Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Hambacher Forst
- Die linke Antwort: Migration regulieren
- „Es braucht einen linken Patriotismus“
- Ultra-rich shift assets as fear of Labour government mounts
- Juden protestieren gegen jüdische Vereinigung in der AfD
- Ein Kartenhaus namens Macron
- „Das Einzige, was man nicht machen darf, ist, sich zu beschweren“
- Ohne Polen und Rumänen hätten wir ein Problem
- Diagnose Kapitalismus
- Studenten müssen in den meisten Städten mehr Miete zahlen
- Rechnungshof fordert Kontrolle der Bahn
- The FYROM 2018 referendum and its implications
- Die Schattenkrieger
- Mehr Mut am Spielfeldrand
- Moral ist ein schönes Wort, aber ein gefährlicher Begriff
- Der Aufsteh-Versuch und seine Feinde
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Hambacher Forst
- Der Wald ist wieder besetzt
Der Freitag war ein schwarzer Tag für RWE: Erst stoppte das OVG Münster das Rodungsvorhaben im Hambacher Forst für unbestimmte Zeit – und dann kippte das VG Aachen auch noch das kurz zuvor von der Polizei erwirkte Demonstrationsverbot. Zugleich sackte die RWE-Aktie um mehr als acht Prozent ab.
Für die Kohlegegner und Umweltaktivisten hingegen wurde es ein Tag der Freude. Am Samstag kamen Zehntausende in den kleinen Ort Buir. Die Veranstalter sprachen am Mittag von 50.000 Teilnehmern. Auf einer Wiese unmittelbar vor dem Wald wurde eine mehrstündige Kundgebung abgehalten, bei der auch die Band Revolverheld auftrat.
Dass tatsächlich so viele Menschen gekommen sind, lag zweifellos an der massiven Medienberichterstattung über die Räumung der Baumhäuser in den Vorwochen. Doch es kamen, so war der Eindruck, längst nicht nur Umweltschützer – sondern auch tausende Event-Touristen. Als im Laufe des Nachmittags Unterstützergruppen der ursprünglichen Besetzer dazu aufriefen, in den Wald zu gehen, schlossen sich unzählige Demo-Besucher an. Die Polizei hielt sich zurück. Auch als die Aktivisten längst wieder in den Bäumen hingen und mit der Errichtung neuer Baumhäuser begonnen hatten, griff die Polizei nicht ein. Sie forderte lediglich die Räumung einer Barrikade auf einem Rettungsweg.
Quelle: Gerrit Wustmann auf Telepolis
- Schwarzer Tag für RWE
Die Pläne für den Braunkohletagebau: überholt. Die Aktie: im freien Fall. Die Aussichten: düster. Der Imageschaden: gewaltig. RWE erlebt wegen des Hambacher Forsts einen der bittersten Tage der Konzerngeschichte.
Der 5. Oktober 2018 könnte einmal als historischer Tag in die Geschichte eingehen. Als jener Tag, an dem der Kohleausstieg der Bundesrepublik Deutschland besiegelt wurde. Nicht von weitsichtigen Unternehmern. Nicht von mutigen Politikern. Von einem Gericht. […]
Die Causa Hambach hat, drittens, das Image von RWE schwer beschädigt. Vor Monaten bereits hatte RWE-Chef Rolf Schmitz begonnen, den Kurs des Energieriesen langsam aber sicher zu verändern. Nach dem Milliarden-Deal mit E.on, bei dem RWE die gesamte Ökostromsparte des bis dato größten Konkurrenten übernahm, wollte er weg vom Image des langsam sterbenden Atom- und Kohlekonzerns. Windparks und Solarkraftwerke von Spanien bis in die USA sollten RWE ein neues, modernes Image verpassen.
Etliche Anleger, Investoren und Kunden konnte Schmitz in dieser Phase von seinen Plänen überzeugen. Ansehen und Kurs der Aktie stiegen – bis zu dem Tag, als der Konzern verkündete, den Hambacher Forst roden zu wollen. Das war nicht nur ein Image-Desaster und eine Steilvorlage für Natur- und Klimaschützer. Es war vor allem eine fatale Falle, aus der sich RWE nicht mehr befreien konnte.
Uneingeschränkte Unterstützung des Kurses erhielt der Konzern aus der eigenen Landesregierung in NRW. Der bis dato eher blasse NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) witterte eine Chance, sich und den Rechtsstaat in Szene zu setzen und ließ Hundertschaften aufmarschieren, um ein paar Dutzend Aktivisten öffentlichkeitswirksam aus Baumhäusern zu befreien und den Wald für die Rodung zu säubern.
Für RWE gab es spätestens seit diesem Moment kein Zurück mehr. Überlegungen, das Moratorium zu verlängern oder Verhandlungen mit der Gegenseite zu beginnen, wurden in allen Krisensitzungen mit dem Hinweis vom Tisch gewischt, dass man die NRW-Landesregierung mit einem solchen Schritt schwer verärgern würde, nachdem sie sich doch so bedingungslos hinter die Ziele des Konzerns gestellt hatte.
Quelle: SPIEGEL Online
dazu: Die Bechsteinfledermaus – dieses Tier hat fast eine Milliarde Euro Börsenwert vernichte
Sie ist klein, lebt im Hambacher Forst und ist der Schrecken für die RWE-Aktionäre: die Bechsteinfledermaus. Ein Geldvernichter im Porträt.
Quelle: Handelsblatt
Anmerkung Jens Berger: Willkommen im Reich der dämlichen Überschriften. Nicht die Fledermaus, sondern ein planloser RWE-Vorstand und die noch planlosere Landesregierung in NRW haben “fast eine Milliarde Börsenwert vernichtet”.
- Die linke Antwort: Migration regulieren
Die hart geführte linke Migrationsdebatte nahm in der September-Ausgabe »Blätter«-Mitherausgeber Hans-Jürgen Urban unter die Lupe. Ihm antwortet die Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung, Anke Hassel.
Hans-Jürgen Urban stellt in seiner eingehenden Analyse der Migrationsfrage als „Zerreißprobe der Linken“ zwei Positionen gegenüber: den menschenrechtsorientierten Universalismus, der selbst die Regulierung der Migration als Verrat an dem Recht aller auf ein gutes Leben kritisiert, und die sozialstaatliche Solidarität, die auf die Folgen unregulierter Arbeitsmigration für die nationalen Wohlfahrtsstaaten hinweist. Der Beitrag endet mit einem donnernden „Sowohl-als-auch“ und dem Hinweis, dass man die Diskussion führen muss, auch wenn sie schmerzhaft ist. Letzterem ist auf jeden Fall zuzustimmen. Denn in der Tat muss sich die Linke zum Thema der Migration verhalten.
Prinzipiell bereichert Migration unsere Gesellschaft. Allerdings brauchen wir gute Instrumente ihrer Regulierung, was in der gegenwärtigen Debatte aufgrund diverser Totschlagargumente oft nicht zur Sprache kommt.
Dabei ist, erstens, regulierte Migration weder rassistisch noch xenophob. Die in der Debatte häufig anzutreffende Zuordnung, wonach jede Regulierung von Zuwanderung schon des Rassismus verdächtig ist, ist ein rhetorischer Trick, aber kein Argument. Gerade Einwanderungsländer haben klare Kriterien zur Migration. Das kanadische Beispiel ist da eindeutig. Dass diese sich an den Bedürfnissen der Zielländer orientieren, ist folgerichtig, da diese mit der Migration umgehen müssen. Nur wenn es auf beiden Seiten passt, kann Migration funktionieren.
Quelle: Anke Hassel in den Blättern
- „Es braucht einen linken Patriotismus“
Populismus kommt gut an. Laut einer Bertelsmann-Studie teilt fast jeder dritte deutsche Wahlberechtigte populistische Positionen. Ein Krisensymptom der Demokratie? Keineswegs, sagt Chantal Mouffe. Sie plädiert für einen „linken Populismus“.
„Populismus“ gilt im politischen Diskurs gemeinhin als Schimpfwort. „Populisten“, so werden grobe Vereinfacher und rücksichtslose Stimmungsmacher genannt, die Menschen hinter sich versammeln, indem sie Ängste schüren und Wut kanalisieren: gegen Fremde, gegen Andersdenkende oder gegen „die da oben“. Aber dieses Verständnis greife zu kurz, sagt Chantal Mouffe, die an der University of Westminster zu politischer Theorie lehrt und forscht.
Anders als in den USA oder in Lateinamerika werde der Begriff „Populismus“ in Europa häufig verwendet, „um Ansichten, die gegen den dominanten Konsens gerichtet sind, zu stigmatisieren“, sagt sie. Wer der aktuellen „neoliberalen Hegemonie“ kritisch gegenüberstehe, müsse damit rechnen, als „Antidemokrat“ oder als „Populist“ bezeichnet zu werden, unabhängig davon, ob er mit seiner Kritik politisch von links oder rechts komme. Der Populismus selbst sei weder rechts noch links zu verorten, betont Mouffe. Er sei keine Ideologie, sondern vielmehr eine Methode:
„Populismus ist eine Strategie der Konstruktion politischer Grenzlinien. Politik betrifft kollektive Identitäten, die von uns selbst geschaffen worden sind. Um nun ‚uns‘ zu definieren, muss man ebenso ein ‚sie‘ kreieren. Der Marxismus zieht die Trennlinie zwischen dem Proletariat und der Bourgeoisie. Der populistische Ansatz sagt: Die Trennung verläuft zwischen dem Volk und dem Establishment, uns hier unten und euch da oben sozusagen.“
Quelle: Deutschlandfunk
- Ultra-rich shift assets as fear of Labour government mounts
London’s ultra-wealthy are moving assets out of the UK and some are preparing to leave as concerns over a leftwing Labour government led by Jeremy Corbyn intensify among the super-rich.
Multimillionaires are setting up offshore investment accounts or shifting the location of UK-registered trusts holding their wealth to outside the country, in anticipation of higher tax rates and potential capital controls should Labour seize power.
Some are looking to relocate to countries viewed as more welcoming to the super-rich, with Switzerland, Monaco, Portugal and the US at the top of many wealthy individuals’ lists, according to bankers and other advisers.
Concerns among the wealthy that Mr Corbyn could become prime minister have intensified recently as government plans for an orderly Brexit appear shakier — increasing fears that a general election could take place in which Labour triumphs.
Quelle: Financial Times
- Juden protestieren gegen jüdische Vereinigung in der AfD
In Wiesbaden hat sich eine Bundesvereinigung der Juden in der AfD gegründet. Mehr als 40 jüdische Organisationen warnen derweil vor der Partei, in Frankfurt demonstrierten 250 Menschen gegen die “JAfD”.
Jüdische Mitglieder der AfD haben sich am Sonntag zu einer Bundesvereinigung innerhalb ihrer Partei zusammengeschlossen. Deren Vorsitzende Vera Kosova sagte nach der Gründung in Wiesbaden, die AfD distanziere sich von Antisemitismus in jeglicher Form. Die Bundesvereinigung will sich nach bisherigen Plänen den Namen JAfD geben.
Die Gründung der Vereinigung stößt unter Juden auf Unverständnis. Mehr als 40 jüdische Organisationen haben sich mittlerweile der Erklärung des Zentralrats der Juden “gegen die AfD” angeschlossen. Darin heißt es, die Partei sei “antidemokratisch, menschenverachtend und in weiten Teilen rechtsradikal”. Sie vertrete “keinesfalls die Interessen der jüdischen Gemeinschaft”, sondern sei “eine Partei, in der Judenhass und die Relativierung bis zur Leugnung der Schoa ein Zuhause haben”.
Quelle: SPIEGEL Online
Anmerkung Jens Berger: Die Aufregung erstaunt doch sehr. Hat man denn die letzten zehn, zwanzig Jahre vollkommen verschlafen? Schon seit langer Zeit hat sich am äußersten rechten Rand ein Mainstream(!) herausgebildet, der ganz klar pro Israel und auch pro-jüdisch ist, da man der Meinung ist, der „gemeinsame Feind“ schweiße zusammen und das seien nun einmal die Muslime und der Islam, Israelische Flaggen gehören auch auf PEGIDA-Demonstrationen zum Normalfall und das wohl wichtigste rechtsradikale Blog hat bereits in seiner Titelzeile die Attribute „proamerikanisch“ und „proisraelisch“ prangen. Wie kann es sein, dass der Zentralrat der Juden das nicht mitbekommen haben will? Rechtsradikalismus auf Antisemitismus zu reduzieren passt nicht mehr in die Gegenwart. m
- Ein Kartenhaus namens Macron
Die Popularitätswerte des französischen Präsidenten sinken. Der Zweifel an Macron hat selbst den inneren Kreis seiner Getreuen erreicht.
Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron hat ein Imageproblem. 79 Prozent der vom Meinungsforschungsinstitut Elabe befragten Landsleute halten ihn für zu autoritär, 71 Prozent für arrogant. Seit seiner triumphalen Wahl vor eineinhalb Jahren geht die Flaute in der Gunst weit über den für Staatschefs normalen Abnutzungseffekt hinaus. Schon nach einem Amtsjahr war Macron auf dem Niveau seines Vorgängers zum selben Zeitpunkt.
Nur noch 30 Prozent der Befragten haben eine positive Meinung von Macron, zwei Drittel schenken ihm kein Vertrauen mehr. Wenn man daran denkt, wie das für François Hollande endete, muss sich Macron wirklich Sorgen machen.
Der Präsident selbst spielt seinen jähen Absturz herunter, es gebe Wichtigeres als solche Umfragen. Die Opposition von links und rechts aber reibt sich voller Schadenfreude die Hände. Macron nimmt ihnen die Arbeit ab. Eigentlich mü
Quelle: taz
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Das in dem Artikel postulierte Kartenhaus hat höchstens die deutsche Presse gebaut. Nachdem Macron zwei Jahre lang als Wirtschaftsminister unter Hollande ausschließlich neoliberale “Reformen” vorangetrieben hat, wußten die Franzosen selbst, woran sie mit ihrem “Präsident der Reichen” waren. Schämen muss sich aber der taz-Autor Balmer, der Macron lange vor der Wahl und noch bis vor ein paar Monaten ohne Sinn und Verstand als “Reformer“, “Systemkritiker” und – allen Ernstes – “linksliberalen, wirtschaftsfreundlichen begeisterten Europäer” hochgeschrieben hat. Peinlich ohne Ende, aber kein Fünkchen Selbstkritik bei Balmer.
- „Das Einzige, was man nicht machen darf, ist, sich zu beschweren“
Miese Umfragewerte und ein Vertrauter, der sich öffentlichkeitswirksam zurückzieht – die Beliebtheit von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron leidet. Nun löst seine flapsige Antwort zum Thema Rente Ärger aus.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat erneut viele Bürger mit Äußerungen zu seiner Reformpolitik verprellt. Am Rande eines Besuchs am Grab von Ex-Staatschef Charles de Gaulle in dem Ort Colombey les Deux Églises sagte Macron zu einer Gruppe von Seniorinnen, sie dürften sich über Rentenkürzungen nicht beschweren. Jeder im Land müsse „sich anstrengen“.
Die Frauen beklagten sich bei dem Präsidenten über „schmerzhafte“ Einschnitte durch die Anhebung der Sozialsteuer durch seine Regierung und die damit verbundene Rentenkürzung. Macron wies die Frauen daraufhin zurecht: „Das Einzige, was man nicht machen darf, ist, sich zu beschweren.“
Das habe ihm der Enkel de Gaulles gesagt, und das sei auch das Motto des 1970 verstorbenen Generals gewesen. „Das Land wäre dann besser dran“, betonte Macron. Im Übrigen werde er darum kämpfen, dass die Renten auch für künftige Generationen sicher seien.
Quelle: WELT
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Daß Macron das Gespür für das normale Volk “verloren” hat, ist Unsinn: er hat es nie besessen, die nicht-reiche Mehrheit ist ihm egal. Sicher, fast niemand hat einen Grund sich zu beschweren: nicht die Unternehmer, deren Körperschaftsteuern Macron radikal reduziert, und nicht die Vermögenden, nachdem die Vermögensteuer teilweise abgeschafft worden ist. Alle anderen – also die 90 oder 95 Prozent der Franzosen, deren Löhne, Arbeitslosengeld und Renten gekürzt werden – natürlich doch. Macron ist ein Präsident, der den Armen nimmt und den Reichen gibt, und mit 30 Prozent Zustimmung immer noch unverschämt gut bedient.
- Ohne Polen und Rumänen hätten wir ein Problem
Jede zweite neue Stelle in Deutschland wird von Ausländern besetzt – und zwar in erster Linie von Osteuropäern. Ohne sie würden kaum noch Häuser gebaut oder Pakete ausgeliefert.
Vor Weihnachten sind bei den Paketboten die Fahrer knapp, so viel ist schon seit Jahren bekannt. Doch dabei bleibt es nicht mehr. Die Konjunktur brummt, der Online-Handel blüht – in Deutschland werden immer mehr Pakete verschickt. Allein in den nächsten fünf Jahren brauchen die Kurierdienste mehr als 40.000 zusätzliche Mitarbeiter. Woher sollen sie kommen, wo die Unternehmen allseits schon über Fachkräftemangel klagen? Die Antwort ist eindeutig: Immer häufiger kommen sie aus Osteuropa.
Bei der Gewerkschaft Verdi versucht Patrick Fois immer wieder, höhere Löhne für die Zusteller herauszuhandeln. Doch er stellt fest, dass Spediteure wie Hermes, DPD und andere auch zum aktuellen Lohn immer wieder neue Mitarbeiter finden. Er hat beobachtet: „Da sind auch Menschen aus dem Ostblock dabei, die kaum Deutsch sprechen.“
Die Beobachtung des Gewerkschafters wird von der offiziellen Statistik untermauert. Während die Politik über das Einwanderungsgesetz für Arbeitskräfte jenseits der EU-Grenzen diskutiert, kommen Menschen aus den östlichen Mitgliedsländern in großer Zahl nach Deutschland. Im Vorjahresvergleich wuchs die Zahl der Beschäftigten in Deutschland bis Juli um rund 700.000, meldet die neueste Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Die Zahl der Deutschen unter ihnen wuchs um 330.000, die der Ausländer um 370.000.
Quelle: FAZ
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Die FAZ widerspricht sich selbst in jedem zweiten Satz – aber immerhin gibt sie offen zu, worum es ihr geht: die Löhne in Deutschland niedrig und die Arbeitslosigkeit hoch zu halten. Wer ist denn dieses imaginäre “Wir”, das ohne “Polen und Rumänen […] ein Problem [hätte]”? Doch ausschließlich die Arbeitgeberseite, die weiterhin niedrigste Löhne zahlen kann und, was im Artikel offen eingestanden wird, sogar unter Mindestlohn. Natürlich würden auch in Deutschland lebende Menschen bei vernünftigen Löhnen für den Job umziehen – aber für 10 Euro die Stunde nach Stuttgart? Selbstverständlich werden ausschließlich die üblichen Niedriglohnjobs genannt, die angeblich einen Fachkräftemangel haben: “Paketdienste, Bau, auch die Leiharbeit: es sind genau die Wirtschaftszweige mit Personalmangel, in denen die Osteuropäer heute die Lücken stopfen.” – M.a.W. dort, wo Arbeitgeber bestenfalls einen Subsistenzlohn bieten. Daß eine Gehaltserhöhung von lächerlichen 2,9 Prozent pro Jahr in der Boombranche Bau ernsthaft als rasanter Zuwachs verkauft werden soll, obwohl er gerade mal Zielinflationsrate plus Produktivitätszuwachs abdeckt, 6 Prozent noch zu wenig wären, und während weiterhin mindestens 20 Prozent Lohn fehlen, sagt alles über die verkommene Politik und Journalismus aus. Und was ist eigentlich mit den offiziell 3,2 Millionen Arbeitslosen in Deutschland, sind die zu nichts zu gebrauchen oder einfach nur “zu teuer”? Die angebliche Vollbeschäftigung bei einer Arbeitslosenrate von immer noch über 7 und realistisch eher 10 Prozent – bei Massenarbeitslosigkeit – kombiniert mit über 20 Prozent Niedriglohnsektor ist sowieso eine glatte Lüge.
- Diagnose Kapitalismus
Suitbert Cechura zeigt, dass im Gesundheitswesen nicht einfach etwas »schiefläuft«: Geschäftszwecke haben Vorrang
Über Ärzte, Medikamente und Krankenhäuser wird in Deutschland gerne geredet und viel geklagt. Suitbert Cechura, Rehabilitationswissenschaftler, langjähriger Psychotherapeut und zuletzt Professor für Gesundheitswesen und Sozialmedizin, hat nun eine ziemlich umfassende Untersuchung des Gesundheitswesens in Deutschland vorgelegt. Die Ergebnisse seiner Analyse sind klar und gewichtig: 1. Ein durchaus relevanter Teil der Krankheiten, an denen heute gelitten und gestorben wird, haben ihre Ursachen in der kapitalistischen Ökonomie dieser Gesellschaft; 2. Der Staat hat die Behandlung der Krankheiten einem letztlich von ihm geschaffenen Gesundheitsmarkt überantwortet und damit verschiedene Geschäftsmöglichkeiten eröffnet, die im Widerspruch zu Zwecken wie Prävention und Heilung stehen.
Die klassischen Seuchen der Vergangenheit (Tuberkulose, Diphterie, Typhus usw.) sind mehr oder weniger besiegt. Das heißt aber nicht, dass die Menschen heute gesünder leben. Im Gegenteil: Der Gesundheitsmarkt wird als einer der größten »Zukunftsmärkte« gehandelt. Herz-Kreislauf-Leiden, Krebs, Erkrankungen des Bewegungsapparats und der Atemwege sowie psychische Leiden (Burnout und Depressionen) sind die neuen »Volkskrankheiten«, die im Mainstream-Diskurs (auch im wissenschaftlichen!) auf die moderne »Zivilisation« zurückgeführt werden. Das muss – so der Autor – merkwürdig anmuten, da man mit »Zivilisation« ja zunächst Fortschritt verbinde und Studien darüber hinaus zeigten, dass keineswegs diejenigen kränker sind und früher sterben, die es in dieser Zivilisation am weitesten gebracht und den größten Reichtum erworben haben, sondern »diejenigen, die wenig von dieser Zivilisation haben und deshalb als arm gelten«.
Quelle: Junge Welt
- Studenten müssen in den meisten Städten mehr Miete zahlen
Wohnen ist für Studenten in den meisten Hochschulstädten deutlich teurer geworden. Besonders angezogen haben die Preise laut einer Untersuchung in Berlin. Am teuersten ist aber eine andere Stadt.
Der Mietpreisboom trifft auch Studenten. Deren Wohnungen werden mit wenigen Ausnahmen immer teurer. Das geht aus dem Studentenwohnpreisindex im Auftrag des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) hervor. Demnach sind vor allem in Berlin die Mieten seit 2010 mit einem Plus von 67,3 Prozent überdurchschnittlich stark gestiegen. In Greifswald müssen Studenten real 9,8 Prozent mehr Miete zahlen als noch 2010.
Seit vergangenem Jahr zogen die Mietpreise in Greifswald real um 2,2 Prozent und in Berlin um 9,8 Prozent an. Die Hauptstadt ist trotz des Anstiegs aber nicht Spitzenreiter bei den Preisen. Mit 600 Euro im Mittel bezahlen Studenten in München deutschlandweit am meisten, gefolgt von Frankfurt am Main mit 488 Euro monatlich.
Am günstigsten lässt es sich derzeit in Magdeburg wohnen. Dort verlangen Vermieter im Median 200 Euro. Zu den preiswertesten Universitätsstandorten mit unter 300 Euro Miete gehören auch Leipzig, Jena, Greifswald, Kiel, Göttingen und Aachen.
Quelle: SPIEGEL Online
- Rechnungshof fordert Kontrolle der Bahn
Die Bundesregierung muss die Deutsche Bahn besser kontrollieren und ihrer Aufgabe als Eigentümer gerecht werden, sagt der Präsident des Bundesrechnungshofs. Derzeit würden Mittel unwirtschaftlich oder sogar zweckwidrig eingesetzt werden.
Bundesrechnungshof-Präsident Kay Scheller wirft der Großen Koalition in Berlin vor, ihre Aufsichtspflicht über die Bahn zu vernachlässigen. “Der Staat muss seiner Aufgabe als Eigentümer und Aufseher über die Geschäfte der Bahn besser gerecht werden”, sagte Scheller den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Bei der Bahn laufe “offensichtlich einiges schief”. Der Bund müsse “wieder mehr Finanzkontrolle” über die Bahn erhalten, forderte Scheller.
Quelle: n-tv
- The FYROM 2018 referendum and its implications
The area and the identity of Macedonia has been a contested terrain for many decades. Leaving aside references to antiquity, its modern form has its roots in the birth of national states in the Balkans in the beginning of the 20th century with the protracted collapse of the Ottoman empire. During the latter’s rule the area of Macedonia has been inhabited by various ethnic groups. In the Balkans, Greeks were the first, from the 19th century, to acquire a national identity and to construct a national state. Slavic people, in the Macedonian area, were the last to follow in this road and significant segments of them oscillated for a considerable period between different competing national identities (primarily Greek and Bulgarian). After several local wars and two world wars the Balkan area had been stabilized with established nation states that had, to a great extent, homogenized their populations by all the means available. Nevertheless, there remained several contested areas and significant ethnic minorities within every Balkan nation state.
Quelle: Stavros Mavroudeas in Brave New Europe
- Die Schattenkrieger
Seit nunmehr zehn Jahren setzt das US Africa Command (AFRICOM) amerikanische Interessen auf dem schwarzen Kontinent durch
Zehn Flugzeugträgerkampfgruppen der US Navy patrouillieren heute unter der Fahne des Amerikanischen Exzeptionalismus auf den Weltmeeren, während ein Netzwerk aus US-Militärstützpunkten den Globus umspannt. Mit diesen Werkzeugen der Machtprojektion wollen die USA nach eigenem Bekunden “… auf Krisen reagieren, zur Abschreckung beitragen und die regionale Stabilität stärken”. Die USA haben die Welt eigens dazu in sechs geografische Militärbezirke unterteilt, und seit dem 1. Oktober 2008 agiert AFRICOM als separate Partition: ein eigenständiges Regionalkommando mit dem Wirkungsbereich Afrika – Ägypten ausgenommen, für das nach wie vor das Central Command (CENTCOM) zuständig ist.
Die PR-Abteilung von AFRICOM betont das Ziel, die Afrikaner zur Selbsthilfe zu befähigen, und rückt besonders den humanitären Charakter der Missionen in den Vordergrund, der von der Unterstützung während der Ebola-Krise 2014 in Westafrika bis zum Bau von Ökohütten am Horn von Afrika reicht.
Quelle: Bernd Schröder auf Telepolis
- Mehr Mut am Spielfeldrand
Stiftung räumt investigativem Fußballjournalismus als Gegengewicht zur Kumpelei gute Chancen ein.
Das ZDF-Sportstudio hat sich bislang nicht als Hort von investigativem Journalismus hervorgetan; allein deshalb stach Hayalis Interview mit Grindel vorigen Samstag hervor. Das Vorurteil, dass Fußballreporter in erster Linie Fans seien, die glücklich darüber sind, es auf die andere Seite der Absperrungen geschafft zu haben und diesen Status nicht durch unbotmäßige Berichterstattung gefährden wollen, ist alt und stimmt oft. Es stimmt aber auch oft nicht. Die Skandale der Giermaschinen IOC und Fifa, das Thema Doping, die Enthüllungen von Football Leaks, die Entfremdung des Profifußballs von den treuesten Fans oder die Schatten über dem deutschen WM-Sommermärchen 2006 haben kritische und investigative Sportberichterstattung befeuert. Sowohl in öffentlich-rechtlichen Magazinsendungen, als auch in anspruchsvolleren Print- und Online-Medien findet sich immer mehr davon.
Quelle: Süddeutsche Zeitung
- Moral ist ein schönes Wort, aber ein gefährlicher Begriff
Der russische Filmemacher Andrei Nekrasov über Korruption in Russland, Moral im Kapitalismus und natürlich auch über Bill Browder
Andrei Nekrasov war im Juni zu Gast beim Telepolis Salon in München und zeigte seinen Film “The Magnistky Act. Behind the Scenes”. Wir haben mit gesprochen, über Korruption in Russland, über Moral im Kapitalismus, und natürlich auch über Bill Browder.
Bekannt wurde Nekrasov durch Putin kritische Filme wie “Disbelief” über die Terroranschläge in Moskau, “Rebellion: Der Fall Litwinenko” über den Giftmordanschlag auf Alexander Litwinenko, der 2007 bei den Filmfestspielen in Cannes seine Premiere hatte, und durch die von ARTE/ZDF produzierte und mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete Doku-Serie “Lebt wohl, Genossen!”
Nekrasovs letzter Film “The Magnistky Act. Behind the Scenes” wurde erneut von ARTE/ZDF ko-produziert, schaffte es jedoch nicht an die breite Öffentlichkeit. Der Film, der die Narration um Sergei Magnitskys Tod als gelungenen PR-Coup des einflussreichen Hedge-Fonds-Managers Bill Browder demaskiert, sollte 2016 im EU-Parlament erstaufgeführt werden. Doch auf Druck von Bill Browder, dem einstigen Arbeitgeber von Sergei Magnitsky, und der Grünen-Politikerin Marieluise Beck wurde die Premiere kurzfristig abgesagt. Ebenfalls wurde die Ausstrahlung auf ARTE, ausgerechnet am Tag der Pressefreiheit 2016, gestoppt.
Quelle: Bulgan Molor-Erdene auf Telepolis
- Der Aufsteh-Versuch und seine Feinde
Das Theater Magdeburg hatte für den 19. Januar 2017 zum Politischen Salon in das Schauspielhaus geladen. Das Thema hieß: „Falsch abgebogen? – Rechtsruck in Sachsen-Anhalt und Europa“. Auf dem Podium sitzen sollten Elisabeth Schweeger, Leiterin der Akademie Darstellende Kunst Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht von der CDU und der Verleger Götz Kubitschek. Der Verleger gilt als Vordenker der „Neuen Rechten“ und ist in Schnellroda in Sachsen-Anhalt wohnhaft. Zuerst protestierten die Grünen gegen die Veranstaltung, dann die Linkspartei und schließlich der SPD-Landesvorsitzende – eine solche Gesprächsrunde würde die Neue Rechte politisch aufwerten und stärken. So etwas zu verhindern, gilt als „Kampf gegen Rechts“.
Der Theatermann Bernd Stegemann, Professor an der Schauspielschule „Ernst Busch“, kommentierte das damals so: „Offenbar befürchtet man, die eigene Position nicht so behaupten zu können, dass man am Ende als Sieger vom Platz geht. Dadurch wird meines Erachtens ungewollt ein sehr beängstigendes Signal ausgesendet: Wir fühlen uns nicht mehr in der Lage, unsere politische Meinung öffentlich so potent zu vertreten, dass nicht Herr Kubitschek der Star des Abends ist, sondern die Verteidiger der offenen Gesellschaft.“ In einem späteren Interview setzte er hinzu: „Wir wissen aus der Weltgeschichte, dass Machtstrukturen, die sich unsicher fühlen, immer zu denselben Mitteln greifen. Je ängstlicher ein System ist, desto rigider ist es in seinen Sprechverboten. Umgekehrt gilt: Je sicherer sich ein Regime fühlt, desto liberaler geht es mit Meinungsdifferenzen um“ (Thomas Wagner: Die Angstmacher). Das ist augenscheinlich auch eine Beschreibung der Lage der derzeitigen Linken – im weitesten Sinne des Wortes – in Deutschland: Je aggressiver Sprachpolizisten das „falsche“, „politisch inkorrekte“ Sprechen zu verfolgen suchen, desto mehr entpuppt sich dies als Ausdruck argumentativer Schwäche.
Quelle: Waldemar Landsberger im Blättchen