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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Leserbriefe zu: Soll alles, was technisch möglich ist, gemacht werden? Zu Urbanen Seilbahnen usw.
Datum: 29. März 2019 um 12:47 Uhr
Rubrik: Leserbriefe, Verkehrspolitik, Wertedebatte
Verantwortlich: Redaktion
Die beiden verwandten Beiträge “Soll alles, was technisch möglich ist, gemacht werden? Eher nein.” und “Urbane Seilbahnen – technisch möglich, aber höchst fragwürdig” riefen in kurzer Zeit ein großes Echo hervor. Vielleicht ist dies nicht erstaunlich, denn es handelt sich doch um grundlegende gesellschaftliche und irgendwie auch philosophische Fragen. Auch um die Frage, ob wir einmal kurz innehalten sollten und in Ruhe überlegen, wo die Reise hingeht, bevor es zu spät ist. Zusammengestellt von Moritz Müller.
Vorbemerkung des Autors der beiden Beiträge Albrecht Müller: Mir kam es darauf an, die gestellte Frage zur Diskussion zu stellen und mit dem Hinweis auf frühere Projekte sichtbar zu machen, wie wichtig eine differenzierte und ausführliche Betrachtung der Folgen und Nebenwirkungen von großen neuen technischen Projekten ist. Ich wollte für differenziertes Denken werben und habe dann aber beim Projekt Urbane Seilbahnen vermutlich selbst zu wenig differenziert analysiert und zu schnell geurteilt. Das will ich vorweg bemerken, damit wir uns nicht in nicht vorhandenen Frontstellungen verkämpfen.
Die meisten Leserbriefe sind sehr differenziert und kreativ. Wieder wurde noch ein einschlägiges Projekt genannt: der Oberleitungs-LKW. Nur so viel vorweg, jetzt haben die Leserinnen und Leser der NachDenkSeiten das Wort:
1. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Müller
Eine neueste unsinnige “Vision”, die sich nahtlos in die Reihe der von Ihnen genannten Beispiele einreiht, ist der Oberleitungs-LKW, der in Schweden, Italien und nun auch in Deutschland erprobt wird. Zwar bin auch ich von der Notwendigkeit der Elektrifizierung des Transportwesens überzeugt, aber ich kann keinen Sinn darin erkennen, erhebliche Neuinvestitionen in den Aufbau eines redundanten oberleitungsgeführten Transportsystems zu tätigen. Dies gibt es bereits – es heißt Eisenbahn. Und dessen Trassenführung verläuft vielleicht auch noch über lange Strecken parallel zu den mit noch mehr LKW zu verstopfenden Autobahnen (die A5 ist ein Paradebeispiel hierfür; andere lassen sich mit etwas Mühe sicher auch noch finden)
Neben der Vermeidung des Fern-Güterverkehrs (“Lagerhaltung” auf der Straße) ist seine Verlagerung auf die Schiene zwingend erforderlich, aber solange die Hersteller von LKW und Straßenbauunternehmen das Ohr der Politik haben, sehe ich schwarz. Städtischer Lieferverkehr und regionale Transporte bis, sagen wir mal, max. 100 km gehören ohnehin auf auf Fahrzeuge mit umweltverträglichen Antrieben – die Post macht es vor
allianz-pro-schiene.de/glossar/oberleitungs-lkw/
Mit Gruß
JRG
2. Leserbrief
Dear Albrecht Müller,
grundsätzlich stimmt die Tendenz, aber die Analyse greift zu kurz.
Horst Emke war Kanzleramtsminister, als die Heidelberger Forschungsgruppe für Systemforschung unter Leitung von Prof. Dr. Helmut Krauch beauftragt wurde, die Entscheidungs- und Planungsstrukturen des Kanzleramtes zu analysieren und Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten. Herausgekommen ist u.a. ein überaus wichtiger Befund, dass nämlich die Forschungspräferenzen der Wirtschaft und Politik diametral entgegen gesetzt sind jener der Bürger – nachzulesen in dem Buch Prioritäten für die Forschungspolitik.
Krauch hat dann ein kybernetisches Feedback-System entwickelt, um in einem „Organisiertem Konflikt kritische Forschungslücken“ aufzudecken (ORAKEL). Dieses ORAKEL wurde im Fernsehen öffentlich angewendet und löste eine riesige Debatte aus; darüber gibt es auch ein Video. Wäre es nicht allerhöchste Internet-Zeit dieses in der Politik zu nutzen? Weiteres nachzulesen in dem Band: Systemforschung – Politikberatung und öffentliche Aufklärung.
Das Elektro-Auto wird sich als die schlimmste aller technischen Erfindungen und Sackgassen der bundesdeutschen Industriepolitik herausstellen, es ist eine Falle aus Silicon Valley!
Rudolf Steinmetz, München
Anlagen: Digiwahn – die Schatten des eAuto:
Megapool für Big Data:
sueddeutsche.de – Volkswagen und Amazon stehen vor weitreichender Zusammenarbeit
maximaler Elektrosmog – Im Käfig gefangen:
esmog-shop.com – Elektrosmog in Elektroautos
youtube.com – Elektrosmog im Auto und in Elektroautos
maximale Disruption (Zerstörung) der deutschen Industrie:
sueddeutsche.de – Bosch stürzt in die Diesel-Krise
youtube.com – Vortrag: Elektromobilität und die Folgen #1 in Mannheim – Dr.-Ing. Dirk Spaniel
maximale Disruption der Autonomie – Überwachung, Kontrolle, Fernsteuerung:
automobilwoche.de – Big Data: Das Auto als Datenkrake
spiegel.de – Little Brother Leben im virtuellen Container
lamundus.de – Datenkrake: Der gläserne Chinese und das Social Credit System
maximale Umweltzerstörung – eAuto = grüner Schwindel!
welt.de – Der große Elektro-Schwindel
autoaid.de – Der grüne Schwindel – Warum Hybrid- und Elektro-Auto keine Klima-Retter sind
zdf.de – Der wahre Preis der Elektroautos
unverzerrt.de – Woher der Strom kommt
niedrigenergieforum.de – Verursachen E-Autos die nächste Umweltkrise?
FAZIT: Hirnlose Politik steuert uns in die nächste Sackgasse – SIEHE
Rainer Mausfeld zu den „Gelbwesten“, Neoliberalismus, Migration und Elitendemokratie
Mausfeld bestätigt indirekt PLATON in seinem Werk „Der Staat“ (Politeia):
Die Demokratie ist die Vorstufe zur ´Tyrannei (Diktatur) – WARUM? Siehe Mausfeld oben!
“Die Philosophie wird keine unmittelbare Veränderung des jetzigen Weltzustandes bewirken können. Dies gilt nicht nur von der Philosophie, sondern von allem bloß menschlichen Sinnen und Trachten. Nur noch ein Gott kann uns retten.“ Der Philosoph MARTIN HEIDEGGER in seinem letzten Interview 1966 mit dem SPIEGEL
“Die Politik versteht sich heute als der Hauptorganisator dieser Art von Fortschritt und nicht als die Instanz des Aufhaltens. Ich glaube, dass Aufhalten die wichtigste Aufgabe der Politik überhaupt ist.“
Der Philosoph Robert Spaemann 2018 in der Tagespost über Aufklärung, Grenzen des Fortschritts und das Scheitern des Christentum.
vor 40 Jahren – Schule: „Es gibt keine fröhliche Jugend mehr“
3. Leserbrief
Hallo Herr Müller,
da ich gerade (Rest-)Urlaub habe, auch zu Ihrem ebenfalls hervorragenden Beitrag ein paar Zeilen.
Ich arbeite seit nunmehr 21 Jahren in der Halbleiterindustrie, um genau zu sein, in einem DAX-notierten Halbleiterkonzern. 😉
So konnte ich schon den einen oder anderen Hype an der eigenen Haut miterleben und habe dabei immer wieder ein Phänomen beobachtet, dass ich „Fliegender Holländer“ nenne.
Der Sage nach taucht der echte „Fliegende Holländer“ immer wieder auf, ist stets auf Nordkurs und bringt stets Unheil.
Auf die Technik bezogen ist ein „Fliegender Holländer“ wahlweise eine (neue) Technologie, die viel Sinn stiften soll, diese Fülle an Sinn aber stets nur mit einem Argument oder Beispiel belegt wird.
Alternativ ist es eine Technologie, die immer wieder auftaucht, aber nie zu einer sinnvollen Realisierung kommt.
Ein paar Beispiele:
Ihre Grundvoraussetzungen heißen viele Daten und hohe Rechenleistung, die zusammen eine Wahrscheinlichkeitsaussage ergeben.
Dennoch versucht man KI heute auf alles zu werfen.
Diese stellt eine weitere Schattierung des „Fliegenden Holländers“ dar. In diesem Fall die Lösung von Problemen, die man selbst geschaffen hat und die konventionell wesentlich einfacher zu lösen wären. Hintergrund ist, dass es gar nicht um Lösung geht, sondern um ein Lösungsversprechen.
Ein Beispiel?
Selbstfahrende, digitalisierte Züge werden unseren Bahnverkehr wieder flüssig machen.
Realisierung: Irgendwann.
Problem eigentlich geschaffen durch: Abbau von Gleisen, im Besonderen dem Ausbau von Weichen.
Bitte behalten Sie daher Ihren Weg bei, auf Probleme hinzuweisen, die wirklich drücken und Lösungen aufzuzeigen, die nachhaltig sind!
Viele Grüße,
JH
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihren Artikel, der aus meiner Sicht dringend notwendig war.
Tatsächlich arbeitet meine Schwester in der Stadt Leonberg auch an einem solchen Projekt.
Zusätzlich zu Ihrer Argumentation sehe ich urbane Seilbahnen auch aus technischen Gründen höchst problematisch.
Zu nennen wären
Beginnen wir mit dem Thema Beförderungsgeschwindigkeit.
Bei Mehrseilumlaufbahnen sind zwar prinzipiell Seilgeschwindigkeiten von 27 km/h (7.5 m/s) machbar, allerdings nur so lange sich die Gondel außerhalb der Stationen befindet.
In der Station sinkt diese auf wenige cm pro Sekunde ab.
Und hier steht man genau schon vor dem ersten Dilemma. Will man alle, also eben auch behinderte Menschen mitnehmen, muss man die Gondel in der Station möglichst weit abbremsen.
Hinzu kommt, dass typischerweise zum Erreichen der Zustiegsebene mehrerer Stockwerke überwunden werden müssen.
27 km/h kann also nur erreicht werden, so lange halte ausgelassen werden. Zum Vergleich, ein im Verkehr mitschwimmender Stadtbus erreicht – Halte eingerechnet – eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 20 km/h, U-Bahnen erreichen bis zu 60 km/h Halte inklusive.
Seilbahnen sind typischerweise Punkt-zu-Punkt-Verbindungen – auch in La Paz.
Baut man also eine im urbanen Bereich erforderliche Anzahl an Halten ein, wird die Durchschnittsgeschwindigkeit umgehend unattraktiv.
Als existierendes Beispiel taucht La Paz und immer nur La Paz auf. Doch La Paz ist ein Sonderfall. Die zwischen den Stadtteilen zu überwindenden Höhenunterschiede in den Anden gleichen alpinen Skigebieten in Europa.
Hier kann die Seilbahn ihren einzigen Vorteil ausspielen, schnell große Höhen zu überwinden.
Bisher völlig unerschlossene, prekarisiserte Stadtteile erhalten Verkehrsanschluss.
Warum soll es bei uns doch gemacht werden? Weil es billig ist!
Und weil man eine Strecke so auch schnell wieder verschwinden lassen kann.
Gehe ich zu weit, wenn ich sage, dass ich in urbanen Seilbahnen auch eine weitere Prekarisierung unserer Gesellschaft sehe?
Wer es sich leisten kann, nimmt das „Lufttaxi“ – die nächste gewaltige Schnapsidee.
Alle anderen müssen sich in der Seilbahn einem Massengut gleich durch die Stadt schaufeln lassen.
Für alle ungläubig den Kopf schüttelnden bietet sich diese Folge von „Planet e“ an.
In dieser Sendung werden eben Seilbahnen und Lufttaxis behandelt.
Anbei noch ein Link zu einer Studie.
Der Link zu einer weiteren Studie der Stadt Bonn findet sich zwar noch bei Google, ist aber nicht mehr aufrufbar.
Glücklicherweise habe ich noch eine Kopie, Datum des Herunterladens 03.11.2018 gefunden.
Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung!
Viele Grüße,
JH
4. Leserbrief
Sehr geehrter Albrecht Müller,
der Leserbrief von Manfred Alberti zum Thema “Urbane Seilbahnen” und auch ihre Schlußfolgerungen haben mich etwas gewundert, schreibt doch Alberti auch einiges über die Vorteile von urbanen Seilbahnen. Allerdings tut er das so, als ob es Nachteile wären. Von externen Effekten und Kosten ist die Rede, aber leider nicht davon wie hoch die externen Kosten wären, die durch ihren Einsatz vermieden würden.
Er führt als Beispiele die Seilbahnen in La Paz an, die unter der Morales-Regierung eingerichet wurden. Er hätte auch noch Caracas nennen können, wo unter Chavez die Seilbahnen zum Massentransportmittel geworden sind. Sie sind für Fahrgäste nicht nur zeitsparend, da sie in keinem Stau stecken bleiben oder an einer Ampel halten müssen, und ersetzen eine Unmenge von Pkw- und Bus-Fahrten. Die Alternative wäre der Bau von Straßen gewesen, für die ganze Wohnviertel hätten weichen müssen.
Dadurch, dass Seilbahnen Fahrtstrecken abkürzen, und die externen Kosten, die durch den Lärm, Abgase und Unfälle von Pkws und Bussen entstehen würden, vermeiden, verringern sie insgesamt die externen Kosten, die der Verkehr verursacht.
Was die externen Kosten von Seilbahnen angeht, dürften sie unter allen Verkehrsmitteln (sieht man mal von Fahrrädern ab) die geringsten sein. Es gib keine Abgase und sie sind fast lautlos. Anders als Elektroautos brauchen sie keine Batterien, deren Produktion Umweltschäden verursacht. Und Verkehrunfälle mit Seilbahnen und die damit verbundenen Kosten sind auch eher selten.
Und im Unterschied zu Bussen fahren sie nicht in mehr oder weniger großen Abständen sondern fast kontinuierlich. Ein Umsteigen in eine Seilbahn würde also fast ohne Wartezeiten erfolgen.
Und was die internen Kosten angeht, haben Seilbahnen anscheinend den Nachteil, dass sie billiger als Busse oder U-Bahnen wären. Da würden die Wuppertaler Stadtwerke auch noch Geld sparen. Das geht aber gar nicht. Vom Profit, den die mächtige Seilbahnindustrie machen würde, ganz zu schweigen.
Was die einzigen externen Kosten angeht, die in ihrem Artikel vorkommen, nämlich die angebliche Verletzung der Privatsphäre, wird nur ein Schuh daraus, indem dieser Sachverhalt mächtig aufgeblasen wird. Da Seilbahnen, wie Alberti richtig schreibt, dazu dienen, Hindernisse leicht zu überwinden, wird es auch nicht zu einem massiven Einsatz kommen, da die hier vorliegenden Kostenvorteile im Flachen gar nicht gegeben wären. Sieht man davon ab, dass man auch von der Straße aus in Häuser, Schulhöfe oder Schrebergärten reinschauen kann, gib es heute längst technische Lösungen, die die Privatsphäre schützen würden, etwa durch Scheiben in den Gondeln die undurchsichtig werden unterhalb einer bestimmten Höhe. Mir wäre jedenfalls eine lautlose und abgasfreie Seilbahn über mir lieber als lärmende und stinkende Busse und Pkws neben mir.
Urbane Seilbahnen würden daher nicht wie behauptet die externen Kosten des Verkehrs erhöhen, sondern sie erheblich verringern.
Mit freundlichen Grüßen
Nico Biver
5. Leserbrief
Liebe Nachdenkseiten,
Den Artikel über urbane Seilbahnen kann ich nicht nachvollziehen. Im Gegenteil, ich hoffe, dass dies als ein gutes Verkehrskonzept kommen wird. Die Seilbahn hat einige Vorteile, vor allem ist sie sehr ruhig. Die Menschen in Bolivien mögen sie angeblich sehr.
Man kann die Fenster der Gondeln so konzipieren, dass der Blick nicht nach unten gerichtet wird, sondern mehr horizontal in die Ferne geht.
Nach meinem Empfinden ist alles besser als Autos und Busse.
Wenn die Bedingungen und äußeren Gegebenheiten einer Stadt geeignet sind, können sie eine gute Ergänzung zu Straßenbahnen und Zügen im Straßenverkehr, v. a. einer Großstadt sein.
Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren, aber die aufgeführten Argumente in diesem Artikel überzeugen mich nicht. Vielleicht wissen andere Nachdenkseitenleser mehr?
Ich würde mich freuen, mehr zu erfahren, denn das Thema interessiert mich schon länger. Es gibt auch einige interessante Informationen im Netz dazu.
Mit freundlichen Grüßen,
Maria McCray
6. Leserbrief
Sehr verehrter Albrecht Müller,
als langjähriger Leser der Nachdenkseiten schätze ich Ihre solide Arbeit und Ihr ausgeprägtes Gespür für politische und gesellschaftliche Fehlentwicklungen über alle Maßen. Ihnen verdanke ich seit über einem Jahrzehnt wertvolle Anstöße für mein eigenes politisches Bewusstsein.
Etwas unangenehm berührt war ich aber doch, als ich in den Nachdenkseiten vom 27.03.2019 Ihren Beitrag “Urbane Seilbahnen – technisch möglich, aber höchst fragwürdig” gelesen habe. Darin geben Sie einen Text von Manfred Alberti aus Wuppertal wieder, der, so vermute ich, aus persönlicher Betroffenheit einige Behauptungen aufstellt, die einer kritischen Recherche leider nicht standhalten. Mit zwei Beispielen möchte ich das deutlich machen: Herr Alberti behauptet, urbane Seilbahnen seien in Deutschland nicht erlaubt. Sowohl die BUGA-Seilbahn in Koblenz, 2011 eröffnet und die IGA-Seilbahn in Berlin-Marzahn, 2017 eröffnet, verlaufen im städtischen Umfeld, die Koblenzer Seilbahn hat ihre Talstation sogar in der Innenstadt am Deutschen Eck. Beide sind touristische Seilbahnen und – bislang – nicht in den allgemeinen öffentlichen Verkehr integriert. Nichtsdestotrotz handelt es sich bei beiden eindeutig um urbane Seilbahnen. Weiter behauptet Herr Alberti, für Seilbahnen würden Stützen mit 70 Metern Höhe gebaut. Wäre das tatsächlich so, dann ist die von ihm befürchtete Beeinträchtigung der Privatsphäre wohl faktisch ausgeschlossen, weil Wohngebäude in Deutschland üblicherweise deutlich niedriger als 70 Meter sind und sich aus Kabinen in so großer Höhe nichts mehr deutlich erkennen lässt. Seilbahnen und ihre Stationen lassen sich grundsätzlich in jeder Höhe bauen, ja die Seilbahnkabinen können sogar bis auf das Straßenniveau abgesenkt werden (wie die Mittelstation der Berliner Seilbahn), was einen niveaugleichen, barrierefreien Einstieg ermöglicht.
Niemand bestreitet, dass Seilbahnen, die Wohngebäude überfahren, zu Beeinträchtigungen führen können. Aber alle Immissionen, die dabei auf die Bewohner einwirken können, sind aus dem Genehmigungsrecht bekannt und für die genehmigenden Behörden kein Neuland: Schattenwurf, Schall, Licht. Nicht jeder Grundrechtseingriff ist dabei gleich eine Verletzung eben jenes Grundrechts. Ziel ist, einen Ausgleich zwischen dem öffentlichen Interesse an einem ökologisch verträglichen, leisen, wirtschaftlichen und energieeffizienten Verkehrsmittel und den privaten Interessen der Bewohner zu finden.
Es gibt in der Tat Verkehrsprojekte in Deutschland, auf die Ihre Beschreibung voll und ganz zutrifft: “Man muss den Eindruck gewinnen, dass die Planer und auch manche der engagierten Verbände von der Analyse und der Bedeutung der external diseconomies einer politischen Entscheidung für ein solches Projekt noch nichts gehört haben.” Jedes einzelne Straßenbauprojekt ist ein solches Projekt. Autoverkehr in Deutschland verursacht jedes Jahr mehrere tausend direkte Todesopfer bei Unfällen, führt durch Feinstaub und NOx-Emissionen zu Hunderttausenden vorzeitigen Todesfällen und überzieht Städte und Gemeinden mit einem ungeheuren Lärm, den unzählige Menschen eingekerkert hinter Schallschutzfenstern ertragen müssen. Wenn Sie sich dafür einsetzen wollen, gegen die externalisierten Effekte des Autoverkehrs in Deutschland zu kämpfen, haben Sie in mir einen treuen Verbündeten.
Es grüßt Sie herzlich
Michael Schneider
7. Leserbrief
Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Müller,
in dem Nachtrag zum Artikel “Soll alles, was technisch möglich ist, gemacht werden? Eher nein.” über urbane Seilbahnen erkenne ich auch den Verlust der Privatsphäre von oben als erntzunehmenden Faktor.
Aber es ergeben sich aus solchen Ideen auch neue Ansätze urbaner Transportmöglichkeiten jenseits der eingefahrenen Verkehrswege, die für die Menschen auf den Straßen durchaus befreiend sein könnten. Auch der offentliche Nahverkehr (ob mit verbrennung oder elektrisch angetriegen) ist kein wirklicher Segen für die Menschen in den Straßen. Auch bei Seilbahnen, wie bei jedem anderen Verkehrsmittel , sollte letztendlich Emission von Schadstoffen,Schall,Licht und energetische Faktoren genauso wie psychosoziale Komponenten gleichermaßen in die Rechnung einfließen.
Anmerkungen zur Höhe: Sicher mag es Ausnahmen geben, wo Höhen bis zu 100 Meter in bergiger Umgebung erreicht werden könnten, aber ich stelle mir eher ein Modell wie bei der Wuppertaler Schwebebahn vor. Die Passagiere müssen ja auch dort oben hin transportiert werden.
Aber bei den Auswüchsen zukunftsorientiertem Verkehrs möchte ich noch eine Schippe drauflegen:
in der Zeitschrift “Drones”, Ausgabe 02/2018 wir im Artikel “Destination Future” auf Seite 38 der “Volokopter” beschrieben. Das ist ein autonom fliegendes Lufttaxi (eine manntragende Drone), z.Zt. in Deutschland als Ultraleichtflugzeug zugelassen, in Dubai schon getestet, welches die “Demokratisierung des Luftraumes” erreichen soll. Auch andere Luftfahrtunternehmen arbeiten an solchen Lösungen.
In der “Drones” Ausgabe 02/2019 ab Seite 42 wird in zwei Artikeln unter anderem berichtet, dass die Bundesregierung und Verkehrsminister Andreas Scheuer die Einführung von Lufttaxis fördern wollen. Da empfinde ich den Bau von Seilbahnen eher so als wie die Wiedereinführung des Telegrafen in der Kommunikation.
Mit freundlichem Gruß
Hartwig Carmesin
8. Leserbrief
Liebe Redaktion,
Ich begrüße ihre Ansicht bei neuen Techniken auch die daraus such ergebenden Folgen kritisch zu hinterfragen.
Weshalb Sie aber gerade Urbane Seilbahnen so schlecht weg kommen zu lassen, ist mir unverständlich.
Es handelt sich hier um ÖPNV.
Diese Seilbahnen werden sicher nie das Rückgrat des ÖPNV werden, können aber bei bestimmten städtebaulichen topographischen Gegebenheiten sehr sinnvolle Lösungen bieten.
Bei kurzen Bauzeiten rasch realisierbar.
Leise im Betrieb
Sicher
Keine Emissionen vor Ort
Niedrige Betriebskosten
Wo Gewässern und Berge sind ist die Seilbahn schneller und auch komfortabler als Busse.
Ich habe das vor 10 Jahren einmal selbst im Urlaub im Norden Armeniens ausprobieren können.
Der Bus braucht vom Tal über 20 Minuten durch eine Serpentinrnstrasse zum oben gelegenen Stadtteil. Er schaukelt und Lärmt dabei erheblich. Er steht an Ampeln und nimmt am Stau teil.
Die Seilbahn dagegen schwebt in einem Bruchteil der Zeit lautlos zum Ziel.
Hier handelte es sich noch um alte Technik aus der SU. Moderne Fahrzeuge ermöglichen auch Barrierefrei Zugänge.
Die Strassen werden weltweit in Städten immer öfters ^verStaut^…
Natürlich berührt jede Veränderung eines Status quo individuelle Interessen und Befindlichkeiten.
Aber es kann auch sein, dass der gesamtgesellschaftliche Nutzen das deutlich überwiegt.
Hier wird ein partikulares Interesse mit dem der Allgemeinheit verwechselt.
Zum Thema urbane Seilbahnen gibt’s ausgewiesene nicht industrie nahe zustimmende Experten , ich nenne hier Heiner Monheim. Da gibt es Studien und Veröffentlichungen
Ansonsten machen sie weiter so!
Gruß
Peter Kraus
Groß-Gerau
9. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Müller,
danke für diesen Artikel und auch für den Nachtrag bezüglich der Seilbahnen. Aus meiner Sicht gibt es weitere extreme Entscheidungen bzw. Problemlagen, die gleichfalls ohne ausreichende und breite Diskurse innerhlb der Gesellschaft oder wenigstens in den Medien von Interessenten in Angriff genommen werden. Dazu gehört an erster Stelle die Gen-Technik, dann das Geo-Engineering und die Patenterteilung auf Lebenwesen inlusive Planzen.
Als Beleg sende ich Ihnen hier ein Zitat aus dem Handbuch Agro-Gentechnik von Christoph Then, das sich in Ihre Argumentationskette würdig einreiht.
Bezüglich geo-Engineering gibt es recht drastische und gut belegte Ausführungen bei Naomi Klein (im Buch Kapitalismus vs. Koima).
Eine vergleichbare Quelle zu den üblen Patenten auf Leben habe ich gerade nicht zur Hand. Die dürfte aber leicht zu finden sein.
Es wäre gut, wenn Sie die Reihe fortsetzen. Denn aus meiner Sicht sind wir insgesamt ans Ende der Kulturepoche der Aufklärung gekommen. Viel Neues erscheint, aber die Menge verunsichert die Menschen verständlicherweise. Und die Mächtigen haben die Politik sehr fest im Griff, von den Medien ganz zu schweigen. Demut ist angesagt. Oder wie es bei Albert Schweitzer heißt: Die Ehrfurcht vor dem Leben.
Ich kenne aktuell vor allem die Bewegungen, die vom Weltehtos und Hans Küng ausgehen. Das erscheint mir als Tor zur Zukunft für ein friedliches Miteinander aller Menschen. Es gibt da zu einen sein Buch von 1990 “Projekt Weltethos” und folgende Publikationen. Dann heute sehr rührend tätig: Die Stiftung Weltethos und das Weltethosinstitut der Uni in Tübingen. Sowie auf globaler Ebene das Parlament der Weltreligionen. Ich lese aus diesen drei Quellen jeweils die Newsletter und das macht jede Menge Hoffnung.
Tausend Dank an Sie alle
&
weiter voller Hoffnung
Herbert Wekel
10. Leserbrief
Liebe NachDenkSeiten!
Es ist doch zu kurios: Da hat Albrecht Müller heute morgen eine Ergänzung zum „technisch Machbaren“ mit einer klaren Warnung veröffentlicht – siehe da: Schon bringt der Mainstream (phoenix nach 18.00 Uhr) eine Doku, wie supertoll solche „alternativen Verkehrssysteme“ sind. Seilbahnen in La Paz, aber auch selbsttätige Flugdrohnen und ähnlicher Schwachsinn.
Ich will ja nicht sagen, daß diese Systeme nicht eine gewisse Faszination ausstrahlen, aber auffällig ist mal wieder, wie propagandistisch der ÖRR diese Dinge aufbereitet: Das sei die Rettung der Menschheit; dann müßten wir am Kapitalismus und an diesem verderbenbringenden dystopischen System gar nichts mehr ändern; Rettung durch Innovation; Szientismus und Technizismus (natürlich privatwirtschaftlich und profitorientiert betrieben) – Hurra. Man würde doch erwarten, daß auch die Risiken in einer solchen Doku mal angesprochen werden. Aber nichts dergleichen.
Herzlichst,
Ihr
Matthias Jehsert
11. Leserbrief
Soll alles, was technisch möglich ist, gemacht werden? 26. März 2019 / “Urbane Seilbahnen” 27. März 2019
Sehr geehrter Herr Müller,
es ist eindeutig, dass man auf die meisten der von Ihnen genannten technischen Möglichkeiten verzichten sollte. Unabdingbar ist allerdings die Verkehrswende in Anbetracht des dekompensierenden Auto- und Schienenverkehrs und der Klimakrise – weg vom Individualverkehr hin zum ÖPNV muss die Devise sein. Insofern muss man dem Wuppertaler Herrn Alberti, einem Seilbahngegner, klar widersprechen, zumal er Bonn als Beispiel anführt. Als Bonner erlaube ich mir eine Klarstellung:
Die geplante Seilbahn in Bonn verbindet die rechts- und linksrheinischen Bahnhöfe, U- und Straßenbahnhaltestellen, mehrere große Arbeitgeber sowie das Uniklinikum auf dem Venusberg, das nur zwei kleinere Zufahrtsstraßen hat. Eine Straßentunnellösung, die den südlichen Bonner Autobahnring mit einer Klinikzufahrt schließt, kostet Milliarden Euro. Allein die Machbarkeitsstudie wird mit 100 Millionen Euro beziffert. Der Bau der gesamten Seilbahn würde weit weniger kosten als diese Machbarkeitsstudie.
Natürlich gibt es auch in Bonn Seilbahngegner, die versuchen, eine Gegenstimmung zu erzeugen – mit teils nicht nachvollziehbaren Argumenten, wie einer abenteuerlichen Fotomontage an besagter Kästnerschule. Außer Frage steht, dass Geschädigte einen finanziellen Ausgleich erhalten müssen. Dies hält sich in Grenzen, da ein Großteil der Trasse nicht über Wohngebiete verläuft.
Die Seilbahn ist ein ideales Verkehrsmittel, sie kann ökologisch mit sauberem Strom, bedarfsgerecht und leise betrieben werden. Sie ist in Bonn ein wichtiger Beitrag zur Verkehrswende.
Ich freue mich, dass die Nachdenkseiten neue technische Möglichkeiten kritisch analysieren.
Dietrich Klingmüller, Bonn
Anmerkung zur Korrespondenz mit den NachDenkSeiten
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