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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Polizeigewalt gegen eine 19jährige Französin u.a.m. – ein trauriges Kapitel in der neueren Geschichte unseres großen Nachbarn. Von Marco Wenzel.
Datum: 3. Mai 2019 um 8:30 Uhr
Rubrik: Erosion der Demokratie, Innere Sicherheit, Länderberichte
Verantwortlich: Redaktion
Die Polizeigewalt gegen die Gelbwesten in Frankreich nimmt kein Ende. Seit November letzten Jahres gehen die Demonstranten in den gelben Westen jeden Samstag auf die Straße. War der Ursprung des Protestes noch die Erhöhung der Benzinpreise durch die Regierung Macron, so haben sich die Forderungen der Gelbwesten längst auf soziale Ziele der arbeitenden Bevölkerung ausgedehnt. Die Regierung ist unter Druck geraten, will aber keine wirklichen Sozialverbesserungen durchführen. Albrecht Müller.
Der neoliberale Gaukler im Elysée-Palast setzt derweil darauf, dass sich die Bewegung irgendwann totlaufen wird. Zudem macht er minimale Zugeständnisse und leere Versprechungen, die die Menschen in Frankreich aber längst durchschaut haben. Zuletzt tourte Macron fast drei Monate lang durch alle möglichen Städte und Gemeinden, um sich mit den Bürgermeistern zu treffen und sie zu ihren Problemen zu befragen. Das sollte Volksnähe suggerieren. Die Bürgermeister fühlten sich geehrt, Macron ist nach den Gesprächen wieder abgereist und alles ist beim Alten geblieben. Mit den Menschen vor Ort hat Macron nicht gesprochen. Warum auch? Die Bewegung jedoch hat inzwischen ihre eigene Dynamik entwickelt und wird so bald nicht mehr zu stoppen sein. Es geht längst um mehr als nur um die Benzinpreise. Und die Gelbwesten sind inzwischen zu einem Symbol des Widerstandes in ganz Europa geworden.
Vor allem aber setzte Macron von Anfang an auf massive Polizeigewalt. Dabei entlarvt seine Repression gegen die Gelbwesten die liberale Demokratie Frankreichs als Fassade. Fühlt sich die Oligarchie bedroht, wird ernsthafter Widerstand gegen die neoliberale Agenda geleistet, greift sie bedenkenlos zur Gewalt. Die Polizeikräfte setzen massiv Tränengas und Abwehrgeschosse gegen die Demonstranten ein. Berüchtigt ist dabei der Gummigeschosswerfer LBD 40, auch Flashball genannt, eine Waffe, die die deutsche Polizei nicht besitzt. Diese Waffe wird zwar offiziell als „nicht tödlich“ eingestuft, was nur bedingt stimmt, verursacht aber regelmäßig schwerste Verletzungen bei den Getroffenen, besonders wenn sie ungeschützte Körperstellen am Kopf betrifft. So darf die Waffe laut Anweisungen nur für gezielte Schüsse auf Brust und Extremitäten eingesetzt werden. Aber wer will das im Einsatz kontrollieren? „Je nach Bekleidung sind durch die herstellerseitig grob mit einem „Pferdetritt“ verglichene Energie[ potentiell auch Rupturen von Milz oder Leber oder z. B. der Hoden möglich.“ (Wikipedia)
Und so kam es auch von Anfang an zu schweren Verletzungen, Augenverlust inbegriffen. Die Nachdenkseiten berichteten hierüber bereits am 23. Januar 2019 unter der Überschrift „Mit brutaler Gewalt wird der Klassenkampf von oben gewonnen.“
Ein weiteres Problem dürfte die Tatsache sein, dass viele Polizeibeamte, nicht nur in Frankreich, und besonders die Spezialkräfte, weitläufig der rechtsextremen Szene zuzurechnen sind und danach lechzen, sich austoben zu dürfen. Die französischen CRS, kasernierte Spezialeinheiten, waren schon immer für ihre Brutalität gegenüber Demonstranten berüchtigt, der Schlagstock saß bei ihnen immer locker im Gürtel. Bereits in den siebziger Jahren machten sie sich einen traurigen Namen durch unverhältnismäßige Gewaltanwendungen bei den Demonstrationen gegen die Kernkraftwerke.
Über einen besonders schlimmen und traurigen Fall berichtete jetzt die französische Zeitung Mediapart, der sich am 8. Dezember gegen 18.40 Uhr letzten Jahres im Marseille ereignete.
(Mediapart – A Marseille, des policiers fracassent le crâne d’une jeune femme à terre)
Zu dem Zeitpunkt, wo sich der Vorgang ereignete, waren die Demonstrationen längst vorbei. Aber die Polizeieinheiten waren noch da. Das Opfer war die 19-jährige Verkäuferin Maria, die auf dem Nachhauseweg von der schwarzgekleideten Polizei grundlos angegriffen, von einem LBD-40-Geschoss ins Bein getroffen und anschließend, schon auf dem Boden liegend, von denselben Polizisten mit Schlagstöcken bewusstlos und krankenhausreif geschlagen wurde. Sie wurde schwer verletzt, erlitt schwere Prellungen und einen Schädelbruch und hätten nicht Passanten sich ihrer angenommen und die Polizei von weiteren Schlägen abgehalten, wer weiß, ob sie den Angriff überlebt hätte. Nach Augenzeugenberichten sollen es mehr als zehn Polizisten gewesen sein, die das wehrlose Mädchen angegriffen haben, die meisten in Zivilkleidung und mit Helm.
Der Anwalt von Maria hat letzten Dienstag Klage gegen “unbenannte Personen, die jedoch als Polizeibeamte identifiziert wurden” wegen versuchten Mordes, verschärfter vorsätzlicher Gewalt, unterlassener Hilfeleistung für eine Person in Gefahr” und unterlassener Verhinderung der Begehung einer Straftat eingereicht. Er hat auch Beschwerde bei der Polizeiaufsichtsbehörde (IGPN) eingereicht. Diese hat sie aber immer noch nicht angehört.
Ob die Klage erfolgreich sein wird, ist ungewiss. Der französische Staat hat kein Interesse an der Aufklärung.
Anhang:
Marco Wenzel: Übersetzung des Artikels in Mediapart:
In Marseille schlagen Polizisten einer jungen Frau, die auf dem Boden liegt, den Schädel ein
Mediapart
Maria, 19, reichte am Dienstag eine Beschwerde bei der Staatsanwaltschaft Marseille wegen versuchten Mordes, verschärfter vorsätzlicher Gewalt und unterlassener Hilfeleistung für Personen in Gefahr ein. Am 8. Dezember, am Rande einer Demonstration von “gelben Westen”, wurde sie von Polizisten getreten und geschlagen. Dabei wurde auch ihr Gehirn verletzt.
Am 8. Dezember 2018 wurde die 19-jährige Maria[*] in Marseille von der Polizei schwer verletzt. Nachdem sie von einem Abwehrgeschoss (LBD) in den Oberschenkel geschossen worden war, fiel die junge Frau zu Boden und wurde dann heftig geschlagen und auf den Kopf getreten.
Im Krankenhaus wurde sie wegen “eines rechten kraniofazialen Traumas durch Schläge mit einem Schlagstock und Schädelbruch mit einer zerebralen Prellung” notoperiert. Mit anderen Worten, Maria hat eine Schädelfraktur und ihr Gehirn ist betroffen. Erst im April, fünf Monate später, konnte sie zu ihrer Arbeit als Verkäuferin zurückkehren, die sie mit ihrem Studium abwechselt. Noch unter ärztlicher Aufsicht wird sie auch von einem Psychiater begleitet, da sie laut Arztbericht unter “akuten Stress” leidet, verbunden mit “häufigen Alpträumen”.
Ihr Anwalt, Brice Grazzini, reichte am Dienstag, den 30. April, bei der Staatsanwaltschaft Marseille eine Beschwerde gegen “unbenannte Personen, die jedoch als Polizeibeamte identifiziert wurden” wegen “versuchten Mordes”, “verschärfter vorsätzlicher Gewalt”, “Unterlassener Hilfeleistung für eine Person in Gefahr” und “Unterlassener Verhinderung der Begehung einer Straftat” ein.
Was geschah am Samstag, dem 8. Dezember 2018?
An diesem Tag, gegen 18 Uhr, verlässt Maria früh das Geschäft in der Innenstadt, wo sie mit ihrer Freundin arbeitet, um nach Hause zu gehen.
Sie gehen durch die Rue Saint-Ferréol, einer Einkaufsstraße, die früher am Tag Schauplatz von Zusammenstößen im Rahmen von Akt IV der “gelben Westen” und der Mobilisierung gegen minderwertige Wohnungen in Marseille gewesen war. Nicht weit davon entfernt, auf dem Canebière und dem Alten Hafen, gibt es immer wieder Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Polizisten, die sich auch über angrenzende Straßen erstrecken
“Ich war bei meinem Freund und die Polizei sagte uns, dass sie einen Sicherheitsbereich einrichten würden. Wir haben dann den Weg zu mir nach Hause genommen”, sagte Maria zu Mediapart.
Sechs Zeugen gaben im Zusammenhang mit der Beschwerde ihre Aussagen ab. Unter ihnen Olivia, die darauf hinweist, dass “die Demonstrationen am Nachmittag gerade zu Ende gegangen waren und CRS- und Polizeigruppen weiterhin die Hauptstraßen besetzen, indem sie den Zugang oder die Passage blockieren. Es gab ein paar Leute verschiedenen Alters, die die Saint-Ferréol-Straße entlang gingen. Niemand hatte eine bedrohliche Einstellung. Alles war ruhig.
Auf den Bildern, die Mediapart einsehen konnte, wirkt die Straße relativ ruhig. Polizisten sind anwesend, einige junge Leute sind auch anwesend und Feuerwehrleute löschen Müllbrände.
“Plötzlich rannte eine Gruppe von Männern, schwarz gekleidet und mit Knüppeln bewaffnet, auf mich zu und schrie mich an”, sagte Olivia in ihrer Aussage und fügte hinzu: “Ich identifiziere sie sofort als Polizisten. Ich hatte den schnellen Reflex, mich zu befreien, indem ich gegen die Gebäudewand nebenan stützte, um nicht im Rennen getroffen zu werden. »
Fakten, die von Camille bestätigt wurden, die auch während der plötzlichen und unerklärlichen Aktion der Polizisten anwesend war. Sie bezeugt: “Als einige von uns ruhig die Saint-Ferréol Street hinuntergingen, ohne Zusammenstöße um uns herum, feuerte eine Reihe von CRS- und BAC-Agenten Projektile ab (ich weiß nicht, welche Art von Projektilen) und begann, sich uns schnell zu nähern. Viele von uns liefen zur ersten Straßenkreuzung (rue de la Glace), um in Sicherheit zu kommen. Ich hörte einen Schrei und sah jemanden, ein junges Mädchen, fallen. »
Das “junge Mädchen” ist Maria. “Als die Polizei sie angegriffen hat, habe ich die Situation nicht verstanden. Ich habe nie demonstriert und ich hatte große Angst. Ich rannte zur ersten Straßenkreuzung, rue de la Glace, aber ich wurde durch einen Schuss ins Bein getroffen. Ich schrie, weil mein Bein so sehr weh tat. Ich fiel zu Boden. »
Der Rest friert ein. In mehreren Geschichten wird eine Szene “voller Gewalt” erzählt.
Als Maria durch den Flashballschuss verwundet wurde, “fingen die Leute an, “Alles auf den Boden” zu schreien! “, berichtet Laurence. “Gleichzeitig war diese Person auf dem Boden von Polizisten umgeben und wurde am Boden gewaltsam niedergeknüppelt. […] Zu dieser Zeit stand ich unter Schock. Die Szene war voller Gewalt. Ich sah fest, dass Knüppel die Person lange Zeit ständig hart treffen.”
Camille sieht “mehr als zehn Polizisten in Jeans, Helmen, Knüppeln in der Hand und Armbändern auf den Schultern, die hineinlaufen und sich abwechseln, um die Person zu treten und wieder zu treten, die auf den Boden lag”.
Eine weitere Zeugin, die von Mediapart kontaktiert wurde, Denise, ist immer noch bewegt von der Erinnerung an diesen Abend. “Direkt vor mir war dieses kleine Mädchen, das fiel. Und dort eilte ein Schwarm von Polizisten, die meisten von ihnen in Zivilkleidung und mit Helm, auf die kleine Straße und traten und traten das Mädchen, während sie auf dem Boden lag. »
Denise ist kategorisch: “Es gab mindestens drei Schläge mit einem Knüppel von drei verschiedenen Polizisten und einen Tritt ins Gesicht. Danach wurde ich selber von einem Polizisten weggeschickt. »
Sie wird nicht die Einzige sein, die zurückgeschoben wird. “Trotz der Tatsache, dass die Polizei mir verboten hat, mich ihr anzuschließen, habe ich darauf bestanden und es geschafft, durchzukommen”, sagt Lucie. Als ich bei ihr ankam, fand ich andere Menschen, die ihr zu Hilfe gekommen waren, und ich bemerkte, dass ihr Schädel eingeschlagen war und blutete. Auf dem Boden waren Spuren von Blut, bis hinunter zu den Wänden. Die Polizei in Zivil ging, ohne auch nur ihren Zustand zu überprüfen.”
Ein anderer Zeuge machte die gleiche Beobachtung: “Als wir uns näherten, verteilten sich alle Polizisten um die Person am Boden. Wir bemerken ihren sehr besorgniserregenden Zustand, da sie eine offene Wunde am Kopf hatte.”
“Ich weiß nicht, ob diese Beschwerde erfolgreich sein wird.”
“Der Angriff fand gegen 18:40 Uhr statt. Ich nenne es Angriff, weil es kein anderes Wort dafür gibt”, sagt Denise, die die Feuerwehr anrief, während eine Krankenschwester Maria Erste Hilfe leistete. “Wir stellten uns in Gruppen um sie herum, weil noch Polizisten weiter unten auf der Straße waren und wir Angst hatten, dass sie dasselbe wieder tun würden”, sagt sie.
Maria hat immer noch Schwierigkeiten, auf diesen Moment zurückzukommen. “Ich erinnere mich, dass mein Bein sehr weh tat, als ich zu Boden fiel. Dann ging alles sehr schnell. Polizisten kamen auf mich zu und ich wurde auf den Kopf geschlagen und dann spürte ich die Hitze. Ich war so schockiert. Die Schläge gingen weiter. Dann fühlte ich mich, als würde ich sterben, als die Leute kamen, um mir zu helfen. »
Verblüfft konnten alle Augenzeugen die Gründe für diese Versessenheit der Polizei nicht verstehen.
Mediapart konnte mehrere Videos über die Vorkommnisse einsehen. Auf einem von ihnen sehen wir eine Person auf dem Boden, umgeben von Polizisten, in Zivil, mit einer Armbinde auf der Schulter, und wir hören Leute, die diesen Polizisten rufen: “Langsam, stopp, sie hat nichts getan! Sie fiel und ihr seid gekommen und habt sie geschlagen. “In einem weiteren Video gehen mehrere Polizisten der BAC (Kriminalpolizei) auf die Straße, einer schlägt mit einem Schlagstock auf die Wand und heult, während ein anderer sagt: “Es ist nur eine Frage der Zeit”, kommentiert der Autor der Bilder.
Maria ihrerseits wiederholt die Ereignisse dieses Tages und räumt ein, dass sie “dummerweise Kracher auf dem Boden losgelassen” habe. Es ist dumm, ich weiß. Wir haben sie mit meinem Freund gekauft, um sie bei einem Footballspielabend zu benutzen. Aber wenn das das Problem ist, verstehe ich es nicht, denn dabei wurde gegen uns nichts gesagt. Die Polizeiangriff muss mindestens 15 Minuten später erfolgt sein.
“Ist es gerechtfertigt, den Kopf eines jungen Mädchens so heftig zu schlagen, während sie auf dem Boden liegt und bereits durch ein Geschoss am Bein verletzt wurde? “, fragt Rechtsanwalt Brice Grazzini. Um zu verhindern, dass diese Gewalttaten von Polizeibeamten straffrei bleiben, beschloss er, hart vorzugehen und eine Klage wegen “versuchten Mordes durch einen Verantwortlichen der öffentlichen Ordnung” einzureichen.
“Die Polizei machte sich auch schuldig, “niemandem in Gefahr zu helfen” und, da keiner von ihnen eingriff, um die Gewalt zu stoppen, “die Begehung eines Verbrechens nicht zu verhindern”, sagte er.
Seit dem 19. Dezember “wird das IGPN (Anmerkung Marco Wenzel: Inspection Générale de la Police Nationale, Polizeiaufsichtsbehörde) nach dem Bericht meines Mandanten über die Gewalt, der sie ausgesetzt war, informiert. Es ist April und sie wurde immer noch nicht gehört. Man kann sich nicht darauf verlassen, dass die IGPN als Richter und Partei ihre eigenen Agenten verfolgt”, sagt Brice Grazzini, der auch den Défenseur des Droits informiert hat.
Als Mediapart sich mit der IPGN in Verbindung setzte, erklärte die IGPN, dass sie “sich zu den Berichten und den Folgemaßnahmen nicht “äußern” würde und bezog sich dabei auf die offizielle Zahl des Innenministers Christophe Castaner von 220 Ermittlungen, die für polizeiliche Gewalt eröffnet und der IGPN seit Akt I der gelben Westen übertragen wurden. Laut einer gerichtlichen Quelle, die von Le Figaro am Freitag, den 26. April, zitiert wurde, sind bereits 25 Verfahren abgeschlossen.
Werden diese Untersuchungen erfolgreich sein? Zweifel an ihrer Fortsetzung sind erlaubt.
Der Staat weigert sich hartnäckig, die Fakten anzuerkennen. Dies geschieht trotz der Zahl der Opfer und der vorgelegten Beweise. Die Staatsanwälte scheinen diesem Trend zu folgen und laufen Gefahr, der Polizei eine Garantie für Straffreiheit zu bieten.
Die UNO hat kürzlich diese Heuchelei angeprangert. Michelle Bachelet, die Hochkommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, forderte in einer Rede vor dem Menschenrechtsrat in Genf am 6. März “eine dringende und gründliche Untersuchung aller gemeldeten Fälle von übermäßiger Gewaltanwendung”.
Die französische Regierung ist der Ansicht, dass “die LBD zu keinem Zeitpunkt gegen Demonstranten, auch nicht gegen hartnäckige, eingesetzt werden, wenn sie keine körperliche Gewalt anwenden, insbesondere nicht gegen die Polizei oder schwere Schäden anrichten. Aber dann seien sie keine Demonstranten mehr, sondern Teilnehmer an einer gewalttätigen und illegalen Versammlung.
Die Regierung fügt hinzu, dass Mittel mit mittlerer Kraft, wie Schlagstöcke und Tränengasgranaten, es ermöglichen, “einen Abstand einzuhalten, der maximale Sicherheit garantiert[….] durch Vermeidung von direktem Kontakt und nachfolgenden Verletzungen”.
Die Lüge der französischen Regierung entspricht damit der Gewalt der Polizei, die sie zu verbergen versucht.
Erheiternd.
“Ich weiß nicht, ob diese Beschwerde erfolgreich sein wird”, fragt sich Maria. “Meine Mutter half mir, die Akte zu erstellen und die Zeugenaussagen zu sammeln, als ich im Krankenhaus war”, erklärt sie und fügt hinzu, dass sie sie nicht noch am selben Abend benachrichtigen wollte. “Sie hat Diabetes und ich hatte Angst vor ihrer Reaktion. Aber in der Notaufnahme, vor meiner Operation, zwang mich die Krankenschwester, sie anzurufen und zu sagen: “Wenn Sie während der Operation sterben, muss Ihre Familie informiert werden. »
Heute leidet die junge Frau an Gedächtnisstörungen. “Ich kann wieder auf dem rechten Auge sehen, das ist schon mal was. Es war Blut in seinem Inneren, das inzwischen aufgelöst wurde. Ich habe das Gefühl, dass sich mein Gehirn die Zeit nimmt, sich wieder aufzubauen, aber es nimmt mir die ganze körperliche Kraft. Ein Schlag mit einem Schlagstock kann irreversible Auswirkungen haben, das macht mir Sorgen”, erklärt sie. Ich bin entsetzt über das, was ich im Laufe der Verfahren sehe, die ich für Fälle von “polizeilicher Gewalt” ausfechte. Die Verletzungen meiner Kunden sind äußerst schwerwiegend, und es ist klar, dass dies ein Beispiel für den aktuellen Trend des Regierungsmanagements von Demonstrationen ist. Wenn ich Menschen verteidige, die wegen Gewalt verfolgt werden, sind die Verfahren schnell und die Menschen werden verurteilt, wenn sie schuldig sind”, sagt Anwalt Brice Grazzini.
“Alles hier ist kompliziert”, fährt er fort, “Beschwerden sind schwer einzureichen, Gerichtsverfahren sind langsam oder werden nicht geführt, und das Schlimmste ist, dass die zuständigen Behörden die Ergebnisse einer Untersuchung vorwegnehmen, indem sie behaupten, dass die Polizeikräfte keine rechtswidrige Gewalt begangen haben. Wenn ich sehe, was im Falle von Maria oder Frau Zineb Redouane geschieht, deren Sohn ich verteidige, ist das inakzeptabel. Selbst Minderjährige werden ins Visier genommen und schwer verletzt….”
Am selben Abend wurde ein 14-jähriger Junge in Marseille und im selben Gebiet, ohne an den Demonstrationen teilzunehmen, von einem Abwehrgeschoss am Kopf getroffen, wodurch er eine Kopfverletzung erlitt, bewusstlos wurde mit einer Hinterkopffraktur und einer Wunde.
“Es scheint, als wäre die Nachbarschaft der Spielplatz einer Horde von Wilden gewesen. Aber diese Leute waren Polizisten”, sagt Rechtsanwalt Brice Grazzini.
Titelbild: Frederic Legrand – COMEO / Shutterstock
[«*] Die Vornamen der Zeugen und Maria wurden geändert, um ihre Anonymität zu wahren.
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