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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Leserbriefe zu verschiedenen Themen der letzten Woche.
Datum: 26. November 2018 um 9:09 Uhr
Rubrik: Europäische Union, Innen- und Gesellschaftspolitik, Leserbriefe, Medienkritik
Verantwortlich: Redaktion
Die folgenden Leserbriefe befassen sich mit den Artikeln “Journalisten im Dickicht des Dünkels“, “Tatort Polizeiruf 110 – die Selbstzensur der ARD ist ein Sieg des Opportunismus“, “Leserbriefe zum Beitrag: „Zur Flüchtlingsdebatte.“” und diversen anderen Themen. Wie so oft, könnten die Meinungen gegensätzlicher nicht sein, und da gilt es, die Ratschläge aus dem 1. Leserbrief zu überdenken. Vielen Dank an alle, die geschrieben haben. Zusammengestellt von Moritz Müller.
Leserbriefe zu Journalisten im Dickicht des Dünkels
1.Leserbrief
Liebes NDS-Team,
es gibt noch mehr Kritikpunkte an den Äußerungen von Anja Reschke. So sagt sie an einer Stelle:
“Das Ideal ist, einen Zuschauer dazu zu bewegen, sich ein Argument, das eigentlich erstmal nicht in sein Bild passt, anzuhören und darauf rumzudenken. Das ist das Tollste, was man schaffen kann, und da würde ich nie aufgeben. Vielleicht kann man durch Berichterstattung doch dem ein oder anderen zeigen, dass man Dinge auch aus einem anderen Blickwinkel betrachten kann.”
Man könnte Anja Reschke entgegnen: “Warum sollte das, was Sie von Ihren Zuschauern einfordern, nicht auch für Journalisten gelten? Warum sollten ein Journalist sich nicht auch einmal “ein Argument, das eigentlich erstmal nicht in sein Bild passt”, anhören und darüber nachdenken? Warum sollte die Berichterstattung selbst die Dinge nicht auch mal “aus einem anderen Blickwinkel betrachten”? Ich habe manchmal den Eindruck, dass viele Journalisten alles und jeden kritisieren, in Sachen Selbstkritik jedoch ziemlich schwach auf der Brust sind. Wie schreibt es doch Terry Eagleton in seinem Buch ‘Materialismus’: “Eine Funktion dieser intellektuellen Clique besteht darin, mit Ideen aufzukreuzen, die dem Status quo Legitimität verleihen.” Quod erat demonstrandum, Frau Reschke!
Mit besten Grüßen
Georg Raacke
2. Leserbrief
Hallo liebes Nachdenkseitenteam.
Beim lesen des Interviews mit Anja Reschke drängte sich bei mir der Artikel “Two riders were approaching” von Wolf Reiser förmlich auf. Im Kontext mit einigen anderen Berichterstattungen diesbezüglich, denke ich das die Journalisten/innen von ihren Arbeitgebern entsprechend gebrieft werden, bevor solche Interviews stattfinden. Anders kann ich mir eine derartige Realitätsverweigerung kaum erklären.
Hochachtungsvoll,
Ulrich Erich
Leserbriefe zu Tatort Polizeiruf 110 – die Selbstzensur der ARD ist ein Sieg des Opportunismus
3. Leserbrief
Nach der von der ARD angewandten Logik müssten Skinheads zukünftig nur noch mit Lockenmatte, Bayernfans ohne Fanutensilien usw. usf. dargestellt werden. Tatsächlich ist das nur ein weiterer Stein in der Argumentation gegen die ÖR, die ich IN IHRER DERZEITIGEN FORM sofort abschaffen würde. In diesem Land saßen und sitzen Menschen im Gefängnis, weil sie dieses Zwangssystem nicht unterstützen und so jemanden kann man nicht verteidigen und wenn es noch so oft irgendwann nachts um eins interessante Dokus gibt.
S.
4. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Berger
Vielen Dank für diesen o.g. Beitrag.
Wenn man sich vor Augen hält, mit welcher kaltschnäuzigen Geringschätzigkeit vor allem Tagesschau – Redaktion sowie Rundfunkrat die massenhaften Beschwerden wegen fortgesetzter Verletzung des Rundfunkstaatsvertrages abbügeln, dann bekommt dieser ARD-Bückling vor erbosten AfD-Jüngern eine ganz besondere Note.
Die Bevölkerung gezielt in die Irre zu führen und zu desinformieren ist demnach ok, die sonst so gern als zu bekämpfenden Populisten eingeordneten neuen (alten) Rechten zu provozieren, geht hingegen gar nicht.
Viele Grüße
D. Schwarz
5. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Berger,
einverstanden, das ist ein sehr schwaches “proaktives” Verhalten der ARD. Wenn ich es recht verstehe, gab es also keine Klage bzw. Aufforderung, den Aufkleber zu beseitigen, von wem auch immer, was ich für ebenso schwach halten würde. Nebenbei ist der Schriftzug FCKAFD selbst eine Enttäuschung, da der Witz an der Sache doch das Weglassen der Vokale ist (wie in der Arabischen Schriftsprache).
Ich bin kein Ferngucker und daher über die Gepflogenheiten bei den Sonntagsabendkrimis nicht auf dem Laufenden.
Umso mehr hat mich diese Folge, die ich ausnahmsweise gesehen habe, einigermaßen irritiert. Die offene, umstandslose Darstellung der Missachtung rechtstaatlichen Vorgehens seitens Polizeibeamten war für mich sozusagen ein Schock.
Der Film beginnt (Gerichtstermin) und endet damit (ein 100er für’s Schweigen). Das ist also filmisch ein Rahmen.
Das funktioniert und ist uns aus vielen Hollywood-Produktionen bekannt. Exemplarisch: “Dirty Harry”. Die ARD Sonntagsabendskrimis sind aber nicht in dieser Art fiktiv. Und da erscheint so ein Aufkleber wie ein Garant für unsere alltäglich erlebte Realität in dem derzeitigen Deutschland. Das signalisiert Echtheit.
Nun lief diese Folge auch noch als Beitrag zur Themenwoche “Gerechtigkeit”!
So, meine conclusio: Die ARD macht hier einen Rückzieher auf einem unwichtigen Nebenschauplatz, um nicht das katastrophale Thema von Rechtsstaatsversagen und Selbstjustiz erscheinen zu lassen.
Soviel von mir zum nachdenken, würde mich freuen, wenn darüber weiterdiskutiert würde.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Leikert
Leserbrief zu “Leserbriefe zum Beitrag: „Zur Flüchtlingsdebatte.““
6. Leserbrief
Liebe NachDenkSeiten,
sehr geehrter Herr Müller!
Ich möchte gern auf die von Ihnen veröffentlichten Leserbriefe „Zur Flüchtlingsdebatte“ reagieren, insbesondere auf die Meinung #2 von Martin Sutor, Taufkirchen.
Er benennt völlig zu Recht den Zusammenhang zwischen globalen Fluchtursachen und nord-westlichem Lebensstil.
In seiner Argumentation adressiert er die Mahnung zu einem anderen – bewußteren, gesünderen – Lebenswandel aber wieder an die Falschen, nämlich an die besitzlosen abhängig Beschäftigten und auf Transferleistungen Angewiesenen:
Die k in den Rest-Lebezonen von Halle-Neustadt, Magdeburg-Rothensee, Pasewalk-Ost, Bremen-Gröpelingen oder Nord-Marzahn kaufen ihre T-Shirts schon längst nicht mehr bei H&M, sondern bei KiK, Tedi & Co.! Die Berechnungsgrundlagen der Lebenshaltungskosten bei SGB II, Grundsicherung etc. und die resultierenden Lohnspiralen nach unten lassen gar nichts anderes mehr zu. Das Vegetieren am Existenzminimum ist Programm. Dabei steigen die Lebenshaltungskosten und der psychosoziale Streß gerade für Arme immer weiter; so können etwa die von der Tourismusindustrie bei uns in M-V dringend benötigten Werktätigen in den Gastwirtschaften sich schon längst keine arbeitsplatznahen Wohnungen mehr leisten, nicht einmal saisonweise – sie sind gezwungen, meilenweit zu pendeln. Die Auswirkungen der politisch herbeigeführten Fahrverbote auf Pendler und die als Flat-Tax konstruierte PKW-Maut werden ein übriges tun.
Ein Blick auf die Bürgersteige in den gewöhnlichen, einst „mittelständischen“ Vierteln der Republik zeigt, daß der Lebensstandard für die breiten Massen seit Ende der 80er Jahre nicht nur nicht gestiegen, sondern auf ein Gekrepel am Existenzminimum gesunken ist. Real existierende, politisch gewollte und bewußt herbeigeführte (Massen-)Armut und Billig-Versorgung mit minderwertigen Produkten gehören zusammen.
Es ist grundfalsch, die bekannten strukturellen Probleme der spätkapitalistischen Wirtschaftsweise und der neoliberalen pseudodemokratischen Entstaltung des Gemeinwesens denen anzulasten, die sich am wenigsten dagegen wehren können. So stärkt man lediglich die extremen rechten Ränder.
Mir scheint, daß eine gewisse südwestdeutsche Wohlstandsklientel bis weit ins extrem neoliberale Lager hinein weiterhin überhaupt nicht begreift, daß 50% der Wahlbevölkerung in diesem Land inzwischen mit dem System fertig haben. Die Mahnungen Sarah Wagenknechts dahingehend werden weiter ignoriert oder belächelt. Die dialektischen Kräfte in Geschichte und Gesellschaft lassen sich aber nicht weg-ignorieren. Wenn vom linken und pseudolinken Lager (so davon noch die Rede sein kann) weiter mit grüner Weltrettungsarroganz auf den Interessen der Mehrheiten herumgetrampelt wird, stürzt man – genau wie 1929 ff. – Europa und die Welt in die nächste rechtsextreme Katastrophe. Auch damals waren die christlichen, liberalen und sozialdemokratischen Regenten mit ihrer Ignoranz, ihrem fanatischen Glauben an wahnwitzige kapitalistische Irrlehren und ihrer Unfähigkeit, sich klar zu den Interessen der Massen statt der Eliten zu bekennen, für den dialektischen Umschlag und damit letztlich für den Untergang Europas verantwortlich.
Mit allergrößter Hochachtung für die NachDenkSeiten, herzlichem Dank und den allerbesten Grüßen,
Ihr Matthias Jehsert
Weitere Leserbriefe:
7. Leserbrief
Mag sein, dass der Fahrer eines “älteren Diesel-KFZ” (älter als drei, vier Jahre) auch eine geballte Wut in sich fühlt, aber er murrt nur ein bisschen. In Deutschland steht niemand auf, da handelt man genau nach Anweisung: Bauarbeiter bauen Fabrikbesitzern schicke Villen mit Swimmingpool, obwohl sie für die eigenen Kinder keinen Kitaplatz finden – man baut den Großkopferten komfortabelste Luxuskarossen um ihren kultivierten Leib bei der Fortbewegung zu schonen. Auf den Protz-SUV kommt dann ein Öko-Label, welches bescheinigt, dass von diesem Gefährt keine Gesundheitsgefahr ausgeht. Der Arbeiter, der selbst nur einen klapprigen Diesel fährt, ist der Dumme. Ein Stinker und Umweltsünder sei er – und wenn er sich nicht beizeiten enteignen und bestehlen lässt – dann ist er bald auch noch ein Krimineller. (drum schlaf schön ein und gute Nacht, wir werden alle überwacht… hat Georg Danzer schon vor vielen Jahren gesungen). Die elektronische Überwachung der Autofahrer soll bald schon Wirklichkeit werden. Ja, wenn es um die Umwelt und die Gesundheit geht, da verstehen die Verwaltungsgerichte keinen Spaß. Die DUH auch nicht. Ich frag mich allerdings, warum die Deutsche Umwelthilfe gegen die Kommunen und nicht gegen die Autobauer klagt. Vielleicht, weil Toyota schon mal ihr Spender war. Apropos Gesundheit: Wenn Sie für die Besinnlichkeit im Advent schon mal ein Kerzchen entzünden – das ist riskant. Da ist die Schadstoffkonzentration schon höher als die erlaubten 40 Mikrogramm im Straßenverkehr. Nach welchen Kriterien der Grenzwert festgelegt wurde, danach fragt auch keiner. Wenn einer da ist, muss er eingehalten werden. (In meiner Kindheit wurden 1 – 2 mal die Woche die rußgeschwärzten Fenster geputzt, ich bin trotzdem groß geworden).
Gesundheit im Neoliberalismus bedeutet: Das Individuum schuldet der Gesellschaft Gesundheit, damit die Gesellschaft an ihm sparen kann und (vielleicht der “ehrenwerte Teil” der Gesellschaft dabei prächtig am Allerweltsindividuum verdient). Wir sind den “bessern Herrschaften” ein Dorn im Auge, der Pöbel soll wieder den Gürtel enger schnallen und zu Fuß gehen oder mit der Elektrischen fahren und nicht die Straßen verstopfen. Zu bequem ist das Volk geworden. Darum geht´s. Und wir sind so ein obrigkeitshöriges Volk geworden, lassen uns von hinterlistig verschlagenen Autobauern samt einer unfähigen Politik über´s Ohr hauen und in die Knie zwingen. Wir verschrotten panikartig unsere Autos und überlegen, wie wir nun neue kaufen. Man glaubt es nicht.
VG Michael Wrazidlo
8. Leserbrief
Werte Redaktion,
Bestens
Reinhold Lang
Dipl.rer.pol., Dir.i.R.
Karlsruhe
9. Leserbrief
Politische Notwendigkeit
Die Entscheidung konsequenter Politik im Sinne von Klimaschutz, Energiewende mit Ausstieg aus der Kohleverstromung und Klarheit für alle Beteiligten wäre die umgehende Verstaatlichung des Restes Hambacher Forst. Nur wenn dieser Wald wieder in Öffentlicher Hand ist – aus der er nie hätte abgegeben werden dürfen – kann Ruhe einkehren und es ist Schluss mit dem ständigen Wechsel von Aufbau und Einreißen der bürgerlichen Schutzmaßnahmen. In der Folge muss auch Schluss sein mit der politischen Willkür, denkmalgeschützten Gebäuden, Einrichtungen und Landschaften kurzerhand die Schutzwürdigkeit zu entziehen, wenn Industriebosse oder Finanzhaie ihr Auge darauf geworfen haben und mit Geld locken. Die Bestrafung solcher Vergehen der Politik muss unbedingt im Grundgesetz festgeschrieben werden – idealer Weise aber in einer völlig neu abzustimmenden Verfassung für Deutschland.
Peter Richartz, Solingen, 23.11.2018
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