgermeister sind kein Freiwild und nicht Fußabtreter der Frustrierten”, sagte er. Sie seien “das Fundament, auf dem das Gebäude unserer Demokratie steht”. Hass und Verrohung dürften in Deutschland nicht zur Normalität werden.
Es gebe viele Beispiele von engagierten Menschen, sagte Steinmeier weiter. “Leben wir nicht auch in einer Zeit, in der überall junge Menschen auf die Straße gehen und ihre Zukunft auf dieser Erde einfordern?” Er verwies außerdem auf die Wahlbeteiligung bei den Europawahlen im Mai. Dazu kämen Demonstranten “auf der ganzen Welt, von Moskau bis Hongkong, die fordern, dass man ihre Rechte ernst nimmt”.
Quelle: Welt
Anmerkung J.K.: Das kann doch nicht sein! Einer der Hauptarchitekten der Agenda 2010 warnt vor einer Spaltung des Landes. Da steigt wirklich der Zorn in mir hoch.
- Top-Ökonom sieht das deutsche Wirtschaftssystem in Gefahr
Durch radikale Markteingriffe wie den Mietendeckel oder Enteignungspläne drohe ein Rückfall in die 70er-Jahre, fürchtet der Wirtschaftsweise Lars Feld. Diese Rezepte hätten allerdings schon damals nicht funktioniert.
Der Wirtschaftsweise Lars Feld sieht das deutsche Wirtschaftsmodell durch die massiven Markteingriffe wie den Berliner Mietendeckel und die Debatte über Enteignungen von Wohnungsbauunternehmen oder anderen Konzernen in ernsthafter Gefahr. „Das bereitet mir große Sorgen“, sagte Lars Feld, Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage, WELT AM SONNTAG.
„Wir sind inzwischen an einem Punkt angekommen, wo bestimmte Kräfte immer stärker werden, die die Republik komplett umkrempeln wollen.“ Und wenn die Dämme zu bröckeln anfingen, dann sei zu befürchten, dass sie irgendwann brechen, warnte der Wirtschaftsweise.
„Es ist erschütternd, dass die Politik jetzt wieder mit genau den alten Rezepten kommt, die schon in der Vergangenheit nicht funktioniert haben“, sagt der Topökonom weiter. Unternehmen wie die Salzgitter AG oder die Telekom seien als Staatsbetriebe früher viel uneffektiver gewesen. Und die überzogenen Mietenregulierungen hätten in den 80er-Jahren die Wohnungsnot keineswegs behoben, sondern verschärft, weil damit Investitionen verhindert worden seien.
Einige wollen zurück in die 70er-Jahre
Erst die marktwirtschaftlichen Reformen unter Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) und dessen Nachfolger Gerhard Schröder (SPD) hätten dazu geführt, dass überbordende Staatsschulden und Massenarbeitslosigkeit verschwunden seien und Deutschland den längsten Aufschwung seit den Wirtschaftswunderjahren erlebt habe, sagte Feld. „Trotzdem droht uns nun eine Restauration. Einige wollen partout zurück in die 70er-Jahre – und andere sehnen offenbar die DDR zurück.“
Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Carsten Linnemann, führt die verbreitete Zustimmung der Wähler zu solchen Markteingriffen auf eine gewachsene Verunsicherung in weiten Teilen der Bevölkerung zurück. Fundamentale Veränderungen wie der rasante digitale Wandel der Arbeitswelt, der längerfristig Millionen Jobs bedrohe, oder die extreme Niedrigzinspolitik, die plötzlich das Schuldenmachen belohne und Sparen bestrafe, weckten bei vielen Menschen Zukunftsängste.
„Die linken Parteien nutzen diese Verunsicherung in der Bevölkerung, um Konzepte auf die Agenda zu setzen, die bereits in der Vergangenheit und im Sozialismus mit Pauken und Trompeten gescheitert sind“, sagte der CDU-Wirtschaftspolitiker der Zeitung.
Quelle: WELT
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Die Ergüsse der sturen Reichenlobbyistin Dorothea Siems zu lesen, ist manchmal nur ärgerlich und meistens amüsant – so viel Unsinn auf einen Haufen bekommt man selten geboten. In diesem Artikel warnt ein anderer Unternehmens- und Reichenlobbyist, Lars Feld, dessen Äußerungen üblicherweise zwischen pointiertem Blödsinn und Menschenfeindlichkeit changieren, vor einer Rückentwicklung in die 1970er Jahre der Bundesrepublik. Hmm. Was war da so schrecklich? Wenn man sich die Geschichte anschaut (hier oder hier), dann stieg die Zahl der Arbeitslosen von 1970 bis 1979 von 150.000 auf ca. 1 Million, d. h. von ca. 1 auf ca. 4 Prozent, während die Lohnquote zwischen 66 und 68 Prozent schwankte. Das Wirtschaftswachstum lag im Durchschnitt des Jahrzehnts bei ca. 3,5 Prozent und die Staatsverschuldung stieg von ca. 18 auf 30 Prozent des BIP an. (Nahezu) Vollbeschäftigung, hohe Löhne, wenig Armut, ein gut ausgebauter Sozialstaat, ordentliches Wirtschaftswachstum und eine niedrige Staatsverschuldung: Feld hat viele gute Gründe, uns vor diesem gescheiterten Jahrzehnt zu warnen. Wie viel besser wurde es unter Kohl: die Staatsverschuldung stieg bis 1990 von 30 auf 40 Prozent an, die Arbeitslosigkeit auf 10 Prozent (1985), während das Wirtschaftswachstum im Durchschnitt auf 2 bis 2,5 Prozent absackte. Phantastische Ergebnisse marktwirtschaftlicher “Reformen”! Aber so richtig spaßig wurde es ja erst in den 1990er Jahren unter Kohl bzw. bis 2005 unter Schröder: die (statistisch nach unten manipulierten) Arbeitslosenraten lagen durchgängig zwischen 10 und 12 Prozent, die Staatsverschuldung schoß auf 60 bis 65 Prozent nach oben und die Löhne sanken parallel auf nie gekannte Niedriglohnniveaus. Man kann nur begrüßen, daß Feld solche tollen Erfolge herausstellt. Durch die “marktwirtschaftlichen Reformen” (unbezahlbare Steuergeschenke an Unternehmen) und die Staatshilfen in der Bankenkrise 2008/2009 stieg die Staatsverschuldung auf astronomische Höhen von 95 Prozent des BIP, während trotz akzeptablem Wirtschaftswachstum die Reallöhne von 2000 bis 2009 stagnierten. Die Armutsraten liegen offiziell bei (fast) 20 Prozent, die Ungleichheit war seit über 80 Jahren nicht mehr so hoch, Arbeitslose und Rentner wühlen in Mülleimern: wahrlich sensationelle Erfolge. Jetzt mal ohne Flachs und Ironie: Siems und Feld sollten mal die Fakten studieren und erst anschließend eine Schlußfolgerung von sich geben. Und das Ergebnis ist für jeden sehenden und denkenden Menschen klar.
- Jeder fünfte Vollzeitbeschäftigte arbeitet für Niedriglohn
Bundesweit verdienten 4,14 Millionen Menschen – 19,3 Prozent der Vollzeitbeschäftigten – weniger als 2203 Euro brutto im Monat, wie aus der Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linke-Bundestagsabgeordneten Susanne Ferschl hervorgeht. Das Papier liegt der Deutschen Presse-Agentur vor, zuvor hatte das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) darüber berichtet. 2203 Euro im Monat sind die sogenannte Niedriglohnschwelle.
“Die Bundesregierung lässt die Menschen in ihrer Not allein und hält an ihrer verfehlten Arbeitsmarktpolitik fest”, sagte Ferschl dem RND. Hartz IV habe Dumpinglöhne hervorgerufen, Millionen Menschen könnten von ihrer Arbeit nicht leben. “Das kann sich eine Demokratie auf Dauer nicht leisten.”
Zwischen West- und Ostdeutschland klafft den Angaben zufolge eine große Lücke: Lag in Westdeutschland der Anteil der Niedriglöhner bei 16,5 Prozent, waren es in Ostdeutschland 32,1 Prozent. 26,5 Prozent der vollzeitbeschäftigten Frauen arbeiteten für einen Niedriglohn, bei den Männern waren es 19,3 Prozent. Ziemlich hoch ist der Anteil der jungen Niedriglöhner: In der Altersgruppe unter 25 Jahren waren es 40,6 Prozent.
Quelle: Merkur
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Für Gesamtdeutschland eine grauenhafte Situation, aber für Ostdeutschland noch einmal viel schlimmer: da arbeitet jeder Dritte für einen Niedriglohn. Und dann tut man ganz verwundert, warum die Ostdeutschen mit ihrer Lage nicht zufrieden sind. Daß die Klatsche für CDU und SPD bei den Landtagswahlen nicht noch krasser ausgefallen ist, ist reines Glück – es gibt keine Garantie, daß die labile Gerade-noch-so-Mehrheit von Dauer sein wird. Ferschl sagt zu Recht, daß sich eine Demokratie eine solche Arbeitsmarktpolitik auf Dauer nicht leisten kann – nicht nur die AfD, auch die anderen Parteien sind Undemokraten, wenn man unter “Demokratie” die Herrschaft der Mehrheit versteht, gegen deren Interessen sie regieren.
- Jeder dritte ostdeutsche Arbeitnehmer erhält Niedriglohn
Jeder dritte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Ostdeutschland arbeitet trotz Vollzeitbeschäftigung für einen Niedriglohn. Das geht aus einer Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor, wie das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) berichtet. Demnach sind in Ostdeutschland mehr als 1,2 Millionen in Vollzeit Beschäftigte zu Niedriglöhnen angestellt – das entspricht einem Anteil von 32,1 Prozent aller ostdeutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Deutschlandweit sind 19,3 Prozent aller in Vollzeit Beschäftigten unter der sogenannten Niedriglohnschwelle von 2.203 Euro brutto angestellt. In den westdeutschen Bundesländern liegt der Anteil der Niedriglohnempfänger in Vollzeitjobs bei 16,5 Prozent.
“Die Bundesregierung lässt die Menschen in ihrer Not allein und hält an ihrer verfehlten Arbeitsmarktpolitik fest”, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Susanne Ferschl. Die große Verbreitung von Niedriglöhnen führte sie auch auf Hartz IV zurück.
Quelle: Zeit Online
Anmerkung Christian Reimann: Und welchen Personen hat die zu Niedriglöhnen tätige Arbeitnehmerschaft das zu verdanken? Entscheidend mitgewirkt hat der heutige Bundespräsident. Sein früherer Chef, Gerhard Schröder, sagte 2005 als Bundeskanzler in Davos:
„Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt. (…)
Wir haben einen funktionierenden Niedriglohnsektor aufgebaut, und wir haben bei der Unterstützungszahlung Anreize dafür, Arbeit aufzunehmen, sehr stark in den Vordergrund gestellt. Es hat erhebliche Auseinandersetzungen mit starken Interessengruppen in unserer Gesellschaft gegeben. Aber wir haben diese Auseinandersetzungen durchgestanden. Und wir sind sicher, dass das veränderte System am Arbeitsmarkt erfolgreich sein wird.“
- Senatorin Katrin Lompscher stellt wichtigste Inhalte des Referentenentwurfs zum Mietendeckel vor
Seit Wochen wird bundesweit über die Einführung eines Berliner Mietendeckels diskutiert. Am heutigen Freitag, 30. August 2019, stellte Katrin Lompscher, Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, die zentralen Inhalte des Referentenentwurfs vor. Er basiert auf den Eckpunkten zum Mietendeckel, welche der Senat am 18. Juni beschlossen hat, und auf den Ergebnissen der Verständigung in der Koalition.
Die wichtigsten Inhalte des Referentenentwurfs
- Mit Inkrafttreten des Gesetzes gilt ein Mietenstopp, d.h. die Mieten werden auf dem Stand vom 18. Juni 2019 (Stichtagsregelung) eingefroren.
- Je Baualtersklasse wird eine zulässige Mietobergrenze definiert (Mietentabelle). Diese liegt – für normal ausgestattete Wohnungen – zwischen 5,95 Euro und 9,80 Euro. Die maximal zulässigen Miethöhen werden ermittelt ausgehend von den Werten des Mietspiegels 2013, indiziert mit der Preis- und Lohnentwicklung.
- Zu den Werten der Mietentabelle sind Zuschläge möglich, sofern sich die Wohnung in einem Gebäude mit maximal zwei Wohnungen befindet (10 Prozent) oder wenn in den letzten 15 Jahren Modernisierungen vorgenommen worden sind (maximal 1,40 Euro pro Quadratmeter).
- Die zulässigen Miethöhen laut Mietentabelle gelten für die Wiedervermietung und für Absenkungsanträge.
- Mietabsenkungen auf die Mietobergrenze sind auf Antrag möglich, wenn die bisherige Nettokaltmiete 30 Prozent des Haushaltseinkommens übersteigt. Das Verfahren wird in Anlehnung an die entsprechenden Regelungen der Kooperationsvereinbarung mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften ausgestaltet.
- Der Referentenentwurf sieht einen „atmenden“ Mietendeckel vor. Ermöglicht werden moderate Mieterhöhungen bis zur Mietobergrenze, die sich an der jährlichen Inflationsrate orientieren. Außerdem wird eine Anpassungsmöglichkeit der Mietentabelle vorgesehen.
- Kosten für Modernisierungen bis zu 1 Euro pro Quadratmeter müssen beim Bezirksamt angezeigt werden. Darüber hinaus gehende Modernisierungsvorhaben bedürfen der Genehmigung. Im Rahmen der Genehmigung werden die Erforderlichkeit der Maßnahme und die Angemessenheit der Kosten geprüft.
- Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit wird eine wirtschaftliche Härtefallklausel vorgesehen. Vermieterinnen und Vermieter, die nachweisen können, dass eine über die Mietobergrenze hinausgehende Miethöhe zur Vermeidung von dauerhaften Verlusten oder zur Substanzgefährdung der Mietsache erforderlich ist, können einen entsprechenden Antrag stellen.
- Für soziale Härtefälle wird eine Mietzuschussregelung eingeführt. Diese sieht vor, dass WBS-berechtigte Mieterinnen und Mieter für die Differenz zwischen der genehmigten Miethöhe und der Mietobergrenze einen Zuschuss erhalten.
- Für die Durchführung des Gesetzes sind die Bezirksämter die zuständigen Behörden. Sie können sich der Unterstützung durch die IBB und gegebenfalls weiterer Beliehener bedienen.
- Das Gesetz gilt für fünf Jahre.
Quelle: Berlin.de
Dazu: Top-Ökonom sieht das deutsche Wirtschaftssystem in Gefahr
Durch radikale Markteingriffe wie den Mietendeckel oder Enteignungspläne drohe ein Rückfall in die 70er-Jahre, fürchtet der Wirtschaftsweise Lars Feld. Diese Rezepte hätten allerdings schon damals nicht funktioniert.
Der Wirtschaftsweise Lars Feld sieht das deutsche Wirtschaftsmodell durch die massiven Markteingriffe wie den Berliner Mietendeckel und die Debatte über Enteignungen von Wohnungsbauunternehmen oder anderen Konzernen in ernsthafter Gefahr. „Das bereitet mir große Sorgen“, sagte Lars Feld, Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage, WELT AM SONNTAG.
„Wir sind inzwischen an einem Punkt angekommen, wo bestimmte Kräfte immer stärker werden, die die Republik komplett umkrempeln wollen.“ Und wenn die Dämme zu bröckeln anfingen, dann sei zu befürchten, dass sie irgendwann brechen, warnte der Wirtschaftsweise.
Quelle: Welt
Anmerkung Christian Reimann: Waren die 1970er Jahre tatsächlich so schlecht? Zumindest waren Altersarmut und andere soziale Ängste wohl nicht so stark verbreitet wie sie heute sind – sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland.
Die NachDenkSeiten haben über den Berliner Mietendeckel bereits berichtet. Insbesondere die kurzen Ausführungen von Oskar Lafontaine passen sehr gut als Antwort auf die Befürchnungen des „Wirtschaftsweisen“ Feld.
- Schulze fordert Zertifizierung für brasilianisches Fleisch
Bundesumweltministerin Svenja Schulze schlägt vor, die Nachhaltigkeitsregeln des Freihandelsabkommens Mercosur zwischen der Europäischen Union und lateinamerikanischen Staaten um ein Zertifizierungssystem für Fleisch zu ergänzen.
“Soja und Rindfleisch sollten nur dann importiert werden dürfen, wenn die Produktion nachweislich nicht dem Regenwald schadet”, sagte die SPD-Politikerin dem SPIEGEL. “Es ist schwer zu ertragen, dass die EU Sojakraftfutter und Rindfleisch aus Gegenden importiert, wo Regenwald gerodet oder verbrannt wurde.”
In Brasilien brennen seit Wochen große Flächen des Amazonas. Präsident Jair Bolsonaro geht dagegen bislang nur halbherzig vor.
Schulzes Vorschlag ist im Vergleich zu anderen Reaktionen noch moderat. Verschiedene EU-Staaten haben sich komplett gegen eine Ratifizierung des Mercosur-Vertrags ausgesprochen, um den Druck auf Bolsonaro zu erhöhen.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung unseres Lesers H.K.: Das von der chemischen Industrie in Deutschland dominierte Agro-Business diktiert auch die Umwelt- und Handelspolitik der SPD. Eine differenzierte Betrachtung des EU-Mercosur-Abkommens kann sich die SPD gar nicht mehr leisten. Da könnte die IG BCE (Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie) nämlich böse werden. Ein Nachhaltigkeits-Zertifikat auf Soja und Fleisch ausgerechnet von denjenigen zu fordern, welche die Brandrodungen aktiv fördern, ist wirklich nur noch dämlich und zynisch.
- Was wollen Radfahrende?
Das Bundesverkehrsministerium hat heute erste Ergebnisse der Bürgerbeteiligung zum Nationalen Radverkehrsplan 3.0 (NRVP) veröffentlicht. Zwischen dem 13. Mai und dem 30. Juni 2019 konnten Bürgerinnen und Bürger ihre Ideen einreichen und den Radverkehr in Deutschland laut Ministerium mitgestalten. Eines wird bei den Ergebnissen ganz deutlich: Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland sind unzufrieden mit der Infrastruktur.
Wonach entscheiden Sie, ob Sie im Alltag Fahrrad fahren oder nicht? Top-Antwort: Gibt es komfortable Radwege und sichere Kreuzungen?
Was stört Sie beim Fahrradfahren? Top-Antwort: Zu wenig, fehlende oder schlechte Radwege, unsichere Kreuzungen.
Welche Erwartungen haben Sie an einen Nationalen Radverkehrsplan der Bundesregierung? Top-Antwort: Dass der Bund sich für eine flächendeckende und komfortable Radverkehrsinfrastruktur stark macht.
So sieht es denn auch bei der Priorisierung der acht Leitziele des Nationalen Radverkehrsplans aus. Mit Abstand auf Platz eins (bei Mehrfachnennung) liegt ein „lückenloser Radverkehr in Deutschland“. Das Bundesverkehrsministerium weist aber gleich darauf hin, dass die Verantwortung bei den Ländern und Kommunen liegt und der Bund lediglich „eine aktive Rolle als Moderator, Koordinator und Impulsgeber für eine bundesweite Radverkehrsförderung“ übernimmt. Schließlich sei der Bund auch nur für Radwege an Bundesstraßen zuständig. Das ist richtig, er könnte es den Kommunen aber auch leichter machen – indem er viel höhere Mittel für den Radwegbau zur Verfügung stellt. Neben dem fehlenden Mut in den Kommunen sind die fehlenden Mittel – finanziell und personell – nämlich ein Haupthindernis beim Ausbau guter Radverkehrsinfrastruktur. Und das wäre auch möglich, wie ein Rechtsgutachten zeigt, dass die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen in Auftrag gegeben wurde. Der Bund hat mehr Handlungsspielraum, als er nutzt.
Quelle: it started with a fight …
- Darf Krieg nach Gottes Willen sein?
Fernando Enns und Sigurd Rink im Gespräch mit Kirsten Dietrich
Die christlichen Kirchen sind dem Frieden verpflichtet. Und doch begleiten Seelsorger Auslandseinsätze der Bundeswehr. Wie kann das zusammengehen: radikales Eintreten für Frieden und das Dulden von Krieg als letztem Mittel?
Quelle: Deutschlandfunk Kultur
- Schluss mit Johnsons populistischer Kabale!
Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um den katastrophalen No-Deal-Brexit zu verhindern. Die konservative Regierung hat kein Mandat dafür. Einen vertragslosen Brexit durchzudrücken, der von der Mehrheit der Gesellschaft abgelehnt wird, ist ein Blitzangriff auf unsere Demokratie.
Die meisten Menschen in Britannien lehnen den No-Deal-Brexit der Tories ab. Johnsons Regierung will den vertragslosen Brexit nutzen, um eine Steueroase für Superreiche zu schaffen und um mit Trump einen unterwürfigen Handelsvertrag abzuschließen. Der No-Deal-Brexit würde Arbeitsplätze zerstören, die Preise in die Höhe treiben und die Institutionen unseres Sozialstaats für US-Unternehmen öffnen. Der überwiegende Teil der Gesellschaft will diesen Trump-Brexit nicht, genauso wenig wie den Crashkurs.
Johnson und die anderen Konservativen, die 2016 die Austrittskampagne betrieben haben, versprachen den Menschen einen Austrittsvertrag. Und als Außenminister verkündete Johnson 2017: »Es gibt keinen Plan für einen No-Deal-Brexit, weil wir einen Vertrag durchsetzen werden.«[1]
Das ist ihnen aber ganz offensichtlich nicht gelungen. Und jetzt, mit der Angst in Nacken, wegen seines Plans eines rücksichtslosen Trump-Deal-Brexit zur Rechenschaft gezogen zu werden, hat Johnson beschlossen, das Parlament zum Schweigen zu bringen, damit es genau das nicht einfordern kann.
Aber wir müssen nicht ins Jahr 2017 zurückgehen, um die Bezugspunkte für die vielen abrupten Kehrtwenden des neuen Premierministers zu finden, in fast jeder seiner politischen Positionen. Erst Ende Juli hatte er den EU-Bürger*innen versprochen,[2] er wolle zum Schutz ihrer Rechte die entsprechenden Gesetze auf den Weg bringen. Jetzt erfahren wir, dass die neue Innenministerin die Personenfreizügigkeit am 1. November beenden wird,[3] und zwar ohne neue Einwanderungsregeln oder Schutzmaßnahmen.
Quelle: Sozialismus
- Drei gegen Nord Stream 2: USA, Ukraine und Polen unterzeichnen Gasabkommen – Medien
Das Abkommen „Über die Kooperation zum Zweck der Festigung der regionalen Sicherheit der Lieferungen von Naturgas“ haben der Vertreter Polens zu Fragen der strategischen Energieinfrastruktur, Pjotr Naimski, der US-Minister für Energie, Rick Perry, und der Sekretär des Rates für nationale Sicherheit und Verteidigung der Ukraine, Alexander Daniljuk, unterzeichnet. (…)
In dem Abkommen geht es um Kooperation „im Bereich der Reformierung des ukrainischen Gasmarktes, der Infrastruktur des Gasimportes Polens, die ukrainische Infrastruktur der Lagerung und des Exports von amerikanischem Flüssiggas sowie um die Entwicklung von Gas-Konnektoren in der Region“. Das Abkommen sieht zudem die Förderung der Lieferungen vom Naturflüssiggas aus den USA vor. (…)
Alle drei Länder kritisieren aktiv das Projekt Nord Stream 2, das den Bau von zwei Gaspipelinesträngen von der russischen Küste über die Ostsee bis nach Deutschland vorsieht. In Kiew zeige man sich besorgt, Einkommen vom Transit des russischen unsichtbaren Energieträgers nach Europa zu verlieren, und in Washington halte man das Projekt für Bedrohung für seine Pläne hinsichtlich des Exportes vom Naturflüssiggas. Polen bezeichne seinerseits das Projekt als „politisch motiviert“.
Die russischen Behörden hatten mehrmals betont, dass das Projekt Nord Stream 2 einen ausschließlich wirtschaftlichen Charakter habe und auf die Erhöhung der europäischen Energiesicherheit gezielt sei.
Quelle: Sputnik
Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu auch “US-Angriff auf Nord Stream 2 – warum ist Merkel auf einmal so kleinlaut?” und “Dissens bei Nord Stream 2. Deutschland – verraten und verkauft. Von Wolfgang Bittner.“.
- „Moralisch hat Polen einen Anspruch darauf“
Polen habe 1990 nicht die Möglichkeit gehabt, einen echten Friedensvertrag mit Reparationszahlungen durchzusetzen, sagte die Journalistin Aleksandra Rybinska im Dlf. Das Land sei damals wirtschaftlich und politisch zu schwach gewesen. Die heutigen Reparationsforderungen hätten dabei mehrere Funktionen. (…)
Müller: Wollen wir das ganz kurz für die Hörer noch einmal doppelt unterstreichen, die Argumentation der deutschen Regierung, damit das noch einmal klar wird? Der Regierungssprecher Steffen Seibert sagt, es hat 1953 einen offiziellen Reparationsverzicht der polnischen Seite gegeben. Dann gab es den deutsch-polnischen nachbarschaftsvertrag, Normalisierung der Beziehungen, Ostpolitik von Willy Brandt 1970. Auch da war von Reparationen keine Rede mehr. Und dann bei den von Ihnen auch angesprochenen Zwei-plus-Vier-Verhandlungen 1990 gab es auch keine Reparationsansprüche von Warschau.
Wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben die damaligen Politiker aus Ihrer Sicht völlig falsch gehandelt und haben sich das auch gar nicht getraut, auf die Agenda zu setzen? Jetzt ist es anders? (…)
Rybinska: Die damaligen Politiker hatten wirklich nicht die Möglichkeit, diese Reparationen einzufordern. Polen war politisch schwach, war wirtschaftlich schwach, wir kamen gerade aus dem Kommunismus heraus. Und ich denke, man hat dieses Thema damals deshalb nicht weiterverfolgt. Ich habe letztens in der „Welt“ gelesen, dass das ein riesen Erfolg Helmut Kohls war, dass der Zwei-plus-Vier-Vertrag kein Friedensvertrag war. Wenn es ein Friedensvertrag gewesen wäre, dann hätten Reparationen dort in diesem Vertrag stehen müssen. Das ist nun mal so. Und das ist ein riesen Erfolg für die deutsche Diplomatie, dass es kein Friedensvertrag ist und dass man festgelegt hat, man wird auch keinen Friedensvertrag mehr abschließen. (…)
Rybinska: Und die Frage, ob moralisch Reparationen nicht hätten ausgezahlt werden sollen. Ich glaube, moralisch hat Polen durchaus einen Anspruch darauf.
Müller: Frau Rybinska, wir haben das versucht, noch einmal zu sortieren. Es sind viele Zahlen, die auch im Internet kursieren. Ein Rechtsgutachten, was in Polen veröffentlicht worden ist, was auch der deutschen Seite dann bekanntgegeben wurde, geht von Zahlen aus: 840 Milliarden bis 850 Milliarden. Korrigieren Sie mich, wenn Sie das anders im Kopf haben. Das ist die Zahl, die wir gefunden haben. Ist das tatsächlich die Forderung Warschaus an Berlin?
Rybinska: Das ist die Forderung, obwohl der Abgeordnete Arkadiusz Mularczyk gerade noch daran arbeitet, das genau zu beziffern. Aber das ist grosso modo mehr oder weniger die Forderung. Ich sage natürlich nicht, dass die polnische Regierung der Meinung ist, dass sie diese Reparationszahlung bekommt.
Quelle: Deutschlandfunk
Anmerkung Christian Reimann: Derzeit sind die deutsch-polnischen Beziehungen nicht gut. Aber war die westdeutsche Position in den Jahren 1953, 1970 und 1990 wirklich so stark, um Polen zu einem Verzicht auf Reparationsansprüche bewegen zu können?
- Die Stadt und die Spalter
Der Osnabrücker Stadtteil Schinkel hat viele Probleme, bauliche und soziale. Sein größtes ist die CDU: Sie schürt Ressentiments und Angst. (…)
Dass es hier „erhöhten Aufmerksamkeitsbedarf“ gebe, das erklärte Ende 2018 auch Karin Heinrich, Leiterin des Fachbereichs Integration, Soziales und Bürgerengagement der Stadt Osnabrück; gefragt hatte danach die CDU-Ratsfraktion.
Deren Vorsitzender Fritz Brickwedde goss Anfang Juli erneut Öl ins populistische Feuer – ausgerechnet im Rahmen der „Osnabrücker Friedensgespräche“, die seit 1986 Stadt und Universität gemeinsam veranstalten. (…)
„Wir haben bulgarische Menschen in Osnabrück“, sagte der Christdemokrat, „die in ganz großer Mehrheit nicht arbeiten, sondern nur Sozialleistungen empfangen und in vieler Hinsicht Probleme bereiten.“ Und weiter: „Ob wir sie jemals integrieren können und ob die sich auch selber integrieren wollen, da darf man ein Fragezeichen machen.“ Es seien „Menschen, die hier gar nicht arbeiten wollen“. Eine Zuhörerin im Ratssitzungssaal warf ihm Rassismus vor.
Brickweddes pauschale Äußerungen stehen auf wackligen Füßen: Von rund 2.200 Bulgar*innen in Osnabrück beziehe weniger als ein Drittel Sozialleistungen, ist seitens der Stadtverwaltung zu erfahren. Besonders viele Straftaten und Ordnungswidrigkeiten begehen sie auch nicht: Das hat Hauptkommissar Ralf Seiger, Zentraler Kriminaldienst der Polizeiinspektion Osnabrück, jüngst in Der Kriminalist ausgeführt, der Zeitschrift des Bundes deutscher Kriminalbeamter.
Nach 18 Monaten Ermittlungsarbeit sei klar, „dass bei den bulgarischen Arbeitsuchenden keine ex-plizite Delinquenz auszumachen ist“. Die entsprechende Gruppe neige „nicht in höherem Maße zu Straftaten als Mitbürger, die bereits seit langer Zeit in Deutschland ansässig sind“, so Seiger.
Quelle: taz
Anmerkung Christian Reimann: Einige Themen werden nicht einmal erwähnt: Stichwort Drogen- und Menschenhandel. Tagsüber sind Drogen (meist wohl Marihuana) konsumierende und verkaufende Männer zu sehen, wogegen vorbeifahrende Polizeistreifen wenig hilfreich sein dürften. Zwangsprostitution wird vermutet.
Vor Ort kann der Eindruck gewonnen werden, dass Clanstrukturen vorherrschen. Manches erinnert an Dokumentationen über Clans in Berlin – allerdings in einem viel kleineren Maßstab.
Zu befürchten ist, dass es deutschlandweit viele Orte gibt, die dem Osnabrücker Schinkel ähneln. Und auch hier kann erkannt werden, dass das neoliberale Gerede vom „schlanken Staat“ zum Scheitern verurteilt ist. Wer auf Personal bei Polizei und Ordnungsämtern sowie für Sprach- und andere Integrationsmaßnahmen „sparen“ möchte, muss sich über Clan-Strukturen und Parallelgesellschaften nicht wundern.
- Nimm das, Rezo!
150 000 Aufrufe und 30 000 Dislikes: Wie die CSU sich auf Youtube lächerlich macht.
Die CSU hätte gerne – wer hätte das nicht? – ein moderneres Image. Sie möchte erfolgreicher sein, sprich: grüner, sozialer, achtsamer, hipper und jünger. Daher sah man zuletzt Bilder, auf denen Bayerns Ministerpräsident Markus Söder Bäume umarmt. Und aus demselben Grund baut die Partei gerade ihre Kommunikationsabteilung komplett um. Das alte Schlachtross Bayernkurier etwa schickt man in den wohlverdienten Ruhestand. Und Social Media soll künftig – na klar – eine größere Rolle spielen. Im Herbst wird die neue Strategie vorgestellt. Und nun? Prescht die Berliner Landesgruppe wieder vor und droht, die schicke neue Medienkompetenz zu unterminieren.
“Armin” heißt die mediale Waffe, die Landesgruppenchef Alexander Dobrindt auf Youtube ins Rennen schickt. Am Samstag ging Armin Petschner, der im analogen Leben Social-Media-Verantwortlicher der CSU-Landesgruppe ist und im Netz ohne Nachnamen auskommt, mit einem Fünfminuten-Video online. […]
Bisher sieht es nicht so aus, als hätte sich die CSU mit der Reihe einen Gefallen getan. Die Machart des Videos wirkt, als sei man einem Bauplan für jugendliche Youtube-Beiträge gefolgt, hektische Umschnitte, hyperironischer Tonfall, Sprechblasen- und genretypische “Fail”-Einblendungen als Bewertungsgadget inklusive. Die Zuschauer scheinen das in etwa so glaubwürdig zu finden wie die Facebook-Party, zu der einst Horst Seehofer in die Münchener Edeldisco P 1 lud und für die Dobrindt damals als CSU-Generalsekretär verantwortlich zeichnete. Schon auf die ersten 150 000 Aufrufe kamen rund 30 000 Dislikes.
Die Kommentare fielen angesichts der Anbiederei verheerend aus.
Quelle: Süddeutsche Zeitung
Anmerkung Jens Berger: Dieses Video zeigt vor allem, wie ernst die CSU junge Wähler nimmt … nämlich überhaupt nicht.
- To Fight Corporate ‘Assault on Journalism,’ Sanders Unveils Plan to Stop Big Media Mergers and Bolster Independent News
“We cannot sit by and allow corporations, billionaires, and demagogues to destroy the Fourth Estate, nor can we allow them to replace serious reporting with infotainment and propaganda.” (…)
To fight the corporate assault on journalism—which Sanders noted has been made “far worse” by President Donald Trump’s “authoritarian bullying”—the senator’s plan would:
- Impose an immediate moratorium on federal approval of mergers of major media companies;
- Require media corporations to disclose whether their corporate transactions and mergers would cause significant layoffs of reporters;
- Require that employees “be given the opportunity to purchase media outlets through employee stock-ownership plans”;
- Block federal merger and deregulation moves that harm people of color and women;
- “Reinstate and strengthen media ownership rules” with the goal of limiting “the number of stations that large broadcasting corporations can own in each market and nationwide”;
- Enforce anti-trust laws against tech behemoths like Facebook and Google “to prevent them from using their enormous market power to cannibalize, bilk, and defund news organizations”;
- Increase funding for federal programs that support public local media “in much the same way many other countries already fund independent public media.”
“Today’s assault on journalism by Wall Street, billionaire businessmen, Silicon Valley, and Donald Trump presents a crisis,” Sanders wrote. “We cannot sit by and allow corporations, billionaires, and demagogues to destroy the Fourth Estate, nor can we allow them to replace serious reporting with infotainment and propaganda.”
“When I am president,” Sanders said, “my administration will put in place policies that will reform the media industry and better protect independent journalism at both the local and national levels.”
Sanders’ plan to stop corporate consolidation of U.S. media and reverse its devastating effects won praise from journalists and press freedom advocates.
Quelle: Common Dreams
- »Die CIA ist fast unangreifbar«
Vor siebzig Jahren wurde der berüchtigte Auslandsgeheimdienst der USA gegründet. Der Historiker Bernd Stöver hat die Geschichte der CIA erforscht, ihren Weg zum Mythos – und ihre merkwürdigsten Mordversuche. (…)
Steht die CIA über dem Gesetz?
Juristisch: nein. Sie wird kontrolliert von den Geheimdienstausschüssen der US-Regierung und muss dort offenlegen, wie sie arbeitet. Auch wenn diese Berichte nicht öffentlich sind, gibt es zumindest Menschen, die der CIA die Grenzen aufzeigen. Theoretisch. In der Praxis ist es aber oft anders. Die CIA ist fast unangreifbar. Sie gab Morde in Auftrag, verbündete sich mit Kriminellen und testet Methoden der Folter und der Gehirnwäsche.
Und das ist legal?
Durch den National Security Act von 1947, dem Gründungsjahr der CIA, wurde dem Dienst schon fast alles erlaubt. Auch Eingriffe in andere Länder, auch Morde. Wenn es notwendig erscheint, ein Attentat auf Fidel Castro zu planen, dann gehört das alles zum großen Plan: Die USA ist in einem Krieg, damals vor allem einem Krieg gegen den Kommunismus, das ist aus Sicht der USA ein totaler Krieg, und da sind eben alle Mittel erlaubt. Erst in den Siebzigerjahren wurden Attentate untersagt, allerdings mit mäßigem Erfolg. Und wegen der sogenannten Plausible-Deniability-Richtlinie ist oft nicht mal der Präsident benachrichtigt worden.
Was heißt das?
Das ist ein Konstrukt, das den Präsidenten schützen soll, der letztlich für das Handeln seines Auslandsgeheimdienstes verantwortlich ist. Bestimmte Dinge werden ihm einfach nicht mitgeteilt, oder dies wird zumindest behauptet, damit er sich notfalls verteidigen kann, wenn eine Aktion völlig schiefgeht. Er sagt dann: Davon habe ich nichts gewusst.
Quelle: Süddeutsche Zeitung