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Titel: Hartz IV überwinden oder doch nicht? Doppelzüngige Andrea Nahles
Datum: 27. November 2018 um 11:36 Uhr
Rubrik: einzelne Politiker/Personen der Zeitgeschichte, Hartz-Gesetze/Bürgergeld, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech
Verantwortlich: Albrecht Müller
Man wolle “Hartz IV überwinden”, hatte A. Nahles nach der letzten Wahlniederlage der SPD verkündet. „Das System flößt Angst ein“ war in einem Spiegel-Interview vom 22. November zu lesen. – Versteckt am Ende eines Beitrags der SZ (23.11.18) über Merkel vor und beim Arbeitgebertag, konnte man plötzlich das alte Hartz-IV-Gesicht von Andrea Nahles erblicken. Der entsprechende Auszug aus dem Beitrag “Boom und Abstieg” wird nachfolgend wiedergegeben. Albrecht Müller.
SPD-Chefin Nahles über Hartz IV: “Das System flößt Angst ein”
Andrea Nahles will das Trauma Hartz IV überwinden. Im Interview verteidigt die SPD-Vorsitzende ihren Vorstoß – und stichelt gegen Grünen-Chef Habeck.
SPIEGEL ONLINE: Sie wollen Hartz IV hinter sich lassen. Warum glauben Sie eigentlich, dass Sie die SPD mit diesem Thema aus der Krise führen können?
Nahles: Wir machen das, weil wir es für wichtig und richtig halten. Es war schon immer das Anliegen der SPD, den Sozialstaat auf die Höhe der Zeit zu bringen. Es gibt erhebliche Veränderungen in der Arbeitswelt, das alte System passt an vielen Stellen nicht mehr. Darauf reagieren wir. Das ist eine Herzensangelegenheit für die SPD. …
„Das Wort Hartz IV nimmt Merkel am Donnerstag nicht in den Mund. Auch nicht, als Kramer verlangt, dass am Prinzip „Fördern und Fordern“ nicht gerüttelt werden dürfe und es doch in der Debatte darum gehen müsse, mehr Arbeitslose aus Hartz IV herauszuholen – statt sie nur besser zu verwalten. Dafür aber spricht am Nachmittag die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles das Thema an, „damit sich Herr Kramer keine Sorgen machen muss“.
Die Sorgen, sagt Nahles, von der man zuletzt lesen konnte, sie wolle Hartz IV überwinden, könne sie dem Arbeitgeberpräsidenten nehmen. „Ich möchte keine Debatten über die Vergangenheit führen oder zurück über Los in die Neunzigerjahre“, sagt sie. Den ein oder anderen im Festsaal überrascht das vermutlich, schließlich beschäftigt die Agenda-Politik die Sozialdemokraten ja eigentlich ziemlich durchgehend seit 15 Jahren. Nahles aber klingt am Donnerstag überraschend wenig nach „Hartz IV überwinden“.
„Ich sag mal so“, erklärt sie, „ich bin die Tochter eines Maurers“, und nach 15 Jahren komme nun mal die Frage nach einer Grundsanierung auf. Sie verweist auf den geplanten sozialen Arbeitsmarkt für Langzeitarbeitslose, kritisiert Sanktionen wegen Lappalien und fordert, zwei Millionen Kinder vom Stigma Hartz IV zu befreien. Dann aber sagt sie noch etwas anderes, und das darf man getrost als Frontalangriff auf Grünen-Chef Robert Habeck und seinen Vorschlag eines 30 Milliarden Euro teuren, bedingungslosen Garantiesystems sehen: „Unser Ziel ist das Recht auf Arbeit und nicht das Recht auf bezahltes Nichtstun.“ Wer die Grundsicherung in Anspruch nehme, „von dem dürfen wir erwarten, dass er sich anstrengt, seine Bedürftigkeit auch zu überwinden“. Und wer Regeln gezielt missachte, müsse auch mit Leistungssperren rechnen. Fördern und Fordern? „Das ist weiterhin das Thema.“
Schlussbemerkung: Mit Doppelzüngigkeit wird der Aufstieg nicht mehr zu schaffen sein.
Der Tipp für diesen Text kam vom NachDenkSeiten-Leser Werner Sch.
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