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Titel: Leserbriefe zu Kinderarmut, „Deutschlands erstem Clan“, und einem möglichen Militäreinsatz am Persischen Golf

Datum: 11. August 2019 um 11:30 Uhr
Rubrik: Außen- und Sicherheitspolitik, Leserbriefe, Ungleichheit, Armut, Reichtum
Verantwortlich:

Die Beiträge “Die Kinderarmut und der Skandal der ausbleibenden Konsequenzen“, “Deutschlands erster Clan” und “Robert Habeck und der Schutz der Handelswege – von welchen deutschen Schiffen ist hier eigentlich die Rede?” veranlassten zahlreiche Leser zum Schreiben eines Kommentars und einige davon geben wir nun hier wieder. Besonders die zahlreichen Links helfen, mehr zu den Hintergründen der Beiträge zu erfahren. Zusammmengestellt von Moritz Müller.

1. Leserbrief

Guten Tag liebe Redaktion der Nachdenkseiten,

Ich verfolge das Thema schon einige Jahre und muss immer wieder feststellen, dass es in der Bevölkerung gar nicht richtig ankommt.

Es heißt dann immer wieder, Deutschland ginge es heute richtig gut im Vergleich zu anderen Ländern. Das Thema wird ignoriert oder verschwiegen.

Das ist so im Freundeskreis oder auch auf der Arbeit.

Und da Frage ich mich schon woran das liegt.

Irgendwie sind andere Themen wichtiger.

Die Tafeln gibt es, keine Frage, um die 1000 in Deutschland habe ich gehört und um die 2 Millionen Hartz4 Bezieher. Und die Leidtragenden sind vor allem die Kinder.

Es ist ein Skandal , dass in einem so reichen Staat wie Deutschland, ein Teil der Bevölkerung abgehängt wird.

Es heißt immer, es liegt immer an einem selbst was man aus seinem Leben macht, aber dieser angehängte Teil der Gesellschaft kann das nicht.

Warum raffen das viele Menschen oder die Gesellschaft nicht?

Und die Politik sieht tatenlos zu.

Es ist natürlich für soziale Themen nie Geld da.

Und der Kapitalismus wird natürlich nie in Frage gestellt.

Hoffen wir, dass es sich irgendwann Mal ändert.

Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Viele Grüße
Tim Roitner


2. Leserbrief

Nicht nur die unter 20jährigen leiden, die vielleicht besonders, aber:

Armut ist menschengemacht
Armut ist permanente Gewalt
Sie beraubt die Menschen ihrer Würde
Sie ist Unrecht
Sie ist der Kampf der Macht gegen das Recht.

Schülerin Mahatma Gandhis


3. Leserbrief

An Redaktion NachDenkSeiten

Hinweise des Tages vom 06. August 2019
Deutschlands erster Clan

Sehr geehrte Redaktion der NachDenkSeiten,

vielen Dank für die Hinweise des Tages und besonders für das Gedicht “Wollt ihr die Dummen sein?” von Kurt Tucholsky.
Der geschichtliche Hintergrund zu diesem Gedicht geht aus den veröffentlichten Hinweisen nicht hervor. Deshalb möchte ich diesen im Folgenden kurz nachliefern.

Im Jahr 1926 haben SPD und KPD einen Volksentscheid zur Enteignung der Fürstenhäuser initiiert. Diesen Volksentscheid thematisiert z.B. auch Paul Schreyer in seinem Buch “Die Angst der Eliten – Wer fürchtet die Demokratie.” Paul Schreyer schreibt dazu:

Nach der Revolution von 1918 waren die deutschen Fürsten entmachtet worden, ihr Besitz, vor allem große Ländereien, wurde beschlagnahmt.
Darauf folgten verbissene juristische Kämpfe der um Entschädigung streitenden Fürsten. Die Prozesse zogen sich über Jahre hin. Der Unmut in der Öffentlichkeit über Urteile zugunsten der Fürsten, in denen die Revolution gewissermaßen juristisch wieder rückgängig gemacht wurde, wuchs schließlich so weit, dass ein von KPD und SPD gemeinsam betriebener Volksentscheid im Jahr 1926 breiten Rückhalt erfuhr. Der Gesetzentwurf, der zur Abstimmung gestellt wurde, lautete:

“Das gesamte Vermögen der Fürsten, die bis zur Staatsumwälzung  im Jahre 1918 in einem der deutschen Länder regiert haben, sowie das gesamte Vermögen der Fürstenhäuser, ihrer Familien und Familienangehörigen werden zum Wohle der Allgemeinheit ohne Entschädigung enteignet. Das enteignete Vermögen wird Eigentum des Landes, in dem das betreffende Furstenhaus bis zu seiner Absetzung oder Abdankung regiert hat. Das enteignete Vermögen wird verwendet zugunsten der Erwerbslosen, der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen, der Sozial- und Kleinrentner, der bedürftigen 0pfer der lnflation, der Landarbeiter, Kleinpächter und Kleinbauern durch Schaffung von Siedlungsland auf dem enteigneten Landbesitz.”

Die Fürsten, im Verbund mit Kirchenführern, dem Reichspräsidenten und anderen Autoritäten wehrten sich energisch mit einer großen PR-Kampagne gegen die geplante Volksabstimmung. […]

Am Ende nahmen von 40 Millionen Wahlberechtigten gut 15 Millionen an der Abstimmung teil. Von diesen wiederum stimmten 96 Prozent (!) für eine entschädigungslose Enteignung der Fürsten. Klarer hätte das demokratische Votum kaum ausfallen können. Jedoch: Laut Weimarer Reichsverfassung war ein Volksentscheid nur dann gültig, wenn mindestens 50 Prozent der Bevölkerung teilnahmen. Die Abstimmung scheiterte somit trotz eindeutigem Ergebnis mangels Beteiligung.

Wie Paul Schreyer schreibt, machten auch die Kirchen bei der PR-Kampagne gegen die geplante Volksabstimmung mit.
Karsten Krampitz schreibt dazu in seinem Buch “Jedermann sei untertan – Deutscher Protestantismus im 20. Jahrhundert”: “Die evangelische Treue zum einstigen Kaiser und preußischen König fand ihre Fortsetzung im Kampf gegen den von SPD und KPD 1926 initiierten Volksentscheid zur Enteignung der Fürstenhäuser. Der Deutsche Evangelische Kirchenausschuss erklärte dazu: »Die geplante entschädigungslose Enteignung bedeutet die Entrechtung deutscher Volksgenossen und widerspricht klaren und unzweideutigen Grundsätzen des Evangeliums.« Von unzähligen Kanzeln wurde gegen den Volksentscheid gepredigt. Auch deshalb kamen am Ende nur 14.441.590 Ja-Stimmen statt der erforderlichen 20 Millionen für die Enteignung zusammen.”

(Das Kapitel aus dem Buch finden Sie als Beleg im Anhang.)
 
Die Evangelische Kirche hatte nicht nur euphorisch den Beginn des Ersten Weltkriegs begrüßt, sondern nach dem verlorenen Krieg mit aller Macht die Demokratie bekämpft und dabei auch maßgeblich dazu beigetragen, die sogenannte Dolchstoßlegende zu verbreiten.

tagesspiegel.de/kultur/evangelische-kirchen-anno-1914-in-den-kirchen-der-alliierten-toente-es-nicht-viel-anders-/10254816-2.html
zeit.de/2014/08/erster-weltkrieg-rolle-der-kirche
spiegel.de/spiegel/print/d-45465381.html

Auch bezogen auf die Kirchen sind wir noch immer die Dummen, denn wir zahlen mit unseren Steuergeldern z.B. noch immer die Gehälter der Bischöfe. Die Kirchen lassen sich bis heute für Ereignisse entschädigen, die 200 Jahre zurückliegen.

Warum zahlen die Kirchen keine Entschädigungen dafür, dass sie das deutsche Volk unchristlich in den Ersten Weltkrieg gepredigt haben, und dass sie mit zum Scheitern der ersten deutschen Demokratie beigetragen haben? (Auch im Zweiten Weltkrieg sieht die Bilanz für die Kirchen nicht besser aus.) 

Mit freundlichen Grüßen

Ralf Böhm
Berlin


4. Leserbrief

Liebe NDS-Redaktion,

Erstens: die Bundeswehr ist weder ein “Spielzeug” der Exekutive noch das von profilneurotischen Oppositionspolitikern. Sie ist eine Parlamentsarmee. Die “klare Rechtslage”, von der die Befürworter des Einsatzes schwafeln, fehlt. Verfassungsrechtlich ist die Entsendung der Bundesmarine höchst bedenklich. Zweitens: es geht mal wieder um´s Öl, um Zugang zu FOSSILEN ENERGIETRÄGERN!!! Da versteht Deutschland schließlich keinen Spaß. Hier wird deutlich, welchen Stellenwert der Klimaschutz bei den Politikern wirklich hat. Dieser liegt exakt bei Null. Der Regierung gelten die Klima-Aktivisten als nützlich-harmlose, leicht manipulierbare Idioten, wenn es um parteitaktische Spielchen geht, wenn man neue Steuern kreieren oder der Wirtschaft neue Geschäftsfelder eröffnen will.

LG Michael Wrazidlo


5. Leserbrief

Hallo …
 
auf einen Aspekt, der merkwürdiger Weise in der aktuellen öffentlichen Diskussion keinerlei Beachtung erfährt,
ist der völkerrechtliche Status der Strasse von Hormus.
 
Die genaue Faktenlage kann man in Wikipedia nachlesen.
 
Zusammengefasst muss man feststellen, dass es sich hier um kein internationales Gewässer handelt!

Zusätzlich haben weder die USA noch der Iran, alle internationalen Verträge ratifiziert, die den Transit regeln.

Die völkerrechtliche Lage ist höchst umstritten.

Für eine eventuelle Überwachungsmission muß es deshalb ein UN Mandat geben.

VG, Andreas Gerull


6. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger,
 
Ihr Artikel war hinsichtlich der Beflaggungspraxis und der sich daraus ergebenden juristischen Konsequenzen interessant.
 
Leider vergaloppieren Sie sich meiner Meinung nach hinsichtlich Ihrer Beurteilung von Robert Habeck. Ich finde, Sie argumentieren hier rein polemisch.

 
“bellizistischer Katzenjammer” / “Dass Grüne wie Robert Habeck völkerrechtliche Fragen konsequent ausblendet..” / “…. dass Habeck und Co. nicht nur die Erosion des Völkerrechts, … schon lange akzeptiert haben”

 
Im Interview, auf das Sie verlinken kann ich nicht erkennen, dass völkerrechtliche Fragen ausgeblendet werden. In der entsprechenden Passage heißt es:
 

“…Ziel muss die Deeskalation sein, erste Priorität hat immer Diplomatie. Sind aber alle diplomatischen Mittel ausgeschöpft, können wir uns eine Beteiligung Deutschlands an einer europäischen Mission vorstellen, wenn das hilft zu deeskalieren und es eine klare Rechtsgrundlage gibt.”

“Klare Rechtsgrundlage” vs. “völkerrechtliche Fragen ausblenden”?
 
Ich schreibe Ihnen dies als regelmäßiger Leser der Nachdenkseiten, der den Hype um die Grünen durchaus kritisch sieht. Leider stelle ich häufiger fest, dass Sie (und auch andere des Teams) Ihre meist nachvollziehbare Kritik oft sehr wertend äußern – so als wäre die Sicht der Nachdenkseiten die einzige Sicht, die man auf die Welt haben kann. Etwas mehr Sachlichkeit und Unvoreingenommenheit wären meiner Meinung nach angebracht – denn so machen Sie sich auf leichte Weise sehr angreifbar.
 
Mit freundlichen Grüßen
Franz Bergfelder


7. Leserbrief

Sie schreiben:

„Am Wochenende stimmte nun auch der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck in den bellizistischen Katzenjammer ein, dass Deutschland die Handelswege „seiner“ Schiffe im Persischen Golf im Zweifel auch militärisch sichern müsse. Ähnlich lautende Forderungen gab es zuvor auch vom BDI. Dies ist problematisch, da das internationale Seerecht eine solche „Schutzmission“ ohne völkerrechtliches Mandat gar nicht vorsieht.“

Herr Habecks Aussage im Wortlaut gegenüber der PNP:

Zur Außenpolitik: Müsste Deutschland als eine führende Wirtschaftsnation nicht auch Verantwortung beim Schutz der Handelswege übernehmen und sich an einer Mission im Persischen Golf beteiligen?

Habeck: Es ist höchstes europäisches Interesse, dass es weder zu einem neuen Krieg noch zu einem atomaren Wettrüsten im Nahen Osten kommt. Deutschland muss in Verantwortung gehen und dafür sorgen, dass Europa in dieser angespannten Situation gemeinsam und mit einer eigenen Stimme agiert. Ziel muss die Deeskalation sein, erste Priorität hat immer Diplomatie. Sind aber alle diplomatischen Mittel ausgeschöpft, können wir uns eine Beteiligung Deutschlands an einer europäischen Mission vorstellen, wenn das hilft zu deeskalieren und es eine klare Rechtsgrundlage gibt. Aber in keinem Fall unter amerikanischer Führung. Gerade sie tragen ja zur Verschärfung des Konflikts bei.

pnp.de/nachrichten/politik/3407474_Habeck-Warnung-an-Soeder-vor-Maulheldentum.html

Man kann und soll die Grünen ja kritisieren. Aus meiner Sicht sind Ihre Behauptungen über Habeck nicht von seinen Aussagen gedeckt. Mir kommen Ihre Äußerungen leider diesbezüglich nicht zum ersten Mal zu den Grünen vor wie wenig faktenbasierte Meinungsmache. Ich hoffe die Nachdenkseiten werden hier zukünftig genauer.

Replik Jens Berger: Lieber Herr S.,

dass Habeck nicht so dumm ist, hier Tacheles zu reden, versteht sich von selbst. Aber welche „klare Rechtsgrundlage“ stellt er sich denn da vor? Man sollte ihn mit diesen Worthülsen nicht durchkommen lassen. Natürlich gleicht das manchmal dem Versuch, einen Wackelpudding an die Wand zu nageln. Das ist mir klar. Daher muss man halt manchmal ein wenig zwischen den Zeilen lesen. Aber ich komme Ihnen entgegen – das hätte ich vielleicht ein wenig transparenter darstellen sollen. 

Danke für die Zuschrift und beste Grüße
Jens Berger


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