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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: In Sachen Griechenland und Euroraum wird weiter auf primitive Weise agiert. Bei Politik und Medien. Gibt es dazu wirklich keine Alternative?
Datum: 2. März 2010 um 16:05 Uhr
Rubrik: Finanzkrise, Medienkritik, Wirtschaftspolitik und Konjunktur
Verantwortlich: Albrecht Müller
Nur noch mit Kopfschütteln kann man die Aktionen der Akteure wie auch die Mehrheit der Medienberichte und Kommentare verfolgen: Hier wird ohne gesamtwirtschaftliche Einsicht und ohne Verantwortungsbewusstsein operiert. Wir kommen deshalb noch einmal auf das Problem zurück: mit 16 Punkten zum Problem einschließlich der Diskussion von Lösungsvorschlägen und der Verwendung eines noch zu veröffentlichenden Artikels von Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker. Albrecht Müller
Zunächst weisen wir auf zwei einschlägige Medienprodukte hin. Einschlägig in der Tonlage und Stoßrichtung.
Spiegel Online nennt das Ganze eine „Schuldenkrise“. Die Redakteure haben offensichtlich nichts verstanden vom wirklichen Problem, der Auseinanderentwicklung der Lohnstückkosten und der Wettbewerbsfähigkeit der Länder im Euroraum.
Die Süddeutsche Zeitung setzt in der Tonlage noch eins drauf „Rehn zieht Griechen die Daumenschrauben an – Die EU knöpft sich Griechenland vor: Währungskommissar Rehn pocht auf stärkere Sparbemühungen und Luxemburgs Ministerpräsident droht mit drastischen Worten.“
Bei Spiegel Online heißt es:
„EU zwingt Griechenland zur Radikal-Sparkur
Brüssel erhöht den Druck auf die Regierung in Athen: EU-Währungskommissar Rehn verlangt von Griechenland, die Sparbemühungen zu verstärken. Finanzminister Papakonstantinou zeigt sich einsichtig – und kündigt harte Einschnitte für die Bevölkerung an. …
Experten von EU, EZB und IWF sind bei einem Kontrollbesuch nach Angaben aus informierten Kreisen in Athen zu dem Ergebnis gekommen, dass die bisherigen Sparmaßnahmen der Regierung nicht zur geforderten Defizitverringerung ausreichten. Nötig seien auch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, die Erhöhung des Rentenalters sowie der Abbau von Sozialleistungen.“
Es ist erschreckend, welche Personen im Namen Europas unsere Geschicke leiten. Ich habe ausnahmsweise bei Wikipedia nach „Olli Rehn“, dem zuständigen Brüsseler Kommissar nachgeschaut. Offenbar ist dieser Mann für den komplizierten Job nicht ausgebildet. Das ist die beste Voraussetzung zur Übernahme, Weiterverbreitung und Durchsetzung der herrschenden Ideologie.
Einer unserer Leser macht darauf aufmerksam, dass hier wie so oft im neoliberalen Lager der Eindruck erweckt wird, es gelte TINA, there is no alternative. Und weiter schreibt er:
„Vermutlich entspricht dies auch alles der Wahrheit, denn Griechenland wird tatsächlich gezwungen, sich dem Diktat der EU zu unterwerfen – sonst gibt es halt keine Hilfen… Man sollte aber eine kritische Auseinandersetzung mit den Forderungen erwarten – beim Spiegel leider Fehlanzeige. Und ich stelle immer wieder fest, dass die Meisten, selbst die kritischen Menschen, die aktuelle Griechenland-Propaganda glauben. Diese induzierte und wahrgenommene Krise wird gerade wie im Bilderbuch ausgenutzt, um die Griechen auf Linie zu bringen und den Willen der Bevölkerung zu brechen.“
So ist es.
Ich habe mir noch ein paar Gedanken zu den Motiven der herrschenden Kreise im Umgang mit Griechenland und dem gesamteuropäischen Problem der divergierenden Entwicklung gemacht und verknüpfe dies mit ausführlichen Zitaten aus dem kommenden Artikel von Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker.
16 Anmerkungen zu den Problemen des Euroraums und Griechenlands:
Ich zitiere im Folgenden weiter einige Passagen aus dem Artikel der beiden Autoren einschließlich der Erwägungen zur Lösung des Problems:
Korrektur 3.3.2010: Die hier folgenden Zitate aus dem Beitrag von Flassbeck und Spiecker haben wir vorerst wieder herausgenommen, weil der Beitrag im vorgesehenen Medium, dem „Wirtschaftsdienst“, noch nicht veröffentlicht ist.
Im Kern geht es zusammenfassend darum: Es steht nicht zu erwarten, dass die notwendigen Schritte zu einem Ausgleich der Wettbewerbsunterschiede unternommen werden und dass daher ein Südeuro, wie Flassbeck/Spiecker schreiben, ein pragmatischer Ausweg wären. Zwar auch verbunden mit einer Finanzkrise, aber sozusagen einer kontrollierten im Gegensatz zu einer durch weiter unbeaufsichtigtes Herumtreiben der Marktakteure völlig beliebig stark und zu einem beliebigen Zeitpunkt explodierenden Situation.
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