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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 25. April 2019 um 8:31 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Europawahl
  2. Bericht der UN: Afghanische und US-Truppen töten erstmals mehr Zivilisten als die Taliban
  3. US-Botschafter Huntsman: Entlarvende Charakterisierung der US-Diplomatie
  4. Konjunktursorgen nehmen zu: Ifo-Index fällt unerwartet
  5. Regionale Einkommen in Deutschland: In einigen Kreisen höher als in Luxemburg, in anderen auf dem Niveau von Korsika
  6. Hartz-IV-Empfänger: Fast zwei Drittel seit über vier Jahren im Bezug
  7. Bis zu drei Monatsgehälter: Zeitarbeitsfirmen kassieren Ablösesummen für Arbeitnehmer
  8. Rente mit 67 verstärkt Ungleichheit im Alter
  9. Dienstleistungsfreiheit in Europa: Mehr Hürden als Erleichterung
  10. Panama Papers – Null-Toleranz bei Finanzkriminalität
  11. Scheuer und wie er die Welt sieht
  12. Sind öffentliche Wohnungsunternehmen wieder im Kommen? Einige Beispiele stimmen optimistisch
  13. Denkfabrik: Gott im Grundgesetz, Teil 2: Sind die Kirchen ein Staat im Staate?
  14. Opioid-Epidemie in den USA: 130 Tote – jeden Tag
  15. Deutsche Kriegsschuld und Verpflichtungen gegenüber Griechenland
  16. Die Bundesregierung drückt sich auf geradezu skandalöse Weise um eine Stellungnahme
  17. Zu guter Letzt: FDP will Enteignungsartikel aus dem Grundgesetz streichen

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Europawahl
    1. „Wir müssen uns als Friedensbewegung in den Europawahlkampf einmischen“
      Rede beim Ostermarsch 2019 in München (20.4.2019) (…)
      Gerade eben wurde beschrieben, seit wann die Friedensbewegung auf die Straße geht. Ein ganz wichtiger Punkt, warum wir zum Beispiel in den 80er Jahren auf die Straße gegangen sind: damit es keine Stationierung von Mittelstreckenraketen gibt. Die sind damals stationiert worden, aber im Jahr 1987 gab es dann den sogenannten INF-Vertrag. Der hat geregelt, dass in Mitteleuropa keine atomaren Mittelstreckenraketen stationiert werden. Ronald Reagan und Gorbatschow haben das damals unterschrieben, und wir als Friedensbewegung waren ein wesentlicher Teil dafür, dass es diesen Vertrag gegeben hat. Und jetzt hat der neue US-amerikanische Präsident Donald Trump genau diesen INF-Vertrag gekündigt. Und wir sagen von hier aus klipp und klar: Wir wollen nicht, dass dieser INF-Vertrag endgültig gekündigt wird. Und wir wollen keine neue Stationierung von Mittelstreckenraketen hier in Mitteleuropa.
      Die Bundesregierung hat leider eine völlig unzureichende Position dazu eingenommen. Sie hatten nämlich die US-amerikanische Lesart übernommen und gesagt: Ausschließlich Russland habe diesen Vertrag, gegen diesen Vertrag verstoßen. Und ich sage klipp und klar: Was notwendig gewesen wäre, ist, dass die Bundesregierung hier eine Vermittlerrolle einnimmt, und dafür sorgt, dass dieser Vertrag nicht gekündigt wird. Das hat die Bundesregierung nicht getan, und wir fordern sie dazu auf, jetzt in die Verhandlung zu gehen.
      Wenn dieser Vertrag gekündigt bleibt, wird das dafür sorgen, dass neue Mittelstreckenraketen und neue Atomwaffen stationiert werden. Und liebe Freundinnen und Freunde, ich will das mal konkret machen: Wir haben derzeit zwanzig Atomwaffen der USA in Büchel stationiert. Wir fordern den Abzug dieser Atomwaffen aus Büchel. Und wenn dieser Vertrag gekündigt bleibt, wird das zu einer neuen Rüstungsspirale führen. Und deshalb sind wir auf der Straße, um gegen dieser Rüstungsspirale zu demonstrieren.
      Leider ist es so, dass diese atomaren Waffen nur ein Teil der derzeitigen Rüstungsspirale sind. Wir haben den höchsten Militärhaushalt in der Bundesrepublik, den es je gegeben hat: 43,2 Milliarden Euro. Nach NATO-Kriterien sogar 45,1 Milliarden Euro.
      Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.
    2. Unionsfraktion stellt sich im Streit um Nord Stream 2 hinter Weber
      Manfred Weber will den Weiterbau der Gaspipeline Nord Stream 2 blockieren, wenn er nach der Europawahl Kommissionschef wird. Der Spitzenkandidat der EVP stellt sich damit gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel, die vehement für Nord Stream 2 wirbt. Aus der Unionsfraktion erhält Weber nun Rückendeckung.
      Der Spitzenkandidat von CDU und CSU bei der Europawahl, Manfred Weber, hat mit seinem Vorstoß gegen den Bau der Gaspipeline “Nord Stream 2” zwischen Russland und Deutschland für Irritationen gesorgt – auch weil Bundeskanzlerin Angela Merkel den Pipeline-Bau vehement unterstützt. Die Unionsfraktion im Bundestag verteidigt Weber aber trotzdem.
      Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt, sagte der Süddeutschen Zeitung, als möglicher zukünftiger Kommissionspräsident nehme Weber “klar die Interessen aller 28 EU-Mitgliedstaaten in den Blick, auch der kleineren – das ist auch seine Aufgabe”. Nord Stream 2 sei “von Anfang an ein hochpolitisches Projekt” gewesen, “deshalb hätte Deutschland die Bedenken unserer östlichen EU-Partner bereits viel früher in der Entscheidungsphase ernst nehmen müssen”, sagte Hardt.
      Bedauerlicherweise habe sich aber “Ex-Kanzler Gerhard Schröder und in der Folge auch Außenminister Sigmar Gabriel persönlich sehr stark für Nord Stream 2 eingesetzt”. Dies habe “eine frühzeitige und ergebnisoffene Abstimmung in der EU nicht möglich gemacht und zu Irritationen geführt”. Diese könnten jetzt “im Nachhinein kaum mehr ausgeräumt werden”.
      Quelle: Süddeutsche

      Hinweis: Lesen Sie dazu auch „Europawahlen – Ein bayerischer „Russenfresser“ als Juncker-Nachfolger?“ auf den NachDenkSeiten.

      dazu: Meint Weber das ernst?
      Das Problem: Erstens ist er noch nicht am Ziel, sein Wahlsieg ist durch das Brexit-Chaos unsicher geworden. Und zweitens kann ein Kommissionschef die Pipeline nicht einfach so verbieten. Auch Jean-Claude Juncker hatte Bedenken, fand jedoch keine Handhabe gegen Nord Stream 2. Wie Wunschdenken wirken auch andere Versprechen, die Weber zum offiziellen Auftakt seines Wahlkampfs in Athen gemacht hat. Manches fällt nicht einmal in die Zuständigkeit der EU. Hier der Faktencheck:
      Quelle: Lost in Europe

  2. Bericht der UN: Afghanische und US-Truppen töten erstmals mehr Zivilisten als die Taliban
    Ein UN-Bericht stellt fest: Die von den USA unterstützten afghanischen Truppen scheinen in einem rechtsfreien Raum zu agieren.
    Zum ersten Mal seit Erfassung der Daten sind in Afghanistan mehr Zivilisten durch Truppen der USA und ihrer Verbündeten getötet wurden als durch die Taliban und andere Rebellengruppen. Während der ersten drei Monate dieses Jahres seien internationale und regierungstreue Truppen für den Tot von 305 Zivilisten verantwortlich gewesen, erklärte die UN-Mission in Afghanistan (Unama) in ihrem am Mittwoch veröffentlichten vierteljährlichen Bericht. Aufständische töteten demnach im selben Zeitraum 227 Menschen. Mehr Tote gab es vor allem durch Luftangriffe und bei Suchoperationen.
    Quelle: Tagesspiegel

    dazu: Deportation in den Krieg
    Kein Frieden in Afghanistan: Seit Jahresanfang 581 Zivilisten getötet, die meisten von Regierungstruppen. Doch Deutschland schiebt weiter ab […]
    Trotz des ungebrochen anhaltenden Krieges am Hindukusch schiebt die Bundesregierung weiter Geflüchtete nach Afghanistan ab. Nach Informationen der Menschenrechtsorganisation »Pro Asyl« sollte am Mittwoch der inzwischen 23. Sammelabschiebeflug starten. Das sei »unverantwortlich«, warnte die rechtspolitische Referentin von Pro Asyl, Bellinda Bartolucci. Die afghanische Regierung könne den Schutz der Bevölkerung nicht sicherstellen, hieß es in einer Pressemitteilung der Organisation. Das zeige auch die hohe Zahl getöteter Sicherheitskräfte. Der afghanische Präsident Aschraf Ghani hatte im Januar erklärt, seit seinem Amtsantritt 2014 seien mehr als 45.000 Angehörige von Armee und Polizei getötet worden. »Die Zahl der internationalen Verluste liegt unter 72«, zitierte ihn die BBC. Das zeige, »wer den Kampf führt«.
    Quelle: junge Welt

  3. US-Botschafter Huntsman: Entlarvende Charakterisierung der US-Diplomatie
    Foggo erklärte, die US Navy habe seit mehr als 200 Jahren zur Wahrung des Friedens und zum Schutz der nationalen Interessen und, natürlich, von dem der Alliierten und Partner beigetragen. Es sei entscheidend, “unseren zivilen Führern Optionen und die Möglichkeit zu verschaffen, von einer Position der strategischen Stärke aus zu verhandeln”, auf Deutsch also: mit der Waffe in der Hand und mit Kriegsdrohung.
    Dann wurde wieder auf Russland verwiesen, das während der letzten Jahre versucht habe, Grenzen durch Gewalt zu verändern, militärisch im Nordatlantik, im Schwarzen Meer und im östlichen Mittelmeer stark aufgerüstet habe, eine andauernde Aggression in Georgien, der Ukraine, im Asow-Meer und in Kaliningrad zeige mit Interventionen in Syrien, Libyen und Venezuela dieses Gebiete destabilisiere. Wenn es nicht so ernst wäre, müsste man über solche einseitigen Darstellungen schmunzeln, ebenso darüber, dass es nur um Abschreckung und Verteidigung, “um die Verhinderung und nicht die Provokation eines Konflikts.”
    Den Vogel schoss allerdings der Botschafter ab. Er sagte, als er mit Foggo am Dienstag die Flugzeugträgerverbände beobachtete: “Jeder der Flugzeugträger, der jetzt im Mittelmeer operiert, stellt 100.000 Tonnen internationaler Diplomatie dar.” Und die Tonnen sind gegen Russland gerichtet: “Diese Schiffe stellen diplomatische Kommunikation und Dialog verbunden mit einer starken Verteidigung bereit und zeigen Russland, dass es, wenn es wirklich bessere Beziehungen mit den USA suchen will, seine destabilisierenden Aktivitäten auf der Welt beenden muss.”
    Quelle: Telepolis
  4. Konjunktursorgen nehmen zu: Ifo-Index fällt unerwartet
    Die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft hat sich im April überraschend eingetrübt. Im März war noch Hoffnung aufgekommen, dass Deutschlands Wirtschaft die derzeitige Delle doch schneller verlässt als befürchtet.
    Das Barometer für das Geschäftsklima fiel auf 99,2 Punkte von 99,7 Zählern, wie das Münchner Ifo-Institut am Mittwoch zu seiner monatlichen Umfrage mitteilte. Ökonomen hatten dagegen mit einem Anstieg auf 99,9 Punkte gerechnet, nachdem es im März das erste Plus nach zuvor sechs Rückgängen in Folge gegeben hatte.
    “Die deutsche Wirtschaft verliert weiter an Kraft”, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Die Führungskräfte beurteilten ihre Geschäftslage schlechter, ebenso die Aussichten für die kommenden sechs Monate. Der deutschen Wirtschaft droht 2019 ein maues Jahr.
    Quelle: Tagesschau

    Anmerkung unseres Lesers A.L.: Auch beim Münchener IFO-Institut ist jetzt die Erkenntnis angekommen, dass die Konjunktur stagniert. Das wird zwar allenthalben schon in den Gewerkschaften und von anderen Wissenschaftlern öffentlich diskutiert, die ARD berichtet aber erst darüber, wenn ihr bevorzugtes Wirtschaftsinstitut ifo es vermeldet.

  5. Regionale Einkommen in Deutschland: In einigen Kreisen höher als in Luxemburg, in anderen auf dem Niveau von Korsika
    „Einheitliche“ oder „gleichwertige“ Lebensverhältnisse in der gesamten Bundesrepublik zu erreichen – diesen Auftrag stellt das Grundgesetz der Politik seit fast 70 Jahren. Wie schwer das Ziel aber einzulösen ist, zeigt ein detaillierter Blick auf die durchschnittlichen verfügbaren Einkommen der Privathaushalte in den 401 deutschen Landkreisen und kreisfreien Städten: Sie sind im bundesweit „wohlhabendsten“ Landkreis Starnberg bei München mit 34.987 Euro pro Person und Jahr mehr als doppelt so hoch wie in der Stadt Gelsenkirchen, die mit 16.203 Euro Pro-Kopf-Einkommen das Schlusslicht bildet. Neben Teilen des Ruhrgebiets, des Saarlands und von Niedersachsen liegt vor allem Ostdeutschland knapp 30 Jahre nach der „Wende“ weiterhin deutlich zurück: In nur sechs von 77 Ost-Kreisen und kreisfreien Städten überschreitet das Einkommen pro Kopf die Marke von 20.000 Euro, während im Westen 284 von 324 Kreisen und Städten darüber liegen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine neue Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Die Daten für alle 401 Kreise und kreisfreien Städte sind über eine interaktive Karte und Tabellen erschlossen.
    Quelle: Hans Böckler Stiftung

    dazu: Einkommen und Armut: Paritätischer warnt vor regionalen Armutsspiralen
    Der Paritätische Wohlfahrtsverband reagiert auf die heute veröffentlichte Studie Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung zu „Haushaltseinkommen im regionalen Vergleich“ mit der Forderung nach einer armutspolitischen Offensive. Hinter den aufgezeigten regionalen Diskrepanzen bei den verfügbaren Haushaltseinkommen verbirgt sich laut Paritätischem ein massives Armutsproblem. Der Verband warnt vor regionalen Armutsspiralen. Er fordert die Beibehaltung des Solidaritätszuschlags und den gezielten Mitteleinsatz in strukturschwachen Regionen.
    Der Paritätische Gesamtverband weist darauf hin, dass sich das Bild der regionalen Zerrissenheit noch einmal verschärft, betrachtet man statt der Durchschnittseinkommen die regionalen Armutsquoten. „Deutschland ist nicht nur was die Einkommen, sondern vor allem was die Armut angeht, ein nicht nur sozial, sondern auch regional zutiefst zerrissenes Land“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes.
    Quelle: Der Paritätische

  6. Hartz-IV-Empfänger: Fast zwei Drittel seit über vier Jahren im Bezug
    64 Prozent der Hartz-IV-Bezieher waren im Dezember 2018 bereits zwei Jahre oder länger im Bezug. Obwohl insgesamt weniger Personen Hartz-IV-Leistungen erhielten, hat der verfestigte Leistungsbezug gegenüber 2017 zugenommen.
    Knapp zwei Drittel (64 Prozent) der knapp 5,6 Millionen Hartz-IV-Empfänger in Deutschland war im Dezember 2018 bereits seit mindestens zwei Jahren abhängig von der staatlichen Sozialleistung. Über ein Drittel (42 Prozent) der Regelleistungsberechtigten war sogar vier Jahre oder länger hilfebedürftig. Das zeigen die Verweildauern aus der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA).
    Quelle: O-Ton Arbeitsmarkt
  7. Bis zu drei Monatsgehälter: Zeitarbeitsfirmen kassieren Ablösesummen für Arbeitnehmer
    Im Profi-Fußball ist es üblich, dass bei Spielerwechseln hohe Ablösesummen zwischen den Vereinen gezahlt werden. Dieses Phänomen findet wegen des Fachkräftemangels nun vermehrt auch im Zeitarbeitsmarkt statt. „Bis zu 6 000 Euro zahlen Industrie-Betriebe und Dienstleister bei der Übernahme von Leiharbeitskräften“, sagt Björn Richter vom Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen. Als Ablöse würden häufig drei Monatsgehälter des Arbeitnehmers vereinbart.
    Abwerbeprämien gibt es laut Richter bereits seit Jahren in der Branche, doch würden sie zunehmend wichtiger für die Zeitarbeitsfirmen. Und so funktioniert es: Vermittelt eine Leihfirma einen Mitarbeiter beispielsweise an einen Industriebetrieb, so wird vertraglich eine Ablösesumme vereinbart. Meist steht diese in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Zeitarbeitsfirma.
    Quelle: Mitteldeutsche Zeitung
  8. Rente mit 67 verstärkt Ungleichheit im Alter
    Kurz vor der Rente noch als Dachdecker arbeiten? Das schaffen nicht viele. Eine Studie zeigt nun, welche Folgen die umstrittene Umstellung auf die Rente mit 67 auf das Auskommen im Alter hat.
    Das steigende Renteneintrittsalter droht einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) viele Arbeitnehmer in finanzielle Probleme zu stürzen. Besonders bei Menschen mit geringerer Bildung, Niedriglohnjobs oder gesundheitlichen Problemen könnten die Risiken steigen, schreiben die Forscher in einer Analyse.
    Menschen, die es nicht schafften, bis zur künftigen Grenze von 67 Jahren für den Renteneintritt ohne Abschläge zu arbeiten, müssten sich teilweise auf hohe Einkommenseinbußen einstellen. “Gerade für Menschen, die ohnehin auf dem Arbeitsmarkt schlecht dastehen, wird es schwierig sein, sich an die neuen Altersgrenzen anzupassen”, sagte DIW-Rentenexperte Johannes Geyer.
    Hintergrund ist laut Studie, dass die Arbeitslosigkeit unter Menschen mit geringer oder mittlerer Bildung höher ist. Sie könnten wenig ins Rentensystem einzahlen und müssten länger auf die Rente warten. Dies kann ein Bauarbeiter sein, der wegen seiner körperlich anstrengenden Arbeit bereits vor 67 in Rente gehen muss – und während seines Lebens auch weniger verdient hat als ein Akademiker.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung JK: Es kann niemand sagen, dass diese Folgen der Rente mit 67 nicht schon immer bekannt waren. Die politisch Verantwortlichen (2007 durch die damalige Große Koalition beschlossen) haben hier sehenden Auges allein die Interessen der Finanzwirtschaft bedient und eine Situation geschaffen, die unzählige Menschen in Altersarmut stürzt. Vor dem Hintergrund, dass gerade in Deutschland auch Gutqualifizierte ab 50 für den Arbeitsmarkt nicht mehr existent sind, die Betroffenen sich dann bestenfalls mit wesentlich schlechter bezahlten Jobs im Bereich akademischer Dienstleister über Wasser halten müssen, ist die Aussage, dass Akademiker hiervon nicht betroffen seien sehr optimistisch.

  9. Dienstleistungsfreiheit in Europa: Mehr Hürden als Erleichterung
    Für die osteuropäischen EU-Mitglieder gilt die Dienstleistungsfreizügigkeit erst seit 2011. Doch seitdem wird es für Handwerker und Fachkräfte aus Polen oder Tschechien nicht einfacher, wenn sie in westlichen Nachbarländern arbeiten wollen, sondern tatsächlich immer komplizierter.
    Ihre Bilanz ist eindeutig: Die Länder der EU, sagt Jitka Ryšavá, schotteten sich immer mehr ab.
    „Zum Besseren hat sich nur eins verändert, und das war im Jahr 2011, als sich für uns Mitteleuropäer der Markt in Westeuropa geöffnet hat. Aber seitdem verschlechtern sich die Bedingungen immer weiter. Das Ergebnis ist, dass es zu einer deutlichen Einschränkung von einer der vier Grundfreiheiten in der EU kommt, und das ist die Dienstleistungsfreiheit.“
    Diese Dienstleistungsfreiheit ist ihr Metier: Jitka Ryšavá vom staatlichen Zentrum für Regionalentwicklung leitet in Prag die Niederlassung des Enterprise Europe Network, das kleine und mittelständische Unternehmen unterstützt. Das Gewirr von Regulationen werde immer dichter, sagt sie:
    „Der europäische Rahmen gibt den einzelnen Mitgliedsländern die Möglichkeit, sehr komplexe eigene Regeln aufzustellen. Würde die europäische Regulation nicht immer strenger, könnten sich auch die nationalen Bedingungen nicht so rasch verändern.“
    Quelle: Deutschlandfunk
  10. Panama Papers – Null-Toleranz bei Finanzkriminalität
    „Die systematische Auswertung der Panama Papers durch das Bundeskriminalamt (BKA) und hessische Behörden ist ein Erfolg. Es ist skandalös, dass die Schweiz sich weigert, Daten des BKA zu empfangen, und somit die grenzüberschreitende Verfolgung von Straftaten sabotiert“, erklärt Fabio De Masi, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE. De Masi weiter:
    „Aber auch in Deutschland ist nicht alles Gold, was glänzt. Trotz IT-Investitionen wurde bisher nur ein kleiner Teil des größten Datenleaks der Welt gesichtet. Weitere Bestände sind noch nicht einmal aufbereitet. Zuletzt wurde das zuständige Personal bei der Umwandlung der ‚Besonderen Aufbauorganisation‘ in eine normale Ermittlungsgruppe sogar wieder reduziert. Und das Bundesland Hessen glänzte schon einst durch die Entlassung seiner besten Steuerfahnder, weil diese bei Deutscher Bank und Co. nicht lockerließen.
    Der Staat muss alle Register ziehen, um Steuerflucht, Geldwäsche, Korruption und Terrorfinanzierung zu bekämpfen. Dafür brauchen wir eine Bundesfinanzpolizei, die kriminalistische Expertise und Steuerfahnder bündelt. Denn schmutziges Geld wird quasi nie versteuert. Auch müssen die Schlupflöcher im Transparenzregister endlich geschlossen werden, um die wahren Eigentümer von Briefkastenfirmen zu ermitteln. Ebenso braucht es für Immobilien ein zentrales Register der tatsächlichen Eigentümer. Die Immobilienparty in Deutschland ist ein Magnet für schmutziges Geld und dieses Geld treibt die Mieten nach oben. Wir brauchen mehr personelle Ressourcen bei der Steuerfahndung und der Strafverfolgung, um die Möglichkeiten zur Vermögensabschöpfung auszuschöpfen. Die Einführung eines Unternehmensstrafrechts würde zudem Ermittlungen gegen Deutsche Bank und Co. erleichtern.“
    Quelle: DIE LINKE. im Bundestag
  11. Scheuer und wie er die Welt sieht
    Eine wissenschaftliche Stellungnahme fordert eine radikale Verkehrswende. Doch der zuständige Minister Andreas Scheuer und große Teile der Presse stürzen sich nur auf die isolierte Aussage, dass lokal begrenzte Fahrverbote “wenig sinnvoll” seien.
    Andreas Scheuer (CSU) soll ja auch Bundesverkehrsminister sein. Vor allem aber ist der Niederbayer bekannt als Gaudibursch. Sein Credo, dass Klimaschutz Spaß machen soll, und dass das nicht der Fall sei, wenn man sich in masochistischen Fahrverbots- und Grenzwerte-Debatten bewege, haben wir bereits dokumentiert. Spaß macht zum Beispiel, ohne Tempolimit autozufahren. Sich den Pelz zu waschen und dabei nass zu werden, macht keinen Spaß. Gar keinen Spaß.
    Sehr viel Spaß dürfte Scheuer gemacht haben, dass im Januar ein Lungenfacharzt namens Dieter Köhler eine von rund hundert Kollegen unterschriebene Stellungnahme lancierte, in der stand, dass die Grenzwerte für Feinstaub und Stickoxide viel zu streng und wissenschaftlich nicht begründbar seien. Diese Initiative sei, so Scheuer, ein überfälliger Schritt, “Sachlichkeit und Fakten” in die Diesel-Debatte zu bringen. Als die taz kurz darauf enthüllte, dass sich Köhler bei seinen Berechnungen um den Faktor 1000 verrechnet hatte, wird Scheuer dies so unspaßig gefunden haben, dass er darüber kein Wort mehr verlor.
    Quelle: Kontext: Wochenzeitung
  12. Sind öffentliche Wohnungsunternehmen wieder im Kommen? Einige Beispiele stimmen optimistisch
    In den letzten Jahrzehnten haben Bund, Länder und Kommunen in großem Stil Wohnungen privatisiert. Langsam setzt sich vielerorts die Erkenntnis durch, dass das nicht klug war: Öffentliche Wohnungsgesellschaften scheinen wieder im Kommen zu sein.
    Die große Zeit der Privatisierung von Wohnraum scheint vorbei. In den 1990er und frühen 2000er Jahren wurden Mietwohnungen und öffentliche Wohnungsgesellschaften noch in großem Umfang an Fonds und Konzerne verscherbelt. Verlässliche und umfassende Zahlen gibt es dazu zwar nicht, es dürften aber insgesamt weit über eine Million Wohnungen gewesen sein. Heute sind solche Verkäufe selten und die Zahlen kleiner geworden. Das mag weniger mit Einsicht als mit einer entspannteren Finanzlage bei Bund, Ländern und Kommunen zu tun haben. Denn die Verkäufe der Vergangenheit waren nicht nur ideologisch motiviert, sondern sollten auch (und wohl vor allem) helfen, die öffentlichen Schuldenstände zu reduzieren. Insofern ist in finanziell schwierigeren Zeiten ein Rückfall in die Privatisierungspolitik der Vergangenheit durchaus nicht auszuschließen.
    Derzeit aber passiert vielerorts genau das Gegenteil. In Zeiten steigender Mieten und zunehmender Verdrängung von Menschen aus ihren Nachbarschaften entdeckt manche Kommune und manches Bundesland die Vorteile wieder, die ein eigenes Wohnungsunternehmen bietet: Demokratischen Einfluss und eine dauerhafte Sicherung bezahlbaren Wohnraums gibt es mit privatkapitalistischen Wohnungsunternehmen nicht. Entsprechend gründen einige Kommunen neue kommunale Wohnungsgesellschaften, auch um wieder selbst bauen zu können. Andere kaufen wieder verstärkt Wohnraum an – so hat etwa Berlin seit 2012 etwa 10.000 Wohnungen gekauft, weitere 15.000 sollen folgen.
    Quelle: Blickpunkt WiSo
  13. Denkfabrik: Gott im Grundgesetz, Teil 2: Sind die Kirchen ein Staat im Staate?
    AArtikel 140 des Grundgesetzes übernimmt die Regelungen der Weimarer Reichsverfassung von 1919 zum Staatskirchenverhältnis, demnach dürfen die Kirchen ihre Angelegenheiten selbst regeln. Das heiße jedoch nicht, dass staatliches Recht hier nicht gelte, sagt die Juristin Antje Ungern-Sternberg.
    Quelle: Deutschlandfunk
  14. Opioid-Epidemie in den USA: 130 Tote – jeden Tag
    n den USA sinkt die durchschnittliche Lebenserwartung. Schuld daran ist die Opioid-Epidemie, viele Amerikaner sind abhängig von Schmerzmitteln. Heute will Präsident Trump einen neuen Plan vorlegen.
    Peggy McKissen war eine liebevolle Mutter, sagt ihr Sohn Dustin. Doch dann nach einer Knieverletzung verschrieb ihr der Arzt das Opioid-haltige Schmerzmittel OxyContin des Pharmakonzerns Purdue – und zwar mehrfach und in großen Mengen: “Der Arzt sagte, das Mittel sei unbedenklich”, erinnert sich Dustin McKissen im Sender NBC, “die Einnahme absolut okay.”
    Doch Peggy Mc Kissen wurde abhängig von den Schmerztabletten. 2014 starb sie an einer Überdosis.
    So wie Dustins Mutter geht es vielen Opioid-Abhängigen in den USA. Und seitdem die Ärzte die Opioide deutlich zurückhaltender verschreiben, sind viele Süchtige umgestiegen: auf Heroin, das es in vielen US-Städten schon für zehn Dollar die Tüte gibt, oder auf das synthetische Fentanyl, das aus China kommt und 50 Mal so stark wie Heroin ist.
    Quelle: Tagesschau
  15. Deutsche Kriegsschuld und Verpflichtungen gegenüber Griechenland
    Die Rechtmäßigkeit der aufgestellten Forderungen sollte nicht ausschließlich unter völkerrechtlichen Gesichtspunkten betrachtet werden, denn es ist zu befürchten, dass es unabhängig vom Ausgang einer juristischen Auseinandersetzung dann im Sinne der Aussöhnung beider Völker nur Verlierer gäbe. Eine rein juristische Sichtweise ignoriert die Tragweite des Konflikts. Die Bundesregierung muss sich die Frage stellen, wie sie sich Griechenland gegenüber verstehen will. Als Partner, der einsieht, dass Deutschland viel Leid über dieses Land gebracht hat und nun ein positives Zeichen setzen möchte oder als Kontrahent, der unabhängig von historisch-moralischer Verantwortung seine juristische Position durchzusetzen versucht.
    Um in die verhärteten Positionen Bewegung zu bringen, hat Respekt für Griechenland e. V. – ohne sich den Maximalforderungen des griechischen Parlaments anzuschließen – die Kampagne “Deutsche Kriegsschuld und Verpflichtungen gegenüber Griechenland” mit drei Forderungen eröffnet, die vordringlich und zeitnah erfüllbar sind:

    • Rückzahlung des Zwangskredits Griechenlands an das “Deutsche Reich”,
    • Rückzahlung des Lösegelds für jüdische Zwangsarbeiter in Thessaloniki und
    • Einrichtung eines Fonds zur nachhaltigen Entwicklung des ländlichen Raums

    unter besonderer Berücksichtigung von “Märtyrerdörfern”.
    Quelle: HPD

  16. Die Bundesregierung drückt sich auf geradezu skandalöse Weise um eine Stellungnahme
    Die Bundesregierung drückt sich auf geradezu skandalöse Weise um eine Stellungnahme zu dem politisch verfolgten Publizisten JulianAssange. Es ging bei meiner Frage alleine um die drohende Auslieferung an die USA, wo dem Mitbegründer der Enthüllungsplattform WikiLeaks bei einer möglichen Anklage nach dem Antispionagegesetz vom 1917 lebenslange Haft oder sogar die Todesstrafe droht. Diese Gefahr ignoriert die Bundesregierung, so wie sie auch zu der tagelangen Isolierung des 47-Jährigen durch die britischen Behörden nach seiner Festnahme am 11. April in London geschwiegen hat. Das ist beschämend. Wenn die Bundesregierung den Schutz von Whistleblowern wirklich Ernst nehmen will, muss sie sich für Asyl für Assange in der EU einsetzen, statt der extraterritorialen Verfolgung durch die US-Regierung tatenlos zuzusehen.
    Quelle: Heike Hänsel via Facebook

    Anmerkung Christian Reimann: Auch die NachDenkSeiten haben sich mehrfach zur Verhaftung von Julian Assange geäußert. Bitte lesen Sie dazu beispielsweise den Tageshinweis Nr. 2 der Hinweise des Tages von gestern mit einer Anmerkung.

  17. Zu guter Letzt: FDP will Enteignungsartikel aus dem Grundgesetz streichen
    Liberalen-Chef Christian Lindner will die Enteignung von Immobilienkonzernen in Berlin und anderswo unmöglich machen – per Verfassungsänderung.
    Im Streit um das Berliner Volksbegehren zur Enteignung von Wohnungskonzernen will die FDP-Spitze dem Ansinnen per Grundgesetzänderung die juristische Grundlage entziehen. „Artikel 15 passt nicht zur sozialen Marktwirtschaft. Er ist ein Verfassungsrelikt und wurde aus gutem Grund nie angewandt“, sagte der Parteivorsitzende Christian Lindner dem Tagesspiegel: „Ihn abzuschaffen, wäre ein Beitrag zum sozialen Frieden und würde die Debatte wieder auf das Wesentliche lenken.“
    Die FDP will bei ihrem Bundesparteitag in Berlin am Freitag entscheiden, eine Abschaffung des Artikels 15 Grundgesetz im Bundestag zu beantragen. Auf ihn stützt die Berliner Enteignungs-Initiative ihre Argumentation. Dieser besagt, dass „Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum“ überführt werden können. […]
    Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Marco Buschmann, betonte: „Durch Enteignung entsteht keine einzige neue Wohnung, sondern nur Entschädigungsansprüche zulasten des Steuerzahlers.“ Deshalb solle die „Sozialisierung ganzer Betriebe und Branchen durch eine Streichung des Artikels 15 ganz vom Tisch genommen werden“. Spannend wird es, ob die FDP im Bundestag dafür Mitstreiter finden wird – für eine Grundgesetzänderung wird eine Zwei-Drittel-Mehrheit gebraucht.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung André Tautenhahn: Die Experten von der FDP mal wieder. Sie haben freitags in der Schule wohl geschlafen, als das Grundgesetz Thema war. Haben wir da nicht alle gelernt, dass sich die ersten 19 Artikel mit den Grundrechten beschäftigen und diese nicht einfach abgeschafft werden können, auch nicht mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit? Artikel 19, Absatz 2, Grundgesetz besagt doch:

    „In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.“


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