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- Fraktion stellt sich gegen Wagenknecht
Die Linksfraktion hat ihrer Vorsitzenden Wagenknecht die Gefolgschaft beim Nein zum UN-Migrationspakt verweigert. Das könnte ein Vorbote für einen noch mächtigeren Streit sein.
“Das ist eine harte Klatsche für Sahra Wagenknecht”, sagt einer ihrer Kritiker. Noch vor der heutigen Sitzung der Linksparteifraktion hatte die Fraktionschefin Wagenknecht den UN-Migrationspakt entschieden abgelehnt: “Er hat auch positive Regelungen, es werden bestimmte Rechte ausgebaut, aber im Kern hat die Ausplünderung der armen Länder damit eine neue Facette: Neben dem Ausplündern von Rohstoffen und ungerechten Handelsverträgen will man armen Ländern jetzt auch noch gezielt Fachkräfte abwerben.” […]
Die Fraktionsvorsitzende reagiert genervt: “Ich finde schon etwas befremdlich, dass hier im Vorfeld ein solches Thema wie der Migrationspakt, der ja ein wichtiges Thema ist, in dem Zusammenhang in die Öffentlichkeit gebracht wird, dass man es eigentlich nur deswegen so hochzieht, weil man die Fraktionsvorsitzende beschädigen will.”
Wagenknechts Unterstützer in der Fraktion sprechen zuvor schon von “plumpem Intrigantentum”. Das Vorgehen schade der Glaubwürdigkeit der Linken insgesamt: “Wer den Migrationspakt aus linker Sicht hochjubelt, nur um Sahra Wagenknecht zu widersprechen, hat ihn wirklich nicht gelesen und ignoriert bewusst die Fehlstellen.”
Wagenknechts Vertraute Sevim Dagdelen, die selbst in New York an den Verhandlungen zum UN-Migrationspakt teilgenommen hat, bringt ein Gegenpapier in die Fraktionssitzung ein. Der Pakt sei “geprägt vom Geist der Abschottung gegenüber Menschen in Not” und öffne “Zugangswege für eine Nützlichkeitseinwanderung im Interesse des Kapitals”.
Zugleich distanziert sich Dagdelens Papier bewusst von der “völkischen Kritik der AfD”. Doch große Teile der Partei überzeugt das nicht. Der ehemalige Parteivorsitzende Klaus Ernst betont in der Aussprache, er wolle nicht an der Seite der Trumps und Orbans stehen. […]
Seit Wochen gibt es Gerüchte über einen möglichen Abwahlantrag gegen Wagenknecht. Ihre Gegner in der Fraktion streuten zuletzt, sie hätten bereits 32 der nötigen 35 Stimmen sicher. Doch nicht nur Wagenknecht-Freunde in der Linken warnen vor Verlusten, wenn man die in Umfragen stets prominenteste Linkspartei-Politikerin absägte. “Die wollen nicht nur den Sturz Wagenknechts”, heißt es dazu aus ihrem Umfeld, “die wollen die Spaltung.”
Quelle: Tagesschau
Anmerkung Jens Berger: Ein unglaublicher Vorgang – Teiler der Linken nutzen das Thema „Migrationspakt“, um mit ihren Dauerintrigen die Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht zu stürzen. Die NachDenkSeiten werden darüber im Laufe des Tages noch berichten.
Dazu: Das Positionspapier von Sevim Dagdelen und Heike Hänsel
Dazu: „Ihn nicht zu unterzeichnen, wäre ein fatales Signal”
(…) Dem UN-Migrationspakt schlägt Skepsis entgegen. Die AfD schürt die Angst, dass mit dem Pakt quasi ein Recht auf Migration geschaffen würde, dem die Staaten verpflichtet wären. Doch man sollte einer Partei, die schon das geltende Parteienfinanzierungsrecht unterläuft, nicht auf den Leim gehen. Sie verschweigt, dass der Pakt nicht verbindlich ist.
68,5 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Europa hat mit 3,1 Millionen Menschen nur einen Bruchteil davon aufgenommen. Migration findet – wie zu allen Zeiten – täglich real statt. Das ist eine internationale Herausforderung, der man sich auch nur international stellen kann. Dass die Vereinten Nationen über einen solchen Pakt verhandelt haben – und zwar mit Ausnahme der USA unter Beteiligung aller anderen Staaten – ist ein wichtiger Schritt hin zu einer internationalen Lösung.
Letztlich werden damit Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen, wie Achtung der Menschenwürde, Gewaltverbot und Gewährleistung der staatlichen Souveränität, auf die Migration angewendet. Deshalb auch ist die Bekämpfung der Migrationsursachen und die Zurückdrängung des Schlepperunwesens in dem Pakt von zentraler Bedeutung. Selbstverständlich gehören dazu auch die Rechte und der Schutz von Menschen, die vor Hunger und Elend fliehen.
Soll Deutschland ernsthaft durch eine Nichtunterzeichnung des Paktes signalisieren, dass die Menschenrechte von Migrantinnen und Migranten für uns nicht gelten?
Quelle: Super illu
Anmerkung Marco Wenzel: Auch Gregor Gysi hat sich auf Seiten des Kipping-Lagers geschlagen. Dass er dabei auch noch die Unwahrheit sagt ist umso bedauerlicher: „Deshalb auch ist die Bekämpfung der Migrationsursachen und die Zurückdrängung des Schlepperunwesens in dem Pakt von zentraler Bedeutung“, sagt Gysi.
Ist es eben nicht. In dem Pakt steht kaum ein Wort über die Fluchtursachen, stattdessen steht da: “Wir erkennen an, dass Migration eine Quelle von Wohlstand, Innovation und nachhaltiger Entwicklung in unserer globalisierten Welt ist.“ Zudem will der Pakt die Förderung einer “fairen und ethisch vertretbaren Rekrutierung von Arbeitskräften und (die) Gewährleistung der Bedingungen für eine menschenwürdige Arbeit”.
Und dann beschwichtigt Gysi scheinheilig noch: „Der UN-Migrationspakt verpflichtet Deutschland zu nichts, was wir bei uns nicht selbst für wichtig und richtig halten.“
Dem sonst so scharfsinnigen Gysi dürfte wohl kaum entgangen sein, dass in dem Pakt unzählige Male steht: Wir verpflichten uns… Selbst wenn der Pakt rechtlich nicht bindend ist, so ist er es doch moralisch und wird so auch seine Wirkung auf die Unterzeichner entfalten und den gewünschten Druck ausüben, die Verpflichtungen in nationale Gesetze zu gießen. Warum sollte man aber dann einen Pakt unterschreiben, der niemanden zu etwas verpflichtet?
- Marco Bülow über seinen Parteiaustritt “Die SPD hat sich mit dem Neoliberalismus arrangiert”
Mit einem emotionalen Auftritt begründet der Bundestagsabgeordnete Marco Bülow seinen Austritt aus der SPD. Er habe die letzte Hoffnung verloren, sagt er.
(…) Mit dem Kurs der SPD-Führung um Parteichefin Andrea Nahles ging Bülow hart ins Gericht: „Die SPD-Erneuerung ist zu einem absoluten Lippenbekenntnis verkommen.“ Weder die versprochene personelle, strukturelle oder inhaltliche Erneuerung der SPD sei vorangekommen, klagte er.
(…) Er habe am Ende keine Chance gehabt, kritisiert Bülow
Bülow kritisierte inhaltliche und strukturelle Defizite seiner Ex-Partei. So habe sich die SPD mit dem Neoliberalismus arrangiert und tue zu wenig gegen Armut und soziale Ungleichheit. Die Partei sei zu einem „Karriereverein“ verkommen. Innerparteiliche Vielfalt gebe es nicht mehr, Kritiker des aktuellen Kurses würden kaltgestellt. Der Abgeordnete erinnerte daran, dass er im März die überparteiliche Progressive Soziale Plattform (PRO) gegründet hatte. Mit diesem linken Bündnis hatte er die SPD erneuern und Konzepte gegen die soziale Ungleichheit entwickeln wollen. „Leider ist das nicht gelungen“, bilanzierte er nun.
Als weiteren Grund für den Austritt nannte Bülow die Erfolglosigkeit seiner eigenen Bemühungen. Er habe „am Ende gar keine Chance gehabt, irgendwas zu bewegen“. Tatsächlich galt er in seiner Fraktion zuletzt als Einzelgänger, der nur noch mit wenigen ebenfalls linksorientierten SPD-Kollegen Kontakt hielt…
Quelle: Der Tagesspiegel
Anmerkung Marco Wenzel: Siehe hierzu auch die Erklärung von Marco Bülow auf seiner Webseite.
Anmerkung Jens Berger: So ehrt übrigens der einflussreiche Sprecher des Seeheimer Kreises das Lebenswerk seines Kollegen, der sich immerhin 26 Jahre für die Sozialdemokratie stark gemacht hat …
Diese arrogante Antwort scheint jedoch repräsentativ für den Zustand der Partei zu sein. Anstatt Kritik am offensichtlich desaströsen Kurs der Partei ernsthaft zu überdenken, wird arrogant herumgepöbelt und die letzten Kritiker werden lieber vom Hof gejagt. Willkommen 5%-Hürde.
- Wie Seehofer und Merkel mit ihrem Sommertheater zur Migration die Deutschen zum Narren hielten
Wir erinnern uns, wie CDU und CSU, Merkel und Seehofer, im Frühjahr und Sommer das Stück „Streit um den Umgang mit Zuwanderung bis aufs Messer“ gaben. Daran sollten wir zurückdenken, wenn wir nun feststellen, dass zur gleichen Zeit der UN-Migrationspakt heimlich fertig verhandelt wurde, unter Beteiligung von Seehofers Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, in trauter Eintracht mit dem federführenden Außenministerium von Heiko Maas (SPD) und dem Bundesministerium für Gesundheit unter einem Jens Spahn (CDU), der nun kritisiert, dass der Migrationspakt nicht öffentlich diskutiert wurde.
So viel Heuchelei auf einem großen stinkenden Haufen wird selten offenbar.
(…) Migration als Quelle des Wohlstands und „Migration ist die Mutter aller Probleme“. Wie das wohl zusammenpasst? Wenn man ausschließt, dass Seehofer nicht mitbekam, dass sein eigenes Ministerium an einem Pakt zur Mutter aller Probleme mitarbeitete, bleiben als Erklärung nur Schizophrenie oder Theater.
Seehofer forderte, Zuwanderung zu begrenzen und bestimmte Zuwanderer in Transitzentren einzusperren, während er gleichzeitig an einem Migrationspakt beteiligt war, in dem sich die Beteiligten verpflichten, Freiheitsentzug allenfalls als allerletztes Mittel in Erwägung zu ziehen.
(…) Zur Krönung der Verschaukelung soll nun der Bundestag in einer nicht-rechtsverbindlichen Entschließung feststellen, dass der UN-Migrationspakt „keine einklagbaren Rechte und Pflichten“ begründet und außerdem „keinerlei rechtsändernde oder rechtssetzende Wirkung“ habe…
Quelle: Norbert Häring
- Machtkampf im Asowschen Meer
Die Bundesregierung soll Kriegsschiffe ins Schwarze Meer entsenden, “neue, viel schärfere Sanktionen” gegen Russland verhängen und das Land “als Pariastaat” behandeln. Dies fordert der Botschafter der Ukraine in Deutschland, Andrij Melnyk, in Reaktion auf die Eskalation der russisch-ukrainischen Auseinandersetzungen in der Einfahrt zum Asowschen Meer. Die russische Küstenwache hatte am Sonntag Kriegsschiffe der ukrainischen Marine gewaltsam daran gehindert, ohne die übliche Abstimmung mit russischen Stellen durch die von Moskau kontrollierte Meerenge bei Kertsch in das Asowsche Meer einzufahren. Zuvor hatten sich die Spannungen über Monate hin aufgebaut, nachdem die ukrainische Küstenwache ein russisches Fischerboot rechtswidrig beschlagnahmt und die Crew inhaftiert hatte. Hintergrund sind Bemühungen Kiews, seine Militärpräsenz im Asowschen Meer auszuweiten. Da die ukrainische Marine viel zu schwach sei, um eine Gefahr für die russische Flotte darzustellen, könne Kiew nur auf Verstärkung durch NATO-Kriegsschiffe hoffen, urteilen US-Strategen.
(…) “Schnellstens auf Patrouille”
Kiew nimmt die Eskalation vom Sonntag nun tatsächlich zum Anlass, um Unterstützung durch NATO-Marinen zu fordern – vor allem auch durch die deutsche Kriegsmarine. “Wir erwarten von unseren deutschen Partnern, dass Marineschiffe der EU und NATO in das Schwarze und Asowsche Meer schnellstens auf verstärkte Patrouillen entsandt werden”, verlangte am gestrigen Montag der Botschafter der Ukraine in Deutschland, Andrij Melnyk; das sei nötig, um “Kriegshandlungen Moskaus vorzubeugen“. Schon vergangene Woche hatte das britische Verteidigungsministerium angekündigt, ein Kriegsschiff der Royal Navy in das Schwarze Meer zu entsenden. Während der geplante Einsatzort nicht genannt wurde, hieß es, man wolle damit die “Freiheit der Seefahrt” durchsetzen helfen. Kiew verlangt darüber hinaus, auch anderweitig den Druck auf Russland zu verstärken. “Wir fordern … die Bundesregierung auf, ohne Verzögerung neue, viel schärfere Sanktionen gegen die russische Staatsführung und vor allem gegen das Militär einzuführen”, teilte Botschafter Melnyk gestern mit: “Es ist an der Zeit, Russland auf der internationalen Arena zu isolieren und als Pariastaat zu behandeln”
Quelle: German Foreign Policy
Anmerkung Marco Wenzel: Bei der Beurteilung der Zwischenfälle im Asowschen Meer spielt es eine entscheidende Rolle, ob man den Beitritt der Krim zur russischen Föderation, wie der Westen und die Nato, als Annexion ansieht oder aber sie als eine Sezession, eine freiwillige Abspaltung, betrachtet. Eine Annexion verstößt gegen das Völkerrecht und ermöglicht Sanktionen seitens der UNO. Eine Sezession dagegen nicht. Zudem: wenn die Abspaltung der Krim nicht völkerrechtswidrig war, so muss man die Straße von Kertsch als unter russischer Hoheit stehend betrachten. Fremde Kriegsschiffe haben dann da nichts verloren oder müssen die Genehmigung Russlands haben, da durch zu fahren.
Andreas Zumach bezeichnet den Fall Krim, wie auch gestern in der taz, als russische Annexion, auch wenn er zur Mäßigung aufruft und korrekterweise eine Mitschuld des Westens und insbesondere der Nato einräumt.
Dieser Einschätzung widersprechen namhafte Rechtswissenschaftler, wie Professor Reinhard Merkel, der den Beitritt der Krim zur russischen Föderation klar als eine Sezession ansieht und die Rolle Russlands dabei bestenfalls als Beihilfe zur Sezession. Auch Frau Professor Krone-Schmalz sieht das so.
Das Resultat des Referendums über den Beitritt der Krim zur russischen Föderation war übrigens eindeutig: Bei einer Wahlbeteiligung von 82% der Wahlberechtigten sprachen sich 95,5% für eine Wiedervereinigung mit der russischen Föderation aus und nur 3,5% dagegen.
Eine Wiederholung des Referendums, wie es Mattias Platzeck und auch Andreas Zumach vorschlagen, dürfte kaum ein anderes Ergebnis erbringen.
Ergänzende Anmerkung Jens Berger: Die Debatte, ob es sich um eine Annexion oder Sezession handelt, mag von akademischen Interesse sein und es gibt gute Argumente für beide Perspektiven – schlussendlich ist hier aber nicht das Völkerrecht sondern die normative Kraft des Faktischen ausschlaggebend. Die Krim gehört nun zu Russland und daran wird sich auch nichts mehr ändern. Auf Basis dieses simplen Fakts muss man sich nun zusammensetzen und Lösungen für die offenen Probleme finden, mit denen alle Beteiligten leben können. Leider scheint der Westen diesen pragmatischen Ansatz jedoch nicht zu teilen.
dazu auch: Bundespressekonferenz zur Eskalation in der Straße von Kertsch: “Wir unterstützen die Ukraine”
Hauptthema der heutigen BPK war die Verletzung russischen Hoheitsgebiets durch ukrainische Kriegsschiffe. Die Bundesregierung sprach der Ukraine präventiv ihre Unterstützung aus, zu geltendem See- und Völkerrecht wollte sie sich aber nicht äußern.
(…) Das Kriegsrecht erlaubt es der ukrainischen Regierung, eine Reihe von bürgerlichen Freiheiten einzuschränken, die ansonsten durch die Verfassung geschützt sind, wie zum Beispiel die Presse- und Versammlungsfreiheit.
RT Deutsch fragte in diesem Zusammenhang auf der Bundespressekonferenz, wie die Bundesregierung die angekündigte Verhängung des Kriegsrechtes vier Monate vor der Präsidentschaftswahl in der Ukraine bewertet. Unter ukrainischem Kriegsrecht ist es untersagt, Wahlen abzuhalten. Amtsinhaber Petro Poroschenko liegt derzeit in den Umfragen bei 7,8 Prozent und hätte keine Chance auf eine Wiederwahl.
Quelle: rt deutsch
- Brexit
- Wird Großbritannien wirklich die EU verlassen?
(…) Die Selbstverklärung der Europäischen Union wird immer dann als Maske entlarvt, wenn sie auf die Probe gestellt wird: Wenn sich Bevölkerungen in Volksabstimmungen dem von den Eliten vorgegebenen Weg widersetzen. Obwohl der Austritt aus der Union im EU-Vertrag von Lissabon 2009 verankert wurde, gilt die Aktivierung dieses Rechts aufgrund eines Wählervotums in Großbritannien als Unfall oder Unbotmäßigkeit. Eine entscheidende Frage ist also: Wird die EU Großbritannien zu annehmbaren Bedingungen gehen lassen?
(…) Die EU mit ihrer vertraglich verankerten neoliberalen Schlagseite — vier Grundfreiheiten des Binnenmarktes, Verbot staatlicher Beihilfen, Unterminierung des öffentlichen Sektors —, die in der geltenden Normenhierarchie Verfassungsrang genießt, gilt zurecht als hauptverantwortlich für diesen Zustand. Auch daraus nähren sich die nationalistisch auftretenden Parteien am rechten politischen Rand allerorten und sind die unteren Einkommensgruppen empfänglich für den nationalen Souveränitätsdiskurs, den die Leave-Kampagne mit ihrem Motto „Take back control again” bedient hat
(…) Für das Austrittsabkommen wurde der Begriff „Withdrawal Agreement” gewählt und nicht „exit” oder „leaving”. Betrachtet man das semantische Feld von withdrawal, so fallen darunter neben „Austritt” auch „Rückzug” und „Entzugserscheinungen”. In Anbetracht der konkreten Regelungen handelt es sich tatsächlich um Großbritannien auferlegte schmerzhafte Entzugserscheinungen. Die EU-Verhandler haben kein Interesse daran, angenehme Austrittsbedingungen zuzugestehen, um angesichts des inneren Zerfalls der Union mögliche Nachahmer abzuschrecken….
Vergleicht man Theresa Mays 12-Punkte zum Brexit aus dem Sommer 2018, siehe Abbildung unten, mit dem vorliegenden Withdrawal Agreement, muss man feststellen, dass sich die Hoffnungen der Brexiteers auf das Wiedererlangen der vollständigen nationalen Souveränität nicht erfüllt haben. Dies gilt weder bezogen auf den Stopp der Personenfreizügigkeit, noch auf die finanziellen Leistungen an die EU, noch auf das Recht, neue Handelsabkommen zu schließen und auch nicht auf den gerichtlichen Vorrang von britischen Gerichten über den EuGH.
Quelle: KenFm
- Volles Risiko beim Brexit
Die EU hat das Austrittsabkommen mit Großbritannien gebilligt. Dabei wissen Kanzlerin Merkel und die anderen Chefs nur zu genau, dass ihr “Deal” kaum eine Chance hat, im britischen Unterhaus zu bestehen. Doch darüber reden sie nicht gern.
Was passiert, wenn das britische Parlament den Brexit-Vertrag durchfallen lässt? Wie wird die EU dann reagieren? Das war der „weiße Elephant“, der beim “historischen” Gipfeltreffen unsichtbar im Brüsseler Ratsgebäude schwebte.
Niemand wollte sich dazu äußern. „Das sind spekulative Fragen, wir haben uns dem Gelingen verschrieben“, bürstete Merkel alle Zweifler ab. „Ich bin ein positiver Mensch, der immer hofft, dass es positiv ausgeht“, sagte Luxemburgs Premier Bettel.
Dabei wissen die EU-Chefs nur zu gut, dass die Zitterpartie um den Brexit weiter geht. Wenn der Deal in London scheitert, kann es immer noch einen ungeordneten Austritt mit chaotischen Folgen für die Wirtschaft und die Bürger geben.
Doch das nimmt man bewusst in Kauf. Mit einem Abkommen, das alles andere als ausgewogen ist, geht die EU voll ins Risiko. Einen besseren Deal könne und werde es nicht geben, hieß es beim Gipfel in Brüssel.
Das kann man als Erpressung deuten – oder als Versuch, May den Rücken zu stärken. Denn eine “bessere” (also gefügigere) Premierministerin, so viel ist klar, wird die EU so schnell nicht finden….
Quelle: Lost in Europe
- Nur Verlierer
Auf den ersten Blick war es eine starke Vorstellung, die die EU in dieser Woche hingelegt hat. Gleich zweimal hat Brüssel energisch durchgegriffen: Im Budgetstreit mit Italien und beim Brexit-Deal mit Großbritannien. Doch am Ende gibt es nur Verlierer.
Italien wurde wegen seiner Schulden in die Schranken gewiesen. Die populistische Regierung muss nun mit einem Defizitverfahren rechnen, das mit hohen Geldstrafen enden kann.
Auch London muss zurückstecken: Der Brexit-Deal trägt zu 99 Prozent die europäische Handschrift. Die britische Premierministerin May konnte sich nur auf dem Papier durchsetzen, in der Praxis gibt die EU die Linie vor…
Auch in Italien verliert die Union. In keinem anderen Land ist die Zustimmung zur EU so stark gefallen, war das Wachstum so schwach und die soziale Krise so verheerend. Dabei haben sich die letzten Regierungen an die Vorgaben aus Brüssel gehalten.
Der nun eingeschlagene harte Kurs wird an diesem traurigen Befund nichts ändern, im Gegenteil: Die Rezepte der EU-Kommission dürften die Krisen noch verschärfen.
Brüssel bietet nur rote Linien, aber keine neuen Horizonte oder Perspektiven, wie sie Frankreichs Präsident Macron 2017 in seiner Sorbonne-Rede gefordert hatte.
Besonders krass zeigt sich das am Beispiel Italiens. Das Land steht nun vor zwei unmöglichen Alternativen: einlenken und den gescheiterten EU-Sparkurs fortsetzen, was die Misere verlängern dürfte – oder aufrecht untergehen.
Auch für Großbritannien hat die EU keine guten Perspektiven. Der Entwurf für einen „Zukunftspakt“ enthält zwar viele schöne Worte.
Und der Austrittsvertrag könnte den „Worst Case“ verhindern – einen ungeordneten Brexit mit riesigen ökonomischen und sozialen Verwerfungen.
Ein Club, aus dem es kein Entrinnen gibt
Doch Brüssel entlässt London nicht etwa in die ersehnte Freiheit, sondern in ein dubioses Zwischenreich. In der Übergangsphase nach dem Brexit, die bis 2022 dauern könnte, muss London alle EU-Regeln einhalten und seine Beiträge zahlen, ohne in Brüssel mitreden zu dürfen. Selbst danach bleibt das Land an die EU gebunden.
Großbritannien wird deshalb nicht gleich zum „Vasallenstaat“, wie die Brexit-Hardliner schreien. Doch glücklich dürfte das Land mit dem neuen Status auch nicht werden.
„Reisende soll man nicht aufhalten“, sagt man. Die EU macht das Gegenteil – und kettet die Briten an sich. So gleicht sie einem Club, aus dem es kein Entrinnen gibt.
Quelle: Lost in Europe
- Emmanuel Macron hat keine Antwort für seine Wutbürger
Der französische Präsident versteht die Wut der Gelbwesten. Sagt er. Seine politischen Ziele aber gehen an den Enttäuschten vorbei.
Mit dieser Rede wird Emmanuel Macron seine Landsleute nicht von der Straße kriegen. Der französische Präsident versuchte am Dienstagmorgen, die Bewegung der Gelben Westen zu befrieden. Die Demonstranten haben nun schon an zwei Wochenenden zu Hunderttausenden Straßen und Kreuzungen blockiert, sie haben Einkaufszentren lahmgelegt und Steuerbehörden besetzt. “Ich habe verstanden”, sagte Macron: “Wir erzählen vom Ende der Welt, um das Klima zu retten; ihr wisst nicht, wie ihr am Ende des Monats über die Runden kommen sollt.” Allein, der französische Liberale hatte keine Antwort auf die neuen französischen Wutbürger.
(…) Die teurere Tankfüllung war letztlich nur der Funke, der die schwelende Unzufriedenheit mit Macron zum Lodern brachte. Nach Umfragen sind die meisten Gelbwesten nicht einmal regelmäßige Autofahrer – sie fühlen sich vor allem von einem Präsidenten vernachlässigt, der sich allzu häufig an eine wohlhabende Elite wendet, an die Gründer und Selbstständigen im Land.
(…) “Er hat uns nichts gegeben”
Die Gelben Westen hatten sich am Dienstag in Bars und Cafés versammelt, um Macrons Antwort zu hören. Laut ihren auf Facebook formulierten Ideen erwarteten sie neue Steuern für Wohlhabende, weniger Steuern für Ärmere, einen höheren Mindestlohn oder kostenlose Busse und Bahnen für arme Menschen. Forderungen ohne Widerhall. Zwar waren Macrons Ankündigungen, die Zahl der Windräder zu verdreifachen und die Zahl der Solarpaneele zu verfünffachen, ökologisch sicherlich richtig – aber seine Zuhörer mit den Warnwesten frustrierten sie nur einmal mehr. Denn dieses Erneuerbare-Energien-Programm wurde schon seit Monaten ausgehandelt und hat mit den Protesten nichts zu tun.
“Er hat uns nichts gegeben”, war anschließend die einhellige Meinung auf Facebook…
Quelle: Zeit online
Anmerkung Marco Wenzel: Es geht hier nicht nur ums teure Benzin. Es geht um klassische sozialdemokratische Forderungen nach besseren Löhnen und besseren Lebensbedingungen für die arbeitenden Menschen. Wo sind die französischen Sozialdemokraten? Wo bleiben die Solidaritätsbekundungen der europäischen Linken?
- Hunger als Kriegswaffe – 85.000 Kinder im Jemen ermordet
Die unsichtbaren Toten des Saudi-Kriegs
Laut einer Untersuchung der NGO Save the Children sind im Jemen seit Kriegsbeginn 2015 bis zu 85.000 Kinder unter fünf Jahren an Hunger gestorben. Die Bundesregierung trägt eine Schuld an diesen Toten, da sie Schiffe an Saudi-Arabien verkauft, die für die Implementierung der Seeblockade genutzt werden – einer der Hauptgründe der historischen Hungersnot im Jemen.
(…) Nach Angaben der UN stehen 400.000 Kinder im Jemen am Rande des Hungertods – entsprechend etwa der Zahl aller Unter-Fünfjährigen in ganz Baden-Württemberg.
Ein monströses Zeugnis der Schande
Laut UN-Nothilfe ist die Zahl der akut von Hunger gefährdeten Menschen im Jemen auf 14 Millionen angestiegen, was der Hälfte der gesamten Bevölkerung entspricht – Ende Februar waren es noch 8,4 Millionen. Die Gründe für diese Hungersnot sind zahlreich und liegen einerseits auf der Angebotsseite. Vor dem Krieg importierte der Jemen etwa 90 Prozent aller Lebensmittel, davon wiederum 80 Prozent über den Rotmeerhafen Hodeida. Neben der völkerrechtswidrigen Seeblockade der Saudi-Emirate-Koalition ist vor allem die seit Juni andauernde Großoffensive auf Hodeida – die buchstäbliche Lebensader des Jemen – für die dramatische Zuspitzung der Hungersnot verantwortlich (ich berichtete ausführlich über die Schlacht um Hodeida auf den NachDenkSeiten).
Andererseits liegt die Ursache im als Folge des Krieges kollabierten Finanzsystems und der Wirtschaft des Jemen; insbesondere im Einbrechen der jemenitischen Währung. Menschen können sich schlicht kein Essen mehr leisten. Mehr als die Hälfte aller jemenitischen Haushalte kauft Grundnahrungsmittel auf Kredit. Menschen sind gezwungen, auf Mülldeponien nach Nahrung zu suchen, essen Verdorbenes oder Blätter, um dem lähmenden Hunger zu trotzen….
Quelle: justice now!
- Bitcoin-Crash nimmt historisches Ausmaß an
Die Kryptowährung habe schon schlimmere Crashs überstanden, argumentieren Bitcoin-Anhänger angesichts der Kursverluste häufig. Der aktuelle Absturz könnte diese Argumentation bald obsolet machen und zudem die Sicherheit der Blockchain gefährden.
Bitcoin setzt seinen rasanten Absturz ungebremst fort. Erstmals seit rund eineinhalb Jahren unterschritt der Kurs die 4000-Dollar-Marke. Zeitweise notierte die größte und bekannteste Kryptowährung an manchen Handelsplätzen unter 3500 Dollar. Innerhalb einer Woche verlor Bitcoin damit mehr als ein Drittel seines Werts. Der Verlust seit dem Rekordkurs von fast 20.000 Dollar im vergangenen Dezember beläuft sich inzwischen auf gut 82 Prozent. […]
Allerdings ging es bei den Kursbewegungen damals nur um einen Bruchteil der Summen, die in den vergangenen Monaten vernichtet wurden. Seit Dezember 2017 brach die Marktkapitalisierung – der Wert aller Bitcoin zusammengezählt – um mehr als 260 Milliarden Dollar ein. Beim Platzen der 2011er Blase lösten sich gut 150 Millionen Dollar in Luft auf. […]
Dennoch gibt es neben Berichten über Kursverfall, mutmaßliche gigantische Manipulationen und striktere Regulierung durch die Finanzaufsicht in verschiedenen Ländern auch weiter positive Nachrichten für Bitcoin-Anleger. So plant Ohio laut dem “Wall Street Journal” als erster US-Bundesstaat, die Kryptowährung als Zahlungsmittel für Unternehmenssteuern zu akzeptieren.
Quelle: n-tv
Anmerkung Jens Berger: Der „historische Crash“ hält die „Finanzjournalisten“ nicht davon ab, kompletten Unsinn über den Bitcoin zu schreiben. Beim Crash der Kurses wurde kein Geld vernichtet, da eine „Wertbemessung“ anhand von Kursen grundsätzlich weder zielführend noch statthaft ist. Ein Bitcoin hat keinen Wert, er ist eine vollkommen belanglose Aneinanderreihung von Bits. Wenn Spekulanten für einen Bitcoin vor kurzem 20.000 US$ bezahlt haben und ihn nun für 4.000 US$ verkaufen, haben sie zwar reale Verluste verbucht – auf der anderen Seite hat derjenige, der ihnen den wertlosen Plunder für 20.000 US$ verkauft hat, aber auch einen spiegelbildlichen realen Gewinn erzielt. Das Geld ist bei solchen Spekulationen nie weg, es ist stets lediglich woanders.
Falsch ist übrigens auch die Meldung, Ohio würde den Bitcoin als Zahlungsmittel für Unternehmenssteuern akzeptieren. Richtig ist vielmehr, dass Ohio einen Dienstleister vorschalten will, bei dem man mit allen möglichen Methoden (Kreditkarte, PayPal, Überweisung oder eben Bitcoin) seine Steuerschulden bezahlen kann. Technisch tauscht dieser Dienstleister im ersten Schritt dann beispielsweise Bitcoins zum Tageskurs gegen Dollar ein, die dann wiederum an die Staatskasse überwiesen werden. Auch in Ohio ist die „Kryptowährung“ also auch künftig kein Zahlungsmittel, zumal die Schulden selbstverständlich ausschließlich in Dollar dotiert sind. Die Transaktionskosten trägt übrigens der Nutzer.
Lesen Sie zum Thema auch auf den NachDenkSeiten: Der Bitcoin-Hype und die Verantwortung der Medien – besonders amüsant ist es dabei, die tollen damaligen Tipps der Experten zu lesen. Es ist übrigens sehr wahrscheinlich, dass diese „Experten“ ihr Geld vor allem damit verdient haben, den „dummen Lesern“ damals die Bitcoins für mehr als 10.000 US$ zu verkaufen.
- Wie Kinderarmut die Sozialversicherung produziert
Die grassierende Kinderarmut ist einer der größten Schandflecken Deutschlands. Viele machen die Hartz-Reformen dafür verantwortlich, nicht ganz zu Unrecht. Aber der Hauptverantwortliche wird selten genannt: das System der Sozialversicherungen, das entscheidend zur Verarmung von Familien mit Kindern beiträgt. Sozialrichter a.D. Jürgen Borchert erklärt in diesem Gastbeitrag* worin der eklatante Konstruktionsfehler besteht.
Jürgen Borchert**, Berlin. Der Abbau von Existenzängsten war von Anfang an das Ziel des deutschen Sozialstaats. Erst recht war man bei seiner Neuordnung nach dem Zweiten Weltkrieg genauestens darüber im Bilde, was dem Extremismus Tür und Tor geöffnet hatte, dem diese Menschheitskatastrophe zu verdanken war. Heute ist seine Neuordnung erneut überfällig. Denn die Zeit des Sozialstaats alter Konstruktion ist unwiderruflich abgelaufen. Statt von oben nach unten umzuverteilen, wie die verfassungsrechtlichen Weisungen des Gleichheits-, Sozialstaats- und Rechtstaatsprinzip gebieten, bewirkt sein zentrales Aggregat „Sozialversicherung“ zunehmend das Gegenteil. Die Risiken und Notlagen, vor denen sie schützen soll, produziert die Sozialversicherung zunehmend selbst. Die daraus erwachsenden Existenzängste stellen heute eine tödliche Bedrohung für Demokratie, Frieden und Freiheit dar.
1881-89 ins Leben gerufen, war die Sozialversicherung anfangs als Unterstützungssystem für die Kleinfamilien der Industriearbeiter gedacht, die mit der Unterstützung ihrer Mitglieder überfordert waren. Die Risiken waren begrenzt, die Beiträge niedrig und der Reichszuschuss hoch. Dazu ging der paritätische „Arbeitgeberbeitrag“ in den Jahren nach seiner Einführung unmittelbar zu Lasten der Betriebsgewinne. Dicht auf dem Fuße folgte dieser Reform die 1891 eingeführte progressive Einheits-Einkommensteuer. Die durch diese Maßnahmen in Gang gesetzte Umverteilung von oben nach unten verbesserte die Kaufkraftverteilung und führte zu einem selbsttragenden Aufschwung mit weiteren Lohnerhöhungen und befriedete die sozialen Konflikte.
(…) Zwischen 1948 und 1953 lag der Spitzensteuersatz der Einkommensteuer bei sagenhaften 95 Prozent, ab 1953 bei 80 Prozent! Im Nachkriegsdeutschland war die Lektion angekommen, dass Einkommensungleichheiten Existenzängste schüren und diese dem Extremismus Tür und Tor öffnen.
Quelle: Norbert Häring
- Deutschland verstößt gegen UN-Sozialpakt
Fachausschuss der Vereinten Nationen rügt unter anderem niedrige Beschäftigungsquote behinderter Menschen
Menschenrechte sind in den großen deutschen Medien vor allem dann ein Thema, wenn es um Staaten wie China oder Russland geht. Steht jedoch das eigene Land in der Kritik, hält sich die Berichterstattung in Grenzen. Das gilt auch im Fall des Reports, den ein Ausschuss der Vereinten Nationen im Oktober 2018 vorgelegt hat. Dieser rügt Verstöße der Bundesrepublik gegen den seit 1973 geltenden Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, kurz UN-Sozialpakt. Der Bericht thematisiert globale Probleme, etwa Lebensmittelexporte, die in den sogenannten Entwicklungsländern heimische Bauern ruinieren. Außerdem verlangt der UN-Ausschuss unter anderem für Asylbewerber den unbeschränkten Zugang zu Gesundheitsleistungen und moniert die restriktiven Regelungen der BRD zum Familiennachzug.
Als Verstoß gegen UN-Standards wertet das Dokument die soziale Lage von 13 Millionen prekär Beschäftigten hierzulande, darunter 163.000 Pflegekräfte, die in privaten Haushalten arbeiten. Kritisiert werden auch die Hartz-IV-Regelungen. Der UN-Ausschuss fordert die Bundesrepublik auf, Sanktionsregelungen abzuschaffen, durch die Betroffene das Existenzminimum verlieren. Beanstandet wird außerdem, dass Beschäftigte in Behindertenwerkstätten weniger als den gesetzlichen Mindestlohn erhalten und kaum Chancen haben, auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu wechseln. Der Staat müsse dafür sorgen, dass Betriebe die vorgegebene Beschäftigungsquote erhöhen und deren Unterschreitung stärker sanktionieren. Der UN-Ausschuss zeigt sich besorgt über die nach wie vor hohe Zahl von behinderten Kindern und Jugendlichen, die in Sonderschulen statt in regulären Einrichtungen unterrichtet werden.
Quelle: junge Welt
- Scholz` Pläne zur Grundsteuerreform treiben Mieten noch weiter in die Höhe
Pressemitteilung von Jörg Cezanne, 26. November 2018
„Das Wichtigste bei der Reform der Grundsteuer ist einerseits, dass sie die Mieterinnen und Mieter nicht noch weiter belastet und dass zweitens den Kommunen keine Einnahmeausfälle entstehen. Die in Medienberichten genannten Pläne des Finanzministeriums bieten aber gerade für die Mieter wenig Grund zur Freude, denn je höher die Miete desto höher würde die Grundsteuer ausfallen. Da die Vermieter die Grundsteuer bislang als Betriebskosten auf die Miete aufschlagen dürfen, würden also ohnehin schon hohe Mieten noch höher“, erklärt Jörg Cezanne, Mitglied des Finanzausschusses für die Fraktion DIE LINKE, zu den Medienberichten über Pläne zur Grundsteuerreform von Bundesfinanzminister Olaf Scholz. Cezanne weiter:
„DIE LINKE fordert die Bundesregierung daher auf, dass die Grundsteuer nicht länger als Betriebskosten auf die Mieter umgelegt werden darf. Viele Vermieter nutzen schon heute die gesetzlichen Möglichkeiten für Mieterhöhungen maximal aus. In diesen Fällen könnten die Vermieter dann steigende Grundsteuern nicht mehr an die Mieter weitergegeben.
Neben der Abschaffung der Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf die Mieter fordert DIE LINKE im Bundestag, dass sich die Grundsteuer so weit als möglich am tatsächlichen Wert der Immobilien orientieren soll. Teure und ertragsstarke Immobilien müssen höher besteuert werden als solche mit moderaten Mieten. Dazu ist am ehesten der Verkehrswert der Immobilien als Wertmaßstab geeignet.”
Quelle: Die Linke
Dazu: 5 Euro pro Quadratmeter: Wien entzieht Spekulanten zwei Drittel der Wohnungen
Wohnen in Großstädten ist bis in den Mittelstand hinein nur schwer leistbar. Während Europas Metropolen keine Rezepte gegen explodierende Mietpreise haben, macht die Wiener Stadtregierung den Investoren jetzt strenge Vorgaben und weist Immobilien-Spekulanten in die Schranken. Europas Städte blicken gespannt auf Wien.
Wien ist ein Sonderfall. Die Stadt hat selbst in der Hochphase des Neoliberalismus den gemeinnützigen Wohnbau erhalten. Heute wohnen 60 Prozent der Wiener und Wienerinnen in geförderten Wohnungen. Dort sind die Mieten begrenzt und die Verträge unbefristet. Das dämpft auch die Preise am freien Markt…
Quelle: kontrast.at
Anmerkung Marco Wenzel: Na bitte: Geht doch
- 21,6 Milliarden Euro für Auslandseinsätze
(…) Die mehr als 50 Auslandseinsätze der Bundeswehr seit Anfang der 90er Jahre haben zusammen mindestens 21,6 Milliarden Euro gekostet. Das geht aus einer Antwort zu einer parlamentarische Anfrage des Linken-Abgeordneten Andrej Hunko hervor, die der Nachrichtenagentur dpa vorliegt.
Demnach werden darin erstmals die Kosten aller 53 Bundeswehreinsätze im Ausland seit 1992 aufgelistet, die vom Bundestag oder vom Kabinett beschlossen wurden – soweit sie überhaupt noch ermittelbar sind.
Fast die Hälfte für NATO-Missionen am Hindukusch
In der Aufstellung des Verteidigungsministeriums wurde mit 10,2 Milliarden Euro fast die Hälfte davon für die NATO-Missionen ISAF und “Resolute Support” in Afghanistan ausgegeben. Die Bundeswehr ist dort seit 17 Jahren stationiert.
Dahinter folgen die Balkan-Einsätze im Kosovo (3,5 Milliarden) und in Bosnien-Herzegowina und Kroatien (1,2 Milliarden Euro) vor der Anti-Terror-Mission “Enduring Freedom” (1,1 Milliarden) in Afghanistan, Kuwait und am Horn von Afrika, die nach den Anschlägen in den USA vom 11. September 2001 beschlossen wurde.
Derzeit sind 3500 deutsche Soldaten in 13 Auslandseinsätzen, die mit Abstand meisten in Afghanistan und im westafrikanischen Mali.
Quelle: Tagesschau
- Auf der Flucht auch vor dem Klimawandel
Zentralamerika wird verstärkt durch Extremwetter gebeutelt. Das könnte dazu beitragen, dass Tausende Richtung USA ziehen.
Mit dem Flüchtlingstreck in die USA bahnt sich nun ein Szenario an, über das viele Jahre spekuliert worden war: Flüchtlinge, die massenweise aus den von Armut und Klimawandel gebeutelten Staaten Zentralamerikas in die reichen USA fliehen. Lange war das reine Theorie, eine Sache der Zukunft. Diese Zukunft, so scheint es, findet jetzt statt. Die Gründe sind vielschichtig, warum sich die Menschen auf den Weg gemacht haben. Einer davon, so spekulieren Experten, könnte der Klimawandel sein. „Der Hauptgrund, warum Menschen wegziehen, ist, dass sie nichts zu essen haben“, sagte Robert Albro vom Zentrum für Lateinamerikastudien an der Amerikanischen Universität in Washington der britischen Zeitung „The Guardian“: „Das ist eng mit dem Klimawandel verbunden – wir sehen eine enorme Instabilität des Klimas, die die Ernährungssicherheit in der Region radikal verändert.“…
Quelle: Frankfurter Rundschau
Anmerkung Marco Wenzel: Der Hauptgrund für die Flüchtlingsströme aus Lateinamerika nach den USA dürfte jedoch die Politik aller bisherigen US-Regierungen sein, Lateinamerika als ihren Hinterhof zu betrachteten und deshalb systematisch ihr nicht genehme Regierungen boycottiert und gestürzt hat. Regierungen, die es gewagt haben, sich dem Diktat der US Konzerne entgegenzustellen und versucht haben, eine selbständige nationale Wirtschaft auf die Beine zu stellen. Eine Naturkatastrophe dürfte nur den letzten Anstoß zur Migration geben.
Dazu: “Glaube ich nicht”
Trump weist Bericht von US-Behörden zu Klimawandel zurück
“Das glaube ich nicht”, sagte US-Präsident Trump, angesprochen auf die wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels.
Washington – US-Präsident Donald Trump bezweifelt, dass den USA durch den Klimawandel schwerer wirtschaftlicher Schaden entsteht. Er kenne die Studie für den Kongress, sagte Trump am Montag vor Journalisten im Weißen Haus. “Ich habe Teile davon gelesen, es ist okay.” Angesprochen auf große wirtschaftliche Folgen, sagte er: “Das glaube ich nicht.”
Der Bericht von zahlreichen US-Regierungsbehörden wurde am Freitag veröffentlicht und kommt zu dem Schluss, dass der Klimawandel die US-Wirtschaft bis Ende des Jahrhunderts hunderte Milliarden Dollar kosten wird, wenn nicht entschlossen gegengesteuert und die Emission von Treibhausgasen kräftig gedrosselt wird. “Momentan sind wir so sauber wie noch nie, und das ist mir wichtig”, sagte Trump. “Aber wenn wir sauber sind und alle anderen auf der Welt schmutzig, ist das nicht so gut.”…
Quelle: Der Standard
Anmerkung Marco Wenzel: Was soll man da noch sagen?
- Mehr als nur Päckchen
Der US-Konzern Amazon hat sich in kürzester Zeit zu einem der reichsten Unternehmen der Welt entwickelt. Im derzeit in Baden-Württemberg entstehenden „Cyber Valley“ will das Unternehmen in Tübingen zu künstlicher Intelligenz forschen. Eine Analyse der aktuellen Firmenpolitik zeigt, dass der Konzern damit auch Überwachung und Kriegstechnik vorantreiben kann. (…)
Unter Bezos‘ Unternehmertum findet sich z.B. das Raumfahrtprogramm Blue Origin. Das Projekt, das er als seine wichtigste Arbeit bezeichnet, hat zum Ziel, dass „Millionen von Menschen im Weltraum leben und arbeiten“, um die Erde zu erhalten und die unbegrenzten Ressourcen des Weltalls anzuzapfen.
Aktuell hat Amazon weltweit mehr als eine halbe Million Beschäftigte. Der Umgang mit diesen hat dem Konzern schlechte Schlagzeilen und Proteste eingebracht. In den USA steht Bezos‘ Firma unter den Top 20 derjenigen Unternehmen, die die meisten von Essensmarken abhängigen Angestellten hat. In Arizona z.B. ist jede*r Dritte Amazon Angestellte abhängig von Essensmarken, in Ohio und Pennsylvania jede*r Zehnte. In Europa streiken die Angestellten gegen „Ausbeutung, Überwachung und Kontrolle am Arbeitsplatz“. Durch Smart Watches überwacht der Konzern jeden Schritt, Pausen und Toilettengänge, um die Arbeiterschaft zu optimieren.
Berühmt ist Amazon auch für seine Steuervermeidung. Die Otto-Brenner Stiftung der IG Metall nutzt Amazon sogar als Fallbeispiel für aggressive Steuerplanung. Das Unternehmen wirtschaftet viel über Briefkasten und Tochterfirmen, beispielsweise in Luxemburg. Das hat effektiv dazu geführt, dass in England traditionelle Bücherläden 11-mal mehr Steuern zahlen als der Global Player, lokale Buchhändler in Deutschland zahlen „nur“ dreimal mehr. In den USA hat Amazon 2017 keine Bundeseinkommenssteuer gezahlt, aber gleichzeitig 1,2 Milliarden an Steueranreizen bekommen, um seine Infrastruktur auszubauen. Für seine Firmenpolitik ist Bezos 2014 vom Internationalen Gewerkschaftsbund zum schlechtesten Boss der Welt gekürt worden.
Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.
- Digitalisierung: Nachdenken first
Mit Macht drängen Politik und Wirtschaft auf die Digitalisierung der Schulen. Doch mit deren Nutzen für die Bildung haben wir uns noch viel zu wenig beschäftigt. Plädoyer für eine digitalkritische Pädagogik. … Schule hat drittens in einer Gesellschaft, die autonom bleiben will, mehr als zuvor die Aufgabe, für Aufklärung zu sorgen. Das ist das Wichtigste! “Bewusstsein ist der erste Schritt zur Freiheit”, sagt der Internetpionier Jaron Lanier. Das Bewusstmachen dessen, was da einsickernd passiert – die Invasion des Digitalen -, müsste ein vordringliches Lernziel werden. Sie sichtbar zu machen wäre Grundanliegen eines Pflichtfachs allgemeinbildender Informatik in allen Schulformen. … Digitalisierung mit Augenmaß: Einerseits sollten wir uns ihrer teilweise großartigen Möglichkeiten bedienen. Andererseits müssen wir die Schüler so stark machen, dass sie auch Nein sagen können: Nagelprobe ihrer Autonomie. Denn es geht um viel mehr als die Frage nach optimalen Unterrichtskonzepten. Erfülltes Leben resultiert nicht aus dem digitalen Entweder-Oder, es verdankt sich der Dynamik eines Sowohl-als-Auch. Sein Paradigma ist das autonome Individuum – das Gegenbild zu dem, was die digitale Transformation uns als Errungenschaft andient.
Quelle: Süddeutsche Zeitung
- Petition Julian Assange
Die Nachdenkseiten möchten hier noch auf eine Petition Für die Freilassung von Julien Assange hinweisen. Die Petition ist auf Französisch und an Frankreichs Präsidenten Macron gerichtet.
Wir haben für unsere Leser haben die Petition auszugsweise frei aus dem Französischen übersetzt:
(…)
“Es ist jetzt an der Zeit zu sagen, dass es reicht! Wir werden nicht die Arme verschränken und zusehen, wie dieser mutige Journalist stirbt”, sagte Christine Assange, seine Mutter, den Bürgern, die Demokratie, Gerechtigkeit und Freiheit hochhalten.
- Wir, die Unterzeichner der Petition, fordern zusammen mit Christine Assange, dass die politische Verfolgung von Julian Assange eingestellt wird;
- Wir, die Unterzeichner der Petition, rufen zusammen mit Christine Assange alle Journalisten auf, sich zu mobilisieren, denn Julian ist euer Kollege und ihr werdet die nächsten sein, wenn nichts diesen Vernichtungsprozess aufhält;
- Wir, die Unterzeichner der Petition, rufen zusammen mit Christine Assange alle Politiker – aller Meinungen und Tendenzen – auf, sich gegen den vorprogrammierten Mord von Staats wegen zu stellen
- Wir, die Unterzeichner der Petition, rufen zusammen mit Christine Assange alle Aktivisten auf, die sich für Menschenrechte, Flüchtlinge, Ökologie einsetzen und die gegen Kriege sind, sich jetzt zu erheben, denn WikiLeaks hat auch den von ihnen verteidigten Anliegen gedient
- Wir, die Unterzeichner der Petition, rufen zusammen mit Christine Assange alle Bürger auf, die sich für Freiheit, Demokratie und Gerechtigkeit einsetzen, und fordern sie auf, ihre politischen Meinungsunterschiede dafür beiseite zu legen, sich zu vereinen und sich jetzt zu mobilisieren, bevor es zu spät ist
- Wir, die Unterzeichner der Petition, fordern zusammen mit Christine Assange die sofortige und bedingungslose Freilassung des Journalisten und Weckrufers Julian Assange.
(…)
Hier der Link zur Petition.
Hier auch noch eine Petition auf Deutsch.