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Titel: Rundfunkgebühr, Querfront, Gelb-Westen – Die Diffamierung der „Aufstehen“-Bewegung geht weiter
Datum: 8. Januar 2019 um 13:36 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Medien und Medienanalyse, Rechte Gefahr, Soziale Bewegungen
Verantwortlich: Tobias Riegel
Der verleumderische Umgang mit der neuen politischen Sammlungsbewegung „Aufstehen“ wird aktuell von großen und kleinen Medien auf vielen Ebenen fortgesetzt. Von Tobias Riegel.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
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Die politisch-mediale Kampagne gegen die neue Sammlungsbewegung „Aufstehen“ wurde auch in den ersten Tagen des neuen Jahres fortgeführt. Dabei werden von einer Koalition aus großen und kleinen Medien sowie Teilen der Politik bewährte Versatzstücke verwendet: „Aufstehen“ sei populistisch, „von oben“ inszeniert und „offen“ für rechte Tendenzen. Zudem sei die Bewegung ohnehin „eingeschlafen“ und komme nicht „vom Fleck“.
Zunächst zur „autoritären Struktur“ der Bewegung: Gerade der aktuelle Vorgang um einen missglückten Flyer zur Rundfunkgebühr, der vom „Spiegel“ und vielen anderen Medien für eine unangemessene Aufregung genutzt wird, zeigt doch, dass „Aufstehen“ eben nicht „von oben“ kontrolliert wird. Denn man kann – entgegen der aktuellen Schlagzeilen von der „Wagenknecht-Bewegung“ – davon ausgehen, dass Sahra Wagenknecht diese Aktion nicht „abgesegnet“ hat, weil eben keineswegs jedes Vorhaben zur Prüfung über den Schreibtisch der Politikerin geht.
Ist Medienkritik „AfD-nah“?
Das betont auch Oskar Lafontaine:
„Wie man sich an fünf Fingern abzählen kann, hatte Sahra Wagenknecht diesen Post weder veranlasst, noch kannte sie ihn.“
Statt dessen habe ein ehrenamtlicher Mitarbeiter aus einer der zahlreichen „Aufstehen“-Gruppen die Initiative ergriffen. Das ist prinzipiell zu begrüßen. Dass sich solche politischen Eigeninitiativen aber nicht immer in für alle Mitstreiter akzeptablen Formen äußern, ist selbstverständlich. Nun kann man aber Wagenknecht nicht einerseits vorwerfen, „ihren Laden nicht im Griff“ zu haben, und andererseits, dass sie diesen „Laden“ diktatorisch anführe.
Die Sprache des Flyers ist wie gesagt missverständlich und sie öffnet leichtfertig eine Flanke der Diffamierung. Das Argument unter anderem der „taz“, die grobe Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk sei schon allein darum abzulehnen, weil sie eine „AfD-ähnliche“ Sprache nutze, ist aber naiv und falsch. Es ist mittlerweile ein alter Hut: Die Medien geben der AfD mit dieser auch in anderen politischen Bereichen vertretenen Haltung eine große Macht – denn so kann die AfD willkürlich jeden Standpunkt tabuisieren, allein dadurch, dass sie ihn für sich reklamiert.
Durch Kampf gegen „Gelb-Westen“ und „Aufstehen“ wird Rechts gestärkt
Den Aspekt, dass den Rechten durch solch devotes Verhalten die Deutungshoheit überlassen wird, bringt die LINKE-Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen in einem anderen Zusammenhang auf den Punkt. Dagdelen schreibt, es gebe deutliche Parallelen im kampagnenhaften Umgang mit den französischen „Gelb-Westen“ einerseits und „Aufstehen“ andererseits: „Es ist bestürzend, mit ansehen zu müssen, wie mit Verweis auf Unterwanderungsversuche des rechtsextremen Front National der Linken in Frankreich empfohlen wird, sich aus den Sozialprotesten (…) zurückzuziehen.“ Dagdelen folgert richtig: „Wer so argumentiert, der räumt das Feld der Sozialproteste für die extreme Rechte und den Faschismus in Europa.“ Zudem werde die Strategie der Rechten gestärkt, denn die müssten „fortan nur eine Handvoll Leute zu den jeweiligen Sozialprotesten schicken, um diese dann nach dem empfohlenen Rückzug der Linken übernehmen zu können“. Diese Strategie von AfD oder Front National könnte ohne die indirekte „Unterstützung“ durch viele Medien nicht funktionieren.
Zankapfel Rundfunk: Gutes Prinzip, schlimme Inhalte
In ähnlicher Weise wird mit Verweis auf AfD-Positionen berechtigte Kritik am deutschen Rundfunk abgewehrt. Es ist einerseits richtig, dass das Prinzip eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks verteidigt werden sollte: Es ist ein (zumindest in der Theorie!) wichtiger Gegenpol zu den Privatmedien, wie auch die Linksfraktion im Bundestag in einem Thesenpapier betont:
„Die öffentlich-rechtlichen Sender, ARD, ZDF und Deutschlandradio sind für die Demokratie und die politische Kultur unseres Landes unverzichtbar. Trotz aller berechtigter Kritik an den Sendern im Einzelnen sieht DIE LINKE eine ihrer medienpolitischen Aufgaben darin, mit dafür Sorge zu tragen, dass ARD, ZDF und Deutschlandradio jederzeit in der Lage sind, ihrem grundgesetzlichen Auftrag nachzukommen.“
Abwehr der Medienkritik bedroht langfristig das Mediensystem
Diese Verteidigung des öffentlich-rechtlichen Prinzips wird aber durch die aggressive Abwehr jeder Medienkritik sehr erschwert. Das kaum lösbare Dilemma zwischen den teils unterirdischen Inhalten des realexistierenden Rundfunks und dem schützenswerten öffentlich-rechtlichen Prinzip haben die NachDenkSeiten kürzlich hier beleuchtet. Um also das öffentlich-rechtliche Prinzip langfristig zu verteidigen, sind strukturelle und inhaltliche Veränderungen unumgänglich. Das haben unter anderem die Berichterstattungen zur Ukraine, zu Syrien und immer wieder zum Sozialstaat mehr als verdeutlicht.
Um diese Veränderungen herbeizuführen, darf aber nicht jede Kritik an ARD, ZDF und Deutschlandfunk als „rechts“ bezeichnet und der Rundfunk dadurch abgeschirmt werden – sonst kann die wegen des Kritik-Tabus gestaute Bürgerwut nicht nur die AfD stärken, sondern irgendwann das öffentlich-rechtliche System insgesamt in große Gefahr bringen. Nach dieser Deutung könnten gerade die besonders aggressiven Verteidiger des öffentlich-rechtlichen Rundfunks indirekt zu dessen Totengräbern werden.
„Aufstehen“ – die „eingeschlafene“ Bewegung?
Parallel zur Diffamierung durch den Vorwurf der „AfD-Nähe“ und der „autoritären Struktur“ wird „Aufstehen“ wie schon im letzten Jahr die Dynamik abgesprochen, etwa kürzlich im „Deutschlandfunk“, wo es heißt, die Bewegung komme „nicht vom Fleck“. So eine Äußerung ist nur schwer zu belegen, vor allem wenn ihr über 160.000 registrierte Engagierte gegenüberstehen – darum wird dieser Punkt medial im Ungefähren gelassen. Gegen die (falsche) „Feststellung“ ist aber andererseits schwer anzukommen, gerade wenn sie aus zahlreichen Richtungen gleichzeitig erklingt. Das deutlichste Zeichen gegen diese reinen Behauptungen von der „Erlahmung“ wäre vonseiten der „Aufstehen“-Bewegung: ein starkes Ergebnis bei einer Bundestagswahl.
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