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Titel: Campact lässt die Maske fallen, die NGO outet sich als Unterstützer von CDU, Grünen und SPD und als Gegner der Linkspartei
Datum: 27. Oktober 2018 um 12:47 Uhr
Rubrik: Soziale Bewegungen, Strategien der Meinungsmache, Wahlen
Verantwortlich: Albrecht Müller
Ein Leser der NachDenkSeiten schickte uns die im Anhang wiedergegebene Mail, offensichtlich eine Rundmail des geschäftsführenden Vorstands von Campact. Darin wird das Ziel ausgegeben, in Hessen durch Erhöhung der Wahlbeteiligung ein nur einstelliges Ergebnis für die AfD zu erreichen. Das kann man für sinnvoll halten. Aber im konkreten Fall tritt die NGO für die Wahl der „größeren“ Parteien ein. Wörtlich: „Wer in den nächsten Jahren keine laute, selbstbewusste AfD im hessischen Landtag sehen will, muss sich jetzt für eine der größeren Parteien entscheiden.“ Die Linkspartei zählt in Hessen nicht zu den „größeren Parteien“.
So sehen die beiden letzten Umfragen zur Hessenwahl aus:
Albrecht Müller
Größere Parteien sind mit 20-28 % die oben genannten drei Parteien. Dass Campact sich gegen die AfD wendet, ist deren gutes Recht. Dass sich die NGO für die Wahl von drei Parteien positiv und werbend einsetzt, die
ist nicht akzeptabel.
In der Empfehlung von Campact kommt zum Ausdruck und wird im Kern neu belebt, dass diese Organisation wie viele andere auch dafür da ist, die neoliberale und von militärischem Denken geprägte Mehrheitsmeinung zu unterstützen. Alles Linke muss bekämpft und ausgesondert werden. Das ist ein Grundzug der westlichen Propaganda der letzten 20 Jahre.
Die Empfehlung für die CDU ist besonders abstrus, weil diese Partei und ihre Schwesterpartei CSU über weite Strecken denkt und politisch gehandelt hat wie die AfD. Die beiden Parteien sind artverwandt. Von Beginn der Bundesrepublik Deutschland an hat die CDU/CSU Wahlen nur dank massiver Unterstützung des großen Geldes gewonnen. Ihre Macht war so gesehen nie demokratisch legitimiert. CDU und CSU haben in der Asyl- und Flüchtlingspolitik immer schon rechte Positionen vertreten. Der ehemalige Ministerpräsident von Bayern, Max Streibl, sprach in der Asyldebatte zu Beginn der Neunzigerjahre von „multikrimineller Gesellschaft“, der CDU-Politiker Ost hatte damals vorgerechnet, was man mit den Milliarden für die Asylanten sonst alles Gutes tun könnte. Die etablierten Parteien, in der Sprache Campacts die größeren Parteien, haben das Morden des rechtsradikalen NSU über Jahre laufen lassen.
Einer der Vorsitzenden der AfD, Herr Gauland, ist aus dem Holz der CDU geschnitzt. Er war jahrelang für die hessische CDU tätig. Ich zitiere die entsprechende Passage aus Wikipedia:
„Gauland war von 1973 bis 2013 Mitglied der CDU. Er war im Laufe seiner Parteikarriere im Frankfurter Magistrat und im Bundesumweltministerium tätig und leitete von 1987 bis 1991 die Hessische Staatskanzlei unter Ministerpräsident Walter Wallmann, der sein Mentor war. Eine umstrittene, von Gauland in seiner Funktion als Leiter der Staatskanzlei getätigte Versetzungsentscheidung fand als Affäre Gauland Einzug in die deutsche Literatur. Er wurde nach der Wende Herausgeberder in Potsdam erscheinenden Tageszeitung Märkische Allgemeine und publizierte vielfältig, so auch die Anleitung zum Konservativsein. Zuletzt war er Vordenker des Berliner Kreises.“
Und jetzt sollen die hessischen Wähler auf Empfehlung von Campact so naiv sein, daran zu glauben, dass dieser langjährige hessische CDU-Funktionsträger keine Spuren in der CDU hinterlassen hat?
Bei dieser Gelegenheit möchte ich zur Erläuterung des Vorgangs auf folgenden Mechanismus der Meinungsbildung aufmerksam machen: Die Kritik und die Aggressivität der einen Seite, im konkreten Fall von Campact, den meisten Medien und etablierten Parteien gegenüber der anderen Seite, der AfD, hat den Vorteil, dass spiegelbildlich zum so gekennzeichneten Bösen die Kritiker als die Guten erscheinen. – Man könnte das den Wippschaukel-Effekt nennen: je tiefer die eine Seite gedrückt wird, umso höher erscheint man selbst. In der politischen Geschichte gibt es viele Beispiele für diesen Effekt. Mir fällt aus alten Zeiten dazu vor allem der ewig nörgelnde und kritisierende Umgang Helmut Schmidts mit seiner Partei und Willy Brandt ein. Je mehr Willy Brandt und die SPD, also Schmidts Partei, von ihm geschmäht wurden, umso glorioser erschien er. Man konnte das an den Umfragen messen und belegen. – Jetzt also das gleiche Spiel mit anderer Rollenbesetzung.
Bitte widersprechen Sie der Empfehlung von Campact zur Wahl der „größeren Parteien“. Nutzen Sie bitte Ihre E-Mail-Verteiler und auch andere Kommunikationsmittel, um hessische Wähler auf diesen Vorgang aufmerksam zu machen.
Anlage: Mail des geschäftsführenden Vorstandes von Campact vom 26.10.2018
Hallo Reinhold J.,
am Sonntag ist Landtagswahl. Neueste Umfragen versprechen ein Kopf-an-Kopf-Rennen von CDU, SPD und Grünen. Und noch etwas entscheidet sich: Geht es für die AfD rauf oder runter? Zuletzt gab es einen klaren Abwärtstrend. Bei der Landtagswahl in Bayern erreichte sie mit 10,2 Prozent zweieinhalb Prozentpunkte weniger als bei der Wahl im Bund.[1] Ein einstelliges Ergebnis in Hessen: Das würde die AfD empfindlich treffen – ihren bundesweiten Lauf brechen.
Dafür müssen viele Menschen wählen gehen. Doch leider nehmen viele die Landtagswahlen nicht ernst. Die zumindest in Teilen rechtsextreme AfD treibt hingegen mit krawalligen Parolen ihre Anhänger/innen sicher an die Urnen. Darum bitten wir Sie: Wählen Sie am Sonntag! Und überlegen Sie, wie Sie Ihre Stimme am wirkungsvollsten gegen einen Rechtsruck im hessischen Landtag einsetzen.
Die AfD wird allen Umfragen nach in den Landtag einziehen – leider. Wie viele Mandate sie ergattert, ist offen. Jede Stimme für eine andere, größere Partei im Landtag schwächt die extrem Rechten. Über jede Stimme für eine Mini-Partei – wie Die Partei oder die Piraten – freut sich dagegen die AfD. Denn wenn die Partei unter fünf Prozent bleibt, spielen ihre Stimmen bei der Verteilung der Sitze keine Rolle mehr. Es ist bitter, aber wahr: Wer Kleinstparteien wählt, nutzt im Kampf gegen Rechts seine Stimme nicht optimal.
Daher: Wählen Sie am Sonntag gegen einen hessischen Rechtsruck. Und fordern Sie jetzt noch möglichst viele Menschen auf, das auch zu tun. Sie können dazu einfach diese E-Mail weiterleiten. Lassen Sie uns in Hessen den Unterschied machen – es kostet Sie nur wenige Sekunden: Schreiben Sie ein paar Freund/innen und Bekannte an. Leiten Sie ihnen diese Mail weiter! Oder schreiben Sie ihnen per WhatsApp.
In der Geschichte der Bundesrepublik gab es immer wieder gute Gründe, sein Kreuz bei Kleinstparteien zu machen – und sie irgendwann über die 5-Prozent-Hürde zu heben. Dadurch kamen Parteien ins Parlament, die auf gesellschaftliche Missstände hinwiesen, die die anderen vernachlässigten.
Die Grünen setzten in den 1980er Jahren die Ökologiefrage auf die politische Tagesordnung. In den Nullerjahren stellte die Linkspartei die soziale Frage. Und die Piraten brachten das Thema Datenschutz in die Debatte. Kleinstparteien zu wählen, hat seine Berechtigung – keine Frage.
Aber diesmal droht eine ehemalige Kleinstpartei von rechts in den Wiesbadener Landtag zu gelangen – und zwar von ganz rechts. Eine Partei, deren Vertreter/innen immer wieder unsere repräsentative Demokratie[2] und Teile des Grundgesetzes infrage stellen. Deshalb müssen wir jetzt die Kraft aller Demokrat/innen bündeln. Das bedeutet in dieser speziellen Situation, eine Partei zu wählen, die es ziemlich sicher in den Landtag schafft. Selbst, wenn man sich vielleicht mit dem Programm einer Kleinstpartei stärker identifizieren kann.
Viele kleinere Parteien grenzen sich klar nach rechts ab. Das ist gut. Doch wer sie wählt, vertut bei dieser Wahl die Chance, rechte Abgeordnete im Parlament zu verhindern. Wer in den nächsten Jahren keine laute, selbstbewusste AfD im hessischen Landtag sehen will, muss sich jetzt für eine der größeren Parteien entscheiden.
Bitte helfen Sie uns, diese Botschaft vor dem Wahlsonntag überall bekannt zu machen. Bitte informieren Sie jetzt Ihre Freund/innen, Kolleg/innen und Verwandten und nutzen Sie diesen Sonntag Ihre Stimme! Leiten Sie diese Mail weiter oder schreiben Sie eine Nachricht über WhatsApp.
Herzliche Grüße
Christoph Bautz, Daphne Heinsen und Felix Kolb,
geschäftsführender Vorstand von Campact
[1] “Wahl-Analyse: Warum die AfD in Bayern trotz 10,2 Prozent keinen Grund zum Jubelsturm hatte”, Merkur Online, 15. Oktober 2018
[2] “Gefahr von rechts außen: ‘Die AfD nimmt die Demokratie in einen Zangengriff’”, Dresdner Neueste Nachrichten Online, 24. Oktober 2018
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