Startseite - Zurück - Drucken
NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Facebook zerschlagen
Datum: 1. Mai 2019 um 11:45 Uhr
Rubrik: Medienkonzentration, Vermachtung der Medien, Medienkritik, Strategien der Meinungsmache
Verantwortlich: Redaktion
Wer angesichts dieser Forderung das Gespenst des Kommunismus umgehen sieht, liegt ziemlich falsch. Das Versprechen, Facebook zu zerschlagen, gab vielmehr eine US-demokratische Senatorin, die die nächste Präsidentin der USA werden will. Aber alles der Reihe nach. Von Wolf Wetzel.
Wer hätte das gedacht: Auch auf Facebook, das als „soziales Netzwerk“ geliked und missverstanden wird, gibt es Wahres und Unwahres, Richtiges und Falsches, Umstrittenes und Anstößiges, Überprüfbares und Spekulatives. Kurz zusammengefasst: Auch dort gibt es das, was es überall in den Medien gibt, ob man sie für sozial, öffentlich-rechtlich oder profitabel hält: Halbwahrheiten, Lügen, Falschmeldungen – und wer das besser versteht: „Fake News“.
Die „guten“, herrschaftssichernden Fake News…
Werfen wir einmal einen Blick auf die Leit-Medien in der Hand einer extremen Minderheit. Nehmen wir zum Beispiel das „KZ in Pristina“ aus dem Jahr 1999 in der ehemaligen Bundesrepublik Jugoslawien. Dieses hat erst der „Verteidigungs“-Minister Scharping erfunden, damit es genauso von allen Medien korrekt wiedergegeben werden konnte, mit dem Ziel, aus einem „Völkergefängnis“ (in das der damalige Außenminister Klaus Kinkel schon sehr früh Jugoslawien verwandelt hatte, um den ‚Ausbruch’ vorzubereiten) eine Kolonie des Westens zu machen. Diese Fake News schafften es ohne Mühe in alle großen Zeitungen und Fernsehanstalten.
Oder die „Brutkastenlüge“ (Kuwait 1990) und die Lüge von den „mobilen Massenvernichtungswaffen“ im Irak 2003, die alle Medien zusammen verbreitet hatten, um ihren Beitrag zum Krieg gegen den Irak abzuliefern.
Um diese Fake News geht es jedoch nicht, wenn ganz plötzlich der Wahrheit zur Macht verholfen werden soll. Denn diese Fake News dienten einem „guten Zweck“: Kriegsverbrechen. Dafür hatte man nachweislich Fake News eingesetzt – eben „gute“.
… Und die bösen Fake News
Hier geht es um die bösen Fake News, also solche, die nicht selbst freigesetzt wurden.
Seit geraumer Zeit wird zu Säuberungsaktionen in „sozialen Netzwerken“ aufgerufen von Medien, die Fake News am laufenden Meter produzieren und keinerlei Scheu zeigen, damit fortzufahren. Sie befürchten doch tatsächlich, dass man mit Fake News Hass, Gewalt und Verwirrung verbreiten könne. Ja, man höre und staune, das ist ein ganz neues, brandaktuelles Phänomen: Mit gezielten Falschmeldungen könne man sogar Menschen beeinflussen, ggf. auch aufhetzen, bis hin zu manipulierten Wahlen.
Nun rollen Woche für Woche entsprechende Nachrichten und Aufmacher über Fake News wie Militärlaster heran. Man wird erschüttert und zeigt sich ganz frisch entsetzt, man ruft von alleine und bestens angeleitet nach Zensur, nach Kontrolle …
Der milliardenschwere Privateigentümer dieses „sozialen Netzwerkes“ Facebook sah sich Ungemach gegenüber bzw. einer wunderbar in Szene gesetzten Nötigung, also Fake News auf höchstem Niveau.
Die Medien, die bisher das Monopol auf Fake News hatten, riefen dazu auf, dass Facebook sich säubern müsse. Und die politische Klasse tat dasselbe, selbstverständlich unabhängig und selbstlos: Man fordere den Eigentümer auf, Zensur zu üben, oder man werde sie dazu zwingen. Im ersten Fall kämen die Zensoren von Facebook selbst, müssten also auch bezahlt werden. Im zweiten Fall werden die Zensoren vom Staat gestellt und bezahlt.
Facebook hat sich für die Selbstzahlervariante entschieden und hat nun eigene geleaste Zensoren.
Die „Gedankenpolizei“ in 1984 bekommt 2017 den Namen „Correctiv“
Die Firma, die diese „Cleaner“ stellt, heißt: Correctiv und ist so uneigennützig, dass sie von Google, der Deutschen Bank, der Open Society Foundation von George Soros, RTL u.v.a.m. finanziell unterstützt, also getragen wird. Dieses uneigennützige Unternehmen hat Fantasie, seinen Orwell wirklich gelesen und beruft einen Haufen von Leute in ein Gremium, das doch wirklich „Ethikrat“ genannt wird. Orwell hätte sich über diese Wortschöpfung gefreut. In diesem „Ethikrat“, das ist kein Fake, sitzen so uneigennützige Leute wie
Neu dazugekommen ist u.a. die Amadeu Stiftung und erst kürzlich die Deutsche Pressagentur/ DPA.
Diese Arbeit ist anspruchsvoll und – wie heißt es so schön in dieser Leistungsgesellschaft – herausfordernd. Das hat auch Justiz- und Wahrheitsminister Heiko Maas von der SPD erkannt, der das S im Parteilogo für keinen Fake hält:
„Es ist nicht ganz einfach, eine Institution zu schaffen, die sozusagen in Form einer Wahrheitskommission entscheidet, was ist wahr und was nicht. Dann muss ja auch noch entschieden werden, was ist relevant oder was ist nicht relevant. Da befinden wir uns am Anfang einer Diskussion.” (zeit.de vom 13. Dezember 2016)
Wie Ethik- und (Ver-)Rat, Fake- und (Er-)Finder, Konzern- und Kapitalinteressen als Geldwaschanlage funktionieren, fördert diese kleine Notiz vom 4. April 2017 zu Tage:
„Der genaue Starttermin für das Projekt steht noch nicht, das Geld ist aber schon da: Das gemeinnützige Recherchebüro Correctiv erhält von den Open Society Foundation des US-Investors und Milliardärs George Soros gut 100.000 Euro für das Richtigstellen von unwahren Berichten im Internet.“ (spiegel.de vom 4.4.2017)
Privatjustiz
Auch wenn es schnell untergeht: Was hier „Correctiv“ & Co. beanstanden und markieren, hat nichts mit strafbaren und strafbewehrten Handlungen zu tun. Auch wenn das niemand mehr so recht weiß: Alles, was Beleidigungen angeht, Persönlichkeitsrechte verletzt, bis hin zum abgeschafften sogenannten „Majestätsbeleidigungsparagrafen“ (Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten nach § 103 des StGB), steht unter Strafe, kann angezeigt werden, um es in einem gerichtlichen Prozess überprüfen zu lassen.
Was hier etabliert wird, ist eine Gedankenpolizei, die das verfolgt, was keine strafrechtliche Relevanz hat, keinen Straftatbestand erfüllt. Es handelt sich hierbei also um eine „private“, konzerneigene Justiz, um Selbstjustiz – wobei das Wort „Justiz“ hier völlig unangebracht ist. Denn es handelt sich weder um eine „öffentliche Verhandlung“ noch um eine nur in Ansätzen bemühte „Unabhängigkeit“.
Eine wachsende Sphäre jenseits des öffentlichen Rechts.
Facebook zeigt Gesicht
“Wir verbinden Menschen. Punkt. Das ist der Grund, warum all die Arbeit, die wir in Wachstum stecken, gerechtfertigt ist. All die fragwürdigen Vorgehensweisen, um Kontakte zu importieren. All die subtile Sprache, die dazu beiträgt, dass Menschen weiter von Freunden gefunden werden können.”
(Facebook-Manager Andrew Bosworth, 2018)
Facebook zeigt Gesicht und beweist, dass es alles ist, nur kein „soziales Medium“ (social media), sondern ein Herrschaftsinstrument, das ein Kinderzimmer für jene einrichtet, die darin spielen dürfen und nichts zu sagen haben – schon gar nicht, wenn die „Eltern“ nach dem Rechten schauen.
Bei den „Kindern“ handelt es sich um circa 2,3 Milliarden NutzerInnen, die dem „Vater“ ein Vermögen von 70.000 Millionen Dollar eingebracht haben.
Facebook verbindet nicht Menschen, sondern Milliarden-Profite mit oligarchischen Machtstrukturen
Facebook beruft sich beim Unsichtbarmachen von Inhalten, beim Löschen von Accounts auf „ethische Grundsätze“. Wenn tatsächlich etwas strafbar wäre, dann stünde der Weg offen, dies gerichtlich prüfen zu lassen (was eine öffentliche Beweisführung zur Folge haben würde).
Privatjustiz spricht sich hingegen so aus:
„Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass Facebook Einzelfälle generell nicht kommentiert und wir auf Ihre speziellen Fragen daher nicht eingehen können.“ (Facebook)
Facebook gewinnt mit der Amadeu Antonio Stiftung oder der Deutschen Presseagentur (dpa) als „Dienstleister“ keine Glaubwürdigkeit, sondern Komplizen, denn weder die Amadeu Antonio Stiftung noch dpa stehen für die Wahrheit, sondern für sehr konkrete politische Zielsetzungen. Wenn diese „Dienstleister“ also als Cleaner gewonnen wurden, dann sind diese alles, nur nicht neutral und unabhängig von ihrer eigenen politischen Agenda.
Facebook ist alles, nur nicht „netzneutral“. Es ist vielmehr hochgradig manipulativ, indem es „Inhalte“ nach geheimen und nicht überprüfbaren Kriterien „ratet“ (also nach eigenem Gusto auf- oder abwertet). Das geht bis zur faktischen Unsichtbarkeit von Informationen. Das Prinzip der abgestuften Verdunkelung geht nach Facebook-Managerin Lyons so:
„Wenn uns ein Faktenchecker sagt, dass ein Artikel eine Falschnachricht ist, dann wird er künftig bis zu 80 Prozent weniger oft angezeigt. (…) Stufen Faktenchecker mehrfach Artikel einer Seite als falsch ein, dann warten wir nicht darauf, dass ein neuer Artikel veröffentlicht wird, den sich wieder ein Faktenchecker ansehen müsste. Wir schränken dann die Verbreitung aller Inhalte dieser Seite ein.” (ndr.de vom 18.3.2019)
Dieses Statement der Facebook-Managerin Lyons verrät unfreiwillig ziemlich viel: Die Öffentlichkeit, die Verbreitung eines Beitrages liegt mitnichten in der Hand der LeserInnen/UserInnen, die einen Beitrag gut finden und verbreiten, sondern im Wesentlichen in der Hand von Facebook.
Facebooks versteckte Zensur führt zur Selbsttäuschung der User
Dabei bevorzugt Facebook nicht das Löschen eines Beitrages, sondern seine faktische Isolierung. Das hat einen gewaltigen Vorteil, der zur Selbsttäuschung einlädt: Man setzt unverdrossen Beiträge auf Facebook und meint so, mit der Welt verbunden zu sein, also Öffentlichkeit für sein Anliegen herzustellen.
Tatsächlich haben dann die eigenen Facebook-Aktivitäten die Qualität eines Autisten.
Das kann man sich so vorstellen: Man stellt sich auf eine Bühne auf einem großen Platz, der frei zugänglich ist. Man spricht ins Mikrofon, teilt sich mit. Auf den Platz kommen Menschen, die um diesen Auftritt wissen. Aber es hören auch viele zu, die vom „Lärm“ angelockt werden, die zufällig vorkommen und die Gelegenheit nutzen, sich das anzuhören.
Was Facebook nun macht, kann man als Zensur 2.0 bezeichnen. Facebook räumt nicht die Bühne, sondern sperrt weiträumig den Platz ab, auf dem die Bühne steht, versperrt den Zugang zu diesem Platz. Die Person auf der Bühne bekommt davon nichts mit, wähnt sich an einem öffentlichen Ort, spricht und spricht … ins Leere.
Dass Facebook keine neutrale Plattform ist, auf der die NutzerInnen entscheiden, wie oft ein Beitrag gelesen wird, wie weit sich ein Beitrag verbreitet, belegt eine weitere Geschichte:
Das Magazin Wired veröffentlichte einen kritischen Beitrag über Facebook. Die Antwort von Facebook kam prompt:
„Am selben Tag veröffentlichte das Magazin Wired eine Titelgeschichte, die unter anderem beschrieb, dass 2018 zwischenzeitlich 90 Prozent weniger Leser von Facebook zu Wired gekommen seien – ausgerechnet, nachdem ein kritischer Bericht über Facebook erschienen war. Erst nach vier Wochen und zahlreichen Beschwerden habe Facebook die Ursache entdeckt, angeblich ein bedauerlicher Fehler. Zufall?“ (SZ vom 26. April 2019)
Wenn man die zuvor dokumentierte Aussage der Facebook-Managerin Lyons dazu nimmt, dann weiß man ganz sicher, dass es sich um keinen „Zufall“ handelt, sondern um einen weiteren Beleg dafür, dass Facebook Öffentlichkeit suggeriert und bis zu 90 Prozent nach eigenem Gusto generiert.
Facebook als Spitzelsystem – McCarthyismus als Privatunternehmen
Was dem Magazin Wired widerfahren ist, ist weder einem Zufall geschuldet noch ein Einzelfall.
Klaus Staeck hat in seiner Kolumne „Zuckerberg auf Imagetour“ erwähnt, dass Datenschützer Facebook „der Spitzelei an Ex-Mitarbeitern und missliebigen Journalisten, deren Namen und persönliche Profile in schwarzen Listen erfasst werden, bezichtigt.“ (FR vom 18. April 2019)
Kriminelles Handeln lohnt sich nicht
Wer an dieses Märchen glaubt, darf auch noch an die Zahnfee glauben. Facebook beweist genau das Gegenteil: Facebook kann eine kriminelle Handlung an die andere anfügen, was man kriminologisch als „organisierte Kriminalität“ bezeichnet. Facebook kann auch einmal bedauern, während man die nächste strafbare Handlung bereits begeht … und hat nichts zu befürchten. Am allerwenigsten vonseiten der Justiz und schon gar nicht von Regierungen, die sich seit Jahren gegenseitig Handlungsunfähigkeit und Machtlosigkeit bescheinigen.
Dass sich kriminelles Handeln mehr als lohnt, und zwar so arg, dass man selbst „Bußgelder“ in Milliardenhöhe wie Trinkgeld bereitlegt, beweist Facebook auch:
Drei bis fünf Milliarden Dollar hat Facebook „für mögliche Strafzahlungen an die US-Handelskommission zurückgestellt, die wegen Datenschutzverstößen gegen Facebook ermittelt. Die Behörde würde ihre eigene Rekordstrafe um das 200-fache überbieten – und Facebook trotzdem kaum treffen. Das Unternehmen besitzt 45 Milliarden Dollar in bar.“ (SZ vom 26.04.2019)
Facebook zerschlagen
Für gewöhnlich wird eine solche Forderungen für kommunistisch, auf jeden Fall für größenwahnsinnig gehalten. Aber genau diese Zerschlagung drohte die US-Senatorin Elizabeth Warren an, die für die demokratische Partei als zukünftige Präsidentin der Vereinigten Staaten kandidiert:
„Sie haben den Wettbewerb geplündert, unsere privaten Informationen zu Gewinnzwecken eingesetzt und die Wettbewerbsbedingungen gegen alle Konkurrenten gelenkt.“ (FR vom 16. April 2019)
Dazu muss man, wie gesagt, weder eine Kommunistin sein, noch den Kapitalismus beseitigen. Es würde – für den Anfang – vollkommen ausreichen, bestehende Gesetze anzuwenden, wie zum Beispiel das Kartell-Gesetz, das nicht nur in den USA die Möglichkeit der Zerschlagung bzw. Enteignung vorsieht.
Damit wäre auch das dämliche Argument vom Tisch, der „Politik“ würden die Mittel und Möglichkeiten fehlen, gegen das „Monster“ (Zähmt das Monster, SZ vom 25. März 2019) namens Facebook vorzugehen.
Es würde vollkommen reichen, wenn alle Regierungen, die an Facebook beteiligt sind, ihre Möglichkeiten so nutzen würden wie bei der faktischen Steuerbefreiung von Facebook. Dazu haben sie doch ganz offensichtlich genug Macht!
Titelbild: TY Lim / Shutterstock
Ergänzungen:
Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/
Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=51356