NachDenkSeiten – Die kritische Website

Titel: Hinweise der Woche

Datum: 28. Oktober 2018 um 9:00 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lohnenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CW)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Millionenschwere Kriegsspiele
  2. Abschied vom INF-Vertrag
  3. Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien
  4. Italien
  5. Angst und Wut
  6. CumEx: Haben wir noch einen Staat, der Steuervergehen verfolgen will?
  7. Steigende Mietkosten verstärken Ungleichheit
  8. Freiwillige vor?
  9. Das war’s für 2018
  10. Das Migrationsabkommen als letzter Sargnagel für die linken Parteien
  11. Autoritäre Versuchungen
  12. Es geht nicht um die Nation
  13. Grüne bei der Landtagswahl in Hessen: Punkt für Punkt ganz nach vorn

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnendsten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Millionenschwere Kriegsspiele
    NATO übt in Norwegen den Kampf gegen Russland. SPD verteidigt Ausgaben für Großmanöver. Proteste in Skandinavien
    Am heutigen Donnerstag beginnt in Norwegen die »Kernphase« des NATO-Manövers »Trident Juncture«. An dieser größten Militärübung des westlichen Kriegsbündnisses seit dem Ende des »Kalten Krieges« nehmen nach offiziellen Angaben rund 50.000 Soldaten aus den 29 NATO-Mitgliedsstaaten sowie den »Partnern« Finnland und Schweden teil. 250 Flugzeuge, 65 Schiffe und 10.000 Fahrzeuge sind vor allem im zentralen und östlichen Norwegen und auf der Ostsee unterwegs, um den Krieg gegen Russland zu proben. »Nach der Annektierung der Krim durch Russland beschloss die NATO 2016 eine stärkere Abschreckung und Verteidigung«, machte der Bundeswehr-Soldatensender Radio Andernach, den die Zivilbevölkerung nur in Ausnahmefällen hören darf, die Stoßrichtung der Großübung deutlich. Für die Außenstehenden versicherte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch in Brüssel dagegen, dass die NATO »eine defensive Allianz« sei: »Alle Mitglieder der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa sind eingeladen worden, Beobachter zu Trident Juncture zu entsenden, und ich begrüße, dass Russland ebenso wie Belarus die Einladung angenommen haben.«
    Die Bundeswehr hat 8.000 Uniformierte nach Skandinavien geschickt und stellt damit nach den USA das zweitgrößte Truppenkontingent. 90 Millionen Euro lässt sich die Bundesregierung dieses Kriegsspiel kosten. »Dieses Geld ist gut angelegt«, verkündete am Dienstag der Sprecher der AG Sicherheits- und Verteidigungspolitik der SPD-Bundestagsfraktion, Fritz Felgentreu, auf der Homepage des Parteiorgans Vorwärts. »Denn die Bündnisverteidigung, das Herz der NATO, bleibt eine leere Hülle, wenn Einsätze von großen Verbänden aus allen Mitgliedsländern des Bündnisses nicht auch ab und zu geübt werden.« Die NATO brauche »jetzt auch wieder Panzer, Geschütze und Transportmöglichkeiten«.
    Quelle: junge Welt

    dazu: NATO-Manöver Trident Juncture: Der Aggressor ist nicht Russland
    „Wer – wie NATO-Generalsekretär Stoltenberg – behauptet, dass eine NATO-Übung mit 50.000 Soldatinnen und Soldaten nahe der russischen Grenze rein defensiv und nicht gegen Russland gerichtet wäre, der muss die Realität schon sehr gut ausblenden können. Viel offensichtlicher kann man vermeintliche Abschreckung gegen Russland schon gar nicht mehr zelebrieren“, erklärt Alexander Soranto Neu, für die Fraktion DIE LINKE Obmann im Verteidigungsausschuss, anlässlich des am 25. Oktober startenden NATO-Manövers „Trident Juncture“ in Norwegen. Neu weiter:
    „Das NATO-Manöver wird das größte seit Ende des Kalten Krieges sein, und allein Deutschland wird sich mit rund 10.000 Soldatinnen und Soldaten und 4.000 Militärfahrzeugen daran beteiligen. Unter anderem soll getestet werden, wie schnell die NATO-Staaten bei einem bewaffneten Angriff ihre Truppen verlegen könnten. Die gesamte Übung ist eine einzige Provokation und Drohgebärde gegenüber Russland. Es handelt sich nicht nur um verteidigungspolitischen Irrsinn auf Kosten der Steuerzahler, sondern auch um ein gefährliches Spiel mit dem Feuer, denn die russische Seite wird es sich nicht nehmen lassen, im Gegenzug ebenfalls aufzurüsten und Militärmanöver zu starten.
    Dabei ist diese Drohgebärde gegenüber Russland völlig unnötig. Der Militärhaushalt der NATO-Staaten ist 14-mal höher als der der Russischen Föderation. Russland hat momentan weder die materiellen noch die finanziellen und auch nicht die personellen Fähigkeiten, um die NATO überhaupt erfolgreich angreifen zu können. Laut Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (BT-Drucksache 19/4758) von mir ist selbst die Bundesregierung der Meinung, dass Russland auch in absehbarer Zeit keine Absicht hat, NATO Staaten anzugreifen. Hinzu kommt, dass NATO und NATO-Mitgliedstaaten in den letzten Jahren nachweislich viermal so viele Manöver gestartet haben wie die Russische Föderation. Der Aggressor ist also definitiv nicht Russland. Trident Juncture ist daher völlig absurd und wird von der russischen Seite als massive Bedrohung wahrgenommen.
    Quelle: DIE LINKE. im Bundestag

  2. Abschied vom INF-Vertrag
    Deutsche Regierungspolitiker warnen vor einem Ausstieg der Vereinigten Staaten aus dem INF-Vertrag. US-Präsident Donald Trump hatte diesen Schritt am Wochenende angekündigt. Der INF-Vertrag, der am 8. Dezember 1987 abgeschlossen wurde, verpflichtete die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion zur Vernichtung sämtlicher landgestützter nuklearer Mittelstreckenraketen und untersagte ihnen die erneute Beschaffung des Waffentyps. Kündigt Washington das Abkommen, droht Europa ein weiterer nuklearer Rüstungswettlauf. Experten kritisieren, für Trumps Behauptung, Moskau habe den INF-Vertrag gebrochen, lägen keine Beweise vor; umgekehrt seien Russlands Vorwürfe, Washington verstoße mit seiner Raketenabwehr in Osteuropa seinerseits gegen das Abrüstungsabkommen, “schwer zu entkräften”. Führende Berliner Militärpolitiker warnen, eine etwaige Debatte über die erneute Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Europa könne nicht nur “gewaltigen öffentlichen Protest” auslösen; sie verschiebe auch das militärische Kräfteverhältnis zu deutschen Ungunsten.
    “Keine belastbaren Informationen”
    (…) Die US-Administration hat keinerlei sichere Beweise für ihre Behauptung vorgebracht. Schon im vergangenen Dezember bestätigte ein deutscher Luftwaffenoberst im Generalstabsdienst, der am Genfer Zentrum für Sicherheitspolitik forscht, “belastbare und überzeugende Informationen” wie Fotos oder Videos, die die Vorwürfe belegen würden, seien nicht bekannt. Man könne daher nur vermuten, dass die USA sich auf “menschliche Quellen”, also auf Geheimdienstangaben, stützten. Damit hätte die Behauptung, Russland verstieße gegen den INF-Vertrag, dieselbe Qualität wie die frühere Behauptung, der Irak verfüge über Massenvernichtungswaffen…
    “Schwer zu entkräften”
    Umgekehrt gehen russische Stellen davon aus, dass die Vereinigten Staaten ihrerseits gegen den INF-Vertrag verstoßen. Gegenstand des Vorwurfs ist in diesem Fall die NATO-Raketenabwehr (“Aegis ashore”), die auf einem Stützpunkt im Rumänien bereits einsatzbereit ist und auf einem zweiten Stützpunkt in Polen aufgebaut wird. …
    “Um die gegenseitigen Vorwürfe auszuräumen, wären wechselseitige Informationen und Inspektionen notwendig”, stellte im März die Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) fest: “Dazu müsste das 2001 beendete INF-Inspektionsregime reaktiviert und modifiziert werden.” Das wäre nach Washingtons angekündigtem Austritt aus dem INF-Vertrag endgültig unmöglich. (…)
    Die Bundesregierung hat sich bislang in der NATO den US-Vorwürfen angeschlossen…
    Quelle: German Foreign Policy
  3. Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien
    1. Orgie der Heuchelei
      Die Saudis haben den Journalisten Jamal Khashoggi grausam ermordet. Jetzt erleben wir, wie heuchlerisch und verlogen es in der Weltpolitik zugeht. Der Kasper im Weißen Haus, der als US-Präsident für die täglichen Drohnen-Morde und für die Opfer verdeckter Kriege verantwortlich ist, hebt den Zeigefinger und denkt nicht im Mindesten daran, seinen 110-Milliarden-Rüstungsdeal in Frage zu stellen. Erdogan, der einen Krieg gegen die Kurden führt, verlangt mit geheuchelter Empörung, dass dieser Mord aufgeklärt werden müsse.
      Und der deutsche Außenminister Heiko Maas muss sich im heutigen Feuilleton der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vorwerfen lassen, dass er vor den Verbrechen der Saudis die Augen verschließt, wie viele andere „Diplomaten“, die ihre Waffen verkaufen wollen. Als Kronzeuge kommt ausgerechnet ein Grüner Bundestagsabgeordneter, Omid Nouripour, zu Wort, dessen moralische Empörung vergessen machen soll, dass auch die Grünen in Regierungsverantwortung Waffenlieferungen an die Saudis mitgetragen haben – und wenn die Jamaika-Regierung zustande gekommen wäre, sicherlich auch bei den jüngsten Waffen-Deals mit von der Partie wären.
      Die zutage tretende Heuchelei und Doppelmoral ist zum Kotzen. Die Welt weiß seit Jahren, dass die Saudis mit den vom Westen gelieferten Waffen im Jemen einen grausamen Krieg führen. Viele Menschen werden ermordet und Millionen sind vom Hungertod bedroht. Und dieses Wissen hat sie nicht an ihren ruchlosen Waffengeschäften gehindert. Angesichts dieser verlogenen Moral wird das Geschäft mit dem Tod schamlos weiterlaufen.
      Quelle: Oskar Lafontaine via Facebook
    2. Rüstungsexporte weiter auf hohem Niveau
      Eine Trendwende bei den Rüstungsexporten ist nicht in Sicht, die Waffenausfuhren bleiben auf hohem Niveau. Von einer restriktiven Rüstungsexportpolitik dieser Bundesregierung kann bei über 5500 Einzelgenehmigungen im ersten Halbjahr 2018 keine Rede sein. Absolut unverantwortlich ist die dramatische Steigerung der Rüstungsexporte an die Kopf-ab-Diktatur Saudi-Arabien, die im Jemen einen brutalen Krieg führt und die Bevölkerung aushungert“, erklärt Sevim Dagdelen, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, anlässlich des heute im Kabinett verabschiedeten Rüstungsexportberichts für das erste Halbjahr 2018. Dagdelen weiter:
      „Es ist ein politischer Offenbarungseid und eine moralische Bankrotterklärung der Bundesregierung, dass Rüstungsexporte an Entwicklungsländer weiter auf Rekordniveau verharren. Das Letzte, was Länder brauchen, die von Armut, Unterernährung, Hunger, mangelhafter Gesundheitsversorgung, einer hohen Kindersterblichkeitsrate, hoher Arbeitslosigkeit und mangelhaften Bildungsmöglichkeiten geprägt sind, sind noch mehr Waffen.
      Die Bundesregierung kommt ihrer Verantwortung für die Kontrolle des Endverbleibs der ausgeführten Rüstungsgüter in keiner Weise nach. Bei 17.067 Genehmigungen für Rüstungsexporte im Jahr 2017 und im ersten Halbjahr 2018 wurden sage und schreibe drei Kontrollen vor Ort durchgeführt – in den Vereinigten Arabischen Emiraten, in Indien und in Südkorea. Saudi-Arabien, das mittlerweile zweitwichtigster Empfänger deutscher Waffen ist, bleibt unbehelligt. DIE LINKE fordert daher ein Verbot von Rüstungsexporten.”
      Quelle: DIE LINKE. im Bundestag
    3. Deutschland liefert, Saudi-Arabien tötet: Die „westliche Wertegemeinschaft“ ist eine Lebenslüge
      Gestern wurden im Jemen bei einem Angriff der Saudi-Emirate-Koalition auf eine Fabrik mindestens 16 Zivilisten getötet. Ein Rüstungsexportbericht der Bundesregierung ergab, dass in den ersten drei Quartalen 2018 Rüstungslieferungen in Höhe von 416 Millionen Euro an Saudi-Arabien genehmigt wurden, in ganz 2017 waren es 254 Millionen. Deutschland macht sich zum Komplizen am Genozid im Jemen.
      Quelle: Justice Now
    4. Die Peene-Werft und der Fall Khashoggi
      Nach dem Tod des regierungskritischen saudischen Journalisten Jamal Khashoggi stehen auch Deutschlands Waffenexporte nach Saudi-Arabien wieder auf dem Prüfstand. Mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt das die Peene-Werft bei Wolgast, die für die Monarchie Küstenschutzboote herstellt. […]
      Der CDU-Wahlkreisvertreter im Bundestag, Philipp Amthor, gibt zu bedenken:
      „Die Peene-Werft stellt, das muss man wissen, eben keine klassischen Kriegsgüter für den Jemen-Konflikt her, sondern Küstenschutzboote für Saudi-Arabien. Und dieser Auftrag ist ganz entscheidend für den Erhalt der Peene Werft. Deswegen sollten wir mit der notwendigen Sensibilität vorgehen.“
      Für Amthors Parlamentskollegin Kerstin Kassner (Die Linke) ist klar: Auch Wolgaster Boote dürfen nicht geliefert werden. Ihre Frage bei der Bundesregierung habe ergeben, dass die Boote bewaffnet werden können und man nicht wisse, was tatsächlich damit geschehe. An einem Niedergang der Peene-Werft samt zahlreichen Zulieferern in der Umgebung wären übrigens der Bremer Mutterkonzern Lürssen und die Bundesregierung schuld, so die vorpommersche Bundespolitikerin im NDR:
      „Ich hätte mir gewünscht, dass man viel eher ganz klar sagt: Nein, an Saudi-Arabien wird nicht geliefert. Und dann hätte sich – da bin ich auch ganz der Ansicht, dass da auch die Politik, also auch die Bundesregierung in der Pflicht ist zu helfen – der Unternehmer auf andere Aufgaben einstellen können. Aber so lange er darauf vertraut, das geht schon weiter, dann wird er keine Veranlassung sehen, großartig seine Strategien zu verändern.“
      Quelle: Deutschlandfunk

      dazu: Neu (Die Linke): Keine weiteren Ausfuhrgenehmigungen für Waffenexporte
      Der Linken-Obmann im Verteidigungsausschuss Alexander Neu fordert einen klaren Rüstungsexport-Stopp nach Saudi-Arabien. Deutschen Herstellern Verdienstausfälle zu erstatten, wäre kein Problem. Für die deutsche Volkswirtschaft hätte es ohnehin kaum Auswirkungen, Rüstungsexporte komplett einzustellen. […]
      Engels: Diejenigen, die auf einen etwas zurückhaltenderen Kurs einschwenken wollen, argumentieren ja immer, dass nun einmal Rüstungsexporte auch knallharte Wirtschaftsinteressen sind. Nun ist die Frage: Wenn diese Patrouillen-Boote nicht geliefert werden, werden dann die Bundesregierung oder möglicherweise andere Kräfte gezwungen sein, 162 Millionen zu bezahlen an Entschädigung an die Peene-Werft?
      Neu: Schauen Sie, man hätte ja gar nicht diesen Deal abschließen müssen. Man weiß ja, dass Saudi-Arabien nicht unbedingt eine Musterdemokratie ist. Jetzt zu sagen, wir können diesen Deal nicht mehr aufhalten, weil sonst müssten wir eventuell Strafzahlungen machen an die Werke, das ist natürlich richtig. Aber niemand hat die Bundesregierung gezwungen, dass sie überhaupt diesem Deal zustimmt. Da ist, glaube ich, eine falsche Argumentation.
      Aber auch die Schwierigkeit ist, wenn man sagt, wir müssten auf der europäischen Ebene eine gemeinsame Position hervorbringen. Das ist zunächst einmal begrüßenswert, wenn Herr Altmaier das sagt. Aber es kann natürlich keine Ausrede sein, wenn die europäischen Partner nicht mitziehen, zu sagen, okay, dann müssen wir auch mitziehen, ansonsten kommen wir in einen Konkurrenznachteil. Das finde ich sehr schwierig, eine solche Argumentation.
      Quelle: Deutschlandfunk

  4. Italien
    1. Pierre Moscovici – der letzte Socialiste
      (…) Pierre Moscovici, der als Europäischer Kommissar für Wirtschaft und Finanzen der letzte französische Sozialist sein dürfte, der ein hohes politisches Amt bekleidet, hat (zusammen mit dem zuständigen Vizepräsidenten der Kommission, Valdis Dombrovskis) einen Brief geschrieben (hier in Englisch zu finden). Er schrieb dem italienischen Finanzminister als Antwort auf den Haushaltsentwurf der italienischen Regierung, man sehe in dem Entwurf eine in der Geschichte des Stabilitäts- und Wachstumspaktes beispiellose Abweichung von den vereinbarten Kürzungen der Staatsausgaben. Beide geben der italienischen Regierung bis heute Mittag Zeit, um darauf zu antworten.
      Das ist starker Tobak, der darauf hindeutet, dass die Kommission unter Führung eines französischen Kommissars, der einer untergegangenen Partei namens Parti Socialiste angehört, an Italien ein Exempel statuieren will. Da auch die EZB nichts tut, um die „Märkte“ im Zaum zu halten, wo mit italienischen Staatsanleihen spekuliert wird, braut sich über der italienischen Regierung der perfekte Sturm zusammen. Ohne Zweifel hat dieser Sturm das Ziel, die gerade gewählte italienische Regierung zu entmachten oder sie wenigstens so weit einzuschüchtern, dass sie sich in die europäische „Disziplin“ einfügt.
      Wer macht den perfekten Sturm?
      Man kann auch sicher sein, dass die Vorbereitung dieses Sturmes konzertiert abgelaufen ist und die deutsche Regierung daran maßgeblich beteiligt war….
      Was sollte Italien tun?
      (…) Italiens Wege aus der Krise sind entweder juristisch verbaut, von anderen Ländern blockiert oder aus Gründen unpassierbar, die Italien nicht zu verantworten hat. Der Weg über steigende Exportüberschüsse, den Italien früher oft mit Erfolg gegangen ist, gibt es in der Währungsunion nicht mehr, weil Deutschland mit seiner durch jahrelanges Lohndumping erworbenen überragenden Wettbewerbsstellung jeden Versuch in diese Richtung blockiert. Absolute Lohnsenkungen würden, nicht anders als in Griechenland, zu einem Zusammenbruch des ohnehin schwachen Binnenmarktes führen und die Arbeitslosigkeit unmittelbar erhöhen.
      Die Möglichkeiten der Geldpolitik sind für Italien und ganz Europa längst ausgereizt, so dass man von den Unternehmen, vom „Markt“, keine Lösung erwarten kann. Zudem sind auch in Italien die Unternehmen Netto-Sparer, was bedeutet, dass sie die Nachfragesituation unmittelbar verschlechtern statt sie zu verbessern. Es bleibt logisch zwingend in dieser Lage nur der Staat, der versuchen kann, über steigende Ausgaben und steigende Defizite das Land aus der jahrelangen Krise zu führen. Wer diesen Weg politisch oder juristisch blockiert, ist ein Narr…
      Quelle: Heiner Flassbeck bei Makroskop
    2. Habt ihr noch alle Espresso-Tassen im Schrank?
      Leute, habt ihr noch alle Espresso-Tassen im Schrank? Nur noch mal zur Einordnung: Die Regierung hat nur einen kleinen Teil dessen anzusetzen gewagt, was sie eigentlich vorhatte. Es geht derzeit nicht darum, dass Italiens Regierung mit ihren Plänen die Maastricht-Kriterien bricht – mit 2,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bliebe das Staatsdefizit nach wie vor unter der Drei-Prozent-Marke. Es hatte nur die vorherige Regierung noch versprochen, den Fehlbetrag ehrgeizig auf nur noch 0,8 Prozent zu senken. Womit Italien im internationalen Vergleich ein Musterli gewesen wäre – an zweiter Stelle der G7-Staaten hinter den Deutschen. Trumps Amerika dürfte auf das mehr als Siebenfache an Fehlbeträgen im Etat kommen. (…)
      Da hilft auch das Gezeter wenig, dass die Italiener doch so viele (Alt-)Schulden haben. Ist schon richtig. Nur liegen die etwa in Japan viel höher – ohne dass jemand gleich kreischt, das Land könnte pleitegehen. Dabei hat es in Japan seit Ausbruch der globalen Finanzkrise 2008 kein Jahr mehr gegeben, wo das Land Maastricht erfüllt hätte.
      Selbst bei einem Defizit von 2,4 Prozent würde in Italien die Schuldenquote in den nächsten Jahren nicht weiter steigen, räumt Ifo-Chef Clemens Fuest ein. Nicht toll, ok. Aber auch kein Grund, von ungebremster Schluderei zu palavern. Das Fatale ist, dass der wohlfeile deutsche Befund vom schludernden Italiener in etwa das Gegenteil von dem ist, was die Italiener seit Jahren tatsächlich erleben. Spätestens seit dem Antritt von Mario Monti 2011 folgte über sieben Jahre eine Reformregierung der nächsten.
      Quelle: Spiegel Online

      Anmerkung J.K.: Ein absolut treffender Artikel, der die ganze Idiotie des Neoliberalismus entlarvt. Die Spar- und Reformprogramme der vorhergehenden italienischen Regierungen haben wesentlich zur Wahl der aktuellen Regierung, der bösen “Populisten” beigetragen. Die Antwort der EU-Kommission, einfach noch mehr Sparen und Reformen. In welcher irren Welt lebt man in Brüssel eigentlich? Darüber sollten auch jene gut nachdenken, die sich immer so gerne “proeuropäisch” geben.

    3. „Die Italiener wollen nicht von Brüssel regiert werden“
      „Das Haushaltsrecht ist das Hoheitsrecht der Parlamente“, betonte Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht im Dlf. So wie Brüssel auf Italiens Haushaltsentwurf reagiert habe, treibe man das Land aus dem Euro. Der Entwurf enthalte sinnvolle Dinge wie Frühverrentung und eine bessere Arbeitslosenversicherung. […]
      Man muss sich diesen Haushalt genauer angucken. Da sind Dinge drin, die sind sehr sinnvoll. Beispielsweise hat Italien eine extrem hohe Arbeitslosigkeit, vor allem eine Jugendarbeitslosigkeit, teilweise von 30, 40 Prozent, vor allem im Süden des Landes, und sie haben eine extrem schlechte Arbeitslosenversicherung, deutlich schlechter noch als Hartz IV in Deutschland, um das mal zu vergleichen. Wenn Sie da gewisse Verbesserungen machen, oder wenn Sie Verbesserungen machen bei der Frühverrentung, was ja auch bei hoher Arbeitslosigkeit für viele Leute dann schlicht eine gewisse Erleichterung ist, dann ist das einfach sinnvoll.
      Es gibt auch Steuererleichterungen. Da profitieren auch Wohlhabende. Darüber kann man sicherlich streiten. Aber noch mal: Ich finde, es ist einfach nicht die Hoheit der EU-Kommission, den einzelnen Ländern reinzuregieren in ihren Haushalt, weil damit machen wir die EU kaputt. Die Italiener wollen nicht von Brüssel, sie wollen auch nicht von Berlin regiert werden, und wir geben im Grunde einer Regierung und gerade auch der nationalistischen Partei, die ja wirklich auch halb faschistisch ist, und einem Herrn Salvini eine extreme Möglichkeit, sich zu profilieren. Er macht mit Sicherheit im eigenen Land zurzeit große Punkte und wird nicht etwa irgendwie dadurch in Schwierigkeiten kommen.
      Quelle: Deutschlandfunk
  5. Angst und Wut
    Der Anti-Brexit-Protest ist aller Ehren wert. Er offenbart aber auch schizophrenes Denken, geht es um den Zustand der EU Angst und Wut
    Gerade drängten sich über eine halbe Million Menschen durch London und verlangten ein zweites Brexit-Referendum. Das war „Middle Britain“, vorwiegend weiß, wohlerzogen und gebildet. Die Leute trugen Schilder, auf denen sie Theresa May höflich baten, sie möge es sich noch einmal überlegen, die britische Ökonomie in den Abgrund zu stürzen. In jeder normalen Epoche hätte eine solche Demonstration zumindest Nachdenken ausgelöst. Nur leben wir nicht in normalen Zeiten. Die britische Gesellschaft ist von Angst und Wut über den Brexit zerfressen, und das auf beiden Seiten. Als der Protest das West End erreichte, das kulturelle Zentrum Londons, berichteten Radiostationen voller Verachtung über den „Marsch der Verlierer“.
    Die Reflektiertesten unter den Demonstranten erinnerten sich vielleicht, dass Anfang 2003 ein für das Land wesentlich repräsentativerer Marsch gegen den sich anbahnenden Irak-Krieg stattfand, aber einen Premier wie Tony Blair nicht bewog, davon abzulassen. Ein Präzedenzfall für die politische Ignoranz gegenüber öffentlichem Protest. Ohnehin bleibt die Frage, ob ein zweites Referendum anders ausgeht als das vom 23. Juni 2016. Sicher ist nur, dass ein solches Votum die Gesellschaft weiter spalten würde. Kaum jemand bezweifelt, dass die Rechtsnationalen von UKIP bis zu den Tory-Ultras mindestens eine Million Menschen zur Verteidigung des EU-Ausstiegs auf die Straße bekämen.
    Quelle: der Freitag
  6. CumEx: Haben wir noch einen Staat, der Steuervergehen verfolgen will?
    Attac fordert Finanzminister Scholz auf, endlich zu handeln
    Der bislang deutsche CumEx-Skandal entpuppt sich als der größte bisher bekannte europäische Steuerskandal. Systematisch wurden mit Hilfe von internationalen Beratungsunternehmen Steuerrückzahlungen für nie gezahlte Steuern in Höhe von weit über 50 Milliarden Euro generiert.
    Und wieder einmal wurde dies nicht durch staatliche Untersuchungen aufgedeckt, sondern die Gesellschaft ist auf die Aktivitäten von mutigen Bürger*innen und Journalist*innen angewiesen. Es verstärkt sich wieder einmal der schädliche Eindruck einer Kumpanei zwischen Großkapital, Staatsbürokratie und Politik.
    Um dem entgegenzutreten fordert Attac Finanzminister Scholz auf, endlich eine aktive Haltung zur Verfolgung von internationalem Steuerbetrug und Steuervermeidung einzunehmen und die bremsende Haltung der Bundesregierung zu beenden.
    Quelle: attac

    dazu: Ein Tag nach Cum-Ex Enthüllung: Sozialbetrug: Regierung jagt Sozialleistungs-Empfänger – aber schont Millionen-Betrüger
    Österreich soll vom Cum-Ex-Steuerbetrug stärker betroffen sein als bisher bekannt. Dabei holen sich Aktien-Händler Steuern vom Staat zurück, die sie gar nicht bezahlt haben. Europaweit geht man von 55 Milliarden Euro Schaden aus. Doch statt „Jagd auf Steuerbetrüger“ lässt Kickl über die Kronen Zeitung am nächsten Tag ankündigen: „Spezialeinheit von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) macht jetzt Jagd auf Sozialbetrüger“. Während man bei den Ärmsten genau schaut, ob sie nicht ein paar Euro zu viel bekommen, werden Unternehmer kaum noch kontrolliert. Ganz im Gegenteil: Bei ihnen werden Kontrollen und Strafen abgebaut – obwohl es um Milliarden geht. Ein Überblick.
    (…) Wenn Unternehmen Sozialbetrug begehen, wird weggeschaut
    Das alles passt ins Bild. Obwohl die großen Summen bei Sozialbetrug auf Unternehmerseite liegen, schwächt die ÖVP-FPÖ-Regierung die Kontrollen und reduziert die Strafen. Interesse an zahnlosen Regeln haben vor allem große Unternehmen, die Lohn- und Sozialdumping betreiben wollen. Und auf die scheint die Regierung zu hören:
    Die Prüfer der Gebietskrankenkassen werden dem Finanzminister unterstellt – sie dürfen Scheinselbständigkeit aber nicht mehr prüfen.
    Da Prüfer im Finanzministerium aber abgebaut werden, werden es insgesamt weniger.
    Und sollte dennoch ein Unternehmer erwischt werden, kommt er mit günstigen Pauschalen davon….
    Quelle: kontrast.at

    und: So bestehlen uns Superreiche: eine Anleitung in 6 Schritten
    Es ist der wohl größte Steuerskandal der deutschen Geschichte: Jahrelang haben sich reiche Menschen ihre einmal gezahlte Steuer, gleich mehrfach zurück erstatten lassen. Und das auf Kosten der Steuerzahler – also zu unser aller Schaden.
    Das ARD-Magazin „Panorama“, die Wochenzeitung „Die Zeit“ und „Zeit Online“ hatten schon im vergangenen Jahr über den Steuerbetrug berichtet. Danach meldeten sich Journalisten aus ganz Europa und die Geschichte nahm neue Dimensionen an: Es zeigte sich, dass die sogenannten Cum-Ex- und Cum-Cum-Geschäfte nicht nur Deutschland selbst betreffen.
    Der Betrug geht über die Landesgrenzen hinaus und der Schaden ist deutlich größer als bisher bekannt. Gestern veröffentlichte die europaweite Recherchekooperation unter der Leitung des Recherchezentrums „Correctiv“ ihre Ergebnisse. Aber noch einmal von vorne…
    Wer Aktien, kauft, hofft nicht nur darauf, dass der Unternehmenswert und damit auch der Wert der Unternehmensanteile über die Jahre steigen – einmal im Jahr werden die Aktionäre auch direkt am Gewinn beteiligt. Für jede Aktie, die sie besitzen, bekommen sie eine bestimmte Summe ausgezahlt. Das ist ihr Anteil am Gewinn des Unternehmens, die sogenannte Dividende. 25 Prozent davon fließen als Kapitalertragsteuer an den Staat.
    Rund um diesen Stichtag, wird die Aktie schnell zwischen Banken, Investoren und Fonds hin und her geschoben. Das Ziel: Verwirrung schaffen. Durch den schnellen Handel mit den Aktien, kann das Finanzamt nur schwer verfolgen, wer sie eigentlich wirklich besaß. Das Ergebnis: Das Finanzamt stellt gleich mehrere Steuerbescheide aus und die Investoren lassen sich die Steuern gleich mehrfach zurück erstatten, obwohl sie teils kein einziges Mal ein Anrecht darauf hatten.
    Quelle: Orange by Handelsblatt

    Anmerkung JK: Laut Selbstauskunft will Orange komplexe Sachverhalte in einfacher Sprache erklären. Das ist hier gut gelungen.

  7. Steigende Mietkosten verstärken Ungleichheit
    Im Verhältnis zu ihrem Einkommen zahlen Geringverdiener immer mehr für Wohnraum – Gutverdiener dagegen immer weniger.
    Die Schere zwischen Armen und Reichen geht durch die steigenden Miet- und Wohnkosten in Deutschland weiter auseinander. Zu diesem Ergebnis kommt eine wissenschaftliche Studie der Humboldt-Universität in Kooperation mit dem University College in London. Die Wissenschaftler haben dabei die Einkommens- und Verbraucherstichprobe der Amtlichen Statistik zwischen 1993 und 2013 beobachtet und Daten von mehr als 100.000 Menschen ausgewertet.
    Demnach müssen Geringverdiener im Verhältnis zu ihrem Einkommen immer mehr fürs Wohnen bezahlen. Gleichzeitig sanken im Beobachtungszeitraum die Kosten für Mieten und Wohnen bei Personen mit den höchsten Einkommen. Mussten sie 1993 für Wohnraum noch 16 Prozent ihres Einkommens aufbringen, waren es 2013 noch 14 Prozent. Bei den 20 Prozent mit den geringsten Einkommen, stiegen die prozentualen Wohnkosten dagegen von 27 auf 39 Prozent.
    Reallöhne für Arme sinken – für Reiche nicht
    „Der Befund hat uns überrascht“, sagte Bernd Fitzenberger, Mitautor und Leiter des Ökonometrie-Instituts an der Humboldt-Universität, dem Tagesspiegel. Der überproportionale Anstieg der Wohnkosten verschärfe die Ungleichheit in Deutschland. „Die Schere geht an zwei Seiten auseinander“, sagte Fitzenberger und verwies auf die wachsende Lohnungleichheit. Der Studie zufolge sanken die Reallöhne für die untersten 20 Prozent der Einkommen in dem Untersuchungszeitraum um acht Prozent. Bei mittleren Einkommen entwickelten sich die Reallöhne zwischen 1993 und 2013 konstant leicht positiv. Bei Personen mit den besten Einkommen stiegen die Reallöhne am stärksten um durchschnittlich sieben Prozent…
    Quelle: Tagespiegel

    dazu: Armutsrisiko Mietwohnung
    Eine Million Haushalte in der Bundesrepublik verfügen nach Abzug der Mietkosten nur noch über ein Nettoeinkommen, das unter dem Niveau des Hartz-IV-Regelsatzes liegt, sagt Adolf Bauer, Präsident des Sozialverbandes Deutschland (SoVD). Am Donnerstag hat der SoVD in Berlin ein von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten zur Entwicklung der »Wohnungsfrage« in Deutschland vorgestellt. Verfasst hat es der Sozialwissenschaftler Stephan Junker; er hat vor allem versucht, die Auswirkungen herauszuarbeiten, die die Kombination aus explodierenden Mieten und Wohnungsmangel auf die Verfestigung von Armut und Ungleichheit hat.
    Arme wohnen »billig«, müssen im Verhältnis zum Haushaltseinkommen aber deutlich mehr für das Wohnen ausgeben als Normalverdiener und Reiche. Und das in ständig steigendem Maße: Von 1993 bis 2014 – das letzte Jahr, für das entsprechende Daten des Mikrozensus vorliegen – ist der Studie zufolge die mittlere Miete stärker gestiegen als das mittlere Einkommen, und zwar sowohl in Ost- wie in Westdeutschland. Der Mietanstieg trifft die Ärmsten besonders hart, da ihre Einkommen seit den 1990er Jahren stagnieren oder sogar zurückgegangen sind.
    Die Hälfte der Miethaushalte wendet Junker zufolge mindestens 29 Prozent des jeweils verfügbaren Nettoeinkommens für die Bruttokaltmiete auf. Bei armen Haushalten mit weniger als 1.300 Euro Nettoeinkommen liegt dieser Anteil bei 46 Prozent – also erheblich höher. Wer dagegen netto mehr als 4.500 Euro im Monat zur Verfügung hat, müsse nur 17 Prozent für das Wohnen ausgeben. Die Mietbelastungsquote verhält sich also genau umgekehrt proportional zum verfügbaren Einkommen. Sie ist bei den Haushalten am geringsten, die über mehr als 140 Prozent des mittleren Einkommens verfügen – und bei denen am höchsten, die weniger als 60 Prozent zur Verfügung haben.
    Besonders betroffen seien Alleinerziehende, Rentner, Pflegebedürftige und ganz allgemein Menschen mit Migrationshintergrund. Es gebe zudem Hinweise, dass letztere von einer Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt betroffen seien, die ihren Zugang zu bezahlbarem Wohnraum zusätzlich einschränke. Besonders stark werden in Zukunft Haushalte ohne Wohneigentum betroffen sein, die ab 2030 in Rente gehen, da bei ihnen mit einer hohen Rate an Altersarmut zu rechnen sei. »Die Mietpreisentwicklung vertieft die soziale Spaltung in unserer Gesellschaft«, fasste Bauer zusammen.
    Quelle: junge Welt

  8. Freiwillige vor?
    Die Politik verpflichtet Unternehmen immer seltener, bestimmte Dinge zu tun. Neuestes Beispiel ist Ministerin Klöckners Vorschlag für gesünderes Industrieessen
    Zu hohe Anteile von Salz, Zucker und Fett machen modernes Industrieessen ungesund. Man muss kein Ernährungsexperte sein, um das wissen zu können. Man müsste jedoch eine Ernährungsministerin sein, um daran etwas ändern zu können. Julia Klöckner (CDU) leitet dieses Ressort und hat neulich damit kokettiert, dass sie etwas dagegen machen möchte, denn eine Reduzierung sei unbedingt notwendig. Daher ihr Vorschlag: Die Genüsse aus dem Tiefkühlfach, Pizza zum Beispiel, sollten in kleineren Portionen gefertigt werden. Wenn der Fladen um 40 Prozent kleiner ist, so die kühne Rechnung, dann reduziert man damit auch die genannten Komponenten um 40 Prozent. Und schon leben alle zufriedener und gesünder bis an ihr Lebensende. […]
    Wie ernst es Klöckner nun ist, lässt sich ziemlich leicht eruieren. Ihr Einsatz gegen ungesunde Geschmacksträger, ohnehin eine rein auf Größenminimierung fokussierte Schnapsidee, soll noch nicht mal gesetzlich vereinbart werden. Sie möchte die Lebensmittelkonzerne freiwillig ins Boot holen, sagte sie der Presse. […]
    Politik, die sich darauf beschränkt, mit dem Zuruf »Freiwillige vor!« einem gesellschaftlichen Gestaltungsauftrag nachzukommen, gestaltet nur die eigene Ersetzbarkeit und degradiert sich zu einer Public-Relations-Agentur von Wirtschaftsunternehmen. Klöckners Vorschlag ist gerade deshalb besonders lächerlich, weil er als Bemäntelung ihrer eigenen ministeriellen Zahnlosigkeit dient. Eine Politik ohne Gesetzgebung ist wie Formpressschinken: Sieht beinahe wie echt aus, ist aber nichts als Betrug am Kunden.
    Quelle: Heppenheimer Hiob
  9. Das war’s für 2018
    Bei angemessener Besetzung der Schichten in den Krankenhäusern wäre ab heute kein Personal mehr da. Beschäftigte »feiern Neujahr«
    In den Krankenhäusern wurde Silvester vorverlegt: Schon in der Nacht zum Dienstag wollten Pflegekräfte vielerorts den Jahreswechsel begehen – allerdings mit Selters statt Sekt, denn zu feiern gibt es nichts. Für 2018 wäre das vorhandene Personal bereits am 22. Oktober aufgebraucht, wenn die Schichten so besetzt würden, wie es für eine sichere Versorgung der Patientinnen und Patienten notwendig wäre. Das hat die Gewerkschaft Verdi auf Grundlage einer Befragung errechnet, an der sich bundesweit rund 600 Stationsteams beteiligten.
    »Zwischen dem 23. Oktober und dem 31. Dezember bricht die Versorgung in den Krankenhäusern nur deshalb nicht zusammen, weil Pflegekräfte regelmäßig über ihre Grenzen gehen, um Patienten und ihr Team nicht im Stich zu lassen«, sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler am Montag in einer Mitteilung. »Das ist ein Skandal, auf den die Beschäftigten an diesem Tag bundesweit hinweisen.«
    Quelle: junge Welt
  10. Das Migrationsabkommen als letzter Sargnagel für die linken Parteien
    Im Dezember wollen die Bundesregierung und die meisten übrigen UN-Mitgliedsländer in Marokko ein Globales Abkommen zur Förderung der Arbeitsmigration unterzeichnen. Es ist die Frucht langer intensiver Lobbyarbeit der großen internationalen Konzerne. Am 8. November debattiert der Bundestag darüber – auf Antrag der AfD. Die linken und ehemals linken Parteien machen die Augen zu und überlassen der AfD die Rolle des Verteidigers der Interessen der Arbeiter und kleinen Angestellten, mit denen Arbeitsmigranten in Konkurrenz gesetzt werden. Die Im-Stich-Gelassenen werden sich das merken.
    Der Ort für die Zeremonie, Marokko, ist passender Weise derzeit das Haupttor, durch das afrikanische Migranten (via Spanien) die EU erreichen. Die letzten Meter des Abkommens bis zum finalen Entwurf hat die Bundesregierung zusammen mit Marokko als gemeinsame Vorsitzende des “Globalen Forums für Migration und Entwicklung” der UN mit betreut. Das Abkommen soll grenzüberschreitende Arbeitsmigration erleichtern und die Bedingungen dafür verbessern. Die Koalitionsregierung aus Union und SPD hat den Pakt nach eigener Darstellung im Bericht über ihre UN-Aktivitäten „politisch, inhaltlich, personell und finanziell vorangetrieben“ und „durch Textvorschläge aktiv gestaltet“. Das Abkommen sei zwar als „politisch verpflichtend“, aber „rechtlich nicht bindend“ konzipiert. Eine Zustimmung des Bundestags ist daher nicht nötig.
    Quelle: Norbert Häring

    Anmerkung Albrecht Müller: Sehr lesenswert.

    dazu: Ausbeutung von Billiglohnarbeitern: Verloren in Europa
    Als Bulgariens Wirtschaft abstürzt, zieht Stanimir Panow nach Hamburg-Wilhelmsburg. Er hofft auf ein besseres Leben, doch er landet auf dem sogenannten Arbeiterstrich – in einem System der Ausbeutung, von dem deutsche Verbraucher massiv profitieren. […]
    Panow kann Rigipsplatten und Dachschindeln anbringen, Wände fliesen, Mauern hochziehen, er sagt, er mache eigentlich alles. Er ist jetzt 64 Jahre alt. Seine Schultern sind noch breit, seine Oberarme noch kräftig, aber auf seinem Kopf fehlen schon die meisten Haare, in seinem Mund fehlen die ersten Zähne, und in seiner Prostata wurde kürzlich ein bösartiger Tumor entdeckt.
    Panow hat keine Rücklagen. Er fürchtet die Zeit, in der er zu schwach zum Arbeiten sein wird. In der das Warten auf den Tod beginnt. […]
    Er landete auf dem sogenannten Arbeiterstrich, in einem System aus Scheinselbstständigkeit, halblegalen Mietverhältnissen und Dumpinglöhnen. In einer Welt ohne Sicherheit und Sozialleistungen. In Strukturen, die sich in Deutschland und in anderen EU-Ländern immer mehr verfestigen. Strukturen, die ausgerechnet eine zentrale Errungenschaft der Europäischen Union erst möglich macht: das Grundrecht eines jeden EU-Bürgers in jedem EU-Staat zu arbeiten.
    Die sogenannte Arbeitnehmerfreizügigkeit hat viele Vorteile. Sie eröffnet EU-Bürgern neue Jobchancen, belebt die Arbeitsmärkte, vergrößert die Fluktuation von Fachkräften und trägt zum Wirtschaftswachstum bei. Doch sie begünstigt auch einen Schattensektor, in dem in Deutschland wohl Zehntausende, wenn nicht Hunderttausende Menschen arbeiten und gegen den die Behörden nur halbherzig vorgehen.
    Wir wollten dieses System der Ausbeutung genau verstehen. Warum landen Menschen wie Panow auf dem Arbeiterstrich? Warum kommen sie dort nicht wieder weg? Warum wird illegale Lohnarbeit nicht konsequenter bekämpft?
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Was ist eine EU wert, die diese Arbeitnehmer nicht vor Ausbeutung und illegalen Arbeitsverhältnissen schützt, die Millionen keine Perspektive bietet – die, genau genommen, solche Lebensverhältnisse gutheißt und fördert? Und wenn weder die EU noch der deutsche Staat solche Arbeitnehmerschicksale regulieren und in Ordnung bringen (wollen), wie kann man dann noch mehr Arbeitszuwanderung fordern?

    Und: Die Entsenderichtlinie vor dem Europäischen Gerichtshof
    Neuigkeiten von der Entsenderichtlinie: Auf die politische folgt eine rechtliche Klärung. Polen und Ungarn haben Klagen beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingereicht.
    Makroskop-Leser erinnern sich (oder lesen es hier noch einmal nach): Ende Mai stimmte das Europäische Parlament (EP) einem zwischen Ministerrat und EP ausgehandelten Kompromiss für eine Reform der Entsenderichtlinie (96/71/EG) zu. Für eine solche Reform hatten die Gewerkschaften lange gekämpft. Denn der Gegenstand der Reform ist für die Gewerkschaften von elementarer Bedeutung. Es geht um nicht weniger als um das Territorialitätsprinzip des Arbeitsrechts (ein Land, ein Arbeitsrecht). Können sich Arbeitgeber aussuchen, ob sie im Inland das inländische oder ein ausländisches Arbeitsrecht anwenden wollen, wird jeder Kampf um eine gute Ausgestaltung des inländischen Arbeitsrechts sinnlos.
    Quelle: Makroskop

  11. Autoritäre Versuchungen
    „Deutsche Zustände“ – so hieß die zehnbändige Dauerbeobachtung der Gesellschaft durch eine Gruppe Wissenschaftler unter dem Soziologen Wilhelm Heitmeyer. Darin wurden Ausprägungen von Abwertung, Diskriminierung und Ausgrenzung abgebildet. Heitmeyer legt nun nach und zeichnet ein düsteres Bild.
    Zum Aufstieg der Gauland-Partei kam es aus der Perspektive des Soziologen nach einer langen Serie von Veränderungen, die viele als Kontrollverlust erleben. Dazu zählen die Globalisierung und Hartz IV ebenso wie der islamistische Terror und die Flüchtlingswanderung. Das Ausdünnen sozialer Netze und ein Mangel an gesellschaftlicher Anerkennung für Zurückleibende, das habe seit den neunziger Jahren Millionen in wutgetränkte Apathie getrieben. Europaweit.
    „Autoritäre Versuchungen sind vor diesem Hintergrund vor allem als Reaktionen auf individuellen oder gesellschaftlichen Kontrollverlust zu interpretieren. Sie erzeugen eine Nachfrage nach politischen Angeboten, die darauf abzielen, die Kontrolle wiederherzustellen – und zwar durch Ausübung von Macht und Herrschaft sowie über Ausgrenzung und Diskriminierung.“
    Motor dieser Entwicklung war aus Sicht des versierten Langzeitbeobachters deutscher Zustände vor allem der, wie er ihn nennt „autoritäre Kapitalismus“. Der sei ab den neunziger Jahren in unserer Gesellschaft zur brutalen Landnahme übergegangen, ähnlich wie in anderen europäischen Ländern und den USA. Heitmeyer hat dies bereits 2001 in einem Text beschrieben und damals einen starken Rechtspopulismus als Folge vorhergesagt.
    Immer mehr Menschen erlebten seitdem, dass sie weniger Kontrolle über ihr individuelles Leben haben, immer öfter wurde Anpassung verlangt und zugleich das Gefühl verstärkt, die Demokratie lasse einen im Stich. Heitmeyer nennt die vergangenen dreißig Jahre „entsicherte Jahrzehnte“ und konstatiert, dass die politischen und gesellschaftlichen Eliten diese Entwicklung stets bagatellisiert hätten. Die Radikalisierung rechtspopulistischer Einstellungen sei dann seit der Finanzkrise 2008 sichtbar geworden, lange vor den Pegida-Demonstrationen.
    Quelle: Deutschlandfunk
  12. Es geht nicht um die Nation
    Interview Sahra Wagenknecht im Gespräch mit Jakob Augstein über „Aufstehen“, „Unteilbar“ und die Wähler der AfD.
    Jakob Augstein: Frau Wagenknecht, in Berlin haben sich jüngst weit mehr als 100.000 Menschen unter dem Zeichen #Unteilbar zu einer Demonstration gegen Rassismus und für eine zivile Gesellschaft zusammengefunden. Ihre Sammlungsbewegung war – jedenfalls offiziell – nicht dabei. Warum nicht?
    Sahra Wagenknecht: Es gab auf der Demo auch einen Block von Aufstehen, und entgegen anderslautenden Presseberichten habe ich mich nicht von der Kundgebung distanziert. Vielmehr hatte ich bereits im Vorfeld deutlich gemacht, dass ich mich freue, wenn viele Menschen gegen Rassismus und rechte Hetze auf die Straße gehen. Was denn sonst? Ich habe allerdings dazugesagt, dass ich den Aufruf zu Unteilbar extrem schwach finde: Es gibt darin keine einzige konkrete soziale Forderung, politische Verantwortlichkeiten für den Rechtstrend und für Flucht und Migration werden konsequent ausgeklammert. Der Text zielt auf ein bestimmtes Milieu, während diejenigen, die eher globalisierungskritisch und zuwanderungsskeptisch sind, nicht angesprochen werden. Aber genau die muss man erreichen, will man den Rechtstrend wirklich stoppen.
    Aber wenn es um Solidarität mit den Schwächsten geht – mit den Migranten –, müssen dann nicht alle Meinungsverschiedenheiten hintanstehen?
    Selbstverständlich brauchen wir mehr Solidarität in unserer Gesellschaft. Die Unterstützung von Flüchtlingen und ihre Verteidigung gegen rechte Hetzer ist dabei ein wichtiger Punkt. Aber wer eine solidarische und tolerante Gesellschaft fordert und sich nicht zugleich gegen verschärfte Ausbeutung und eine zunehmende Verrohung unserer ökonomischen Beziehungen wendet, ist unehrlich. Wenn die Leidtragenden der neoliberalen Globalisierung hier bei uns das Gefühl bekommen, dass die gesellschaftliche Linke sich für ihr Schicksal nicht mehr interessiert, treiben wir sie der Rechten in die Arme. […]
    Sie sind aber noch einer anderen Kritik begegnet: Man wirft Ihnen vor, einen Gegensatz zwischen den Interessen der Arbeiterklasse, den prekär Beschäftigten, den Verlierern der Globalisierung auf der einen und einer modernen, urbanen, progressiven Linken auf der anderen Seite aufzubauen.
    Diesen Gegensatz gibt es bei näherer Betrachtung nicht: den „Neuen Sozialen Bewegungen“ schadet es am meisten, wenn sie ein Bündnis mit dem Neoliberalismus eingehen. Homosexuelle leiden ebenso wie Heteros unter Hartz IV und schlechten Löhnen. Menschen mit Migrationshintergrund sind ohnehin überproportional von Armut betroffen. Wer für Antidiskriminierung, Antirassismus und Feminismus kämpft, kann die soziale Frage nicht ausklammern. Oder der ganze Kampf wird hohl und diskreditiert sich in den Augen der Ärmeren. Deshalb ist der identitätspolitische Ansatz für die Linke eine gefährliche Sackgasse. Wir wollen zusammenführen, nicht spalten. Darum müssen wir auf die Globalisierungsverlierer zugehen, die Ärmeren, die Frustrierten, die sich aus gutem Grund im Stich gelassen fühlen.
    Quelle: Freitag

    dazu auch: Sahra Wagenknecht im Interview mit der MOZ – „Parteien verändern – vor allem die SPD“
    Kaum jemand polarisiert so wie sie. Schon früher schieden sich die Geister in der PDS und später in der Partei „Die Linke“, wenn es um sie geht. Nun hat sie eine Sammlungsbewegung ins Leben gerufen, die so umstritten ist, wie die Fraktionschefin selbst. André Bochow hat mit Sahra Wagenknecht gesprochen.
    Quelle: MOZ.de

    Anmerkung Albrecht Müller: Dieses Interview ist etwas grundsätzlicher angelegt. Auch deshalb weisen wir darauf hin.

  13. Grüne bei der Landtagswahl in Hessen: Punkt für Punkt ganz nach vorn
    Rot–Rot–Grün ist möglich
    Es gibt eine Reihe solcher Punkte, die die hessischen Grünen in den letzten fünf Jahren bei ihrem Koalitionspartner CDU nicht haben durchsetzen können. Etwa eine gesetzliche Regelung, nach der Städte mit angespannter Wohnungssituation die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen verhindern können. Auch da verspricht die Partei für die nächste Legislaturperiode eine neue gesetzliche Regelung.
    Gut möglich, dass die Hessen-Grünen nach der Landtagswahl am 28. Oktober ihre Themen tatsächlich durchsetzen können. Der aktuelle Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir könnte neuer Ministerpräsident werden. In Umfragen liegt seine Partei bei 21 Prozent, genauso wie die SPD.
    Ministerpräsident Volker Bouffiers CDU liegt mit aktuell 26 Prozent zwölf Prozentpunkte unter dem Ergebnis von 2013. Rechnerisch möglich wären demnach Dreierbündnisse aus Grünen, SPD und Linken oder auch aus SPD, Grünen und FDP. Eine Mehrheit für die amtierende schwarz-grüne Regierung ist in den Umfragen ungewiss.
    Die Bilanz ist gemischt
    Im Regierungsbündnis mit der CDU mussten die grünen Koalitionäre einige Kröten schlucken. Am Frankfurter Flughafen wird das dritte Terminal gebaut, im Wahlkampf 2013 hatten die Grünen noch dagegen plakatiert. Die von Al-Wazir ausgehandelte freiwillige „Lärmobergrenze“ sichert allenfalls den Status quo. Die Luftverkehrswirtschaft hat sich vorbehalten, sie aufzukündigen, wenn sie zusätzliche Kapazitäten, sprich mehr Starts und Landungen braucht.
    Im Bündnis mit der CDU mussten die Grünen einige Kröten schlucken
    Als Verkehrsminister darf Al-Wazir jetzt Autobahnabschnitte eröffnen, gegen die Grüne und Umweltschützer jahrzehntelang gestritten hatten. „Damit die Diesel-Fahrer nicht die Dummen sind“, klagt die schwarz-grüne Landesregierung sogar gegen das Diesel-Fahrverbot in Frankfurt.
    Die Grünen haben aber auch einiges erreicht: Überall im Land drehen sich mehr Windräder – mit der Angst vor „Windkraftmonstern“ hatte die hessische CDU zuvor Wahlkämpfe bestritten. Gegen starke Widerstände wurde der Staatsforst auf eine schonende Bewirtschaftung umgestellt.
    (…) Der Welt sagte Tarek Al-Wazir, erst nach Auszählung aller Stimmen werde sich zeigen, „was rechnerisch geht und – noch wichtiger – was mit wem inhaltlich geht“. Sein Regierungschef Bouffier und Bundeskanzlerin Angela Merkel warnten schon mal vorsorglich vor einer möglichen linken Mehrheit.
    Quelle: taz

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Sicher haben die Grünen hier und da Akzente gesetzt – aber der – vor vielen Jahren von den Grünen bekämpfte – Flughafen Frankfurt und der Autoverkehr sind sogar gewachsen, die Wohnungsnot auch, und die Grünen haben dem harten hessischen Polizeigesetz zugestimmt (die taz berichtete) “Sogar”, hätte man früher ergänzt, “logisch”, muß man heute sagen: eine ganz und gar angepaßte neoliberal-konservative Partei, für die die taz hier Werbung macht. Die Grünen werden “Punkt für Punkt immer schwärzer”, muß man leider sagen.


Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/

Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=46730