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Titel: Hinweise der Woche

Datum: 27. Januar 2019 um 9:00 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lohnenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Konzerne zahlen zu wenig Steuern in der EU
  2. CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer: „Soli für alle abschaffen“
  3. Vertrag von Aachen
  4. Den Schuss nicht gehört
  5. Mindestsicherung: Dauerhaft Arme sterben zehn Jahre früher
  6. Diskreditieren, kriminalisieren, finanziell austrocknen
  7. Brexit, Trump & Co. – Globaler Siegeszug der Gaga‐Politiker
  8. Deutschland schiebt so viel in andere EU-Staaten ab wie nie zuvor
  9. Tempolimit gefordert – Treffen von Kommission abgesagt
  10. 60 Prozent weniger Wirbeltiere als vor 40 Jahren

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnenswertesten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Konzerne zahlen zu wenig Steuern in der EU
    • In fast keinem EU-Land zahlen multinationale Konzerne den Steuersatz, der vorgeschrieben ist, fanden die europäischen Grünen heraus.
    • Der gesetzliche Steuersatz für Unternehmen liegt in Deutschland bei 30 Prozent, tatsächlich zahlten die Konzerne nur 20 Prozent. In Luxemburg waren es sogar zwei statt 29 Prozent.
    • Finanzminister Olaf Scholz lehnt eine Berichterstattungspflicht ab, bei der multinationale Konzerne angeben müssten, in welchem Land sie welchen Umsatz und Gewinn gemacht haben.

    Wenn ein großes Unternehmen prüft, wo es sich in Europa am besten niederlassen soll, ist ein Faktor besonders ausschlaggebend: die Steuerlast. Auf den ersten Blick ist die Höhe der Abgaben ziemlich leicht herauszufinden. Denn in jedem Land gibt es staatlich festgesetzte Steuersätze. Doch gelten diese auch tatsächlich? Die Grünen im Europäischen Parlament sind der Frage nachgegangen und wollen die Ergebnisse ihrer Untersuchung an diesem Dienstag vorstellen. Der Bericht liegt der Süddeutschen Zeitung vor – und das Fazit ist eindeutig: In keinem Land der Europäischen Union – mit Ausnahme Bulgariens – stimmt der gesetzlich vorgeschriebene Steuersatz mit jenem überein, den multinationale Konzerne im Durchschnitt tatsächlich an den Fiskus abführen.
    Am stärksten ist diese Abweichung in Luxemburg. Im Großherzogtum liegt der gesetzliche Steuersatz für Unternehmen bei 29 Prozent – so viel müssten die Firmen eigentlich bezahlen. Doch die Grünen kommen auf eine ganz andere Zahl: auf lediglich zwei Prozent. Auch in Ungarn, den Niederlanden und Österreich ist der Graben zwischen nominalem und effektivem Steuersatz größer als im EU-Durchschnitt. Deutschland befindet sich im oberen Mittelfeld: Hierzulande lag die Abgabenlast in den Jahren 2011 bis 2015 bei 30 Prozent; der Untersuchung zufolge führten Konzerne aber tatsächlich nur 20 Prozent an den Fiskus ab.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

  2. CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer: „Soli für alle abschaffen“
    Die neue Vorsitzende verspricht einen wirtschaftsfreundlichen Kurs und erklärt ihren Vier-Punkte-Plan für Europa. Kritik von Wolfgang Schäuble weist sie zurück. […]
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach in ihrer Rede am Mittwoch von einer „Vielzahl von Störungen und Verunsicherungen im multilateralen System“. Auch die neue CDU-Chefin weiß um die Gefahren und mahnt ein entsprechendes Gegensteuern an. „Wir sehen Eintrübungen und müssen deshalb in Deutschland die Rahmenbedingungen so gestalten, dass unsere Unternehmen im internationalen Wettbewerb weiter stark agieren können“, sagte sie im Interview mit dem Handelsblatt. Vor ihren Gesprächen in Davos schilderte sie, wie sie der Partei zu „mehr wirtschaftspolitischem Profil“ verhelfen will.
    Kramp-Karrenbauer weiß, dass die Enttäuschung vieler Unternehmen über den Kurs der CDU in den vergangenen Jahren tiefer sitzt und etwa auch die Energiewende betrifft. Die Parteichefin gelobt nun Besserung: „Die CDU muss, erkennbarer als bisher, die Debatte führen und Vorschläge machen, wie wir die Klimaziele umsetzen wollen, ohne Deutschland zu deindustrialisieren“, sagte sie.
    Darüber hinaus will sie „etwas für die Unternehmen tun“. Dazu zählen für die 56-jährige Politikerin eine Unternehmensteuerreform und weitere Entlastungen. „Deshalb sollten wir den Solidaritätszuschlag für alle abschaffen und nicht nur für 90 Prozent“, forderte sie. Schließlich würden zu den verbleibenden zehn Prozent viele kleinere mittelständische Betriebe und Handwerker gehören.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung André Tautenhahn: Merkel spricht in Davos von Störungen und Verunsicherungen im multilateralen System, ohne auf ihren Beitrag an dieser Entwicklung hinzuweisen. Die neue CDU-Vorsitzende Kramp-Karrenbauer ist da nicht besser. Sie mahnt ein entsprechendes Gegensteuern an, schlägt aber wieder nur mehr Standortnationalismus vor und damit Dinge, die genau diese Störungen mitverursacht haben. Das Senken der Unternehmenssteuern kann man dabei als eine endlose Geschichte begreifen, die immer wieder präsentiert wird, obwohl der behauptete Zusammenhang, eine erhöhte Investitionstätigkeit damit herbeiführen zu können, nie eingetreten ist. Zuletzt hatte die Regierung Schröder die Unternehmen mit einer massiven steuerlichen Entlastung beglückt, mit dem Ergebnis, dass das viele Geld nicht etwa in der Wirtschaft selbst oder gar bei den Arbeitnehmern landete, sondern als Anlagevermögen an den Kapitalmärkten Party feierte. Diesen ökonomischen Unsinn, den die Konservativen wiederholen wollen, könnten die Sozialdemokraten ja einmal zum Thema machen, weil sie aus ihrer eigenen Regierungsverantwortung die richtigen Lehren gezogen haben, doch nichts dergleichen. Finanzminister Scholz begnügt sich mit einem Verweis auf den Koalitionsvertrag, in dem eine Entlastung der Unternehmen ja gar nicht vereinbart sei. Ohne die notwendige Kritik der SPD fällt es der Kanzlerin in Davos dann auch noch leicht, die Mahnerin zu spielen und scheinheilig vor einer neuen Bankenkrise zu warnen. Es müsse alles getan werden, um einer Wiederholung zu verhindern, sagte sie. Ihre Regierung arbeitet aber genau darauf hin.

  3. Vertrag von Aachen
    1. Aachener-Militärvertrag: Deutsch-Französische Führungsansprüche
      (…) Impulse sollen vor allem in der „Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ (GSVP) gegeben werden, so hat es bei näherer Betrachtung des Vertrages zumindest den Anschein, da das Kapitel „Frieden, Sicherheit und Entwicklung“ im Vertragswerk beträchtlichen Raum einnimmt. Vordergründig wird dabei auf eine Intensivierung der Rüstungszusammenarbeit gedrängt, tatsächlich geht es aber vor allem um den Anspruch, der fortschreitenden Militarisierung Europas ein deutsch-französisches Gesicht zu verpassen. Neben diesem übergeordneten Ziel ist vor allem das deutsche Zugeständnis auf eine Harmonisierung der Rüstungsexportregeln hinarbeiten zu wollen sowie die französische Unterstützung für einen ständigen deutschen Sitz im UN-Sicherheitsrat bemerkenswert.
      (…) Führungsansprüche im Aachener-Vertrag
      Die deutsch-französischen EU-Führungsansprüche waren in den letzten Jahren wahrlich schwer zu übersehen – weshalb sie nun auch noch unbedingt in einen Vertrag gegossen werden mussten, wissen wohl nur Berlin und Paris. Unter dem Vorwand, nur so könne der stockende Integrationsprozess überwunden werden, beabsichtigen beide Länder augenscheinlich sich in zentralen Fragen bereits im Vorfeld abzustimmen und anschließend die restlichen Mitglieder vor vollendete Tatsachen zu stellen…
      In klaren Worten beschreibt das Handelsblatt die Bedeutung dieser Passagen mit den Worten: „Am stärksten geht Deutschland im verteidigungspolitischen Kapitel des Aachener Vertrages auf Frankreich zu. […] Laut Vertragstext wollen beide Länder eine gemeinsame strategische Kultur entwickeln, vor allem mit Blick auf gemeinsame militärische Einsätze. Das Neue daran: Die Bundesregierung will künftig zuerst mit Frankreich voranschreiten, und dann die anderen Europäer einbinden. Bisher hatte Berlin stets nur solche Projekte vorantreiben wollen, bei denen alle Europäer mitgehen. Frankreich hielt dies schon immer für unrealistisch.“…
      Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.
    2. Nein zum Aachener Aufrüstungsvertrag
      Am 22. Januar 2019 wird im Krönungsaal des Aachener Rathauses der neue deutsch-französische Freundschaftsvertrag in Erweiterung des Élysée-Vertrags von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron unterzeichnet. Der Vertrag von Aachen soll “Begegnungen und den Austausch der Bürgerinnen und Bürger” unterstützen und eine engere Abstimmung vor EU-Gipfeln auf den Weg bringen. Deutschland und Frankreich halten demnach “vor großen europäischen Treffen regelmäßig Konsultationen auf allen Ebenen ab und bemühen sich so, gemeinsame Standpunkte herzustellen und gemeinsame Äußerungen der Ministerinnen und Minister herbeizuführen”.
      Dagegen scheint nichts zu sprechen. Doch der Vertrag hat es in sich. Anders als der Vorläufer, der Élysée-Vertrag von 1963, ist der Vertrag von Aachen im Wesentlichen ein binationaler Aufrüstungsvertrag. Denn das Kernstück des Vertragswerks sind die Aufrüstung im Rahmen einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und eine Stärkung der jeweiligen Rüstungsindustrie, insbesondere durch noch schwammigere Rüstungsexportrichtlinien als die bisher geltenden. Und so liest sich denn der Vertragstext wie ein gemeinsamer Militarismus à la carte.
      Quelle: Sevim Dagdelen auf Telepolis
    3. Aachener-Militärvertrag: Deutsch-Französische Führungsansprüche
      56 Jahre nach Unterzeichnung des deutsch-französischen Freundschaftsvertrag, unterzeichneten Angela Merkel und Emmanuel Macron nun den „Aachener Vertrag“, um „Impulse für die europäische Einigung [zu] geben“, so Merkel. „Impulse“ sollen insbesondere in der „Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ gesetzt werden, denn tatsächlich geht es im „Aachener Vertrag“ vor allem um den Anspruch, der fortschreitenden Militarisierung Europas ein deutsch-französisches Gesicht zu verpassen.
      Quelle: Justice Now
  4. Den Schuss nicht gehört
    Deutschlands sicherheitspolitisches Umfeld ist zunehmend labil, doch die Bundesbürger wollen keine internationale Verantwortung tragen. Zeit für eine überfällige Debatte
    Januar 2014. Vom Rednerpult der Münchner Sicherheitskonferenz herunter fordern Bundespräsident, Außenminister und Verteidigungsministerin unisono mehr deutsches Engagement in der Welt. “Früher, entschiedener und substanzieller” müsse sich Deutschland einbringen – Worte wie Donnerhall für die sicherheitspolitisch eher zart besaitete deutsche Öffentlichkeit. […]
    Doch während sich die tektonischen Platten der Geopolitik gerade verschieben, bleibt eines konstant: Trotz der Verschlechterung von Deutschlands sicherheitspolitischem Umfeld wünschen sich die Deutschen ihr Land als eine Art große Schweiz – nicht als gestaltenden internationalen Akteur. Nach wie vor sprechen sich nur vier von zehn Bundesbürgern und -bürgerinnen für eine aktivere deutsche Rolle in der Welt aus.
    Großmachtkonflikte und brüchige Allianzen
    “Hat Deutschland die neuen Gefahren und die Veränderungen im Gefüge der internationalen Ordnung schon angemessen wahrgenommen?”, fragte Joachim Gauck 2014 in seiner Münchner Rede. Bezogen auf die deutsche Öffentlichkeit, lautet die ernüchternde Antwort heute wie vor fünf Jahren: nein. Oder anders gesagt: Die Deutschen haben – salopp gesagt – mehrheitlich den Schuss nicht gehört. […]
    Es braucht erstens konkrete Antworten auf aktuelle Herausforderungen. Zweitens den Mut, unbequeme Wahrheiten auszusprechen: Deutschland ist keine Insel der Seligen, an der die Stürme der Welt vorüberziehen, und Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif. Drittens die Ressourcen, vor allem aber den politischen Willen, Worten Taten folgen zu lassen. Ja, Schritte in die richtige Richtung sind erkennbar: Berlin ist zentraler Impulsgeber bei den Ukraine-Verhandlungen, trainiert Soldaten aus den Sahelstaaten in Mali, knüpft neue Netzwerke für den Multilateralismus. Doch unterm Strich bleibt Deutschland weiter unter seinen Möglichkeiten.
    Quelle: ZEIT

    Anmerkung Albrecht Müller: Der Text ist in vielerlei Hinsicht interessant. Das bürgerliche Leserpublikum der Zeit wird mit oberflächlichen Formeln umgarnt – Verantwortung in der Welt, wirtschaftliche Größe und so weiter. Interessant ist auch, dass sich die Autorin auf den Dreiklang damals führender Politiker beruft Von der Leyen, Gauck und Steinmeier haben 2014 bei der Münchner Sicherheitskonferenz mehr Verantwortung für Deutschland angemahnt. Und das war damals schon militärisch gemeint, aber mit dem Wort Verantwortung verbrämt. Jene, die heute in Steinmeier einen Friedenspolitiker sehen, sollten sich des damaligen Vorgangs erinnern.

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: “Den Schuss nicht gehört”? Zum Glück, kann ich nur sagen, denn mir wird schon viel zu viel geschossen in der Welt. Leicht verdruckst schleicht die Autorin um ihre Forderung nach “mehr deutscher Verantwortung in der Welt” herum und nennt das Kriegführen doch nicht beim Namen. Und wenn sich laut Artikel “nur vier von zehn Bundesbürgern und -bürgerinnen für eine aktivere deutsche Rolle in der Welt aus[sprechen]”, also für mehr deutsche Militärs in der Welt, dann sind mir das vier zu viel. “[Ü]ber Interessen und Ziele deutscher Außenpolitik”, z. B. mehr Lebensraum im Osten, kann sich die Autorin gerne mit Hitler und Göring unterhalten – ich lehne solche Diskussionen ab.

    Anmerkung unseres Lesres H.B.: …Kriegsgetrommel von der übelsten Sorte vom Qualitätsmedium ZON…

  5. Mindestsicherung: Dauerhaft Arme sterben zehn Jahre früher
    Laut Statistik Austria ist die Lebenserwartung deutlich geringer. “Man kann einen Menschen mit einer feuchten Wohnung genauso töten wie mit einer Axt”, warnt die Armutskonferenz
    Wien – Dauerhaft arme Menschen sterben zehn Jahre früher als der Rest der Bevölkerung. Das hat eine von der Statistik Austria durchgeführte Sonderauswertung der EU-Sozialstudie SILC ergeben. Noch größer ist der Unterschied bei Obdachlosen. Die Armutskonferenz, ein Netzwerk sozialer Hilfsorganisationen, warnt daher davor, die Situation von Mindestsicherungsbeziehern weiter zu verschlechtern.
    Laut Statistik Austria sind 1,5 Millionen Menschen in Österreich von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdet. Sie haben also ein niedriges Einkommen (unter 1.238 Euro bei Einzelpersonen) oder Schwierigkeiten bei der Erfüllung notwendiger Grundbedürfnisse. Und das bringt auch eine sinkende Lebenserwartung mit sich, wie die Statistik Austria für das Sozialministerium errechnet hat. […]
    Feuchte Wohnung kann genauso töten, wie Axt
    “Diese enorme Einschränkung der Lebenserwartung betrifft in Österreich fast 270.000 Menschen, das entspricht in etwa der Bevölkerung von Graz, der zweitgrößten Stadt Österreichs”, sagt Martin Schenk von der Armutskonferenz. Hier gehe der Stress durch finanziellen Druck Hand in Hand mit geschwächtem Krisenmanagement und einem ungesunden Lebensstil. “Man kann einen Menschen mit einer feuchten Wohnung genauso töten wie mit einer Axt.”
    Quelle: derStandard.at
  6. Diskreditieren, kriminalisieren, finanziell austrocknen
    Im feinsten Orban-Style bekämpfen CDU und CSU die Deutsche Umwelthilfe. Doch ihre Vorwürfe gegen den Verein entbehren jeder Grundlage.
    Die Kritiker stellen die Regierung bloß. Darum bringen die Regenten sie zum Schweigen. Dafür stellen willfährige Medien die Regierungsgegner zunächst wahlweise als Verräter oder Kriminelle dar. Im nächsten Schritt gehen staatliche Stellen den Widerständlern ans Geld. Und wenn auch das noch nicht reicht, dann müssen halt die Gesetze so geändert werden, dass sie ihre legale Grundlage verlieren.
    So gehen Autokraten wie Ungarns Regierungschef Viktor Orban vor, wenn sie ihre Gegner kalt stellen. In Deutschland ist das bisher undenkbar. Doch jetzt verfolgen die Regierungsparteien CDU/CSU eine Strategie nach genau diesem Muster. Diskreditieren, kriminalisieren, finanziell austrocknen – so wollen sie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) loswerden. Denn dieser Verein tut etwas Ungeheuerliches: Monat für Monat weisen die Mitarbeiter der DUH und ihr eloquenter Chef Jürgen Resch nach, dass sich die Regierungen in Bund, Ländern und Kommunen nicht an die Gesetze halten, die sie selbst erlassen haben. Und die Gerichte geben den Anklägern auch noch recht. Das ist für die Christenunion offenbar schwer zu ertragen.
    Quelle: Harald Schumann im Tagesspiegel

    Anmerkung unseres Lesers J.H.: Viele Lesern wird er zwar verwundern und entsetzen, unsere lupenreine Demokratie mit Orbans rechter Regierung zu vergleichen.

    Aber wenn es so ist, dann ist es so. Wehret den Anfängen! (Leider gibt es schon den Fall „attac“).

    Ergänzende Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu auch bzw. erneut CDU vs. Umwelthilfe – Populismus in Reinkultur.

    dazu: „Die CDU ist die Partei der Autoindustrie“
    Die Forderung, dem Verein die Gemeinnützigkeit zu entziehen, ist für die Deutsche Umwelthilfe durchsichtiger Lobbyismus. Geschäftsführer Resch erhebt deutliche Vorwürfe gegen einen CDU-Bezirksverband.
    Quelle: FAZ

  7. Brexit, Trump & Co. – Globaler Siegeszug der Gaga‐Politiker
    Brexit‐Lustspiel, Trump‐Trara, Italo‐Dramen, AfD‐Gepolter: Was wie eine wundersame Häufung irrer Unfälle aussieht, hat gemeinsame Ursachen. Und die drohen auch den Deutschen bald Chaos zu bescheren.
    Spätestens seit dieser Woche steht fest: der Brite müht sich dieser Tage eifrig, eine neue Form des absurden Humors zu entwickeln ‐ aye, no, no, aye. May weg. May doch nicht weg. Wozu der Sprecher des Unterhauses “Order, Order” brüllt ‐ das Einzige, was die Briten politisch gerade nicht haben. Dafür hat das Brexit‐Blöken den Briten nach Expertenschätzungen jetzt schon mehr wirtschaftlichen Schaden zugefügt, als die EU‐Gegner ihnen als Gewinn eines AustrittS vorgegaukelt hatten. Gaga. […]
    Möglich. Könnte allerdings sein, dass die anderen das über uns auch bald sagen. Was aussieht, als würden sich in allen möglichen Ländern gerade wie zufällig gagaeske Polit‐Unglücke mit landestypisch folkloristischen Varia􀆟onen häufen, hat bei näherer Betrachtung eine gemeinsame Ursache. Und die könnte auch bei uns bald sehr viel fataler zu wirken beginnen.
    Für die USA stellten Forscher schon nach den Trump‐Wahlen 2016 fest, dass der vor allem dort gewonnen hatte, wo es in den Jahren davor die größten wirtschaftlichen Desaster infolge des Einzugs billiger chinesischer Konkurrenz gab. Ähnliche sozio‐ökonomische Ursachen fanden Experten für Frankreich heraus. Und für Deutschland, wo in der Vergangenheit rechte Parteien besonders dort gut abschnitten, wo etwa die Globalisierung schwindende Industrien hinterließ.
    Quelle: Thomas Fricke auf SPIEGEL Online

    Anmerkung Albrecht Müller: Das ist eine lesenswerte Kolumne von Thomas Fricke. Er weist auf den Zusammenhang zwischen dem Rückzug des Staates in wirtschaftlich kritischen Regionen einschließlich der Streichungen im sozialen Bereich und Wahlverhalten hin.

  8. Deutschland schiebt so viel in andere EU-Staaten ab wie nie zuvor
    • Von Januar bis Ende November 2018 wurden 8658 ausreisepflichtige Asylsuchende in andere EU-Staaten abgeschoben.
    • Das waren bereits deutlich mehr als im gesamten Jahr davor.
    • Das Dublin-System galt bislang stets als unausgewogen und schwer durchsetzbar.

    Deutsche Behörden haben im vergangenen Jahr so viele Flüchtlinge in andere Staaten der Europäischen Union überstellt wie nie zuvor. Von Januar bis Ende November 2018 wurden 8658 ausreisepflichtige Asylsuchende in andere EU-Staaten abgeschoben – das waren bereits deutlich mehr als im gesamten Jahr davor, als es lediglich 7102 solcher Überstellungen gab. Das geht aus Zahlen hervor, mit denen das Bundesinnenministerium eine Anfrage der linken Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke beantwortete. Sie liegen der Süddeutschen Zeitung vor.
    Demnach ging es 2018 in jedem dritten Asylverfahren des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) um einen sogenannten Dublin-Fall – also darum, ob ein anderer EU-Staat für ein Asylgesuch zuständig ist. Nach der Dublin-III-Verordnung der EU soll in der Regel der Mitgliedstaat um einen Flüchtling kümmern, in dem dieser nach seiner Ankunft in Europa zuerst registriert wurde. Dieses System gilt jedoch als unausgewogen und nur schwer durchsetzbar.
    So hat das Bamf in den ersten elf Monaten des Jahres 2018 insgesamt 51 558 Mal andere EU-Staaten um Übernahme von nach Deutschland geflohenen Menschen ersucht, in 35 375 Fällen stimmten die angefragten Staaten zu. Gegenüber den Vorjahren ist damit die Quote tatsächlich überstellter Flüchtlinge stark auf 24,5 Prozent gestiegen, 2017 lag sie noch bei 15,1 Prozent. Dabei gab es nach Ungarn gar keine und nach Griechenland nur fünf Überstellungen. In beiden Ländern gilt der Umgang mit Flüchtlingen als oft nicht menschenrechtskonform, Athen lehnt zudem die allermeisten Übernahme-Ersuchen ab, aus “überwiegend nicht stichhaltigen” Gründen, klagt die Bundesregierung. Aber auch Überstellungen nach Bulgarien werden in zwei von drei angestrengten Eilverfahren gerichtlich verhindert. Hauptzielland der innereuropäischen Abschiebungen war Italien: Dorthin wurde fast jeder dritte Überstellte gebracht. In der Gegenrichtung kam fast die Hälfte der 7 205 aus anderen EU-Staaten in die Bundesrepublik überstellten Flüchtlinge aus Griechenland.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

  9. Tempolimit gefordert – Treffen von Kommission abgesagt
    Die Arbeitsgruppe für mehr Klimaschutz im Verkehr wollte sich am Mittwoch über die Einführung eines Tempolimits austauschen. Das Verkehrsministerium hat das Treffen nun allerdings abgesagt – der Grund ist die derzeitige Debatte.
    Das Verkehrsministerium hat ein für Mittwoch geplantes Treffen einer Arbeitsgruppe zu mehr Klimaschutz im Verkehr abgesagt – nach dem Wirbel über Vorschläge wie ein Tempolimit. Die Absage wurde der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag aus Teilnehmerkreisen bestätigt. Zuerst hatte das „Handelsblatt“ darüber berichtet.
    „Die Regierungskommission Mobilität ist durch das gezielte Durchstechen von emotional aufgeladenen Einzelvorschlägen und die Überreaktion des Bundesverkehrsministers in schwieriges Fahrwasser geraten“, sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, am Dienstag der dpa. Er ist Mitglied der Klima-Arbeitsgruppe. „Nun gilt es, Vertrauen neu aufzubauen.“
    Quelle: Peiner Allgemeine Zeitung

    Anmerkung Jens Berger: Das ging aber schnell. Erst am Montag hatten die NachDenkSeiten vermutet, dass die über die Medien ausgerichtete „Scheindebatte“ über das Tempolimit wohl vor allem der Sabotage des geplanten Klimaschutzgesetzes dient. Keine 24 Stunden später hat das Verkehrsministerium diese Befürchtung bestätigt. So geht das heute. Man gibt ein Dokument, das einem nicht gefällt, an gewogene Journalisten weiter, die daraus mit fragwürdigen Mitteln eine Schmierenkomödie machen und den „gesunden Volkszorn entfachen“, der dann das Ministerium natürlich „zwingt“, das Papier und die damit verbundenen Pläne erst einmal verschwinden zu lassen.

  10. 60 Prozent weniger Wirbeltiere als vor 40 Jahren: Der WWF bescheinigt dem ökologischen Zustand der Welt einen neuen Tiefpunkt
    In einem neuen Report zeigen Wissenschafter alles auf, was im Umgang mit unseren Lebensgrundlagen schiefläuft. Das liest sich verheerend – und doch ist es noch nicht zu spät. (…)
    Die wichtigsten Punkte des Reports in der Übersicht:
    Die Wissenschafter haben Studien zu 16 704 Populationen von 4005 Wirbeltierarten auf der ganzen Welt ausgewertet, von Säugetieren, Vögeln, Fischen, Amphibien und Reptilien. Ergebnis: Die Bestände haben sich in den vergangenen 44 Jahren um fast zwei Drittel verringert. Am stärksten war der Rückgang zwar in den 1980er und 1990er Jahren. Doch allein seit dem vorangegangenen Living-Planet-Report von 2016 sind es wieder zwei Prozent weniger.
    Als «ökologischen Fussabdruck» bezeichnet man die Fläche auf der Erde, die nötig ist, um den Lebensstandard eines Menschen dauerhaft zu ermöglichen. Seit 1966 hat sich dieser verdoppelt. 60 Prozent machen dabei die CO2-Emissionen durch fossile Brennstoffe aus. Die bei der Berechnung verwendete Einheit wird globale Hektare (gha) genannt; eine globale Hektare entspricht einer biologisch produktiven Hektare Land mit weltweit durchschnittlicher Produktivität. Die Staaten mit dem grössten durchschnittlichen ökologischen Fussabdruck in globalen Hektaren pro Kopf sind die USA, Kanada, mehrere Golfstaaten, die Mongolei – und Dänemark. Und das, obwohl Dänemark in Europa als Vorreiter in Sachen Fahrrad und Windenergie gilt.
    Seit mehr als 40 Jahren verbrauchen die Menschen mehr natürliche Ressourcen, als die Erde erneuern kann. Es brauchte 1,7 Planeten dieser Art, um den Ressourcenverbrauch zu decken.
    Wer für den Erhalt der Natur einen wirtschaftlichen Grund sucht: Die Natur erbringt eine ökonomische Wertschöpfung von geschätzt etwa 100 Billionen Euro jährlich: aus Rohstoffen, Wasser, Lebensmitteln, Arzneimitteln, Energie, Bestäubung, Bodenbildung, Schutz vor Überflutungen, Stürmen und Erosion.
    80 Prozent aller auf dem Land lebenden Tier-, Pflanzen- und Insektenarten sind Waldbewohner. Doch weltweit wird Wald in erschreckendem Masse abgeholzt, etwa in Südamerika. Die Entwaldung habe sich zwar etwas verlangsamt, heisst es in dem Bericht, doch sie schreite weiter voran. Ursachen seien vor allem Rodungen für die Landwirtschaft, nicht nachhaltige Holzgewinnung, Bergbau, grosse Infrastrukturprojekte und die immer häufigeren Brände. (…)
    Bei allen schlechten Neuigkeiten betonten Experten bei der Vorstellung des Berichts aber auch, dass die Trendwende noch machbar sei. «Das ist kein Weltuntergangsszenario», sagte etwa Jörg-Andreas Krüger vom WWF in Berlin. Wichtige Schritte seien vorgedacht, etwa in den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen und im Pariser Klimaschutzabkommen. Diese Ziele müssten bis 2030 aber auch umgesetzt werden, die Weichen dazu sollten laut WWF bald gestellt werden. «Wir können nicht noch einmal zehn Jahre warten», sagte Krüger.
    Quelle: Neue Zürcher Zeitung


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