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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 23. Oktober 2018 um 8:23 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Welcome back in the Eighties! – 30 Jahre nach dem INF-Vertrag drohen neue Atomraketen in Europa
  2. Es geht nicht um die Nation
  3. Kein Aufbruch, nirgends
  4. Autoritäre Versuchungen
  5. Merkel stellt Waffenexporte nach Saudi-Arabien infrage
  6. Das Ende des Booms
  7. Italien
  8. So bestehlen uns Superreiche: eine Anleitung in 6 Schritten
  9. Die Entsenderichtlinie vor dem Europäischen Gerichtshof
  10. Angela Merkel will Diesel-Fahrverbote in Städten gesetzlich erschweren
  11. Soziale Herkunft entscheidet über Chancen in der Schule
  12. Wikipedia: Rotten to the Core
  13. Facebook-Löschungen: Manufacturing Consent
  14. Steve Bannon empfing Gloria und Kardinal Müller
  15. Wo die Wurzeln der heutigen Islamdebatte liegen
  16. Saudis sollen Kritiker mit bezahlten Online-Mobbern und McKinsey-Daten bekämpft haben
  17. Das traurige Schauspiel um die Punkband und das Bauhaus Dessau
  18. Die Anstalt am 23.10.2018 ab 22:15 Uhr im ZDF

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Welcome back in the Eighties! – 30 Jahre nach dem INF-Vertrag drohen neue Atomraketen in Europa
    Trumps Kündigung des INF-Vertrags, der 30 Jahre den Frieden in Europa sicherte, ist brandgefährlich. Leidtragender einer erneuten nuklearen Aufrüstungsdynamik wird Europa sein. Diplomatischer Druck und zivilgesellschaftlicher Widerstand sind unbedingt geboten!
    Das kam nicht über Nacht! Trumps Entscheidung vom Samstag, den INF-Vetrag aufzukündigen, hatte sich seit Längerem abgezeichnet. Immer wieder hatten der Westen und Russland sich in den letzten Jahren gegenseitig vorgeworfen, den von Michail Gorbatschow und Ronald Reagan im Dezember 1987 abgeschlossenen Vertrag über das Verbot landgestützter Kurz- und Mittelstreckenraketen (Intermediate Nuclear Forces) einer Reichweite von 500 bis 5.500 Kilometern zu verletzen.
    Der INF-Vertrag ist nicht irgendein Abrüstungsvertrag zwischen den atomaren Supermächten. Dieser Vertrag hat über 30 Jahre lang nichts weniger als den Frieden in Europa gesichert.
    Zur Erinnerung: Die erste Hälfte der Achtziger Jahre war die gefährlichste Phase des Kalten Krieges. Bis an die Zähne bewaffnet standen sich die beiden Supermächte USA und die Sowjetunion gegenüber. Keine Seite traute der anderen. Beide rechneten damit, dass der Kalte Krieg früher oder später in einen heißen Krieg umkippen könnte oder gar würde. Unter US-Militärstrategen kursierten bereits Szenarien mit dem Titel „Den Atomkrieg führbar und gewinnbar machen!“ Amerikanische Reisebüros bewarben Tourismusreisen auf den Alten Kontinent mit dem Slogan „Besuchen Sie Europa, solange es noch steht!“
    Europa, zu beiden Seiten des Eisernen Vorhangs, war vollgestopft mit Atomsprengköpfen. Allein 7.000 auf Seiten der NATO. Jeder von ihnen ein mehrfaches Hiroshima. Von Osten drohten die sowjetischen SS 20-Raketen. Die Vorwarnzeiten hatten sich nach der Stationierung der amerikanischen Pershing II und Cruise Missiles Ende 1983 auf acht Minuten, nach den Gegenmaßnahmen des Warschauer Paktes, der Stationierung von Kurzstreckenraketen in der DDR und der Tschechoslowakei, auf ganze vier Minuten reduziert! Fehlalarme und Missinterpretationen der Maßnahmen der anderen Seite waren immer wieder vorgekommen.
    Quelle: RT Deutsch
  2. Es geht nicht um die Nation
    Interview Sahra Wagenknecht im Gespräch mit Jakob Augstein über „Aufstehen“, „Unteilbar“ und die Wähler der AfD.
    Jakob Augstein: Frau Wagenknecht, in Berlin haben sich jüngst weit mehr als 100.000 Menschen unter dem Zeichen #Unteilbar zu einer Demonstration gegen Rassismus und für eine zivile Gesellschaft zusammengefunden. Ihre Sammlungsbewegung war – jedenfalls offiziell – nicht dabei. Warum nicht?
    Sahra Wagenknecht: Es gab auf der Demo auch einen Block von Aufstehen, und entgegen anderslautenden Presseberichten habe ich mich nicht von der Kundgebung distanziert. Vielmehr hatte ich bereits im Vorfeld deutlich gemacht, dass ich mich freue, wenn viele Menschen gegen Rassismus und rechte Hetze auf die Straße gehen. Was denn sonst? Ich habe allerdings dazugesagt, dass ich den Aufruf zu Unteilbar extrem schwach finde: Es gibt darin keine einzige konkrete soziale Forderung, politische Verantwortlichkeiten für den Rechtstrend und für Flucht und Migration werden konsequent ausgeklammert. Der Text zielt auf ein bestimmtes Milieu, während diejenigen, die eher globalisierungskritisch und zuwanderungsskeptisch sind, nicht angesprochen werden. Aber genau die muss man erreichen, will man den Rechtstrend wirklich stoppen.
    Aber wenn es um Solidarität mit den Schwächsten geht – mit den Migranten –, müssen dann nicht alle Meinungsverschiedenheiten hintanstehen?
    Selbstverständlich brauchen wir mehr Solidarität in unserer Gesellschaft. Die Unterstützung von Flüchtlingen und ihre Verteidigung gegen rechte Hetzer ist dabei ein wichtiger Punkt. Aber wer eine solidarische und tolerante Gesellschaft fordert und sich nicht zugleich gegen verschärfte Ausbeutung und eine zunehmende Verrohung unserer ökonomischen Beziehungen wendet, ist unehrlich. Wenn die Leidtragenden der neoliberalen Globalisierung hier bei uns das Gefühl bekommen, dass die gesellschaftliche Linke sich für ihr Schicksal nicht mehr interessiert, treiben wir sie der Rechten in die Arme. […]
    Sie sind aber noch einer anderen Kritik begegnet: Man wirft Ihnen vor, einen Gegensatz zwischen den Interessen der Arbeiterklasse, den prekär Beschäftigten, den Verlierern der Globalisierung auf der einen und einer modernen, urbanen, progressiven Linken auf der anderen Seite aufzubauen.
    Diesen Gegensatz gibt es bei näherer Betrachtung nicht: den „Neuen Sozialen Bewegungen“ schadet es am meisten, wenn sie ein Bündnis mit dem Neoliberalismus eingehen. Homosexuelle leiden ebenso wie Heteros unter Hartz IV und schlechten Löhnen. Menschen mit Migrationshintergrund sind ohnehin überproportional von Armut betroffen. Wer für Antidiskriminierung, Antirassismus und Feminismus kämpft, kann die soziale Frage nicht ausklammern. Oder der ganze Kampf wird hohl und diskreditiert sich in den Augen der Ärmeren. Deshalb ist der identitätspolitische Ansatz für die Linke eine gefährliche Sackgasse. Wir wollen zusammenführen, nicht spalten. Darum müssen wir auf die Globalisierungsverlierer zugehen, die Ärmeren, die Frustrierten, die sich aus gutem Grund im Stich gelassen fühlen.
    Quelle: Freitag

    dazu auch: Sahra Wagenknecht im Interview mit der MOZ – „Parteien verändern – vor allem die SPD“
    Kaum jemand polarisiert so wie sie. Schon früher schieden sich die Geister in der PDS und später in der Partei „Die Linke“, wenn es um sie geht. Nun hat sie eine Sammlungsbewegung ins Leben gerufen, die so umstritten ist, wie die Fraktionschefin selbst. André Bochow hat mit Sahra Wagenknecht gesprochen.
    Quelle: MOZ.de

    Anmerkung Albrecht Müller: Dieses Interview ist etwas grundsätzlicher angelegt. Auch deshalb weisen wir darauf hin.

  3. Kein Aufbruch, nirgends
    Bin ich hier noch richtig? Das fragt sich der Schriftsteller und SPD-Mitglied Nicol Ljubic seit einiger Zeit. Denn aus einer Partei des Aufbruchs sei eine geworden, die nur noch Spiegelstriche abarbeite – allem Gerede vom Neuanfang zum Trotz.
    Die SPD, das war für mich die Partei, die mich wieder an die Politik glauben ließ. Weil sie mir zeigte, dass Veränderungen doch möglich sind. In meiner damaligen Wahrnehmung hatte es immer nur Helmut Kohl gegeben, es schien ein Naturgesetz – bis 1998. Der rot-grüne Regierungswechsel verkörperte für mich den Aufbruch in eine neue Zeit. Das war auch der Grund, warum ich Mitglied in der SPD geworden bin. SPD, das war für mich Zukunft.
    Es war das breitbeinige Auftreten Gerhard Schröders, das mir die ersten Zweifel bescherte, dazu eine Politik, die vor allem die Wirtschaft im Blick hatte. Die Jahre in der GroKo machten die SPD dann zu einer Partei der Kompromisse, die ihre Aufgabe darin sah, inhaltliche Spiegelstriche abzuarbeiten und darüber den Mut verlor, groß und anders zu denken. War die SPD 1998 noch die Alternative zur CDU, ist sie längst zu deren Gehilfin geworden.
    Beim letzten Mitgliederentscheid habe ich gegen die GroKo gestimmt. Aus Angst, dass der SPD das Regieren wichtiger wird als das Erneuern. Ich hatte gehofft, dass die 20,5 Prozent bei der vergangenen Bundestagswahl jedem in der Partei klar gemacht hätten, dass die SPD sich verändern müsse. Aber die Schmerzgrenze ist offenbar immer noch nicht erreicht. Wirklich verändert hat sich die Partei nicht und von Aufbruch ist auch nirgends etwas zu spüren. …
    Zum ersten Mal seit meinem Eintritt frage ich mich, ob ich noch richtig bin in der SPD. Aus der Partei des Aufbruchs ist eine Partei des Sachverwaltens geworden. In einer Welt, die sich rasant verändert, reicht es aber nicht mehr, politische Spiegelstriche abzuarbeiten. Es geht um die Zukunft unseres Landes, unserer Umwelt, unserer Demokratie und eines gemeinsamen Europas.
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur
  4. Autoritäre Versuchungen
    „Deutsche Zustände“ – so hieß die zehnbändige Dauerbeobachtung der Gesellschaft durch eine Gruppe Wissenschaftler unter dem Soziologen Wilhelm Heitmeyer. Darin wurden Ausprägungen von Abwertung, Diskriminierung und Ausgrenzung abgebildet. Heitmeyer legt nun nach und zeichnet ein düsteres Bild.
    Zum Aufstieg der Gauland-Partei kam es aus der Perspektive des Soziologen nach einer langen Serie von Veränderungen, die viele als Kontrollverlust erleben. Dazu zählen die Globalisierung und Hartz IV ebenso wie der islamistische Terror und die Flüchtlingswanderung. Das Ausdünnen sozialer Netze und ein Mangel an gesellschaftlicher Anerkennung für Zurückleibende, das habe seit den neunziger Jahren Millionen in wutgetränkte Apathie getrieben. Europaweit.
    „Autoritäre Versuchungen sind vor diesem Hintergrund vor allem als Reaktionen auf individuellen oder gesellschaftlichen Kontrollverlust zu interpretieren. Sie erzeugen eine Nachfrage nach politischen Angeboten, die darauf abzielen, die Kontrolle wiederherzustellen – und zwar durch Ausübung von Macht und Herrschaft sowie über Ausgrenzung und Diskriminierung.“
    Motor dieser Entwicklung war aus Sicht des versierten Langzeitbeobachters deutscher Zustände vor allem der, wie er ihn nennt „autoritäre Kapitalismus“. Der sei ab den neunziger Jahren in unserer Gesellschaft zur brutalen Landnahme übergegangen, ähnlich wie in anderen europäischen Ländern und den USA. Heitmeyer hat dies bereits 2001 in einem Text beschrieben und damals einen starken Rechtspopulismus als Folge vorhergesagt.
    Immer mehr Menschen erlebten seitdem, dass sie weniger Kontrolle über ihr individuelles Leben haben, immer öfter wurde Anpassung verlangt und zugleich das Gefühl verstärkt, die Demokratie lasse einen im Stich. Heitmeyer nennt die vergangenen dreißig Jahre „entsicherte Jahrzehnte“ und konstatiert, dass die politischen und gesellschaftlichen Eliten diese Entwicklung stets bagatellisiert hätten. Die Radikalisierung rechtspopulistischer Einstellungen sei dann seit der Finanzkrise 2008 sichtbar geworden, lange vor den Pegida-Demonstrationen.
    Quelle: Deutschlandfunk
  5. Merkel stellt Waffenexporte nach Saudi-Arabien infrage
    Die CDU-Chefin verurteilte die Tötung des Journalisten Jamal Khashoggi am Sonntagabend in Berlin “in aller Schärfe”.
    “Was Rüstungsexporte anbelangt, kann das nicht stattfinden, in dem Zustand, in dem wir im Augenblick sind”, sagte Merkel nach einer Sitzung der CDU-Parteigremien im Konrad-Adenauer-Haus.
    Es gebe dringenden weiteren Klärungsbedarf durch die saudische Regierung, sagte Merkel. Zudem müssten die saudischen Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Die Bundesregierung strebe auch eine internationale Abstimmung im Vorgehen gegen Riad an.
    Quelle: SPON

    Anmerkung JK: Man muss sich das Geschwurbel Merkels nur anhören, dann weiß man weshalb sich viele Menschen von der Politik abwenden. So hört sich also eine scharfe Verurteilung eines politischen Mordes an? Die Feigheit und Doppelmoral der Bundesregierung insbesondere die Merkels ist, man kann es nicht anders formulieren, einfach unerträglich. Man stelle sich vor so etwas wäre in der russischen Botschaft in Istanbul mit einem Kritiker Putins geschehen. Die Bundesregierung würde sich vor Empörung überschlagen.

    Dazu: Saudi-Arabien – der Schurkenstaat in unserem Bett

    dazu: Warum Deutschland weiter Waffen liefert
    Laut Koalitionsvertrag wollte die Bundesregierung längst keine Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien mehr genehmigen. Dass das Land dennoch Waffentechnologie aus Deutschland bezieht, liegt an mehreren Ausnahmeregelungen.
    Offiziell lehnt die Bundesregierung Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien ab – und das nicht erst, seit Bundeskanzlerin Angela Merkel Aufklärung im Fall des getöteten Journalisten Jamal Khashoggi fordert. Die geplante Beendung der Exporte steht im Koalitionsvertrag: “Wir schränken die Rüstungsexporte für Drittländer weiter ein, die weder NATO- noch EU-Mitgliedsländer sind, noch diesen gleichgestellt”, heißt es in dem Dokument, und an anderer Stelle: “Wir werden ab sofort keine Ausfuhren an Länder genehmigen, solange diese unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind.”
    Eine von Saudi-Arabien geführte Koalition kämpft im Jemen gegen Huthi-Rebellen und fliegt dort Luftangriffe, immer wieder gibt es Berichte über Blockaden jemenitischer Häfen durch die saudische Marine. Dennoch ist Saudi-Arabien der zweitbeste Kunde der deutschen Rüstungsindustrie – und bezieht weiterhin Rüstungsgüter aus der Bundesrepublik: In den ersten neun Monaten dieses Jahres wurden Ausfuhrgenehmigungen im Wert von 416 Millionen Euro erteilt, wie aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Frage des Grünen-Bundestagsabgeordneten Omid Nouripor hervorgeht.
    Das liegt vor allem an zwei Regelungen, die von der Bundesregierung nicht einfach widerrufen werden können. Für einen Großauftrag über 30 Patrouillenboote aus Mecklenburg-Vorpommern gilt eine Ausnahme. Die jetzige Bundesregierung hat sich darauf verständigt, den 2015 genehmigten Auftrag nicht zu stoppen und die Schiffe weiter liefern zu lassen.
    Außerdem erhält Riad Rüstungsgüter, die von multinationalen europäischen Konzernen gefertigt werden; beispielsweise den Eurofighter. Die Luft-Boden-Raketen dieser Kampfflieger stammen von MBDA – einem Konzern, der auch in Deutschland fertigt. 2018 genehmigte der Bundessicherheitsrat, dem neben Bundeskanzlerin Angela Merkel auch Außenminister Heiko Maas und Wirtschaftsminister Peter Altmeier angehören, den Export des Radarsystems “Cobra”, einer deutsch-französischen Koproduktion.
    Quelle: Tagesschau

  6. Das Ende des Booms
    Die deutsche Wirtschaft überhitzt: Überall fehlt Personal, die Produktion wird gedrosselt. Dazu kommen globale Gefahren. Wann beginnt der Abschwung?
    Wenn man eine größere Investition plant, überkommt einen oft ein mulmiges Gefühl: Ist jetzt der beste Zeitpunkt, die Reise nach Thailand zu buchen? Sollte man besser noch warten, bis man den Kühlschrank kauft? Wenn die Unsicherheit in dieser Frage so groß wird, dass Verbraucher ihre Entscheidung immer wieder auf später verschieben, kann das für die Wirtschaft zum Problem werden. Noch folgenreicher wird es, wenn Managerinnen und Manager ähnlich fühlen und zögern. Und das ist gerade der Fall.
    Zwischen Mai und September dieses Jahres hat die Unsicherheit in deutschen Unternehmen so stark zugenommen wie zuletzt in der Zeit der Weltfinanzkrise 2008 und 2009, zeigt ein Index des Ifo Instituts. Besonders stark nehme die Unsicherheit in Unternehmen der Industrie und im Dienstleistungssektor zu, also den zentralen Branchen der deutschen Wirtschaft, heißt es vom Münchener Forschungsinstitut. Die Konsequenz dieser Verunsicherung könne sein, dass Unternehmen sich mit Investitionen zurückhielten und zögern könnten, neues Personal einzustellen.
    Die gemeinsame Prognose für das Wirtschaftswachstum in Deutschland haben die führenden Forschungsinstitute ebenfalls abgesenkt. Statt der im Frühjahr erwarteten 2,2 Prozent dürfte das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr nur um 1,7 Prozent wachsen. […]
    Quelle: ZEIT

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Der übliche Schwachsinn, hier noch mal konzentriert. Als erstes: ja, die Wirtschaft wächst seit fünf Jahren solide mit etwa 2 Prozent pro Jahr – aber wo soll ein “Boom” sein? Zumal das Wachstum ausschließlich geliehen ist durch massive Exportüberschüsse und Verschuldung des Auslands, also alles andere als auf stabilen Füßen steht. Dann natürlich: der Fachkräftemangel, “[Ü]berall fehlt Personal, die Produktion wird gedrosselt”. Moment mal, totaler Quatsch: die Produktion muss nicht gedrosselt werden; über Produktivitätssteigerungen kann man sogar mit demselben Personal mehr produzieren, und die Beschäftigtenanzahl steigt jährlich. Die nächsten vier Absätze befassen sich dann mit den wahren Gründen für die zunehmende Stagnation, nämlich die zunehmende konjunkturelle Unsicherheit. Später im Text wird dann allen Ernstes wieder vom Arbeitskräftemangel phantasiert, von “geringe[r] Arbeitslosigkeit” und von “steigenden Löhnen” – allesamt Phänomene, die in der realen Welt mit mindestens 4 Millionen Arbeitslosen und 20 % zu niedrigen Löhnen noch niemand beobachtet hat. Es ist eine Tragik, daß Menschen, die so wenig Bezug zur Realität haben, maßgeblich die deutsche Wirtschaftspolitik mitbestimmen. Dazu paßt dann auch, daß in aller Irrealität vor einer “Überhitzung der Wirtschaft” gewarnt wird. Schlimm.

  7. Italien
    1. Italiens Kreditwürdigkeit: Nur noch knapp über Ramschniveau
      Die erste Ratingagentur zieht Konsequenzen aus der Schuldenpolitik in Italien. Moody’s stufte die Kreditwürdigkeit des Landes herab. Für Italien könnte es nun schwieriger werden, sich Geld zu besorgen.
      Die geplante Neuverschuldung in Italien hat erste Konsequenzen für die Kreditwürdigkeit des Landes. Die US-Ratingagentur Moody’s stufte das hoch verschuldete Land herab. Die nächstniedriere Stufe würde auf den Finanzmärkten Ramschniveau bedeuten.
      Die Analysten begründeten ihre Entscheidung mit einer “erheblichen Schwächung von Italiens Finanzkraft”. Die Staatsverschuldung werde bei 130 Prozent der Wirtschaftsleistung bleiben, statt sich zu verringern. “Die hohe Verschuldung macht Italien anfällig.” Moody’s kritisierte, dass wirtschaftliche und finanzielle Reformen von der italienischen Regierung blockiert würden.
      Den Ratingausblick setzte Moody’s auf “stabil”. Damit droht Italien zunächst keine weitere Herabstufung – bei dieser Agentur. Die Analysten von Fitch dagegen bewerten den Ausblick aus “negativ”. Damit wird eine womöglich bald schlechtere Bewertung angedeutet. Die Ratingagentur S&P will Ende des Monats ihre Note überprüfen.
      Viele Investoren zogen bereits Geld aus Italien ab. Durch die Herabstufung dürfte es für das Land noch schwieriger werden, sich Geld auf den Finanzmärkten zu besorgen. Große Fonds dürfen nach ihren eigenen Vorgaben oft kein Geld in Staatsanleihen stecken, wenn diese als Ramsch eingestuft werden.
      Quelle: Tagesschau

      Anmerkung JK: Das wirft wieder ein bezeichnetes Schlaglicht auf die Rolle der sogenannten Ratingagenturen bei der Durchsetzung der neoliberalen Agenda und der Interessen der Finanzindustrie.

      Anmerkung Jens Berger: Mit welchem Recht senkt man das Rating für die Staatsschulden eines Landes, dessen Anleihen implizit ohnehin von der EZB garantiert werden? Das macht doch überhaupt keinen Sinn.

    2. Italienische Schuldenkrise“ – Der Euro ist gescheitert
      Der Euro bleibt trotz seiner offensichtlichen Dysfunktionalität für viele ein positives und unumkehrbares Projekt. Doch der sich nun zuspitzende Konflikt um den Haushaltsentwurf Italiens zeigt, dass das gemeinsame Währungssystem endgültig gescheitert ist.
      Die EU und mit ihr der Euro werden vielfach ob ihrer neoliberalen Ausrichtung und ihrer demokratischen Defizite kritisiert, aber im gleichen Atemzug als ein unumkehrbares, alternativloses und notwendiges Projekt der Überwindung der Nationalstaaten beschworen. Jedem Vorschlag zur Rückübertragung von Kompetenzen von der supranationalen auf die nationale Ebene wird folgerichtig vorgeworfen, die durch die Globalisierung veränderten Rahmenbedingungen für politisches Handeln nicht angemessen zu berücksichtigen.
      So auch der Tenor eines Artikels von Walter Gröh auf Telepolis. Er wird zwar zunächst seiner Chronistenpflicht gerecht, indem er darüber informiert, dass auf dem großen Europa-Kongress von Attac in Kassel (5.-7. Oktober) von vielen der Euro ob seiner „Fehlkonstruktion“ und seinen Regeln und „neoliberalen Institutionen mit der EZB an der Spitze“, die dem Süden „brutale Austeritätsprogramme“ aufzwänge, kritisiert wurde. Man erfährt darüber hinaus, dass Eurokritiker wie der Arbeitskreis Eurexit argumentieren, ein „freiwilliger Ausstieg aus dem Euro-System [… könnte] einzelnen Volkswirtschaften die nötige Flexibilität und Autonomie für ihre wirtschaftliche Entwicklung und die Überwindung von Krisen ermöglichen“.
      Gröh lässt aber keinen Zweifel daran, was er von solchen Argumenten hält. Ein Euroaustritt, so lässt er seine Leser in einer Zwischenüberschrift wissen, sei einfach nur „naiv“. Damit aber nicht genug der kritischen Worte. Ein Austritt würde – wie ihm von Klaus Busch, Joachim Bischoff und Axel Troost offensichtlich überzeugend vermittelt wurde – unausweichlich dazu führen, dass Regierungen „unabhängig von ihrer politischen Orientierung zu einer drastischen Austeritätspolitik gezwungen“ wären.
      Quelle: Makroskop
  8. So bestehlen uns Superreiche: eine Anleitung in 6 Schritten
    Es ist der wohl größte Steuerskandal der deutschen Geschichte: Jahrelang haben sich reiche Menschen ihre einmal gezahlte Steuer, gleich mehrfach zurück erstatten lassen. Und das auf Kosten der Steuerzahler – also zu unser aller Schaden.
    Das ARD-Magazin „Panorama“, die Wochenzeitung „Die Zeit“ und „Zeit Online“ hatten schon im vergangenen Jahr über den Steuerbetrug berichtet. Danach meldeten sich Journalisten aus ganz Europa und die Geschichte nahm neue Dimensionen an: Es zeigte sich, dass die sogenannten Cum-Ex- und Cum-Cum-Geschäfte nicht nur Deutschland selbst betreffen.
    Der Betrug geht über die Landesgrenzen hinaus und der Schaden ist deutlich größer als bisher bekannt. Gestern veröffentlichte die europaweite Recherchekooperation unter der Leitung des Recherchezentrums „Correctiv“ ihre Ergebnisse. Aber noch einmal von vorne…
    Wer Aktien, kauft, hofft nicht nur darauf, dass der Unternehmenswert und damit auch der Wert der Unternehmensanteile über die Jahre steigen – einmal im Jahr werden die Aktionäre auch direkt am Gewinn beteiligt. Für jede Aktie, die sie besitzen, bekommen sie eine bestimmte Summe ausgezahlt. Das ist ihr Anteil am Gewinn des Unternehmens, die sogenannte Dividende. 25 Prozent davon fließen als Kapitalertragsteuer an den Staat.
    Rund um diesen Stichtag, wird die Aktie schnell zwischen Banken, Investoren und Fonds hin und her geschoben. Das Ziel: Verwirrung schaffen. Durch den schnellen Handel mit den Aktien, kann das Finanzamt nur schwer verfolgen, wer sie eigentlich wirklich besaß. Das Ergebnis: Das Finanzamt stellt gleich mehrere Steuerbescheide aus und die Investoren lassen sich die Steuern gleich mehrfach zurück erstatten, obwohl sie teils kein einziges Mal ein Anrecht darauf hatten.
    Quelle: Orange by Handelsblatt

    Anmerkung JK: Laut Selbstauskunft will Orange komplexe Sachverhalte in einfacher Sprache erklären. Das ist hier gut gelungen.

  9. Die Entsenderichtlinie vor dem Europäischen Gerichtshof
    Neuigkeiten von der Entsenderichtlinie: Auf die politische folgt eine rechtliche Klärung. Polen und Ungarn haben Klagen beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingereicht.
    Makroskop-Leser erinnern sich (oder lesen es hier noch einmal nach): Ende Mai stimmte das Europäische Parlament (EP) einem zwischen Ministerrat und EP ausgehandelten Kompromiss für eine Reform der Entsenderichtlinie (96/71/EG) zu. Für eine solche Reform hatten die Gewerkschaften lange gekämpft. Denn der Gegenstand der Reform ist für die Gewerkschaften von elementarer Bedeutung. Es geht um nicht weniger als um das Territorialitätsprinzip des Arbeitsrechts (ein Land, ein Arbeitsrecht). Können sich Arbeitgeber aussuchen, ob sie im Inland das inländische oder ein ausländisches Arbeitsrecht anwenden wollen, wird jeder Kampf um eine gute Ausgestaltung des inländischen Arbeitsrechts sinnlos.
    Quelle: Makroskop
  10. Angela Merkel will Diesel-Fahrverbote in Städten gesetzlich erschweren
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will die Hürden für die Verhängung von Dieselfahrverboten in Städten erhöhen. Nach Ansicht der CDU seien Fahrverbote bei einer nur geringfügigen Überschreitung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid “nicht verhältnismäßig”, sagte Merkel am Sonntag nach einer Sitzung der Parteigremien in Berlin. Deshalb wolle ihre Partei die Gesetze so ändern, dass Fahrverbote in solchen Fällen als unverhältnismäßig eingestuft würden.
    In 51 Städten in Deutschland gibt es laut Merkel lediglich geringfügige Grenzwertüberschreitungen. Hier reichten bereits beschlossene Maßnahmen zur Luftverbesserung aus – Merkel nannte Software-Updates für Dieselautos und Hardware-Nachrüstungen für Kleinlaster von Gewerbetreibenden, kommunale Nutzfahrzeuge und Busse. In 14 weiteren Städten müsse hingegen mehr getan werden. Dazu gehörten auch “Aktionen der Automobilindustrie”, mahnte Merkel. Diese habe “massiv Vertrauen zerstört”, sagte sie mit Blick auf die Diesel-Manipulationen bei mehreren Herstellern.
    Quelle: SPON

    Anmerkung unseres Lesers A.H.: Die Bundeskanzlerin hat in ihrem Amtseid u.a. geschworen, “Schaden vom deutschen Volk abzuwenden”. Wenn es um die Automobilindustrie geht und darum im Wahlkampf unpopuläre Fahrverbote zu verhindern, dann sind Frau Merkel gesundheitliche Schäden der Anwohner vielbefahrenen Straßen offensichtlich egal!

    Frau Merkel überlegt offenbar konkret, die ja eh schon durch Vorfeldverhandlungen mit der Automobilindustrie “geglätteten” Grenzwerte weiter zu beugen, um Fahrverbote zukünftig zu verhindern und die Automobilindustrie aus der Diskussion zu bringen. Der von ihr selbst hergestellte Bezug (damit soll ein Fahrverbot in Frankfurt verhindert werden) macht die Sache noch schlimmer, geht es dabei doch ausschließlich um den Machterhalt der Hessen-CDU und damit indirekt um ihren eigenen Verbleib an der Spitze der CDU und der Regierung. Wen kümmern da schon Grenzwerte und die Gesundheit der Bürger, wenn es um “die Macht” geht?

    Wohl zutreffend kalkuliert Frau Merkel damit, dass die Schäden durch das folgenlose Überschreiten der Grenzwerte erst in einigen Jahren zu besichtigen sein werden und dann nicht mehr mit ihr in Zusammenhang gebracht werden können.

    Man darf schon jetzt gespannt sein, wie sich die SPD zu dieser grandiosen Idee der Kanzlerin verhalten wird!

    Anmerkung JK: Marktkonforme Demokratie wie sie leibt und lebt

    Anmerkung Jens Berger: Natürlich ist es populär, Merkels Ankündigung als Kotau vor der Autolobby zu kommentieren. Die Frage, ob die heute gültigen Grenzwerte wirklich nötig sind, muss man jedoch stellen. Würde man die Stickoxid-Grenzwerte auch auf andere Stoffe ausweiten, wären auch andere Bereiche betroffen. Würde man beispielsweise ähnlich streng mit dem Feinstaub umgehen, könnten schon morgen Fahrverbote für Benziner drohen und die angeblich so nachhaltigen Holzpellet-Heizungen sowie Kaminöfen müssten ebenfalls verboten werden, da hier eine funktionale Abgasreinigung für Privathaushalte kaum bezahlbar wäre. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Dennoch ist Merkels Statement aus zwei Gründen zu kritisieren:

    1. Dieser Vorstoß ist nicht mit der SPD abgesprochen und müsste ohnehin auf EU-Ebene umgesetzt werden. Es wird also erst einmal ohnehin nicht so kommen. Man kann das Zitat also Wahlkampf für Volker Bouffier werten.
    2. Die Grenzwerte hoch zu setzen, ohne gleichzeitig den Individualverkehr zu verringern, ist auch keine Lösung. Was wäre denn mit einer Stärkung des ÖNVP? Vielleicht sogar einer kostenlosen Nutzung in den Städten, die mit Umweltbelastungen aus dem Strassenverkehr zu kämpfen haben?
  11. Soziale Herkunft entscheidet über Chancen in der Schule
    Die soziale Herkunft bestimmt in Deutschland über den Schulerfolg. In Ländern wie Finnland, Norwegen oder Polen existiert ein solche Ungerechtigkeit nicht.
    Bildungserfolg ist in Deutschland für sozial benachteiligte Schüler einer Studie zufolge nach wie vor schwieriger zu erreichen als in vielen anderen Ländern. Im Vergleich habe Deutschland aber bei der Chancengleichheit stärker aufgeholt, bilanziert eine am Dienstag in Berlin vorgelegte Sonderauswertung des Pisa-Tests 2015 der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).
    Seinerzeit nahmen in 72 Ländern rund 540.000 Schüler im Alter von 15 Jahren teil. In Naturwissenschaften etwa haben benachteiligte Schüler in Deutschland demnach im Schnitt einen Rückstand von dreieinhalb Schuljahren auf Schüler aus sozial starken Familien. Damit liegt die Bundesrepublik über dem OECD-Schnitt von drei Jahren.
    Besonders drastisch fällt der Unterschied dem Bericht zufolge aus, wenn man sich anschaut, welche Schulen benachteiligte Schüler besuchen: Diejenigen an benachteiligten Schulen haben demnach einen Rückstand von vier Jahren auf diejenigen an begünstigten Schulen. In den Ländern Finnland, Norwegen oder Polen existiert ein solcher Unterschied laut Studie dagegen nicht.
    Quelle: FAZ
  12. Wikipedia: Rotten to the Core
    For some time, I’d heard rumors that Wikipedia was not the open-source knowledge utopia it claimed to be. Despite a comprehensive set of rules replete with checks and balances and a seemingly open democratic editing process, stories of pay-for-play editing, character assassinations, ideologically-driven trolling, and other offenses against public knowledge suggested all was not right in Jimmy Wales’ empire. Authors and public figures in fields as diverse as Complementary and Alternative Medicine and progressive politics (including Deepak Chopra, Rupert Sheldrake, Gary Null, John Pilger, and George Galloway) have complained of persistent negative coverage on Wikipedia despite the site’s vaunted neutrality and the promise that “Biographies of Living Persons” are held to the highest standard. Efforts to have misinformation corrected were fruitless and their reputations have suffered as a result.
    This seemed implausible. How could a site with over 100,000 volunteer editors, with open access for anyone looking to get involved, be engaged in such widespread bias? As an investigative journalist and activist who has spent many years seeking the truth in a landscape of obfuscation and lies, I decided to find out exactly what was going on at Wikipedia.
    First, Wikipedia no longer has over 100,000 editors. The number of active editors has been declining for over a decade, even as fewer new editors join the site. MIT researchers found the “complex bureaucracy” and “hard-line responses to newcomers’ mistakes” were the primary reasons why would-be editors opted not to stick around. Meanwhile, the site’s core of “active” editors decreased from 2007 to 2015 by 40%, dropping to about 30,000.1 In 2017, Purdue University reported that just one percent of those editors had made 77% of the total edits.2 The rate of changes rejected climbed from 6% in 2006 to 25% in 2010,3 and the site bans 1,000 IP addresses a day.4 “Edit wars” are resolved by silencing them. Editors who hang on long enough to become administrators capable of freezing and deleting entries no longer feel compelled to abide by Wikipedia’s rules, and statistics show that the number of editors approved to become administrators has plummeted since 2007.5 Wikipedia is an oligarchy with all the problems that entails. One set of rules exists for the user-citizen, and one for the ruling class of administrators and senior editors.
    Quelle: Helen of desTroy

    Anmerkung unseres Lesers E.A.: Sehr lesenswert, sehr detailreich. Spannt einen weiten Bogen, beschäftigt sich außer den Verbindungen der Wikipedia mit der Politik u.a. auch mit verzerrten Vorgängen/Fakten und Biographien im Bereich Medizin/Alternative Medizin. Interessante Fakten im Einstieg: In der englischsprachigen WIkipedia gab es im JHR 2015 etwa 30.000 editors, 2007 noch etwa 100.000. (lt. einer Untersuchung des MIT). Frappierend die Erwähnung einer Untersuchung der Purdue University von 2017: Von diesen ca. 30.000 schreibt nur etwa 1% ganze 77% der Einträge! Das Phänomen der “Dauerschreiber”, mit dem sich für die deutsche Wikipedia u.a. Markus Fiedler und Dirk Pohlmann beschäftigen, tritt dort also auch eindeutig zutage…

    Im letzten Satz kündigt die Autorin eine mehrteilige Folge von Artikeln zum gleichen Thema an.

  13. Facebook-Löschungen: Manufacturing Consent
    Facebook löschte kurz vor den US-Wahlen hunderte oppositionelle Seiten. Begründung: “Politische Propaganda”. Gleichzeitig sperrte Twitter damit verbundene Accounts. Ein Beispiel für Noam Chomskys “Manufacturing Consent”.
    Im April kündigte Mark Zuckerberg auf Druck des US Repräsentantenhauses die Löschung unerwünschter Inhalte durch 20.000 externe Überwacher an. Wie die Washington Post berichtete, nimmt es nun Fahrt auf. Den Anfang machte die Löschung von über 800 politischen Seiten, die den Zugang zu Millionen Followern verloren.
    800 sind zwar eine noch relativ überschaubare Größe – aber ein bedenklicher Anfang für die Unterdrückung kritischer Meinungen. Mitsamt seiner Signalwirkung ist es eine Umsetzung von Noam Chomskys Manufacturing Consent (Produktion von Zustimmung): “Innerhalb der von uns zugelassenen Grenzen herrscht absolute Meinungsfreiheit.”
    Mal angenommen, Sie sind ein Bürger, der nicht der Meinung ist, dass das politische und ökonomische System alternativlos ist. Wenn Sie daher politisch aktiv werden wollen, was tun Sie dann?
    Engagieren Sie sich in den großen Parteien und versuchen, sie zu verbiegen? Eine Journalistin der Süddeutschen Zeitung berichtete in einer Printausgabe 2006 von einem Selbstversuch: Nacheinander trat sie in die CDU, SPD und FDP ein mit der (sinngemäßen) Ansage “Hallo, da bin ich, und ich habe viele neue Ideen.” Reaktion der Parteien (sinngemäß): “Schön für Dich.” In einer der über 100 Kleinparteien engagieren? Hat ohne Öffentlichkeit keine Chance.
    Kritische Leserbriefe an Zeitungen und TV-Redaktionen schreiben? Dann erhalten Sie in der Regel allgemeine Textbausteine und dürfen weiter passiv konsumieren. Twittern? Wenn Sie kein Promi sind, erreichen Sie bestenfalls ihre Freunde. Petitionsausschuss des Bundestags? Hat bisher alle Petitionen abgebügelt, die nicht im Interesse der Regierungsparteien sind. Bloggen? Die wichtigsten Blogs sind eine Vollzeit-Teamarbeit mit hohem finanziellem Aufwand.
    Mangels Alternativen ist Facebook (noch) der einzige relevante öffentliche Debattenraum, in dem Normalbürger nennenswert viele andere Menschen erreichen und sich mit ihnen vernetzen können. Facebook besitzt – neben YouTube – als “Informationsstruktur abseits des Mainstreams” fast schon das Monopol als politische Plattform einfacher Bürger und Bürgerbewegungen. Wobei auch YouTube (nicht nur) politisch unliebsame Kanäle löscht und spätestens auf Grundlage des neuen EU-Urheberrecht mit Uploadfiltern Inhalte blockiert, bei denen gar nicht klar ist, ob sie illegal sind. Widerspruchsmöglichkeiten: Keine. Rechtsanwalt Christian Solmecke erläutert in diesem Video die
    Da die Massenmedien ihren Einfluss verlieren, sind Publikationen, Kampagnen und Diskussionen auf Facebook (und YouTube) zumindest ein Zünglein an der politischen Waage, wenn nicht bereits ein Epizentrum politischer Beben. Das macht diese beiden Plattformen enorm gefährlich für die Mächtigen. Spätestens seit den von Facebook-Aktivisten begleiteten Aufständen des “Arabischen Frühlings” sperrten Diktaturen alle sozialen Netzwerke, die sie nicht selbst kontrollieren.
    Quelle: Telepolis
  14. Steve Bannon empfing Gloria und Kardinal Müller
    Der ehemalige Chefstratege von US-Präsident Trump, Steve Bannon, will eine rechte Sammlungsbewegung gründen. Gloria von Thurn und Taxis und Kardinal Gerhard Ludwig Müller standen dabei auf seiner Gästeliste, berichtet der “Spiegel”.
    Die Regensburger Unternehmerin Gloria von Thurn und Taxis und der frühere Regensburger Bischof und Chef der vatikanischen Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, haben sich einem Bericht des Nachrichtenmagazins “Der Spiegel” zufolge mit dem früheren US-Präsidentenberater Steve Bannon getroffen. Der Rechtspopulist Bannon habe in der US-Hauptstadt Washington im September ein Abendessen für konservative Katholiken organisiert.
    Der frühere Berater von US-Präsident Donald Trump plant angeblich die Gründung einer neuen Bewegung, mit der er Einfluss auf die Europawahl 2019 nehmen will. Ziel soll es sein, europäische Rechtspopulisten zu unterstützen.
    Gloria von Thurn und Taxis nennt Bannons Bestrebungen in dem “Spiegel”-Bericht “mutig”. Sie begrüße jede Initiative, die “den Europawahlkampf spannender und farbiger macht”. …
    Gloria von Thurn und Taxis hatte in der Vergangenheit ihre Sympathie für die stellvertretende Bundestagsfraktionsvorsitzende der AfD, Beatrix von Storch, bekundet. Im September hatte Gloria in Regensburg gemeinsam mit dem AfD-Landtagskandidaten Benjamin Nolte an einer Demonstration des konservativen Bündnisses “Ehe-Familie-Leben” teilgenommen.
    Quelle: BR

    Anmerkung JK: Kirche und Kapital. Hierüber könne jene etwas nachdenken, die so gerne Sahra Wagenknecht als „rechts“ abqualifizieren.

  15. Wo die Wurzeln der heutigen Islamdebatte liegen
    Zwischen Orientverklärung und Islamophobie: Dass viele Deutsche eine ambivalente Haltung gegenüber dem Islam einnehmen, ist keineswegs ein neues Phänomen. Es zeigt sich bereits bei den Aufklärern des 18. Jahrhunderts, wie Joseoph Croitoru deutlich macht.
    Neben dem „Abendland“ werden in heutigen Islamdebatten gerne die Werte der Aufklärung beschworen. Grund genug, sich einmal genau anzusehen, wie es die Aufklärung im 18. Jahrhundert denn mit der islamischen Welt gehalten hat. Der Historiker Joseph Croitoru hat das überfällige Buch zu diesem Thema geschrieben.
    Eine aufklärerische Leitidee ist die Toleranz, wie sie in Lessings Drama „Nathan der Weise“ zum Ausdruck kommt. Sie zielt auf interreligiösen Dialog, auf Verständigung. Zur Aufklärung gehört aber auch der religionskritische Impetus im Namen von Vernunft und Wissenschaft, der freigeistige Protest gegen Propheten, Priester und Prälaten aller Art. Schon hier zeigt sich eine grundlegende Ambivalenz, die keine einsinnige Haltung zum Islam zulässt. …
    Croitoru referiert nicht nur die Standpunkte der Autoren zwischen Orientverklärung und Islamophobie, sondern schaut genau auf die Hintergründe und Kontexte. Wie etwa erklärt sich Lessings Islamfreundlichkeit? Es zeigt sich, dass er damit auch eine publizistische Strategie verfolgte, die ihm als jungem Autor in Berlin im Zeichen der neuen Pressepolitik Friedrichs II. Aufmerksamkeit versprach.
    Seine Besprechungen zeitgenössischer Orient-Literatur sind von einer gewissen manipulativen Einseitigkeit gekennzeichnet: Islamkritisches wird bewusst verschwiegen. Lessings milde Darstellung Sultan Saladins als Musterbeispiel eines aufgeklärt-toleranten Herrschers im „Nathan“ war zudem eine gezielte Provokation der protestantischen Orthodoxie; das dogmatische Christentum schneidet im Drama deutlich schlechter ab als der Islam. …
    Zunehmend schwankte die deutsche Öffentlichkeit „zwischen Türkenhass und Osmanen-Apologetik“. Vor dem Hintergrund der Türkenkriege mit Russland und Österreich verschärfte sich die Polemik. Martialische Rhetorik und die Verwendung fragwürdiger Orient-Klischees findet Croitoru nicht nur bei heute vergessenen Größen wie Johann Wilhelm Ludwig Gleim, sondern auch bei einem der bedeutendsten Schriftsteller der Epoche: Christoph Martin Wieland. Für diesen Aufklärer war das Osmanische Reich nur ein Schreckbild des Despotismus, der Serails und der Christenverschleppung.
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur
  16. Saudis sollen Kritiker mit bezahlten Online-Mobbern und McKinsey-Daten bekämpft haben
    Der New York Times zufolge spionierte ein heimlicher Doppelmitarbeiter bei Twitter für das Wahhabitenkönigreich
    Den Informationen der New York Times nach hat das Wahhabitenkönigreich Saudi-Arabien den Kronprinzkritiker Jamal Khashoggi nicht nur mit den am Samstag eingeräumten letalen Methoden bekämpft (vgl. Khashoggi: Korrekturen, Lügen und eine Leiche, die verschwunden ist), sondern auch mit bezahlten Online-Mobbern. Diese Online-Mobber wurden dem Bericht nach nicht nur gegen, sondern auch gegen andere Abweichler sowie zur Festigung der öffentlichen Meinung eingesetzt.
    Der Zeitung zufolge hatte der jetzt im Zuge der Khashoggi-Affäre entlassene Kronprinzenberater Saud al-Kahtani seit 2010 auf Twitter Beschäftigungsangebote platzieren lassen, die damit warben, das Hobby zum Beruf zu machen und mit dem Versenden von Tweets 10.000 saudische Rial zu verdienen – umgerechnet etwa 2.350 Euro. Dass es sich dabei um Arbeit handelt, die den in der Richtlinie Nr. 1/76 zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge (OV) beschriebenen “Zersetzungsmaßnahmen” der DDR-Staatssicherheit ähnelt, habe man Bewerbern erst verraten, nachdem diese ihre bürgerliche Identität preisgegeben hatten.
    Quelle: Telepolis
  17. Das traurige Schauspiel um die Punkband und das Bauhaus Dessau
    Das Bauhaus sagte einen vom ZDF organisierten Auftritt von Feine Sahne Fischfilet ab und verwickelt sich in immer peinlicheren Argumentationen, den Rechtsradikalen nachgegeben zu haben
    Am 18. Oktober gab die Stiftung Bauhaus Dessau bekannt, dass ein Konzert der Band “Feine Sahne Fischfilet”, das am 6. November 2018 im Rahmen der Konzertreihe zdf@bauhaus auf der Bauhausbühne stattfinden sollte, abgesagt wurde. Betont wurde, dass die Programmhoheit das ZDF habe und das Bauhaus nur die Räume vemiete. Das Bauhaus wäre also nicht einmal voll verantwortlich gewesen, weswegen die Emtscheidung desto schwerwiegender ist. Als Grund der Absage wurde darauf hingewiesen, dass sich in den sozialen Medien “rechte Gruppierungen aus dem regionalen Umfeld gegen den Auftritt der Band am Bauhaus Dessau mobilisieren”.
    Entweder hatte man Angst vor Rechtsextremen oder man fand es im Stiftungsrat politisch nicht opportun, eine umstrittene linke Punkband gegen Kritik von rechts auftreten zu lassen und damit ein Zeichen zu setzen. Im Stiftungsrat sitzen Vertreter der Stadt, des Landes und des Bundes. Ob der Wissenschaftliche Beirat konsultiert wurde, geht aus der Mitteilung nicht hervor. Man zog sich ins Anonyme zurück.
    Auch nicht klar war, ob Direktorin Claudia Perren für die Entscheidung maßgeblich war oder sie diese ausdrücklich mitvollzog. Sie hat 2014 die Stelle angetreten, nachdem der Stiftungsrat den vorhergehenden Direktor Philipp Oswalt vor die Türe gesetzt hatte, ohne hier den Beirat zu konsultieren. Es ging um die politische Ausrichtung des Bauhauses und um den Standort eines neuen Museums. Der Beirat trat damals deswegen geschlossen zurück (auch der Autor war im Beirat und mag deswegen voreingenommen sein).
    Quelle: heise.de
  18. Die Anstalt am 23.10.2018 ab 22:15 Uhr im ZDF
    Zu Ihrer Information: Die Anstalt dreht sich heute Abend um Immobilienspekulation und Mietenwahnsinn. Hier ein bisschen mehr dazu.


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