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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 22. Juli 2019 um 8:24 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Putins Freund in der Ukraine
  2. Kramp-Karrenbauer will höhere Rüstungsausgaben
  3. Iran-Konflikt: Ist eine Drohne einen Krieg wert?
  4. Stuttgart 21 wird für die Bahn wohl zum Finanzdesaster
  5. Dafür gibt Niedersachsen VWs Milliardenbußgeld aus
  6. Blackrock legt jetzt 6.800.000.000.000 Dollar an
  7. Südosteuropa blutet aus
  8. Kindergeldstreichung für nicht-erwerbstätige Unionsbürger*innen ab dem 18. Juli 2019
  9. Klimapolitik
  10. Berateraffäre als Hypothek: Ursula von der Leyen muss sich nun beweisen
  11. Scheuer stellt Mautvertrag ins Netz
  12. Space Cowboys: Privatisierung des Weltalls stoppen!
  13. Mathew D. Rose – Europeans Deserve Better Than This
  14. China verurteilt Einmischung in innere Angelegenheiten durch das Europäische Parlament
  15. Die NATO seit Ende des Kalten Kriegs
  16. Libanon: Gleichgewicht der Abschreckung und eine andere Art von Krieg
  17. MH17: Wer vertuscht was? – Privatermittler will Beweise veröffentlichen
  18. WDR stellt Strafanzeige wegen Morddrohung gegen “Monitor”-Chef
  19. Vernichtung Vietnams als Kulisse für großes Kino

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Putins Freund in der Ukraine
    Keine Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder fordert Russland, und hält sich in der Ukraine selbst nicht daran. Statt mit dem gewählten Präsidenten spricht Putin mit einem Politiker ohne Mandat.
    “Die vollständige Wiederherstellung der russisch-ukrainischen Beziehungen ist extrem wichtig für uns” – das sagte Russlands Präsident Wladimir Putin am Donnerstag bei einem Treffen in St. Petersburg. Es handelte sich jedoch nicht um eine Begegnung mit dem im April neu gewählten Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, der für Außenpolitik zuständig ist. Mit ihm ließ sich Putin bisher nur auf ein Telefongespräch ein.
    Das Gespräch in St. Petersburg führte Putin mit dem Oligarchen Wiktor Medwedtschuk. Der 64-Jährige Jurist wurde in den 1990er-Jahren zum einflussreichen Unternehmer in der Ukraine. 2002 wurde er Leiter der ukrainischen Präsidialadministration und galt als “Graue Eminenz”, die im Hintergrund die Strippen zog. Im Konflikt in der Ostukraine vermittelte er ab 2014 zwischen der Regierung in Kiew und den pro-russischen Separatisten. Im Juni handelte er ohne Mandat Selenskyjs die Freilassung von vier Gefangenen aus.
    Kurz vor der Präsidentschaftswahl im März besuchte Medwedtschuk mit seinem Verbündeten Jurij Bojko in Moskau den russischen Ministerpräsidenten Dmitri Medwedjew und Gazprom-Chef Alexej Miller. Sie sprachen unter anderem über Preisnachlässe beim Gas für die Ukraine – auch dies ohne Mandat der Regierung in Kiew.
    Quelle: Tagesscchau

    Anmerkung Albrecht Müller: Wie üblich bei der Tagesschau Hetze durch selektive Information.

  2. Kramp-Karrenbauer will höhere Rüstungsausgaben
    Die neue Verteidigungsministerin zeigt sich entschlossen. Sie will dafür sorgen, dass die Bundeswehr mehr Geld bekommt. Zugleich macht sie klar, was ihr in der Truppe wichtig ist.
    Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer fordert eine deutliche Steigerung der deutschen Rüstungsausgaben.
    Die Bundesrepublik habe dem Nato-Ziel, die Militärausgaben bis 2024 in Richtung zwei Prozent zu erhöhen, eine “klare Zusage gegeben”, sagte die CDU-Vorsitzende der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung” (FAS). Es sei klar, dass man den Weg dorthin auch wirklich gehen müsse. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bekannte sich zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben, nannte aber keine Größenordnungen. Die Ankündigung sorgte prompt für Kritik beim Koalitionspartner SPD. […]
    Deutschland hat sich wie die anderen Nato-Verbündeten dazu bekannt, dass sich die Verteidigungsausgaben bis 2024 in Richtung zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes bewegen sollen. Dies würde Mehrausgaben in zweistelliger Milliardenhöhe bedeuten. Für 2020 sind nun allerdings nur 1,37 Prozent der Wirtschaftsleistung anvisiert, laut Finanzplan soll die Quote bis 2023 sogar auf 1,25 Prozent sinken. Dies sorgt für Ärger insbesondere im Verhältnis zu den USA. US-Präsident Donald Trump drängt Deutschland, den Verteidigungsetat aufzustocken.
    Kramp-Karrenbauer betonte, sie habe schon immer kritisiert, dass der Verteidigungshaushalt der mittelfristigen Finanzplanung zufolge in den kommenden Jahren sinken solle. Jetzt werde sie im Kabinett und im Koalitionsausschuss diese Haltung als Ministerin und Parteichefin vertreten, sagte sie der FAS.
    Quelle: Hamburger Abendblatt

    Anmerkung Jens Berger: Kramp-Karrenbauer plappert nach, was die Rüstungslobbyisten ihr eingeflüstert haben. Man muss immer wieder unterstreichen, dass gar kein verbindliches 2%-Ziel in der NATO gibt. Was es gibt eine nicht bindende Absichtserklärung.

    Lesen Sie dazu auf den NachDenkSeiten: „Trumps Forderungen an Nato-Bündnispartner – Muss Deutschland den Rüstungshaushalt auf 2 % des Bruttoinlandsprodukts erhöhen?

  3. Iran-Konflikt: Ist eine Drohne einen Krieg wert?
    Die Sorge vor einem bewaffneten Konflikt zwischen den USA und dem Iran nimmt seit dem Ausstieg von US-Präsident Donald Trump aus dem Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) zu. Josef Braml von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik sagte im Deutschlandfunk: „Die Zeichen zeigen auf Krieg. Es ist wahrscheinlich nur noch eine Frage der Zeit, bis dann ein neuer Zwischenfall das Ganze zum Explodieren bringt.“[1] Ein Zwischenfall, bei dem es so schien, als könnte er dieser Eskalationsfunke sein, war der Abschuss einer US-Spionagedrohne über der Straße von Hormus am 20. Juni 2019. Eine sogenannte „kinetische“ Reaktion – sprich eine Bombardierung des Iran – befand sich zwar schon in Umsetzung, wurde jedoch letztlich nicht durchgeführt. Doch das US-Cyber-Kommando (USCYBERCOM) des Pentagon ging gegen das ballistische Raketenprogramm des Irans vor. (…)
    Hier sorgte der Abschuss der Drohne beinahe für eine solche Eskalation. Diese konnte dieses Mal noch durch einen Präsidenten, der die jetzige Krise selbst produziert und weiter mit Benzin (Sanktionen und Rhetorik) übergossen hat, entschärft werden. Er nahm diesen Vorfall nicht als Anlass, mit einer Bombardierung zu agieren, gegen den Rat seiner engsten BeraterInnen.
    Bei weiteren Vorfällen, wie einer Beeinträchtigung der Lieferketten des Schmiermittels der Weltwirtschaft oder einem Abschuss von bemannten Militärflugzeugen oder Aktionen gegen amerikanische Kriegsschiffe in der Region, wird Trump durch den Druck in seiner unmittelbaren Umgebung kaum mehr in der Lage und vermutlich auch selbst nicht Willens sein, auf Militärschläge zu verzichten.
    So bleibt die Situation weiter extrem angespannt. Die Gefahr von solchen Vorfällen ist, dass wenn sich solche Aktionen häufen, man stets nahe an einer Eskalation ist, die – wie von Ilan Goldberg in der Foreign Affairs beschrieben – eigentlich keine der beteiligten Parteien wollen kann. Möglicherweise kann eine größere Konfrontation vermieden werden, aber nichtsdestotrotz wird militärische Gewalt angewendet – und zwar durch nicht weniger gefährliche und potenziell tödliche Nadelstiche, die aber offiziell „short-of-war“ sind. So verwischt die Linie zwischen Krieg und Frieden immer weiter und eine permanente Gefahr von Fehlkalkulationen bleibt.
    Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.
  4. Stuttgart 21 wird für die Bahn wohl zum Finanzdesaster
    3,8 Milliarden Euro des umstrittenen Großprojekts sind noch nicht finanziert. Dabei muss die Bahn gerade jetzt in Pünktlichkeit und Qualität investieren. […]
    Für den Bauherrn, den Staatskonzern Deutsche Bahn, ist das allerdings wenig erfreulich. Ihm laufen die Kosten davon. Die größte Baustelle der Bahn wird auch zu einem der größten finanziellen Risiken des Staatskonzerns.
    Nur 4,5 Milliarden Euro Baukosten sind bislang abgesichert, der Großteil davon ist auch schon durch Aufträge gebunden oder ausgegeben. Auf weiteren 3,8 Milliarden Euro bleibt die Bahn erst mal sitzen. Wenn es überhaupt bei den jetzt geschätzten Gesamtkosten von 8,2 Milliarden Euro bleibt.
    Ronald Pofalla, Infrastrukturvorstand der Bahn und damit zuständig für das Projekt Stuttgart 21, macht auf locker. „In der Ruhe liegt die Kraft – und fröhlich bleiben“, scherzte der frühere Kanzleramtsminister auf der Bilanzpressekonferenz im Frühjahr. Lustig findet das eigentlich niemand.
    Die Bahn braucht Milliarden für die Sanierung ihrer Bahnhöfe, Schienen und Signalanlagen, für neue Züge und zusätzliches Personal. Bahn-Chef Richard Lutz verspricht, dann endlich wieder pünktlich fahren zu können und den Service zu verbessern. Lutz muss allein fünf Milliarden Euro zusätzlich zum normalen Budget organisieren, um seine Qualitätsagenda bezahlen zu können.
    Quelle: Handelsblatt
  5. Dafür gibt Niedersachsen VWs Milliardenbußgeld aus
    Schnelles Internet, moderne Kliniken, klimafreundliche Mobilität: Das Milliardenbußgeld, das VW wegen der Abgasaffäre an Niedersachsen gezahlt hat, dürfte das Land ein Stück voranbringen. (…)
    Die Posten im Überblick:

    • Nach Angaben des Landeswirtschaftsministeriums fließen 350 Millionen Euro des Bußgeldes in Breitbandausbau und Digitalisierung. Das sogenannte Sondervermögen für den Ausbau von hochleistungsfähigen Datenübertragungsnetzen und für Digitalisierungsmaßnahmen sei damit auf eine Milliarde Euro aufgestockt worden.
    • Weitere 100 Millionen Euro sind zudem früheren Angaben zufolge für die Tilgung von Altschulden bestimmt.
    • 200 Millionen Euro der VW-Milliarde fließen in die Sanierung und den Neubau von Krankenhäusern – laut Sozialministerium sollen vom laufenden Jahr an bis 2022 jährlich 50 Millionen Euro dafür verwendet werden.
    • Weitere 150 Millionen Euro sind für die Sanierung der Medizinischen Hochschule in Hannover und der Universitätsklinik in Göttingen bestimmt.
    • 100 Millionen Euro werden zur Sanierung von Sportstätten genutzt, 80 Millionen Euro davon gehen an kommunale Sportanlagen, der Rest an Vereinsstätten.
    • Weitere 100 Millionen Euro der VW-Milliarde schließlich plant das Umweltministerium für klimaschonende Maßnahmen im Verkehr ein.

    Minister Olaf Lies (SPD) kündigte kürzlich an, 20 Millionen Euro sollten dort eingesetzt werden, wo Stickstoffdioxidgrenzwerte 2017 überschritten worden seien – also in Hannover, Oldenburg, Osnabrück und Hildesheim. Auch die Wasserstofftechnologie solle mit 40 Millionen Euro unterstützt werden, weitere 40 Millionen Euro fließen demnach in umweltfreundlichere kommunale Fahrzeugflotten.
    Quelle: Spiegel Online

  6. Blackrock legt jetzt 6.800.000.000.000 Dollar an
    Der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock hat trotz Milliardenzuflüssen im zweiten Quartal weniger verdient. Der Gewinn schrumpfte um sieben Prozent auf eine Milliarde Dollar, wie Blackrock am Freitag mitteilte. Der Konzern warb 151 Milliarden Dollar an neuen Geldern ein und verwaltete Ende Juni 6,84 Billionen Dollar – neun Prozent mehr als vor Jahresfrist.
    Doch Investoren steckten ihre Mittel vor allem in kostengünstige Anleihenfonds oder ließen Geld auf Konten liegen. Zudem verdiente der Vermögensverwalter weniger mit dem Verleih von Aktien und senkte die Gebühren für einige Fonds.
    Die Konzernerträge sanken daher um 2,2 Prozent auf 3,52 Milliarden Dollar. Gleichzeitig stiegen die Kosten um vier Prozent auf 2,25 Milliarden Dollar, unter anderem wegen höherer Steuern. Blackrock gehörten die verwalteten Milliarden nicht selbst. (…)
    Nach Ansicht von Blackrocks Chef und Gründer, Larry Fink, halten Anleger zu wenig Aktien. Besonders die amerikanischen Börsen sieht er laut einem von der Nachrichtenagentur Bloomberg zitierten TV-Interview im Aufwind, weil die Kurse in den Vereinigten Staaten nicht allein durch lockere Geldpolitik getrieben seien, sondern auch durch die Steuersenkungen der Trump-Regierung.
    Quelle: Frankfurter Allgemeine

    Anmerkung Christian Reimann: Da hilft nur noch Sarkasmus: Was für ein Jammer – die Zahlen sind natürlich sehr tragisch. Wenn sie kein Grund zum Jammern sind.

    Weshalb werden u.a. die Blackrock-Leute eigentlich nicht mehr z.B. Investment-Banker genannt, sondern – wohlklingender – als „Vermögensverwalter“ bezeichnet? Doch nicht etwa, weil Volker Pispers diese als eine jener „Berufsgruppen die diese Welt nicht braucht“ öffentlichkeitswirksam dargestellt hatte?

  7. Südosteuropa blutet aus
    Deutschland wird voller. Im vergangenen Jahr sind etwa 400.000 Menschen mehr hierhergekommen, als von hier fortzogen. Die meisten Zuzügler, fast 290.000, kamen aus Mitgliedsländern der Europäischen Union oder anderen Staaten des Kontinents. Führend in der Statistik ist Südosteuropa. Die rumänische Diaspora in Deutschland vergrößerte sich um 68.000 Menschen.
    Auch Kroaten (29.000) und Bulgaren (27.000) zieht es nach Deutschland. Im Schnitt kehrten täglich 74 Bulgaren, 79 Kroaten und 185 Rumänen ihrer Heimat den Rücken. Tag für Tag geht ein kleines Dorf. (…)
    Der zentrale Anreiz für den Zustrom aus Südosteuropa ist Arbeit. Rumänen, Kroaten und Bulgaren können relativ leicht kommen, denn in der EU gilt Niederlassungsfreiheit. Die Zuwanderung aus den übrigen Staaten der Region funktioniert anders. Von dort kommen manche auf eigene Faust oder über informelle Netzwerke nach Deutschland. Andere werden systematisch angeworben.
    Schon seit sechs Jahren gibt es zum Beispiel „Triple Win“, ein gemeinsames Programm der Bundesagentur für Arbeit und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, kurz GIZ genannt. „Triple Win“, also dreifacher Sieg oder Gewinn, heißt das Programm auch deshalb, weil es angeblich allen Beteiligten Nutzen bringt.
    Die GIZ wirbt für ihr Vorhaben, deutschen Arbeitgebern qualifiziertes Pflegepersonal vor allem aus Serbien, Bosnien, Tunesien und von den Philippinen zu vermitteln: „Während in Deutschland Pflegepersonal fehlt, finden qualifizierte Fachkräfte im Ausland oft keine Arbeit. Dabei können Unternehmen in Deutschland, die Pflegekräfte selbst und ihre Herkunftsländer von einer Kooperation gleichermaßen profitieren.“
    Quelle: Frankfurter Allgemeine

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Die sehr neoliberal und neomerkantilistisch eingestellte FAZ plagt ein schlechtes Gewissen bei der Abwerbung von Arbeitskräften aus Südosteuropa (“Vielerorts mangelt es an Ärzten und Pflegepersonal. Die Lage wird von Jahr zu Jahr schwieriger.”), aber viele sogenannte Linke stört das kein bißchen (“Offene Grenzen für alle Menschen!”), genauso wenig wie der dadurch ausgeübte Druck auf die Löhne in Deutschland – das sagt schon einiges.

  8. Kindergeldstreichung für nicht-erwerbstätige Unionsbürger*innen ab dem 18. Juli 2019
    Im Bundesgesetzblatt ist das so genannte „Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch“ veröffentlich worden und tritt damit ab dem 18. Juli 2019 in Kraft.
    Mit dem Gesetz werden

    • die Kontrollkompetenzen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit stark ausgeweitet,
    • das Anbieten und Nachfragen von Arbeitskraft in „Tagelöhnerbörsen“ verboten
    • und vor allem der Kindergeldanspruch für nicht-erwerbstätige oder arbeitsuchende Unionsbürger*innen in vielen Fällen gestrichen. Der Kindergeldausschluss gilt künftig für Unionsbürger*innen
      • in den ersten drei Monaten des Aufenthalts, wenn noch keine Einkünfte aus einem Beschäftigungsverhältnis oder selbstständiger Tätigkeit erzielt werden,
      • und auch nach den ersten drei Monaten, wenn kein Freizügigkeitsrecht als Arbeitnehmer*in, Selbstständige, fortgeltender Arbeitnehmer*innen- oder Selbstständigenstatus nach unfreiwilligem Verlust der Arbeit, Freizügigkeitsrecht als Familienangehörige*r oder Daueraufenthaltsrecht erfüllt ist.
      • Bei Ablehnungen des Kindergeldantrags aus diesem Grund müssen die Familienkassen dies der Ausländerbehörde melden. Es drohen somit verstärkte Verlustfeststellungen, die Familienkassen werden indirekt zu einer ausländerrechtlichen Kontrollbehörde.
      • Die Kindergeldausschlüsse sind für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die nach dem 31. Juli 2019 beginnen.

    Die Kindergeldausschlüsse sind mit großer Wahrscheinlichkeit und nach Überzeugung der meisten Sachverständigen europarechtswidrig. Zudem werden sie auf dem Rücken von Kindern die prekäre soziale Situation einiger Unionsbürger*innen, die (noch) keine Arbeit gefunden haben, weiter verstärken – zmal diese auch von Leistungen des SGB II ausgeschlossen sind. Die Neuregelung verstärkt die Gefahr der sozialen Verelendung. Die Familienkassen werden – wie schon seit längerer Zeit die Jobcenter und Sozialämter – zu einer „Ersatz-Ausländerbehörde“, die den Freizügigkeitsstatus zu prüfen haben und durch die obligatorischen Meldepflichten zu verstärkten Verlustfeststellungen führen werden. Unionsbürger*innen werden somit nicht nur sozialrechtlich, sondern auch ausländerrechtlich zunehmend in einen Status permanenter Unsicherheit und Prekarisierung gedrängt. Mit „Bekämpfung von Sozialleistungsmissbrauch“ hat das alles überhaupt nichts zu tun. Vielmehr geht es um die systematische Verweigerung sozialer Rechte für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe. (Text und Wertung Claudius Voigt, GGUA)
    Quelle: Tacheles e.V.

  9. Klimapolitik
    1. Russlands Abschied von der Kohle ist überfällig
      „Fridays for Future“ finden in Russland nicht statt, kommentiert Sabine Adler. Statt auf mehr erneuerbare Energien zu setzen, würden Klimaschützer in Russland diffamiert. Darum sei es richtig, dass beim Petersburger Dialog auch die Themen Klimawandel und Kohleausstieg auf der Tagesordnung gestanden haben.
      Eine Außenpolitik von unten sieht Heiko Maas im Petersburger Dialog. Doch die Teilnehmer schafften Jahr für Jahr nicht viel mehr als die Chefdiplomaten auf internationaler Bühne: sich gegenseitig zu erklären, wie weit die russischen und deutschen Positionen auseinanderliegen. Wie befreiend, dass endlich eine frische Brise durch die Tagungsräume wehte.
      Der Grüne, Ralf Fücks, sowie der russische Greenpeace-Chef, Sergej Zypljonkow, brachten ein neues, drängendes Thema auf den Tisch, von dem man sich wundert, warum es nicht längst diskutiert wurde. Der Klimawandel und Russlands Anteil daran. Konkret: die Nutzung von Kohle. (…)
      Dabei liegt es in Russlands eigenem Interesse, endlich unabhängiger von den Energieexporten zu werden. Sie machen noch immer über 60 Prozent, weit mehr als die Hälfte der Staatseinnahmen, aus. Doch statt auf mehr erneuerbare Energien zu setzen, die Wirtschaft grundlegend zu modernisieren, werden Klimaschützer diffamiert. Noch bleibt Zeit zur Zusammenarbeit. Das Ende der russischen Kohleimporte im Westen, für die die Menschen in den sibirischen Weiten derart bluten müssen, ist überfällig. Wenn sich diese Erkenntnis herumspricht, war der Petersburger Dialog doch ausgesprochen konstruktiv.
      Quelle: Deutschlandfunk

      Anmerkung unseres Lesers A.L.: Da Frau Adler gegen Russland ja bekanntlich immer sehr kritisch eingestellt ist, fällt ihr auch die Forderung leicht den russischen Abschied von der Kohle zu fordern. Orientiert sie sich bei dieser Forderung an der deutschen Regierung? Frau Merkel “verkaufte” gestern in den Nachrichten mit Bezug auf die Fridays for Future – Bewegung den deutschen Ausstieg aus der Kohle im Jahr 2038! als ambitionierten Schritt. Will Frau Adler das etwa als positives Beispiel anführen?

    2. Neue INSM-Kampagne will die starke Klimaschutzbewegung der Jugend aushebeln
      Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), eine einflussreiche Lobbyorganisation, die die Interessen der großen Konzerne der deutschen Wirtschaft vertritt, hat eine neue Kampagne gestartet: „Klimaschutz“ | Von Hans-Josef-Fell
      Diesmal ist sie klar gegen die erfolgreichen jugendlichen Klimaproteste gerichtet, um sie einzufangen und so zu schwächen, dass sie die großen Geschäfte des fossilen/atomaren Wirtschaftsgefüges nicht ernsthaft gefährden können. Im Rahmen von Themenkampagnen übernimmt die Initiative neue soziale Marktwirtschaft Begriffe der Gegenseite („sozial“, „Gerechtigkeit“, „Energiewende“, „Klimaschutz“), und sorgt dafür, eine neue Assoziation zu den Begriffen in ihrem Sinn herbeizuführen. Beim Thema Klimaschutz heißt das: 2°C Ziel statt 1,5°C Ziel, Ausbremsen schneller, massiver Klimaschutzmaßnahmen für die Industrie, Verhindern einer CO2-Abgabe, Erdgas-Offensive, Emissionshandel statt schnellem Kohleausstieg.
      INSM-Themenkampagnen werden umgesetzt durch dauerhaftes, intransparentes, flächendeckendes Platzieren und Erzeugen von Schlagzeilen in Print, TV, Funk und Internet über einen langen Zeitraum. Ergänzt wird dies durch Anzeigen- und Plakatkampagnen. Die Interessenorganisation der großen Konzerne stellt sich nach außen so dar, dass sie unbedingt Klimaschutz, Energiewende, soziale Gerechtigkeit etc. will, bewirkt mit ihren Vorschlägen aber immer genau das Gegenteil das, was der jeweilige Begriff ihrer Themenkampagne ist.
      Die Initiative neue soziale Marktwirtschaft ist die Tochtergesellschaft des Instituts der deutsche Wirtschaft (IW) Köln, was wiederum von den beiden Industrieverbänden BDI und BDA finanziert und kontrolliert wird. (…)
      Die INSM war erfolgreich beteiligt, die politischen Beschlüsse zur Agenda 2010 oder Einführung der privaten Altersvorsorge vorzubereiten und hat federführend 2012 die Kampagne gegen die Erneuerbaren Energien entworfen und geleitet, die dann zu dem massiven Einbruch im Ausbau aller Erneuerbaren Energien in Deutschland und in der EU führte. Ihr Auftrag war, die Interessen der fossilen Wirtschaft gegen die schnell wachsende Konkurrenz der Erneuerbaren Energien und vor allem der Bürgerenergien zu schützen. 2017 hatte ich in einer 5-teiligen Serie Details zu den Methoden und Taktiken der INSM in der Anti-EEG Kampagne aufgezeigt.
      Quelle: Sonnenseite
    3. „Momentan killt die industrielle Landwirtschaft die meisten Arten“
      Der Zoologe Michael Schrödl spricht im Interview über den Klimawandel und andere Gründe für das Aussterben von Tieren und Pflanzen. (…)
      Das heißt, Sie würden als Wissenschaftler keine Forderung aufstellen wie „Wir müssen die Erderwärmung bei 1,5 Grad begrenzen“?
      Doch! Aber das allein bringt gar nichts. Weil die Hauptgründe des Artensterbens noch der Landverbrauch und die Umweltverschmutzung sind. Momentan killt die industrielle Landwirtschaft die meisten Arten. Und wenn man das nicht abstellt, dann bringt Klimaschutz nichts.
      Also müssten wir zuerst etwas in der Landwirtschaft tun?
      Ohne das wird es überhaupt nicht gehen. Wenn Landwirtschaft weiter so Land verbraucht und die Umwelt vergiftet, macht das die Böden und die Organismen kaputt. Das hat Auswirkungen weit über die eigentlich besprühte Fläche hinaus. Über Gewässer und Wind werden die Pestizide überall hin verbreitet. Es ist eine reine Illusion, dass sie lokal verwendbar sind.
      Landwirtschaft muss sich massiv ändern, das heißt, unsere Ernährung muss sich massiv ändern. Im ökologischen Landbau gibt es keinen synthetischen Pestizideinsatz und keinen chemischen Dünger, der ja ein Riesenenergiefaktor ist. Kunstdünger herzustellen verbraucht sehr viel Energie und damit produziert man sehr viel CO2.
      Auch intensiver konventioneller Anbau von Energiepflanzen geht meist auf Kosten der Umwelt und Artenvielfalt. Dann geht es weiter mit dem Fleischverbrauch. Der wird sich nicht weiter steigern lassen, ohne weitere Urwälder zu roden, was man tunlichst bleiben lassen sollte. Also vom Fleischkonsum müssen wir weg und andere sollten den gar nicht erreichen.
      Und wir müssen weg vom kurzfristigen Profit, der ja eigentlich gar keiner ist: Natur- und Umweltschäden gehören genauso eingepreist wie die Kosten für Gesundheits- und Sozialsysteme.
      Quelle: Der Tagesspiegel
  10. Berateraffäre als Hypothek: Ursula von der Leyen muss sich nun beweisen
    Von der Leyen nimmt in ihr neues Amt eine Hypothek mit: die „Berateraffäre“. Unter ihrer Führung vergab das Verteidigungsministerium binnen zwei Jahren Aufträge im Wert von 200 Millionen Euro an externe Beratungsfirmen – viele davon ohne Begründung, Ausschreibung und Prüfung. Allein der Umsatz der Beraterfirma Accenture mit der Bundeswehr stieg zwischen 2014 und 2018 von knapp 500.000 auf etwa 20 Millionen Euro. Es gab enge Kontakte zwischen der Rüstungsstaatssekretärin Katrin Suder, die von der Leyen von McKinsey ins Ministerium geholt hatte, und einem Berater der Firma Accenture. Suder hatte ihm laut Spiegel erklärt, wo sein Unternehmen im Ministerium aktiv werden könnte. Der Accenture-Berater Timo Noetzel hatte weitere Duz-Bekanntschaften in der Ministeriumsspitze und beschrieb in einem internen Unternehmensblog diese Nähe auch als Schlüssel zum Erfolg, Aufträge an der regulären Prüfung vorbei zu erhalten.
    Vetternwirtschaft auf Staatskosten? Das sind gravierende Vorwürfe, an deren Aufklärung derzeit ein Bundestags-Untersuchungsausschuss arbeitet. Ausschussvertreter machten bereits klar: Von der Leyen wird sich durch ihren Sprung nach Brüssel nicht der Ladung vor den Ausschuss entziehen können. Das ist gut so.
    Quelle: LobbyControl
  11. Scheuer stellt Mautvertrag ins Netz
    Verkehrsminister Scheuer hat auf die heftige Kritik an seiner Informationspolitik reagiert: Sein Haus veröffentlichte einen von zwei Mautverträgen online. Der zweite Vertrag soll bald folgen.
    Einer der zwei umstrittenen Betreiber-Verträge zur geplatzten Pkw-Maut steht für jeden einsehbar im Internet. Das Bundesverkehrsministerium hat mehr als 2600 Seiten veröffentlicht, die bisher nur Bundestagsabgeordnete vertraulich lesen durften. Der Vertrag werde “in der Form, zu der die Betreiber ihre Zustimmung gegeben haben”, öffentlich gemacht, sagte Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). In Dokument sind einige Stellen geschwärzt, um den Schutz von personenbezogenen Daten sowie von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen Dritter zu wahren. Das Interesse daran ist groß, weil Scheuer sie mit den Unternehmen Kapsch und CTS Evntim abgeschlossen hatte, bevor Rechtssicherheit bestand.
    In einem Internet-Video sagte Scheuer, sein Ministerium habe diese Transparenz von Anfang an gewollt, aber die Unternehmen hätten eine Veröffentlichung bis zum Mittwoch explizit abgelehnt. Es gebe auch weiterhin Einschränkungen durch die Betreiber, personenbezogene Daten sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Dritter dürften nicht gezeigt werden. Zunächst würden die Verträge zur Erhebung und zur Kontrolle der Maut daher so veröffentlicht, wie es juristisch korrekt sei, sagte Scheuer. “Wir wollen, dass beide Verträge vollständig veröffentlicht sind”, sagte Scheuer mit Bezug auf den zweiten Vertrag zur Kontrolle der Maut. Daran werde gerade gearbeitet. (…)
    CTS Eventim-Sprecher Steinhof sagte, das Unternehmen habe am Dienstag der vorbehaltlosen Offenlegung des Betreibervertrags zugestimmt. “Der Bund ist offensichtlich vom Umfang der Offenlegung überrascht, die weit über das übliche Maß hinausgeht. Wir haben selbst der Offenlegung kommerzieller Informationen zugestimmt. Der Bund fragt uns allen Ernstes, ob er sich an die Datenschutzgrundverordnung halten und personenbezogene Daten schwärzen muss.”
    Quelle: tagesschau.de

    Anmerkung Christian Reimann: Wie passt das zusammen? Bundesminister Scheuer behauptet, sein Ministerium habe „Transparenz von Anfang an“ gewollt, aber der Bund – so ist weiter unten zu lesen – sei „vom Umfang der Offenlegung überrascht“ gewesen. Da könnte der Eindruck entstehen, nicht das Unternehmen CTS Eventim, sondern der Minister bzw. sein Ministerium (oder die CSU?) wollte, dass Informationen nicht an die Öffentlichkeit gelangen.

  12. Space Cowboys: Privatisierung des Weltalls stoppen!
    Das privatwirtschaftliche Interesse am Weltraum ist beträchtlich. Zwischen 2000 und 2016 sind bereits 16 Milliarden US-Dollar investiert worden. Das verheißt nichts Gutes (…)
    Die USA erließen 2015 trotz internationaler Kritik den Commercial Space Launch Competitiveness Act. Dieser erklärt das Weltall zum US-amerikanischen Verwaltungsraum und spricht US-Bürgern unter bestimmten Voraussetzungen das Eigentum und die Nutzungsrechte an im Weltraum abgebauten Ressourcen zu. 2017 wurde mit dem „Weltraumressourcengesetz“ auch in Luxemburg das erste vergleichbare europäische Gesetz erlassen und damit eine privatrechtliche Grundlage für Weltraumbergbau geschaffen. So will Luxemburg privaten Unternehmen, die sich in Luxemburg ansiedeln, Eigentum an im Weltraum geschürften Rohstoffen von Asteroiden, Kometen und Meteoriten garantieren.
    Im Mai 2019 haben Luxemburg und die USA zudem eine Kooperationsvereinbarung zur Förderung der kommerziellen Nutzung des Weltraums unterzeichnet. Frei nach dem Motto: Militärische Supermacht und Zwergstaat mit Sonderwirtschaftszone teilen das Weltall auf.
    Auch die Bundesregierung kündigte im Koalitionsvertrag ein nationales Weltraumgesetz an. Dort wird die Absicht bekräftigt, ein nationales Weltraumgesetz auf den Weg zu bringen, „um Investitions- und Rechtssicherheit für nichtstaatliche Raumfahrtaktivitäten zu schaffen“. Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) drängt auf ein solches Gesetz, um Unternehmen den Weltraumbergbau zu ermöglichen.
    Die Vereinbarkeit nationaler Gesetze und bilateraler Abkommen mit dem internationalen Recht ist allerdings stark umstritten. Der Direktor des Instituts für Luft- und Weltraumrecht der Universität Köln, Stephan Hobe, etwa, hält das Luxemburger Gesetz für „krass völkerrechtswidrig, dem internationalen Recht wiedersprechend und deshalb im Kern für nichtig“.
    Quelle: Fabio De Masi in Tagesspiegel Causa
  13. Mathew D. Rose – Europeans Deserve Better Than This
    The EU has failed its citizens. It runs amok directed by Germany’s ossified and frail leader Angela Merkel, and a political class that primarily values its own entitlement.
    If you asked me for a metaphor for the European Union today, it would be the ossified, frail German leader Angela Merkel – our Abdelaziz Bouteflika – sitting in the middle of the EU web, telephoning one “illiberal” east European leader after the other, drumming up support for her discredited, scandal-ridden defence minister, Ursula von der Leyen, as president of the European Union.
    But the EU malaise is about much more than Ms Merkel and Germany: it is about the current state of the EU political class. Most of these people are not interested in the EU, except those aspects that benefit them personally. They care little for policy since they are paid by lobbyists in one form or another to use their power to further the interests of international corporations. And least of all do they care about the citizens they supposedly represent. As Margaret Thatcher so aptly claimed – and God knows why this was not adopted as the motto of the EU: “There’s no such thing as society. There are individual men and women and there are families.” And at the top of the list of the EU’s political class are themselves and their family…then maybe their political party…and that’s it.
    Quelle: Brave New Europe
  14. China verurteilt Einmischung in innere Angelegenheiten durch das Europäische Parlament
    Das Europäische Parlament hat eine Resolution über Hongkong angenommen. Dies sei, so betonte ein Sprecher der chinesischen EU-Mission am Donnerstag, eine grobe Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas. China sei sehr unzufrieden damit und lehne dies vehement ab. Die chinesische EU-Mission forderte das Europäische Parlament auf, umgehend eine Einmischung in Hongkongs Angelegenheiten sowie in Chinas innere Angelegenheiten in jeglicher Form einzustellen.
    Der Sprecher fügte hinzu, Hongkong gehöre zu China. Hongkongs Angelegenheiten seien innere Angelegenheiten Chinas. Das Europäische Parlament habe ungeachtet der Tatsachen und der Einwände Chinas hartnäckig eine sogenannte Resolution über die Situation in Hongkong angenommen, wobei die rechtmäßige Administration der Regierung der Sonderverwaltungszone Hongkong sowie die Hongkong-Politik der Zentralregierung willkürlich kritisiert worden seien. Das Europäische Parlament fordere sogar die Sonderverwaltungszonenregierung auf, die gewalttätigen Demonstranten nicht juristisch zur Rechenschaft zu ziehen. Dies habe, so der Sprecher, die Ignoranz, Vorurteile und heuchlerischen „Doppel-Standards” des Parlaments bloßgestellt.
    Quelle: CRI online

    Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu auch Hongkonger Gesellschaft verurteilt Gewalttat und Hongkong: 22 Personen wegen Stürmung von Legislativrat festgenommen.

    Es war wohl eine Frage der Zeit bis sich auch Gremien der EU erneut auf die Seite von Demonstranten (und damit gegen China) stellen – auch wenn diese bei ihren Protesten Gewalt angewandt hatten. China wirft nun dem Europäischen Parlament “heuchlerische ´Doppel-Standards´” vor. Diesbezüglich sei z.B. erneut an die Erläuterungen zur Charta der Grundrechte erinnert:

    „So müssen die in der EMRK enthaltenen „Negativdefinitionen“ auch als Teil der Charta betrachtet werden:
    Artikel 2 Absatz 2 EMRK:
    „Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie durch eine Gewaltanwendung verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um

    • jemanden gegen rechtswidrige Gewalt zu verteidigen;
    • jemanden rechtmäßig festzunehmen oder jemanden, dem die Freiheit rechtmäßig entzogen ist, an der Flucht zu hindern;
    • einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen“.

    Und weiter:
    „Ein Staat kann in seinem Recht die Todesstrafe für Taten vorsehen, die in Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr begangen werden; diese Strafe darf nur in den Fällen, die im Recht vorgesehen sind, und in Übereinstimmung mit dessen Bestimmungen angewendet werden …“.
    Die Erläuterungen sind offenbar nicht lediglich Regelungen für die Ausführungen des Gesetzes, sondern – und das ist unüblich – dem Gesetzestext gleichgestellt. So jedenfalls nachlesbar im Amtsblatt der Europäischen Union vom 14.12.2007.
    Außerdem sowie aktuell und sehr konkret:
    In Frankreich gab es Schockierende Szenen: Blendgranate reißt einem Demonstranten in Paris die Hand ab und Mit brutaler Gewalt wird der Klassenkampf von oben gewonnen. Das ist absehbar.
    In Deutschland könnte sogar die Bundeswehr im Inneren eingesetzt werden. Dieser Einsatz wäre dann vermutlich sogar höchstrichterlich gedeckt.

  15. Die NATO seit Ende des Kalten Kriegs
    Von der Geschichte eines Bündnisses, das angetreten war, Europas Freiheit und Sicherheit zu garantieren und dabei selbst zum Sicherheitsrisiko wurde (…)
    Von Verteidigung zu Intervention: Die neue NATO
    1989 sind der NATO als Verteidigungsbündnis faktisch die Feinde abhanden gekommen. Die Reaktion war eine Neudefinition des Auftrags. Der wurde, wie es manchmal so schön heißt, an die Herausforderungen einer multipolaren Welt “angepasst”.
    Zu diesen zählte man vor allem den internationalen Terrorismus, den Atomwaffenhandel (Nukleare Proliferation), “failing states”, die Bedrohung wirtschaftlicher Interessen, globale Destabilisierungen und Migrationsbewegungen (als Folge davon) sowie die weltweite Versorgung mit Energie und Rohstoffen. Dabei war die Bindung an ein UN-Mandat keine unabdingbare Voraussetzung mehr, das neue Credo lautete: “With the UN Whenever Possible, Without When Necessary.”11
    Nachdem sich die Möglichkeit zu Out-of-Area-Einsätzen bereits in der “Rom-Erklärung” im November 1991 herauskristallisierte, schufen die Strategen in Washington und Brüssel den dazugehörigen Präzedenzfall schließlich mit dem so genannten “Kosovo-Krieg”.
    Als das Transatlantische Bündnis am 24. März 1999 mit der Bombardierung Jugoslawiens begann, stellte dies nämlich eine Zäsur in der Nachkriegsgeschichte, aber auch in der Geschichte der NATO dar: Die sich abzeichnenden Out-of-Area-Einsätze wurden mit rund 35.000 Luftangriffen als “humanitäre Intervention” ohne UNO-Mandat zur militärischen und politischen Realität, wobei sich das Bündnis entgegen den Fakten darauf berief, die Kosovo-Albaner vor dem “drohenden Völkermord” durch Serbien zu schützen. Mitten im Krieg gab man sich dann angesichts des 50. Geburtstages in Washington auch formal ein neues strategisches Konzept, dessen Handlungsspielraum prinzipiell global ist. (…)
    Aus sicherheitspolitischer Sicht ist eine Wandlung der NATO weg von Konfrontation und ständiger Erweiterung hin zu echten Kooperationsangeboten an Russland und China dringender denn je. Denn die geänderte Rolle des Bündnisses birgt, wie der Herausgeber der Zeitschrift “International” in Wien, Fritz Edlinger, im Kontext der Ukraine-Krise 2014 zutreffend schrieb, “die eminente Gefahr in sich, das transatlantische Militärbündnis von einem vermeintlichen Sicherheitsgaranten zu einem absoluten Sicherheitsrisiko – zumindest für die europäischen Bündnispartner – werden zu lassen”.17 Dass nun nach dem Ende des INF-Vertrags wieder diskutiert wird, in Europa atomare Mittelstreckenraketen zu stationieren, weist in diese Richtung.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung Christian Reimann: Interessant und lesenswert – alle drei Teile.

  16. Libanon: Gleichgewicht der Abschreckung und eine andere Art von Krieg
    Anlässlich des 13. Jahrestages des “Sommerkrieges 2006” sprach Nasrallah am vergangenen Freitag erneut über Krieg und Frieden in der Region. Die Hisbollah, die von der Personalstärke und Ausrüstung her stärker ist als die Libanesischen Streitkräfte, sei “mächtiger als jemals zuvor”. Man habe mehr und bessere Waffen, hoch motivierte Spezialkräfte, es bestehe ein Gleichgewicht der Abschreckung, dem der Libanon trotz vieler Spannungen 13 Jahre Frieden zu verdanken habe. Israel attestierte er dagegen, “schwächer als ein Spinnennetz” zu sein. Es habe das Vertrauen in die militärischen Fähigkeiten der eigenen Streitkräfte verloren. (…)
    Tatsächlich verfolgen die USA mit Wirtschaftssanktionen eine andere Art von Krieg. Im Rahmen seiner Anti-Iran-Strategie hat Washington am 9. Juli zwei Abgeordnete der Hisbollah sowie den Sicherheitsverantwortlichen auf die Sanktionsliste gesetzt. Einseitig verhängte Sanktionen sind völkerrechtlich nicht legitimiert, werden aber von den USA und der EU immer häufiger als Zwangsmittel gegen Staaten und Organisationen eingesetzt, die sich westlichen Plänen nicht unterordnen. Im Libanon werden nun auch gewählte Volksvertreter zum Ziel.
    Bei den drei Personen, die das US-Finanzministerium markiert hat, soll es sich demnach um “zentrale Figuren von Politik und Sicherheit der Hisbollah” handeln. Genannt werden die beiden Abgeordneten Amin Sherri und Mohammad Hassan Raad sowie Wafiq Safa, der offizielle Sicherheitsbeauftragte der Hisbollah. Basis der Einstufung, die einer Kriminalisierung gleichkommt, ist die Anordnung des US-Finanzministerium Nr. 13224, die sich “gegen Terroristen und diejenigen (richtet), die Terroristen oder Terrorismus unterstützen”.
    Die Hisbollah benutze ihre Funktionäre, die als Abgeordnete im libanesischen Parlament eine “herausragende Stellung” hätten, um die staatlichen Institutionen zugunsten der finanziellen und Sicherheitsinteressen der Terrorgruppe zu manipulieren und um die bösartigen Aktivitäten des Iran abzustützen”, sagte Sigal Mandelker, Staatssekretärin im US-Finanzministerium, die für Terrorismus und Geldwäsche (“Financial Intelligence”) zuständig ist.
    Quelle: Karin Leukefeld in RT Deutsch

    Anmerkung Christian Reimann: Das erinnert an Die Superwaffe des Mr. Glaser

    Sanktionen gegen Russland und den Iran: Wie amerikanische Finanzbeamte zu Wirtschaftskriegern werden.

  17. MH17: Wer vertuscht was? – Privatermittler will Beweise veröffentlichen
    Neue, bisher unbeachtete Fakten zur Katastrophe des Malaysian Airlines-Fluges MH17 am 17. Juli 2014 will der Privatermittler Josef Resch an die Ermittler des Joint Investigative Teams (JIT) übergeben. Das JIT hat den Absturz der malaysischen Passagiermaschine vor fünf Jahren über der Ostukraine untersucht. Resch hat 2014 für einen anonymen Auftraggeber mit Hilfe einer Millionen-Prämie nach Informationen gesucht, die den Absturz aufklären helfen.
    Der Privatermittler enthält sich jeder Bewertung des ihm zugespielten Materials. Es drängt sich aber der Eindruck auf, dass diese Informationen das tatsächliche Geschehen aufklären helfen könnten. Sie könnten die bisherige offizielle Version in Frage stellen und Vertuschungsversuche aufdecken. Dazu ist es aber notwendig, dass erst einmal alle vorgelegten Beweise sachgerecht geprüft werden, bevor Urteile gefällt werden.
    Zum JIT gehören polizeiliche und strafrechtliche Ermittler jener drei Staaten, die die meisten Todesopfer zu beklagen haben (Niederlande, Malaysia, Australien), des Staates, über dessen Territorium der Abschuss passierte (Ukraine) sowie Ermittler aus Belgien. Geleitet wird es vom niederländischen Staatsanwalt Fred Westerbeke. Es stützt sich neben eigenen Ermittlungen vor allem auf die private Online-Plattform „Bellingcat“, die vorgibt, unabhängig in solchen Fällen zu ermitteln. (…)
    Resch hat sich nun am 5. Juli 2019 an das JIT sowie dessen Leiter, Staatsanwalt Westerbeke, gewandt. Er bietet seine Hilfe an, die Katastrophe endgültig aufzuklären – durch die Fakten, die ihm 2014 ein Informant übergeben hat. Die ihm vorliegenden Beweismittel will er im Rahmen einer öffentlichen Aussage an das JIT komplett übergeben: „Aus Gründen unserer eigenen Sicherheit halten wir es dabei für erforderlich, dass bei unserer Aussage und Offenlegung der Beweismittel auch internationale Medien sowie Vertreter der betroffenen Staaten mit anwesend sind“, heißt es in dem Brief.
    Quelle: Sputnik
  18. WDR stellt Strafanzeige wegen Morddrohung gegen “Monitor”-Chef
    Mit den Folgen eines Kommentars des TV-Journalisten Georg Restle in der ARD-Sendung Tagesthemen befasst sich nun die Justiz. Der für den Kommentar verantwortliche WDR stellte Strafanzeige, nachdem Restle mit Mord gedroht wurde.
    In einer Mitteilung des WDR ist von einer Morddrohung in Form eines Schreibens die Rede. Dieses Schreiben sei dem Anschein nach dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen, sagte eine Sprecherin. Gegen wen sich die Anzeige richtet, wurde nicht gesagt.
    Restle dokumentierte auf seinem Twitter-Account die Drohung eines Facebook-Accounts mit dem Namen ThomasHoferAfD, “dieser Restle gehört weg, aber richtig weg, so das er nie mehr reden kann” (Rechtschreibfehler im Original).
    Thomas Hofer ist laut einer nach ihm benannten Website ein AfD-Mitglied aus Oppenau in Baden-Württemberg. Der Autor eines anderen Posts fordert, “Leute wie @georgrestle müssen konzentriert werden” – eine Anspielung auf Konzentrationslager. Hinzu kam Kritik an Restle von Spitzenpolitikern der AfD, darunter dem Bundestagsabgeordneten Martin Renner oder dem rheinland-pfälzischen Landeschef Uwe Junge.
    Restle leitete die Redaktion des Magazins Monitor, das unter anderem über Rechtsextremismus berichtet. In dem Meinungsbeitrag hatte er die AfD am 11. Juli als “parlamentarischen Arm” der völkischen Identitären Bewegung (IB) bezeichnet und verlangt, die Partei müsse als rechtsextremistisch eingestuft werden. Hintergrund sind informelle oder auch personelle Verflechtungen zwischen der Identitären Bewegung und der AfD. So hegen etwa AfD-Mandatsträger oder Funktionäre offen Sympathie mit den Rechtsextremisten von der Identitären Bewegung und IB-Aktivisten wurden bei AfD-Abgeordneten als Mitarbeiter beschäftigt. Offiziell hat sich die AfD von der IB abgegrenzt – wer als IB-Aktivist erkennbar wird, darf laut einer beschlossenen Liste nicht Mitglied der Partei sein oder werden.
    Quelle: Zeit Online
  19. Vernichtung Vietnams als Kulisse für großes Kino
    „Apocalypse Now“ hat runden Geburtstag. Als Geschenk gibt es eine aufwendige technische Restauration des ohnehin für seine Virtuosität berühmten Films. Restauriert und technisch auf den aktuellsten Stand gebracht, erscheint eine neue DVD. […]
    Der Film spielt in einem Land, dessen Perspektive ihn nicht interessiert. Desto ausführlicher schildert er die Gemütszustände seiner Hauptfiguren, der Täter. Vietnamesische Menschen, als Folie und Hintergrund, werden in diesem Film ausschließlich als schweigende Diener, weg rennende Flüchtende, im Laub verborgene Heckenschützen, vor allem aber als in Massen herum liegende, geradezu drapierte Tote gezeigt. Nicht eine Träne darf auf vietnamesischer Seite geweint werden, die vietnamesischen Figuren erhalten keine Namen, Persönlichkeit oder Geschichte. Sie bleiben gesichtslose, exotische Staffage.
    Während in den späten 1960iger Jahren die US-amerikanische Militär-Präsenz in Vietnam eine breite Protestbewegung in Ost und West – bis hin zu prominenten Verweigerern wie Mohammed Ali („No Vietnamese ever called me Nigger!“) auslöste, fand die Erzähl-Perspektive des Film Ende der 1970iger Jahre kaum Widerspruch, sondern wurde vielmehr als cineastisches Meisterwerk gefeiert. Krieg oder Antikrieg – das wollte niemand mehr wissen.
    Quelle: telegraph

    Anmerkung Albrecht Müller: Interessant. Bedrückend.


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