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Titel: Hinweise des Tages II

Datum: 28. Juni 2019 um 16:30 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Postenkampf in Brüssel: Warum nennen wir die EU nicht gleich Deutsch-Europa?
  2. US-Vorwahlkampf: „Ohne die USA ist der Westen und ist Europa schwächer“
  3. »Freedom gas« for old Europe
  4. Venezuela: Regierung wehrt weiteren US-unterstützten Putschversuch ab
  5. Viele Anträge abgelehnt: Fördergeld für Schwimmbäder fließt nicht
  6. Soziale Demokratie: Alles andere als DDR
  7. Chirurg und Autor Bernd Hontschik: Heilkunst ist mehr als reine Technik
  8. Unterhändler ringen um ein Handelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten
  9. Näherinnen in Kambodscha: Der hohe Preis der Billig-T-Shirts
  10. Vermögensverwalter Lars Windhorst kehrt zurück – und steigt bei Hertha BSC ein
  11. Die Aldisierung unserer Gesellschaft
  12. Psychologie und Privilegien: Die unangenehme Wahrheit sozialer Ungerechtigkeit
  13. Offensive Cyber-Kräfte
  14. 100 Jahre Friedensvertrag: Die Bürde von Versailles
  15. The Carnival Is Over

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Postenkampf in Brüssel: Warum nennen wir die EU nicht gleich Deutsch-Europa?
    Lange galt, dass die Franzosen in Brüssel alles Mögliche besetzen. Mittlerweile sind wir Deutschen dabei, Anspruch auf so ziemlich alle Posten in der EU zu erheben. Ein gefährlicher Trend. […]
    Gut möglich, dass der eine oder andere beim Brüsseler Feilschen daran erinnert, warum die Deutschen bislang noch keinen Euro-Chef gestellt haben. Immerhin war das der Deal, weil ja die Euro-Notenbank schon nach Bundesbank-Vorgaben konzipiert war, der Sitz in die deutsche Stadt Frankfurt am Main gelegt worden war – und der erste EZB-Präsident zwar nicht Deutscher war, dafür war der Niederländer von einem Deutschen währungspolitisch aber kaum unterscheidbar. Hätte er einen deutschen Pass gehabt, hätte man die Sache gleich Bundesbank für alle nennen können.
    Der damalige Kanzler Helmut Kohl ließ zur Sicherheit trotzdem noch dafür sorgen, einen Deutschen zum Chefvolkswirt der EZB zu machen – Otmar Issing. Der wiederum bestimmte für acht Jahre die Strategie der Bank mit. Und auf ihn folgte, raten Sie mal: ein Deutscher. Hatten wir erwähnt, dass in diesen Ur-Euro-Jahren bei der EU-Kommission ein Deutscher die Generaldirektion für Wirtschaft leitete – die, die über die Politik von Regierungen wachte?
    Als bei der EZB der Niederländer Wim Duisenberg ging, folgte ein Franzose, also Jean-Claude Trichet, der allerdings eher als so eine Art deutschester Franzose gehandelt wurde, wenn es um Geldpolitik ging. Ähnlich wie sich in Italien der zwischenzeitliche EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti als deutscher Italiener veralberte.
    Quelle: Thomas Fricke auf Spiegel Online
  2. US-Vorwahlkampf: „Ohne die USA ist der Westen und ist Europa schwächer“
    Der frühere Außenminister Sigmar Gabriel sieht in den USA nach wie vor den wichtigsten Verbündeten Deutschlands. Dies gelte, auch wenn man Schwierigkeiten mit dem aktuellen Präsidenten habe, sagte er im Dlf. Europa müsse aufpassen, dass es nicht zwischen die Mühlsteine von Amerikanern und Chinesen gerate.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung JK: “Der frühere Außenminister Sigmar Gabriel sieht in den USA nach wie vor den wichtigsten Verbündeten Deutschlands.” Diese Position ist für den designierten Vorsitzenden der Atlantik Brücke wahrlich eine echte Überraschung. Hier zeigt sich, niemand in Deutschland wird je eine politische Position von Relevanz besetzen, ohne in die transatlantischen Einflussnetzwerke eingebunden zu sein.

  3. »Freedom gas« for old Europe
    Die USA wollen ihr – vergleichsweise teures – Flüssiggas vermehrt in Europa absetzen. Das geschieht auch aus geopolitischen Gründen und richtet sich gegen Russland
    Die EU ertrinkt in Flüssiggas aus den USA. Die Gier des europäischen Marktes nach dem tiefgekühlten Rohstoff ist auf Jahrzehnte hinaus unersättlich, die Wachstumsraten sind enorm. So könnte es scheinen. Seit Juli 2018 sei der Import von US-amerikanischem LNG – die Abkürzung steht für »Liquefied Natural Gas« – in die Staaten der Europäischen Union um 181 Prozent gestiegen, hieß es am 8. März in einem gemeinsamen Statement von Vertretern der EU und der USA. Bei einem Spitzentreffen von Geschäftsleuten und Experten beider Seiten, das am 2. Mai in Brüssel stattfand, wurde die Zunahme der LNG-Einfuhr sogar schon mit 272 Prozent angegeben. Innerhalb von nicht einmal zehn Monaten.
    Soweit die Propaganda, die offen und direkt darauf abzielt, eine Stimmung zu erzeugen, ohne die seit dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts kein Gründerzeitschwindel mehr auskommt. Viele Texte der Mainstreammedien zum Thema lesen sich deshalb wie bezahlte Anzeigen der US-amerikanischen Förderer und Transporteure von Erdgas und einer stark interessierten Klientel europäischer Nutznießer, bei der sich Geschäftsabsichten nicht immer eindeutig von persönlichen Vorteilen trennen lassen.
    Ob die in die Welt posaunten Steigerungsraten korrekt ausgerechnet wurden, sei hier außer Acht gelassen. Ein Sprung von 181 auf 272 Prozent innerhalb von nicht ganz zwei Monaten sollte zumindest für einen Anfangsverdacht reichen, die Zahlenkünstler seien allzu hemmungslos am Werk gewesen. Aber davon abgesehen ist eindeutig, dass es sich um Zuwächse auf äußerst niedrigem Niveau handelt: Der Anteil von US-amerikanischem LNG an der gesamten Gaseinfuhr der EU lag im vorigen Jahr bei weniger als einem Prozent und wird sich auch am Ende dieses Jahres nicht auf mehr als drei Prozent belaufen.
    An der Spitze der Lieferanten der Union lag im vorigen Jahr Russland mit einem Anteil zwischen 38 und 43 Prozent – die Angaben erfolgen nicht einheitlich. Es folgten Norwegen, das der EU nicht angehört, mit 33 Prozent und Algerien mit neun Prozent. Das bevölkerungsmäßig kleine und geostrategisch unbedeutende Norwegen exportiert also immer noch deutlich mehr Erdgas als die USA. Diese sind erst seit wenigen Jahren auf dem entsprechenden internationalen Markt aktiv. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass die Produktion jahrzehntelang den großen Eigenbedarf des Landes deckte. Erst seit 2017 sind die USA Nettoexporteur von Naturgas.
    Quelle: junge Welt
  4. Venezuela: Regierung wehrt weiteren US-unterstützten Putschversuch ab
    Der venezolanische Geheimdienst hat erklärt, dass er einen Attentatsversuch gegen Präsident Nicolás Maduro vereitelt hat. Eine Gruppe von abtrünnigen Offizieren hätte geplant, den Präsidentenpalast zu stürmen, um einen derzeit inhaftierten General als Präsidenten zu installieren.
    Der Plan von aktuellen und ehemaligen Militäroffizieren sah vor, den pensionierten General Raúl Isaías Baduel aus einem Hochsicherheitsgefängnis zu befreien. Der General befindet sich dort seit 2017 in Haft, weil er die Regierung stürzen und den öffentlichen Fernsehsender einnehmen wollte, um sich dort selbst zum Präsidenten zu ernennen. Die Geheimdienste sagten, dass sie seit 14 Monaten an der Vereitelung dieses Putschversuches arbeiten.
    Kernstück des Plans, der am 23. und 24. Juni ausgeführt werden sollte, war, Maduro und den Vorsitzenden der venezolanischen Verfassungsversammlung Diosdado Cabello zu ermorden und zeitgleich den Präsidentenpalast Miraflores sowie die Carlota-Militärbasis in Caracas in die Gewalt der Putschisten zu bringen.
    Quelle: RT Deutsch
  5. Viele Anträge abgelehnt: Fördergeld für Schwimmbäder fließt nicht
    Hunderte deutsche Schwimmbäder müssten saniert werden. Der Bund hat dafür eigentlich Gelder bereitgestellt, verschickt nun aber Ablehnungen. Das regt vor allem die Linken im Bundestag auf. […]
    In Zahlen: Von 408 Anträgen auf Schwimmbad-Sanierungen bewilligt der Bund nur 67. Also ist nicht mal jedes fünfte Bad positiv beschieden worden. Die Absagen verteilen sich recht gleichmäßig auf die Bundesländer.
    In Nordrhein-Westfalen zum Beispiel gab es nur zehn Zusagen bei 60 Anträgen, in Hessen sechs von 24, im gesamten Osten kommt es mit Bundesförderung nur zu zwölf von 41 erhofften Bad-Reparaturen. Bremen oder Schleswig-Holstein kommen gar nicht zum Zug. Nur Hamburg kann vermelden: eine Bad-Sanierung beantragt – eine auch bewilligt. Dabei hat der Bund ein neues Förderprogramm für Schwimmbäder beschlossen und mit 110 Millionen Euro ausgestattet. Bisher ist allerdings in dieser Legislaturperiode noch kein Geld geflossen.
    Quelle: Tagesschau
  6. Soziale Demokratie: Alles andere als DDR
    Zwischen Staat und Markt klafft in der wirtschaftspolitischen Debatte eine unerträgliche Leerstelle. Das war nicht immer so.
    Die erhitzte Debatte um Kevin Kühnerts »Sozialismus-Thesen« wurde bei ▸»maischberger. die woche« am 12. Juni noch einmal aufgerufen. Zum Glück! Überraschenderweise ließ sich Peer Steinbrück dort ein bemerkenswertes Eingeständnis entlocken: Der größte Fehler sei wahrscheinlich gewesen, Anfang der Nuller Jahre einem Zeitgeist der Deregulierung zu unterliegen. »Der Markt wird alles richten, wir brauchen nur eine Befreiung von allen Fesseln (…), ich gebe zu, auch ich selber habe mich diesem Zeitgeist sehr stark ergeben«, sagte Steinbrück. »Heute stellen wir fest, der Markt richtet nicht alles. Wir wollen auch nicht, dass alle Lebens- und Arbeitsbereiche einem exzessiven Renditedenken unterworfen werden.« Kühnert habe mit seiner Kritik einen Nerv getroffen.
    Natürlich folgte nur wenig später noch das unvermeidliche »Aber« Steinbrücks, der damit nach der erfreulichen Selbstkritik wieder die ideologischen Scheuklappen anlegte: »Er hat nur Antworten gegeben, die in alten Lehrbüchern mit Sütterlinschrift stehen. Er hat eine Art Voodoo-Sozialismus entwickelt.«
    Quelle: Blickpunkt WiSo
  7. Chirurg und Autor Bernd Hontschik: Heilkunst ist mehr als reine Technik
    Chirurg, Buchautor und Kolumnist Bernd Hontschik blickt auf mehr als 40 Berufsjahre zurück. Er kritisiert: Unser Gesundheitssystem ist zu sehr auf Wirtschaftlichkeit ausgerichtet. Das gehe zulasten der Patienten. Genauso wie die hochtechnisierte Medizin.
    Im Laufe seiner Berufsjahre hat sich die Medizin deutlich zu ihrem Nachteil verändert, findet Bernd Hontschik. Es werde immer weniger mit den Patienten gesprochen und immer weniger körperlich untersucht, sagt der Chirug und Kolumnist:
    „Ich glaube, wenn man das verstehen will, muss man nur der Spur des Geldes folgen. Hochtechnisierte Untersuchungen werden perfekt bezahlt, wenn ich mich aber eine Stunde mit Ihnen unterhalte, kommt nicht viel dabei rum. Das stört natürlich erheblich die Bilanz eines niedergelassenen Arztes.“ […]
    „Es hat sich seit der Agenda 2010 – seitdem der Staat gesagt hat, dass er sich immer mehr zurückzieht aus der Daseinsvorsorge – die ganze Richtung der Sozialsysteme gewandelt. Seitdem ist ein Bereich nach dem anderen geöffnet worden für sogenannte Investoren, die Krankenhäuser kaufen, Arztpraxen kaufen, medizinische Gesundheitszentren betreiben. Diese Richtungsänderung zieht Ärztinnen und Ärzten, Pflegerinnen und Pflegern immer mehr den Boden unter den Füßen weg.“
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur
  8. Unterhändler ringen um ein Handelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten
    Nach zwanzig Jahren soll es nun endlich klappen. Vertreter der EU und des Mercosur-Handelsblocks versuchen sich in Brüssel auf ein Abkommen zu einigen. Dem Vorhaben, das den Handel etwa mit brasilianischem Rindfleisch und deutschen Autos erleichtern würde, erwächst aber Widerstand aus der Zivilgesellschaft und von Mitgliedstaaten.
    Während die Staats- und Regierungschefs der grössten Industriestaaten der Welt sich nach Japan zum G-20-Gipfel begeben, sitzen in Brüssel die Unterhändler der EU mit ihren Konterparts der vier Mercosur-Staaten zusammen. Sie wollen einem Handelsabkommen zum Durchbruch verhelfen, über das man seit 1999 spricht.
    Quelle: NZZ

    Anmerkung JK: Das nächste Freihandelsabkommen. Brüssel macht mit seiner neoliberalen Handelspolitik einfach weiter. Die Interessen der Bürger Interessen dabei nicht.

  9. Näherinnen in Kambodscha: Der hohe Preis der Billig-T-Shirts
    Mindestens zehn-Stunden-Tage, sechs Tage pro Woche und dafür wenig Lohn: Das ist Alltag für die Näherinnen in Fabriken in Kambodscha. Arbeitsschutzgesetze werden oft nicht umgesetzt – und die Frauen riskieren ihre Gesundheit.
    Hunderte Frauen dicht an dicht in einer riesigen Wellblechhalle bei Phnom Penh. Sie schneidern die T-Shirts und Shorts, die wir in den Textilketten und Boutiquen im reichen Westen zum Schnäppchenpreis kaufen. So wie die 34jährige So Peh. „Es ist wahnsinnig heiß in der Produktionshalle. Die Lüfter reichen nicht. Klar kannst Du zwischendurch mal aufs Klo gehen, aber du musst dich beeilen. Wenn du zu oft gehst, dann schimpft die Vorarbeiterin.“
    Quelle: Deutschlandfunk
  10. Vermögensverwalter Lars Windhorst kehrt zurück – und steigt bei Hertha BSC ein
    Während immer mehr Investoren ihr Vermögen aus den H20 Fonds abziehen, sucht die Natixis-Tochter eine Lösung für seine umstrittenen Anlagen.
    Hertha BSC anstelle von Real. Fußball statt Supermarkt. Lars Windhorst ist bei seinen Investments denkbar flexibel. Nachdem der Unternehmer kürzlich nicht etwa mit einem Investment beim königlichen spanischen Fußballverein Real Madrid scheiterte, sondern schlicht bei der deutschen Supermarktkette Real das Nachsehen hatte, kann er nun in sportlichem Umfeld einen Erfolg feiern.
    Für 125 Millionen Euro steigt Windhorst jetzt über sein Beteiligungsvehikel Tennor beim Berliner Fußball-Bundesligisten Hertha BSC ein. Er erwarb 37,5 Prozent an dem Klub, der damit das zweite Mal einen Investor an Bord holt. 2014 war die US-Firma KKR eingestiegen, im vergangenen Jahr schließlich kaufte Hertha Anteile zurück.
    Ihrem neuen Investor Windhorst sicherten die Berliner nun außerdem zu, in der kommenden Saison weitere 12,4 Prozent der Anteile kaufen zu können. Dann würde Windhorst 49,9 Prozent an der Hertha BSC GmbH & Co. KGaA besitzen, der Profi-Tochter des Klubs. […]
    „Hertha ist das interessanteste Sport‧investment in ganz Europa“, sagte der Mann, der selbst nie Fußball gespielt hat, in einer ersten Reaktion. Das überrascht kaum, kann Windhorst positive Schlagzeilen derzeit doch gut gebrauchen. In den vergangenen Tagen hatte der einst als Wunderkind der deutschen Wirtschaft gefeierte, dann in zwei Insolvenzen gerutschte und später wegen Veruntreuung zu einer einjährigen Bewährungs- und einer Geldstrafe verurteilte Unternehmer wieder einmal negative Schlagzeilen gemacht.
    Quelle: Handelsblatt
  11. Die Aldisierung unserer Gesellschaft
    Durch ihre Sozial- und Lohnpolitik verhindert die Bundesregierung, dass viele Menschen sich nachhaltig ernähren. Denn Klimaschutz muss man sich leisten können.
    Die Bundesrepublik galt in Sachen Klimaschutz einst als Vorbild. Davon ist nichts mehr übrig. Die Treibhausemissionen werden 2020 gegenüber 1990 nur um 32 Prozent reduziert sein – 40 Prozent waren als Planungsziel festgelegt worden. Besonders der Straßenverkehr ist dafür verantwortlich. Spätestens seit den Diesel-Skandalen der Autobauer muss man sich dieser Tatsache stellen: Die 2050 geplante Treibhausneutralität des Pariser Klimaschutzabkommens ist in Gefahr.
    Ich weiß nicht, wie es den Leserinnen und Lesern geht, aber ich tue mich schwer mit CO2-Werten, Emissionszielen und Zahlen zur Klimaneutralität. Nicht etwa, weil ich das für Humbug halte. Nein, ich kann die wissenschaftlichen Ausführungen schon mehr oder weniger nachvollziehen. Ich konnte jedoch schon den Chemie-Unterricht in der Schule nicht leiden. Das war mir zu abstrakt – und ein langweiliger Lehrer machte mir die ganze Geschichte nicht gerade spannender. Diese Abneigung setzt sich bis heute fort.
    Quelle: Heppenheimer Hiob
  12. Psychologie und Privilegien: Die unangenehme Wahrheit sozialer Ungerechtigkeit
    Männlich, weiß, heterosexuell, gut verdienende Eltern: Privilegien werden einem in die Wiege gelegt. Erfolg hingegen gilt als Folge individueller Leistungen. Wie lässt sich der Blick für Privilegien schärfen? Und was folgt daraus?
    Rafael Schmauch ist eigentlich kein auffälliger Mensch, könnte man denken. Er ist in Westdeutschland geboren, seine Eltern sind Akademiker, er ist weiß, körperlich gesund und heterosexuell. „Es ist so, dass ich ungefähr alle Privilegien in mir vereine, die man in dieser historischen Situation nur haben kann“, sagt er. Alles Selbstverständlichkeiten? Oder Ausdruck von Privilegien, die bestimmten Menschen ein Leben ermöglichen, das eigentlich allen Menschen zusteht? Er hat sich bereit erklärt, mit uns über seine Privilegien zu reflektieren:
    „Und ich bin offensichtlich ohne viel dafür getan zu haben mit ziemlich guten Startvoraussetzungen in diese Welt gesetzt worden. Weil die Privilegien, die ich habe, aufgrund von angeborenen Merkmalen mir verliehen werden. Meine Hautfarbe und mein Geschlecht und so weiter.“
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur
  13. Offensive Cyber-Kräfte
    Die Bundeswehr bereitet sich auf die Führung eines umfassenden Cyberkrieges vor. Dies geht aus Verlautbarungen der deutschen Streitkräfte hervor. Demnach unternahmen Soldaten des “Zentrums Cyber-Operationen” (ZCO) der Truppe erst unlängst im Rahmen einer Übung “alles”, um in die internen Computernetzwerke des Rüstungsunternehmens CGI “einzudringen”. Das Szenario des kürzlich mit deutscher Beteiligung durchgeführten NATO-Manövers “Locked Shields” sah unter anderem vor, dass die digital gesteuerte Chlorzufuhr in den Wasserwerken eines fiktiven Staates mit Schadprogrammen manipuliert wird, um das “Trinkwasser zu vergiften”. Auf dem Programm stand zudem, die von einem “Angreifer” in den sozialen Internetmedien verbreiteten “Fake News” durch “Gegeninformationen” zu “bekämpfen”. Das hierfür verantwortliche ZCO wurde explizit für “offensive Cyber-Operationen” geschaffen und soll der politisch-militärischen Führung im Kriegsfall ein breites Spektrum “nicht-kinetischer Handlungsmöglichkeiten” zur Verfügung stellen.
    Quelle: German Foreign Policy
  14. 100 Jahre Friedensvertrag: Die Bürde von Versailles
    Der Erste Weltkrieg hatte die Gesellschaften grundlegend verändert. Der Vertrag von Versailles 1919 sollte eine neue globale Ordnung begründen. Die Folgen sind bis heute sichtbar – vor allem im Nahen Osten. […]
    In China kam es zu Massenprotesten gegen den Verlauf der Pariser Konferenz. Die chinesische Delegation reiste ab, ohne das Vertragswerk zu unterzeichnen. Für viele außereuropäische Politiker lag die Schlussfolgerung auf der Hand, so der Historiker Jörn Leonhard, dass den Freiheits- und Gleichheitsversprechungen des Westens nicht zu trauen gewesen sei:
    „Dieses Moment der Enttäuschung über die Ergebnisse in Paris hat sicherlich (…) dazu beigetragen, dass man sich auf die Suche nach neuen Alternativen bewegt. Dass das dann irgendwann der Kommunismus sein wird, ist 1919 noch nicht ausgemacht, aber diese Generation von jungen Männern, Deng Xiaoping, Tschou Enlai, aber auch Ho Tschi Minh, der spätere Führer der vietnamesischen Befreiungsbewegung, für die ist dieser Moment Paris 1919 ein zentraler biographischer Moment, ohne Zweifel.“ […]
    Neue Grenzen wurden auch im südöstlichen Europa gezogen, wo bis 1918 das habsburgische Vielvölkerreich bestanden hatte, mit vergleichbaren Folgen. Zwei der Nachfolgestaaten, die Tschechoslowakei und Jugoslawien, existieren nicht mehr. Der ungarische Nationalismus, dem ein Viktor Orbán viel von seiner Popularität verdankt, zehrt bis heute vom Trauma der rabiaten Beschneidung des einstigen Staatsgebiets um zwei Drittel. Als Ende 1991 die Bundesregierung die neuen Staaten Slowenien und Kroatien anerkannte, während Briten und Franzosen noch am Bestand Jugoslawiens festhielten, kursierte in Europa der Verdacht, den Deutschen gehe es um eine späte Revision des Versailler Vertrages. So zeigte sich: Dauerhafter als die in Versailles geschaffene Staatenordnung waren die damals erzeugten Ressentiments. Sie berühren in manchen ihrer Aspekte noch unsere Gegenwart.
    Quelle: Deutschlandfunk
  15. The Carnival Is Over
    Sicherlich, sie tanzte nur einen Sommer. Bis zur Kür kam die Parteivorsitzende nicht.
    Aber es war doch kein Solotanz, wie die allgemeine Fokussierung auf ihre Person nahezulegen scheint. Sie hatte doch Mittänzerinnen und -tänzer, dort auf dem glatten Parkett des Willy-Brandt-Hauses in Berlin. Dort, wo seit seiner Einweihung im Mai 1996 so mancher Parteivorsitzende ausrutschte oder gemeuchelt wurde, manchmal auch mit ihrer Beihilfe.
    Zehn Frauen und Männer bildeten gemeinsam mit ihr die Parteispitze, zusammen mit sechs weiteren Beisitzerinnen und Beisitzern ergaben sie das Parteipräsidium, und 35 Genossinnen und Genossen standen dem Gremium als Parteivorstand – zur Seite? Oder hinter ihm? Oder neben ihm? Alles in allem knapp über 50 Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten.
    Sicherlich, sie war die Parteivorsitzende, seit Frühjahr 2018. Aber vor ihr, neben ihr, hinter ihr saßen in den Sitzungen und Beratungen Personen mit landesweit bekannten Namen und regelmäßiger Medienpräsenz: Dreyer, Schäfer-Gümbel, Schwesig – neuerdings auch als kommissarische Parteiführung »Die drei Musketiere« der SPD genannt nach ihrem selbst verkündeten Wahlspruch bei ihrer Vorstellung: Einer für alle, alle für einen. Weiter in der Aufzählung: Scholz, Stegner, Heil, Schulze, Ueckermann, Müller, Tschentscher, Weil … Und sie alle ließen sich von ihr kujonieren? Stimmten gegen ihre eigene Überzeugung für die vorgeschlagenen Positionen, Schritte, Vorlagen und (Wahlkampf-)Planungen?
    Sicherlich, es gibt seit eineinhalb Jahren auch einen Generalsekretär. Er machte aber bisher seinem Namen keine Ehre, blieb blass. Klingbeil mangelt es halt in mancher Auseinandersetzung an wohltuender, trennender Schärfe. Und auch an theoretischer Tiefe, die der Partei neue Impulse hätte geben und wieder zu früherer Kampagnenfähigkeit hätte führen können.
    Quelle: Ossietzky


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