Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Ex-Präsident Jimmy Carter nennt USA das kriegerischste Land der Welt
Jimmy Carter, der einzige US-Präsident, unter dem die Vereinigten Staaten keinen Krieg geführt hatten, hat die Kriegslust seines Landes scharf kritisiert. Die USA könnten sich laut Carter an China ein Beispiel nehmen.
Die USA seien das kriegerischste Land der Welt, sagte Carter in seiner Sonntagsschule in der Maranatha Baptist Church im US-Bundesstaat Georgia.
Der 94-Jährige erklärte, Trump habe ihn am vergangenen Samstag angerufen. Zuvor habe er dem jetzigen US-Präsidenten in einem Brief einen Ratschlag zu den amerikanisch-chinesischen Beziehungen gegeben. Trump sei derzeit darüber besorgt, dass China die USA wirtschaftlich überholen könnte.
„Ich habe das Verhältnis zu China 1979 normalisiert. Wissen Sie, wie oft China seit 1979 Krieg gegen jemanden geführt hat? Niemals! Und wir sind im Krieg geblieben“, so der ehemalige demokratische Staatschef.
In den 242 Jahren ihres Bestehens als Staat hätten die USA lediglich 16 Jahre lang keinen Krieg geführt, betonte Carter.
Dass die USA das kriegsfreudigste Land seien, sei die Folge des US-Drucks auf andere Staaten, amerikanische Prinzipien zu übernehmen.
Die lange Friedenszeit habe es China erlaubt, sein Wirtschaftswachstum voranzutreiben. „Wie viele Meilen Schnellverkehrsbahn haben wir in diesem Land?“ fragte Carter. China habe etwa 29.000 Kilometer Schnellverkehrsbahn, während Washington etwa drei Billionen US-Dollar fürs Militär ausgegeben habe.
Quelle: Sputnik
Anmerkung Albrecht Müller: Wie von den NachDenkSeiten schon oft beschrieben: Der Tod kommt aus Amerika. Interessant auch der Hinweis Carters auf die Chinas Alternative Investitionen in Schnellbahntrassen.
- Französische Polizisten: Stress und Suizid
Schlechte Ausrüstung, eine nachlässige Justiz und Anfeindungen aus dem eigenen Volk: Auf französischen Polizisten lastet momentan mehr Druck denn je. Für manche gibt es nur einen Ausweg.
Noch nie war der Hass auf die Polizei in Frankreich so groß. Das hat die größte französische Polizeigewerkschaft Alliance am Montag beklagt. Bei den „Gelbwesten“-Protesten in Paris am Osterwochenende hatten Demonstranten die Sicherheitskräfte in Sprechchören zum Suizid aufgefordert. „Bringt euch um“, riefen sie den Polizisten zu. Frankreichs Polizei ist im Dauerstress.
Die Überbelastung hat nach Auffassung der Gewerkschaften zu einer ungewöhnlich hohen Selbstmordrate unter den Beamten geführt. Im vergangenen Jahr nahmen sich 35 Polizisten sowie 33 Gendarmen das Leben, oft mit ihrer Dienstwaffe. Seit Jahresbeginn sind bereits 28 Suizidtote unter den Sicherheitskräften zu beklagen.
Die Polizeigewerkschaften führen die Selbstmordwelle darauf zurück, dass viele Kollegen in ihrem beruflichen Alltag verzweifelten. Die „schnelle und präzedenzlose Aufeinanderfolge“ dramatischer Einsätze sei „unerträglich“, heißt es in einem Schreiben der Polizeigewerkschaften an den Innenminister. Es sei höchste Zeit, dass „starke und sofort wirksame Maßnahmen“ ergriffen würden.
Auch wenn die „Gelbwesten“-Proteste abgeflaut sind, haben die Polizisten zum 23. Samstag in Folge Überstunden leisten müssen. Aber nicht nur der Mangel an Ruhezeiten stresst die Polizisten. Sie haben immer stärker das Gefühl, dass sie für politische Fehlentscheidungen oder Versäumnisse den Kopf hinhalten müssen. In den Vorstädten der großen Metropolen sei die Entwicklung besorgniserregend.
Quelle: FAZ
Anmerkung Albrecht Müller: Nachdenklich. Kaputte Polizei. Kaputtes Land.
Anmerkung JK: Der „große Europäer“ Macron verheizt gnadenlos die Polizisten, die auch Bürger Frankreichs sind, zur Durchsetzung seiner neoliberalen Agenda im Interesse der französischen Oligarchie, deren Angehörige sich nun mit ihren Spenden für den Wiederaufbau Notre Dames als große Wohltäter präsentieren.
- 25.000 Grundeigentümer besitzen die Hälfte des Landes
Die Hälfte Englands ist in den Händen von weniger als einem Prozent der Bevölkerung. Dies geht aus einem neuen Buch hervor. Die 25.000 Besitzer sind Aristokraten und Großunternehmer. Daran habe sich in den letzten Jahrhunderten nichts geändert.
Der Zugang zu Grundbesitzdaten gestaltet sich in England schwierig. Für den Bericht zum Grundbesitz in England wurden digitale Karten und Daten zusammengefasst. Die Ergebnisse fasste der Autor Guy Shrubsole in einem Buch zusammen. Diese werden als “schockierend” bezeichnet. Sie zeigen auf, dass sich an der Klassengesellschaft in England nichts geändert hat.
Den meisten Menschen sei nicht bewusst, dass ein paar tausend Herzöge, Barone und Freiherren so viel Land besitzen. Auch die letzten Jahrhunderte hätten daran nichts geändert. Die Aristokratie besitze mindestens “30 Prozent Englands”. Da aber 17 Prozent der Besitzer in England und Wales nicht genannt würden, könnte die reale Zahl viel höher liegen. Da es nie zum Verkauf auf dem öffentlichen Markt kommt, müssen sie auch nicht registriert werden.
18 Prozent des Landes ist im Besitz von Unternehmen, darunter viele Offshore-Unternehmen. Der größte Eigentümer ist die Wasserfirma United Utilities.
Quelle: RT Deutsch
- Kritik am Einfluss der Reichen wächst
Kultursponsoring hat in den USA eine lange Tradition, die Kulturinstitutionen sind auf private Spenden angewiesen. Öffentliche Gelder werden unter Trump mehr und mehr gestrichen. Das bringt Probleme – nicht nur, wenn das Geld von der Sackler-Familie kommt.
In Los Angeles heißen die großen Philanthropen der Kunstwelt nicht Sackler, sondern zum Beispiel Eli und Edythe Broad, Dr. Dre und David Geffen. Sie machen ihr Geld mit Immobilien, Musik und Filmen. Sie spenden Millionen für Universitäten, Konzerthallen und Museen.
Ohne Philanthropen gäbe es keine Walt Disney Concert Hall und keinen Erweiterungsbau für das Los Angeles County Museum of Art (LACMA) von Architekt Peter Zumthor. Kunstsammlerin Elaine Wynn gab für die Erweiterung 50 Millionen, Fernsehmogul Jerrold Perenchio 25 und Filmproduzent Geffen 150 Millionen. Der Neubau wird „David Geffen Galleries“ heißen. Doch es fehlen noch ein paar Millionen bis zum ersten Spatenstich. ….
Inzwischen schaut die Öffentlichkeit allerdings deutlich kritischer darauf, wer Kunst in Los Angeles finanziert. Beispiel Eli Broad: Ohne Kunst- und Geldspenden des Unternehmers ist die Kulturszene von Downtown Los Angeles nicht denkbar. Doch Broad finanziert zum Beispiel auch den Kampf für mehr Privatschulen und gibt Politikern, die seine Ziele im Bildungsbereich verfolgen, großzügige Spenden.
David Callahan, Autor eines Buchs über den Zusammenhang von Reichtum, Macht und Philanthropie in einem Interview mit dem Radiosender KPCC: „Alle lieben sein Museum und was er für die Kunstszene getan hat. Aber warum soll er als einzelne Person so viel Einfluss auf die Politik haben? Nur weil er reich ist? Das ist nicht demokratisch. Er steuert mit seinem Geld Kunst und politische Reformen. Das ist viel Macht für einen Mann.“ ….
Kritik am Einfluss der Reichen auf die Kulturpolitik generell wächst. Sie erinnert an einen Satz des ehemaligen US-Präsident Theodore Roosevelt: „Keine Summe an gespendetem Vermögen kann dafür entschädigen, wie es erworben wurde.“ Philanthropie-Insider David Callahan sagt:
„Meine Bedenken sind außerdem, dass auch das, was am Ende präsentiert wird, vor allem das Denken von reichen Unternehmern reflektiert. Und die denken nicht wie du und ich. Weil reiche Spender sagen, wo es langgeht, werden vor allem ihre Ansichten und Werte reflektiert.“
Quelle: Deutschlandfunk Kultur
Anmerkung JK: Die Familie Sackler ist Eigentümerin des Pharmaunternehmens Purdue, dass durch die aggressive Vermarktung des Schmerzmittels Oxycontin wesentlich für die katastrophale Opioid-Epidemie in den USA verantwortlich ist. Überdosen an Schmerzmitteln sind für knapp 200 000 Todesfälle in den USA verantwortlich – allein in den letzten fünf Jahren.
Dazu: Die Opioiden-Krise in den USA
Die Dokumentation rekonstruiert die Hintergründe der Gesundheitskatastrophe in den USA aus erster Hand und schildert die Situation in Deutschland und Frankreich.
Quelle: arte
- Beim Immobilien-Poker verzockt
Mit dem Neubau der heutigen LBBW-Zentrale am früheren Güterbahnhof entstand die Idee, Stuttgart brauche ein neues Stadtzentrum. 25 Jahre später gibt es dieses Zentrum immer noch nicht. Aber öffentliches Eigentum wurde in großem Umfang in private Taschen verschoben.
Die Südwest LB war 1987 aus dem Zusammenschluss der Württembergischen und der Badischen Kommunalen Landesbank entstanden. Als 1991 die Erstauflage des Architekturführers erschien, gab es den Bau im Zentrum der Stadt noch nicht. Er wurde erst 1994 fertig gestellt: Im selben Jahr, als das öffentliche Unternehmen Deutsche Bundesbahn in die Deutsche Bahn AG umgewandelt wurde und das Projekt Stuttgart 21 auf den Tisch kam.
Wie hieß es damals so schön? Stuttgart brauche ein neues Stadtzentrum. Das alte war irgendwie zu klein geworden. Auch wenn die Stadtplaner komischerweise zur selben Zeit von einem Bevölkerungsrückgang ausgingen. Diese neue, schönere Stadtmitte sollte auf der Rückseite des Bahnhofs entstehen, wo die Bahngleise nach Fertigstellung des Tiefbahnhofs ja nicht mehr gebraucht würden. Es begann mit dem Teilgebiet A1, ehemals Güterbahnhof, heute Europaviertel. Und an dessen Eingang stand und steht wie ein Portal die Südwest LB.
Heute, wo die Bahn das Projekt nicht noch einmal bauen würde, wo die Zehn-Milliarden-Grenze zwar noch nicht eingestanden, aber unter anderem vom Bundesrechnungshof schon vor Jahren prognostiziert wurde, stellt sich die Frage: Wie konnten Politiker aus Stadt, Land und Bund auf die hanebüchenen Versprechen hereinfallen, die das Projekt, immer mit hohem Werbeaufwand, von Anfang an begleiteten? Wie verblendet mussten sie sein? Wer hatte ein Interesse an diesem Projekt? …
Eine Hand wäscht die andere, sagt man. Die Bank gibt Kredite an Kommunen und Land. Und im Aufsichtsrat sitzen derzeit die Finanzministerin des Landes und der Oberbürgermeister der Stadt Stuttgart. Ein Geben und Nehmen: bis 2007 scheinbar ein Erfolgsmodell. Bis die Blase platzte. Mieter und Steuerzahler zahlen die Zeche.
Quelle: Kontext
Anmerkung unseres Lesers G.R.: S21 – Ein Fiasko in finanzieller und technischer Hinsicht. Allen Warnungen, aller Kritik zum Trotz haben Politiker öffentliches Eigentum den Profitinteressen preisgegeben. Sogar die Verantwortlichen gestehen inzwischen: Man würde es heute nicht mehr machen. Haftbar gemacht werden die BürgerInnen, sie zahlen mit ihrem Geld, mit ihrer Sicherheit, mit ihrem Bedarf an bezahlbaren Wohnungen. Politikversagen? Nein, das eigentliche, insgeheim verfolgte Ziel wurde vielmehr erfolgreich umgesetzt. Diese Deals haben System im neoliberalen Kapitalismus.
- So kann Vermögen gerechter verteilt werden
Na, gehören Sie dazu? Zu den oberen 10 Prozent der Einwohner? Zu den Reichen also, denen mehr als die Hälfte des Vermögens in Deutschland gehört? Oder doch eher zu den unteren 50 Prozent, also der Hälfte der Deutschen, denen zusammengerechnet nur drei Prozent des Vermögens gehören? Und wenn ja, wie können Sie das ändern?
Das sind keine Klassenkampfparolen. Ich zitiere die nüchternen Zahlen der Bundesbank, vorgestellt in der vergangenen Woche im Vermögensbericht. Und gleich noch nachgeschoben, dass sie das Vermögen der Reichen und Superreichen dabei eher zu niedrig schätzen dürfte. Superreiche seien bei der zugrundeliegenden Befragung im Jahr 2017 nämlich gar nicht dabei gewesen. Und auch die Reichen hätten sich weniger beteiligt.
Fun Fact: Viele derjenigen, die nach der Befragung zu den Begüterten im Land gehören, wollen das gar nicht wahrhaben. Gefragt nach ihrer Selbsteinschätzung, bekannten sich nämlich nur drei Prozent aus den oberen 20 Prozent der Vermögensstatistik dazu, zu dieser bevorzugten Gruppe zu gehören. […]
Dafür sind zuerst diverse politische Weichenstellungen nötig, was man schon daran sehen kann, dass der Reichtum trotz allen Fleißes der Bürgerinnen und Bürger deutlich ungleicher verteilt ist als in vielen anderen Ländern Europas. Oder wie die Bundesbank schreibt: Deutschland gehört innerhalb Europas zu den Ländern mit einer besonders “hohen Ungleichverteilung der Vermögen”. ….
Es kann unter Verteilungsgesichtspunkten auch nicht sein, dass das Vererben großer Vermögen oft ohne viel Erbschaftssteuer erfolgt, aber ganz legal wie bei Familie Quandt. Von den Umtrieben der Familie Engelhorn ganz zu schweigen. Es geht hier wirklich nicht um Omas und Opas Reihenhaus. Erben ist keine Leistung, schon gar nicht, wenn Geld für die Finanzierung von Schulen, Radwegen, Bahntrassen, Glasfasernetzen, Straßen und Polizei fehlt.
Quelle: SPIEGEL
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Tenhagens Tipps für die Verbesserung der privaten Finanzen – höheres Gehalt, Sparen bei Versicherungsbeiträgen und Handy-Kosten sowie Investitionen in ETFs (Spitzentipp für Niedriglöhner, die 10 Euro im Monat übrighaben) – sind gewohnt sinnlos, aber die politischen Vorschläge haben es in sich. Tenhagen fordert ohne Umschweife einen höheren Spitzensteuersatz bei Erhöhung der Einkommensgrenzen, die Ersetzung der Abgeltungssteuer (25% auf Kapitalerträge) durch den normalen Steuersatz, die Wiedereinführung einer vernünftigen Erbschaftsteuer auf hohe Vermögen und, na gut, die Förderung von Immobilienvermögen für Wenigverdiener. Kurz, so etwas wie die Wiederherstellung von sozialer Gerechtigkeit und, tatsächlich, mehr Verteilungsgerechtigkeit bei den Vermögen. Das liegt ziemlich nahe am Programm der Linkspartei und war beim SPIEGEL in den letzten 25 Jahren nicht zu lesen.
- Warum Mikrokredite kein Mittel gegen Armut sind
Die Idee ist einfach: Wir geben armen Menschen in armen Ländern Zugang zu Krediten, sie kaufen sich damit ein paar Kühe oder investieren in einen kleinen Betrieb. Aus den Erlösen zahlen sie den Kredit zurück oder bauen ihn weiter aus, nach und nach kommen sie so aus der Armut – ganz ohne Almosen, aus eigenem Antrieb. Klingt doch gut, oder? So gut, dass der Bangladescher Muhammad Yunus für seine Idee, Mikrokredite an Arme zu vergeben, 2006 den Friedensnobelpreis erhielt. Und jeder von uns kann mitmachen, Organisationen wie kiva.org oder Oikocredit lassen uns Geld anlegen, das über Kleinstkredite an Arme geht. Ich habe das vor Jahren gemacht und 1.000 Euro veranlagt. Aber was bringt das Ganze wirklich? ….
Der Hype – die UN rief 2005 das Jahr der Mikrokredite aus – brach aber nicht ohne Grund aus. Studien bescheinigten dem Konzept zunächst, gut zu funktionieren. Schon 2011 aber zeigte eine von DFID, der britischen Entwicklungshilfe, finanzierte Evaluierung der Forschung, dass die bisherigen Studien nicht verlässlich sind. Seither sind zahlreiche bessere Arbeiten erschienen. Eine Übersicht der Forschungsinstitute IPA und J-Pal zu den einflussreichsten neuen Studien zeigt, dass Kredite nicht dazu führten, dass die Einkommen der Menschen stiegen. Einige Finanzinstitute und NGOs erklärten sich bereit, sich von Wissenschaftern begleiten zu lassen, unter anderem nach Indien, Äthiopien oder Bosnien.
Quelle: Der Standard
- Rente mit 67: Längere Lebensarbeitszeit birgt sozialpolitische Risiken, die abgefedert werden müssen
Seit 2012 wird die Regelaltersgrenze stufenweise von 65 Jahren auf 67 angehoben. Dieser wichtige und notwendige Schritt soll dazu beitragen, die Folgen des demografischen Wandels zu bewältigen. Simulationen am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung zeigen nun, dass eine höhere Regelaltersgrenze zwar zu einem späteren Erwerbsaustritt führt, aber auch mit großen sozialpolitischen Risiken einhergeht: Für einen Teil der Personen, die es nicht schaffen, bis 67 zu arbeiten, bedeutet ein früher Erwerbsaustritt laut den Berechnungen hohe Einkommenseinbußen.
„Gerade für Menschen, die ohnehin auf dem Arbeitsmarkt schlecht dastehen, wird es schwierig sein, sich an die neuen Altersgrenzen anzupassen. Die spätere Rente trifft also die Schwächsten am härtesten.“, beschreibt DIW-Rentenexperte Johannes Geyer eine zentrale Erkenntnis. „Am besten können sich Menschen anpassen, die in stabilen Beschäftigungsverhältnissen arbeiten, ein hohes Bildungsniveau haben und die sich guter Gesundheit erfreuen.“ (…)
Insgesamt ist die Beschäftigung von Personen im Alter zwischen 55 und 64 Jahren in den letzten Jahren im Durchschnitt deutlich gestiegen. Dieser Anstieg geht jedoch vor allem auf einen längeren Verbleib im Beruf zurück; es ist nicht so, dass ältere Erwerbslose verstärkt in den Arbeitsmarkt einsteigen. Nur wenn der Arbeitsmarkt sich besonders günstig entwickelt, werden Übergänge in die Altersrente aus einer vorangegangenen Erwerbslosigkeit abnehmen. Derzeit betrifft dies rund 40 Prozent der Übergänge in die Rente.
„Einerseits muss der Arbeitsmarkt so gestaltet werden, dass es für viele Menschen möglich ist, ihre Erwerbstätigkeit lange auszuüben, zum Beispiel durch die Möglichkeit flexibler Übergänge,“ so Peter Haan, Leiter der Abteilung Staat am DIW Berlin. “Darüber hinaus muss die finanzielle Belastung von Älteren, die nicht bis 67 Jahren arbeiten können oder die wenig eingezahlt haben, durch gezielte Maßnahmen begrenzt werden. Die deutlich verbesserte Absicherung im Falle einer Erwerbsminderung war dafür ein überfälliger Schritt. Die derzeit Diskutierten Vorschläge zur besseren Absicherung bei geringem Verdienst gehen in eine ähnliche Richtung, sind allerdings nicht ganz so zielgenau. Man sollte zudem wieder Zeiten der Langzeitarbeitslosigkeit in der Rente berücksichtigen.“
Quelle: DIW Berlin
Anmerkung Christian Reimann: Das DIW Berlin scheint mit einer längeren Lebensarbeitszeit sehr wohl richtige und wichtige Risiken zu erkennen. Aber generell scheint es keine Probleme damit zu haben. Warum eigentlich – etwa, weil deren Mitarbeiterschaft sich in “stabilen Beschäftigungsverhältnissen” befindet, (vermutlich) ein “hohes Bildungsniveau” hat und – so ist zu hoffen – sich guter Gesundheit erfreut?
- Rheinmetall entrüsten!
Die türkischen „Leopard“-Panzer zeigen beispielhaft die Unabwägbarkeit der Folgen von Waffenexporten: Denn während die Panzer, die die Bundeswehr an die türkische Armee weiterverkauft hatte, unter Kontrolle der Putschisten 2016 gegen den türkischen Präsidenten Erdogan eingesetzt wurden, standen dieselben 2018 durch Afrin rollenden Panzer im Dienst des autoritären Präsidenten selbst. Man kann nie sagen, für und gegen welche Menschen die mächtigen Waffen eingesetzt werden. Das scheint dem Düsseldorfer „Rheinmetall“-Konzern egal zu sein. Immer wieder fällt das Unternehmen durch skrupellose Geschäftspraktiken und Skandale auf:
An Russland wollte „Rheinmetall“ 2014 ein militärisches Übungszentrum verkaufen: 30.000 Soldatinnen und Soldaten sollten darin jährlich ausgebildet werden. Nach der Einnahme der Krim durch Russland verbot die Bundesregierung das Geschäft – und „Rheinmetall“ drohte der Bundesregierung mit einer Klage über 120 Millionen Euro für das abgesagte Geschäft. Über die auf der italienischen Mittelmeerinsel Sardinien produzierende Tochterfirma „Rheinmetall Denel Munition“ exportiert das Unternehmen „Mark 83“-Bomben an Saudi-Arabien, die von dem Königreich gegen den Jemen zum Einsatz gebracht werden. Die Bombenlieferungen laufen trotz des Exportverbots für deutsche Waffen, das Ende 2018 wegen des Mordes an dem Journalisten Jamal Kashoggi durch saudische Agenten erlassen wurde, weiter – da sie über Italien abgewickelt werden. Da andere „Rheinmetall“-Geschäfte mit Saudi-Arabien, welche über Deutschland laufen sollten, aufgrund des Exportstopps verboten wurden, hat der Rüstungskonzern der Bundesregierung abermals mit einer Schadenersatzklage gedroht. …
Immer wieder ist „Rheinmetall“ auch in Schmiergeldaffären verwickelt: Ende 2014 hatte die Firma wegen der Bestechungen griechischer Beamter 37 Millionen Euro Strafe zahlen müssen. Anklage gegen fünf ehemalige Mitarbeiter des Rüstungskonzerns wurde dennoch erhoben. Und der nächste Skandal ist schon absehbar: Am 18. Dezember 2018 fuhr ein neuer „Lynx KF41“-Schützenpanzer von „Rheinmetall“ in der jährlichen Militärparade in Doha, der Hauptstadt Katars, mit – ein Werbeauftritt, um den Panzer bald an das katarische Regime zu verkaufen. Katar steht im Verdacht, islamistische Terrororganisationen wie den „Islamischen Staat“ und die „Taliban“ zu unterstützen. Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit ist in dem Land massiv eingeschränkt. Zudem steht Katar seit einigen Jahren im Konflikt mit dem Nachbarstaat Saudi-Arabien – auch ein Krieg zwischen den hochgerüsteten Staaten ist möglich. „Rheinmetall“-Waffen wären dann auf beiden Seiten im Einsatz.
Quelle: Justice Now
- Upload-Filter löschen Dutzende Kopien des Mueller-Berichts.
Am Gründonnerstag veröffentlichte das US-Justizministerium den Mueller-Bericht. Am Karfreitag ist das Dokument bereits Dutzende Male gelöscht worden: Upload-Filter der Online-Plattform Scribd blockierten in mindestens 32 Fällen die Veröffentlichung; das Dokument sei urheberrechtlich geschützt.
Das ist aus zwei Gründen bemerkenswert. Erstens hält niemand Urheberrechte am Mueller-Bericht. Dokumente, die von der US-Regierung erarbeitet und publiziert werden, sind gemeinfrei. Jeder darf sie kopieren und veröffentlichen, wo und so oft er will. “Das wichtigste Dokument unserer Zeit wurde endlich veröffentlicht, und Sie können es hier auf Scribd lesen”, schrieb die Plattform selbst.
Zweitens, und das gibt dem kuriosen Einzelfall eine größere Bedeutung, hat die Europäische Union der Urheberrechtsreform vergangene Woche endgültig zugestimmt. Hunderttausende Menschen hatten gegen die Richtlinie demonstriert, der Protest richtete sich vor allem gegen einen Punkt: Artikel 13 (im endgültigen Gesetzestext Artikel 17 genannt), der nach Ansicht vieler Experten darauf hinausläuft, dass Plattformen Upload-Filter installieren werden.
Quelle: SZ
- Widersprüche gegen Hartz-IV-Kürzungen sind häufig erfolgreich
Rund drei Prozent der Hartz-IV-Empfänger wurden im vergangenen Jahr monatlich die Leistungen gekürzt. Klagen und Widersprüche gegen diese Entscheidungen waren jedoch fast in jedem zweiten Fall erfolgreich, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht.
Demnach wurde rund 8100 von 17.700 Widersprüchen ganz oder teilweise stattgegeben. Zudem waren etwa 500 von 1200 Klagen erfolgreich – entweder weil den Klagen stattgegeben wurde oder das Jobcenter vorher einlenkte.
Hartz-IV-Empfängern können ihre Leistungen ganz oder teilweise gestrichen werden, wenn sie den sogenannten Mitwirkungspflichten nicht nachkommen – etwa, indem sie einen Termin beim Jobcenter verpassen oder eine Fortbildung verweigern.
In den vergangenen Monaten ist die Debatte um Leistungskürzungen erneut entbrannt. Das Sozialgericht Gotha hält Kürzungen unter Berufung auf das Grundrecht eines menschenwürdigen Existenzminimums für verfassungswidrig. Das ergäbe sich aus einer Kombination von Artikel 1 des Grundgesetzes – der die Menschenwürde für unantastbar erklärt – mit Artikel 20, in dem die Bundesrepublik als ein Sozialstaat definiert wird. (…)
Die Linken-Vorsitzende Katja Kipping forderte, die Mitwirkungspflichten umgehend auf den Prüfstand zu stellen. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte sich in der Vergangenheit zu den Mitwirkungspflichten bekannt, sich aber für Anpassungen ausgesprochen. So will Heil unter anderem die besonders scharfen Sanktionen für junge Menschen unter 25 Jahren abschaffen. Die Union lehnt solche Änderungen ab.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung Christian Reimann: Wehren lohnt sich also. Für die SPD könnte es problematisch sein, lediglich die Sanktionen für Menschen unter 25 Jahren abschaffen zu wollen. Denn es gibt auch „pure Erniedrigung“ für “Hartz-IV” beziehende Personen, die älter als 25 Jahre sind. Bundesminister Heil könnte die bisherige Praxis von Mitwirkungspflichten überprüfen lassen. Sind z.B. alle Fortbildungsmaßnahmen sinnvoll – nutzen sie immer den erwerbslosen Personen oder doch eher einer Sozialindustrie? Der “Kundschaft” von Jobcentern ist leider – anders als in der früheren Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe – jede Arbeit zumutbar, weil erworbene Erfahrungen, Kenntnisse und Qualifikationen keine mehr Rolle. Das ist bedauerlich, aber insbesondere die Spitze der SPD scheint das nicht erkennen zu wollen (oder zu können?).
Anmerkung JK: Dass fast die Hälfte der Widersprüche gegen Hartz IV Sanktionen Erfolg haben zeigt, dass durch das Hartz IV System gezielt Repression auf die Betroffenen ausgeübt werden soll, dass die Verbreitung von Angst ein elementarer Bestandteil dieses Systems ist.
- Altmaier lässt 40 Planstellen für Energiepolitik unbesetzt
Die Bundesregierung will die Energiewende vorantreiben und für mehr Klimaschutz sorgen. Altmaiers Wirtschaftsministerium ist zuständig. Doch dort ist zurzeit jede siebte Stelle in der Energiepolitik unbesetzt.
Die Energiewende voranzutreiben und für mehr Klimaschutz zu sorgen steht auf der Tagesordnung der Bundesregierung weit oben. Doch im zuständigen Wirtschaftsministerium sind Dutzende Planstellen nicht besetzt. Das hat das Ministerium auf Anfrage der Grünen zugegeben.
„Altmaier setzt auf der Kommandobrücke seines Hauses den falschen Kurs“, sagte die Energiepolitikerin der Grünen Ingrid Nestle der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die Energiewende sei für ihn offensichtlich keine Chefsache. Staatssekretär Ulrich Nußbaum hatte zuvor auf die Frage nach Vakanzen in den beiden für Energiepolitik zuständigen Abteilungen eingestanden, dass von 287 Positionen nur 247 besetzt seien. Damit sind 40 Stellen frei, das ist jede siebte Planstelle.
Grundsätzlich werde eine Stelle, die beispielsweise wegen einer Elternzeit oder eines Sabbaticals frei geworden sei, „zeitnah nachbesetzt“, erläutert das Ministerium. Gegenüber dieser Zeitung spielte es das Problem herunter. Unbesetzte Stellen entstünden insbesondere dadurch, dass Vollzeitbeschäftigte in Teilzeit wechselten. Derzeit nicht besetzt seien Stellen etwa wegen „temporärer Auszeit vom Berufsleben, aktuell laufender Ausschreibungsverfahren und Verlagerungen, abteilungsinterner Umstrukturierungen, Überbrückungszeiten bis zum Beginn der Tätigkeitsaufnahme bei Neueinstellungen“. Die Frage nach den Folgen für die Arbeit blieb offen.
Not in „Strom“ und „Netz“
Besonders in den für die Energiewende zentralen Abteilungen „Strom“ und „Netz“ gebe es Personalnot, analysierte Nestle von den Grünen. Sie erkennt darin Altmaiers Desinteresse. Dazu passe, dass er den Posten des für Energiepolitik zuständigen Staatssekretärs ein Jahr lang unbesetzt gelassen habe.
Quelle: FAZ
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Das stößt sogar der FAZ negativ auf. Stattdessen vergeudet Altmaier seine Energie darauf, noch mehr kontraproduktive Steuererleichterungen für Unternehmen zu fordern, die mit ihren heutigen Rekordgewinnen außer der Ausschüttung von Rekorddividenden nichts anzufangen wissen.
- Wie kommt deutscher Plastikabfall in den Pazifik?
Da war doch die Freude groß, als im Zusammenhang mit den Funden von Kunststoffresten in den Weltmeeren offensichtlich die Pazifik-Anrainer für die Vermüllung ihres Ozeans verantwortlich gemacht werden konnten. Chinesen sowie die Einwohner Süd- und Südostasiens sollten dafür verantwortlich sein. Aus Deutschland könnte der Müll nicht stammen.
Da stellt sich die Frage, wo der deutschen Kunststoff-Abfall denn hin geht? Bis in den Gelben Sack und bis zum kommunalen Wertstoffhof scheint der Weg des Kunststoffabfalls noch nachvollziehbar zu sein. Doch bald darauf verlieren sich die Spuren. Da wird nichts mehr doku,entiert oder getracked.
Die Verfolgung der Kunststoff-Fraktion aus dem Recycling zählt weder zu den Aufgaben der Zentralen Stelle Verpackungsregister noch zu den Aufgaben der Stiftung ear.
Nach Aussage des Umweltbundesamtes gilt: Die “Verbringung von Abfällen ist in der EU durch die Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 (VVA) geregelt. Der Export von Abfällen nach China und Südostasien ist nur für ungefährliche, sogenannte ‘grüne Abfälle’ erlaubt. Die ungefährlichen Abfälle sind in den Anhängen III oder IIIA der VVA gelistet, Kunststoffabfälle werden dort unter dem Code B3010 geführt. Diese Abfälle dürfen auch nur mit dem Zweck der Verwertung (stofflich oder energetisch) ausgeführt werden, nicht zur Beseitigung. Es besteht keine Pflicht, diese Abfälle vorab zu notifizieren und den Export genehmigen zu lassen, was die statistische Dokumentierbarkeit an dieser Stelle erschwert.”
Quelle: Telepolis
- Politische Konzepte und Bündnismöglichkeiten, jenseits des rechten und des neoliberalen Blocks
2. Die ‚oben‘ organisieren sich zurzeit effizienter als die ‚unten‘ und setzen dadurch ihre Interessen auch besser durch. Das hat objektive Gründe (Machtressourcen, geringerer Abstimmungsbedarf) aber auch subjektive (Ressentiments unter den Abhängigen gegeneinander).
Den kapitalistischen Eliten gelingt es in den letzten Jahrzehnten deutlich besser, sich national und vor allem transnational zu organisieren, als den subalternen Klassen. Dies hat damit zu tun, dass weder im nationalen Rahmen und schon gar nicht global eine große Klasse aller Lohnabhängigen als strukturierte und zugleich strukturierende Einheit (mehr) existiert. Eine Einheit der sozialen und politischen Kämpfe kann deshalb heute nur noch als temporärer, immer wieder neu hergestellter sozialer Block der Lohnabhängigen gedacht werden. Sofern mobilisierte Klassen und ein wirkmächtiger sozialer Block der Lohnabhängigkeit nicht entstehen, kommt es zu sozialen Strukturbildungen, die sich als Wettbewerbsklassen bezeichnen lassen. Wettbewerbsklassen gehen aus Konkurrenz und symbolischer Ab- oder Aufwertung sozialer Großgruppen hervor. Der Wettbewerb kann, beispielsweise durch Tarifverträge, auf nationaler Ebene nur noch sehr bedingt eingehegt werden. Als Reaktion auf Ungleichheit, Unsicherheit und soziale Abwertung reagieren Teile der – vor allem männlichen – Arbeiterschaft mit Selbstaufwertung durch Abwertung anderer. Den Kampf um Statuserhalt oder Statusverbesserung tragen rechtsaffine Arbeiter*innen über Ressentiments aus. …
Quelle: attac
Anmerkung JK: Der Text beklagt, dass es “den kapitalistischen Eliten” besser gelingt ihre Interessen global durchzusetzen und merkt dabei gar nicht wie er selbst durch einen abgehobenen und überheblichen und letztlich ausgrenzenden Tenor (rechtsaffine Arbeiter*innen) zum fleißigen Bemühen großer Teile der Linken beiträgt, sich mit ihrer grotesken Identitätspolitik, ihren infantilen Hass auf “alte, weiße Männer” und der Konstruktion immer neuer angeblich diskriminierter Gruppen, selbst handlungsunfähig zu machen. Mit Formulierungen wie aus einem soziologischen Hauptseminar erreicht man sicher niemanden außerhalb seines eigenen links-intellektuellen Echoraumes.
- Hat die ältere Generation “alles verkackt”?
Die “U24 Taz” zeigt, politisch wird nichts besser, wenn die Jugend allein bestimmen könnte, auch nicht für junge Menschen unter Hartz IV
“Wir die U24-Leser*innen, haben zum 40. Geburtstag der taz die Redaktion besetzt, um den älteren Generationen unsere Sicht auf die Welt deutlich zu machen”, hieß es am vergangenen Donnerstag auf der Titel-Seite der linksliberalen Taz.
Die bis auf das Gendersternchen korrekte Meldung ist natürlich nicht wörtlich zu nehmen. Besetzt wurde am Donnerstag nichts, wie wir im Editorial erfahren: “Schon seit Monaten läuft die Organisierung auf Hochtouren, viele haben schon Artikel geschrieben. Ganz alleingelassen werden wir natürlich auch nicht. Schön zu sehen, dass wir trotzdem diejenigen sind, die Entscheidungen getroffen haben.” Für einen Tag wird eine ganze Zeitung von Menschen unter 24 Jahren hergestellt. Auf jeden Fall eine gute Idee für die Werbung und auch gute Gelegenheit, sich zu überzeugen, dass “die Jugend” in der Gesamtheit kein Garant für radikale Vorstellungen und ein grundsätzliches Infragestellen der gesellschaftlichen Verhältnisse mehr ist.
Das macht die Anklage an die ältere Generation auch so zahnlos und kann schlechterdings in eine wirtschaftsliberal grundierte Neiddebatte junge Generation versus alte Generation führen. Gleich auf der Titelseite schreibt unter dem Motto “Habt Ihr es verkackt?” Jungredakteurin Judith Gebhardt: “Der menschengemachte Klimawandel bedroht meine Entscheidungsfreiheit und verschlechtert mein Lebensgefühl. Ich fühle Machtlosigkeit und Ungerechtigkeit, und ja, ich mache die Generationen verantwortlich, die vielzulange untätig geblieben sind.”
Quelle: Telepolis
- „Bild“, Kai Diekmann und der Wunder-Krebstest
Vor zwei Monaten verkündete die „Bild“-Zeitung eine „Weltsensation“, die jedoch gar keine war — und die sich zu einem wissenschaftlichen und journalistischen Skandal entwickelte, zu dem inzwischen sogar die Staatsanwaltschaft ermittelt. Beteiligte, unter anderem: die Uniklinik Heidelberg, ein chinesisches Pharmaunternehmen und Ex-„Bild“-Chef Kai Diekmann. …
22.März 2019: Der Aktienkurs des chinesischen Pharmaunternehmens erreicht den höchsten Stand seit acht Monaten. Seit dem 21. Februar, dem Erscheinungstag des „Bild“-Artikels und der Pressemitteilung der Uniklinik, ist der Kurs um fast 60 Prozent gestiegen.
23.bis 29. März 2019: Die Kritik reißt nicht ab. Das Wissenschaftsministerium Baden-Württemberg erklärt in der „RNZ“, dass die „verfrühte Kommunikation nicht den hohen Ansprüchen an eine verantwortungsvolle Wissenschaftskommunikation entspreche“. Gerade im medizinischen Bereich, „der für die Betroffenen mit so viel Ängsten und großer Hoffnung verbunden ist, darf es keine Effekthascherei geben“. Auch die Heidelberger Universität teilt mit, dass sie „eine umfassende Klärung der Vorgänge für zwingend erforderlich“ halte.
Die Uniklinik ist derweil um Schadensbegrenzung bemüht. Sie „bedauert, dass es zu Irritationen gekommen ist“ und verkündet die Gründung einer internen Arbeitsgruppe und einer externen Expertenkommission, die die Vorgänge aufarbeiten sollen.
Außerdem distanziert sie sich von der PR-Strategie zum Bluttest: Die Medienbegleitung habe die Heiscreen GmbH verantwortet, sagt die Kliniksprecherin der dpa. (Die Heiscreen GmbH wurde 2017 gegründet und soll den Bluttest in Deutschland vermarkten. Hauptanteilseigner ist eine Tochterfirma der Uniklinik, weitere Anteile hält über eine Beteiligungsgesellschaft der schillernde Unternehmer Jürgen Harder. Auch der von „Bild“ interviewte Christof Sohn und eine weitere Ärztin der Uniklinik sind an der Heiscreen GmbH beteiligt.)
30.März 2019: Der „Spiegel“ berichtet über „Das Märchen vom Wundertest aus Heidelberg“ und bringt einen alten Bekannten ins Spiel:
„Wie die angebliche Weltsensation am Ende genau in der „Bild“-Zeitung landete, ist zwar nur schwer nachzuvollziehen. Fest steht aber: Ohne Zustimmung vonseiten des Universitätsklinikums ist dies nicht geschehen. Auch ein weiterer Bekannter Harders war daran offenbar beteiligt: Ex-„Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann, der sich dazu nicht äußern will. Aber was wäre der Mann für ein Journalist, wenn er sich nicht dafür einsetzen würde, dass ein Thema, das ihm am Herzen liegt, in seine alte Zeitung kommt?“
Quelle: Bild blog
- Kein Bock auf Bomben
Mehrheit der Deutschen für Abzug der Atomwaffen aus Büchel. Ostermärsche mit leicht gestiegener Teilnehmerzahl
Die von der Bundesregierung betriebene »Sicherheitspolitik« verliert zunehmend an Rückhalt in der Bevölkerung. Immer mehr Menschen sprechen sich gegen die Stationierung von US-Atomwaffen in Deutschland aus und stellen das NATO-Kriegsbündnis in Frage. Am Montag meldete die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf eine von ihr in Auftrag gegebene repräsentative Umfrage, dass sich eine deutliche Mehrheit der Bundesbürger, nämlich 59 Prozent, für den Abzug der rund 20 US-amerikanischen Atombomben ausspreche, die im rheinland-pfälzischen Büchel gelagert werden. Nur 18 Prozent sind für den Verbleib dieser Waffen. Zugleich forderten 53 Prozent der Befragten die Bundesregierung auf, den UN-Vertrag für das Verbot von Atomwaffen zu unterzeichnen. Dieser war im Juli 2017 von etwa zwei Dritteln der 193 Mitgliedsstaaten der UNO auf den Weg gebracht worden, wird jedoch von der Bundesrepublik und nahezu allen anderen NATO-Mitgliedern boykottiert. Der Grund liegt auf der Hand: Nur noch 22 Prozent der Befragten geben an, dass sie einen Atomkrieg in den kommenden zehn Jahren für wahrscheinlich halten. Ende 2017, vor der Kündigung des INF-Vertrags durch die US-Regierung, lag dieser Wert noch bei 32 Prozent. Dazu passt, dass auch der Rückhalt für die NATO schwindet. So befürworten nach einer Anfang des Monats veröffentlichten Umfrage nur noch 54 Prozent der Bundesbürger die Mitgliedschaft in dem transatlantischen Kriegsbündnis. 2017 waren es noch 68 Prozent gewesen.
Quelle: Junge Welt
- zu guter Letzt: Der Spargelkult muss enden
Es ist das privilegierteste Gemüse Deutschlands, der alte weiße Mann der Kulinarik, Dickpic-Ersatz im Netz – auch Markus Söder hat was dazu zu sagen. Ach ja, die Ernte ist übrigens auch menschenverachtend. Eine Abrechnung. […]
Spargel ist natürlich ein Superfood, aber auch der Loriot unter den Gemüsen. Er ist okay, aber komplett überbewertet, der alte weiße Mann der Kulinarik. Spargel nicht zu mögen ist auf jeden Fall schlimmer als zum Beispiel den Text der Nationalhymne nicht zu kennen. So wie man auf polnischen Hochzeiten mit einem Liter Wodka pro Person rechnet, rechnet man in Deutschland zur Spargelzeit ungefähr ein Kilo Spargel pro Kopf am Tag, gern in den Sorten “Hannibal” oder “Rambo”. Im Internet ist das Spargelposting das Dickpic der Saison. Im Grunde will niemand wirklich ungefragt den Spargel anderer Leute sehen (“schön einfach mit Butter”), aber gefragt wird nicht. Wer angespargelt hat, berichtet davon – ein Sakrament, in dem die Beziehung des Deutschen zum Spargel bekräftigt wird. Seht her, auch ich bin einer von euch, ein einfacher Diener der blassen Stange.
Quelle: SPIEGEL Online
Anmerkung Jens Berger: Wie so oft bei SPON-Kolumnistin Margarete Stokowski geht der verzweifelte Versuch, irgendwelche First-World-Problems mit einem Hauch Feminismus und Milennial-Befindlichkeiten zu vermischen, komplett in die Hose und hat es verdient, als abschreckendes Beispiel für „modernen Meinungsjournalismus“ in unsere Rubrik „zu guter Letzt“ aufgenommen zu werden.