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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Die Brücke und die Multikultimilliardäre
In diesen unruhigen Zeiten sind Gewissheiten tröstlich. Etwa dass der (die? das?) “Narrativ” von der grundguten Multikultimilliardärsdynastie Benetton, die nach dem Einsturz der Morandi-Brücke in Genua von den bösen, hässlichen italienischen Populisten angegriffen werden, pünktlich und in Lichtgeschwindigkeit auch in den deutschen Medien eingetroffen ist. Hätte mir sonst Sorgen gemacht. […]
Allerdings wurde dabei die nicht ganz unwesentliche Information unterschlagen, dass die Benettons von Jahr zu Jahr weniger in den Erhalt der von ihnen betriebenen Autobahnen investierten – und dass der Bau der Gronda, der alternativen Autobahntrasse, die von den Fünfsternen in Genua kritisiert worden war, ein weiteres Projekt der Benettons ist. Für das der damalige Verkehrsminister Delrio der “Unternehmerdynastie”, versprach, im Gegenzug ihren Vertrag für das Betreiben der italienischen Autobahn bis 2042 zu verlängern, inklusive einer Zahlung von 6 Milliarden Euro für den Fall, dass andere Unternehmen an ihre Stelle träten. Angesichts solch rosiger Vertragsbedingungen hat man natürlich wenig Interesse am Erhalt einer alten Brücke.
Quelle: Petra Reski
- Wagenknechts Gefährten
Gealterte Politstars, treue Helfer, Theaterleute – und eine Kabarettistin mit Verschwörungstheorien: Wer hinter Sahra Wagenknechts linker Sammlungsbewegung steht.
Bestimmen am Ende tatsächlich linksnationale und migrationskritische Töne das Auftreten der Sammlungsbewegung? Bleiben Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine auch nach außen hin die dominierenden Figuren? Vieles ist noch vage – auch wenn sich zunehmend Anhänger und Sympathisanten mit Gastbeiträgen und Interviews aus der Deckung wagen.
Wer ist bisher dabei? Online sind binnen wenigen Tagen mehr als 60.000 Menschen “Teil der Bewegung” geworden. Aber das ist zunächst einmal nur eine Zahl, die noch nicht viel über die Stärke des Projekts aussagt. Das engste Team von “Aufstehen” bilden Wagenknechts Vertraute aus der Linkspartei. Dazu kommen Theaterleute und Wissenschaftler – aber auch Altstars der Parteilinken von Grünen und SPD. Und: eine Komikerin, die mit antisemitischen Stereotypen spielt.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung J.K.: Die Attacken auf #Aufstehen und Sahra Wagenknecht gehen munter weiter. Offenbar macht sich in der deutschen Oligarchie bereits eine gewisse Nervosität breit. Was auffällt, wie sich die Argumentationsmuster auf Seiten der Neoliberalen, hier der Spiegel, und die der Angreifer von “links” erstaunlich gleichen. Zentraler Vorwurf, die Sammlungsbewegung sei “linksnational und migrationskritisch”. Wobei man sich fragt, was mit “migrationskritisch” eigentlich gemeint ist. Ist damit gemeint, sich kritisch mit der aktuellen Flüchtlingspolitik auseinanderzusetzen, dann ist nicht zu verstehen weshalb dies bereits grundsätzlich negativ sein soll? Oder ist dies nur eine Umschreibung für die übliche Unterstellung des Rassismus? Die ausschließliche Fokussierung auf die Flüchtlingspolitik gerade auf Seite vieler Linken liegt dabei, ob gewollt oder nicht, im Interesse der herrschenden Oligarchie, wird dadurch doch von drängenden gesellschaftlichen Problemen abgelenkt.
Aktuelles Beispiel ist eines der wesentlichen Elemente zur Durchsetzung der neoliberalen Agenda, die Austeritätspolitik, die durch das Brückenunglück von Genua kurzzeitig ins öffentliche Bewusstsein gerückt ist, sonst aber kein Thema öffentlicher politischer Diskussion sein darf. Durch die neoliberale Austeritätspolitik werden die Lebensumstände der überwiegenden Mehrheit der Bürger verschlechtert. Der Kampf gegen den Neoliberalismus hilft also allen Menschen egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund, er beinhaltet die “migrantische Perspektive” also sowieso, wie Oskar Lafontaine bereits ausgeführt hat.
Erstaunlich, dass der Vorwurf des Antisemitismus bereits jetzt fällt – Verschwörungstheoretiker darf selbstverständlich nicht fehlen. Ist dieser doch die ultimative Waffe gegen jeden Kritiker der herrschenden Verhältnisse, der aber üblicherweise erst kommt, wenn andere Diffamierungsstrategien nicht wirken, wie dies gerade bei Jeremy Corbyn zu erleben ist.
- US-Senat stellt sich an die Seite der Presse
Nach der öffentlichen Kritik von über 100 Zeitungen am US-Präsidenten verabschiedet die Kammer einstimmig eine Resolution. Darin heißt es, die Medien seien “nicht der Feind des Volkes.”
Quelle: Süddeutsche
Anmerkung unseres Lesers S.K.: Wie schizophren ist das denn? Oder meint man es doch ernst? Warum stellt man sich dann nicht an die Seite des Journalisten und Aktivisten Julian Assange? Wer noch ein Beweis für das verlotterte Sittengebilde der US-Mainstreampresse benötigt, erinnere sich bitte an einen Artikel aus 2016 “Kein Pardon für die Washington Post – Die „Washington Post“ fordert, dass Edward Snowden verurteilt wird. Der Snowden, der dem Blatt den Pulitzer-Preis eingebracht hat.”
Wer aktuell am Wohl Julian Assanges interessiert ist, schaue sich bitte die Videos “Online Vigils for Julian Assange” auf Youtube an.
- Lernen für das Kapital
Am Mittwoch hatte die INSM in Berlin zur Vorstellung ihres jährlichen Bildungsmonitors geladen. Die Grundidee des Bildungsmonitors ist es, anhand eines auf die bildungspolitischen Vorstellungen der INSM zugeschnittenen Maßstabs – »93 Indikatoren in zwölf Handlungsfeldern« – Noten für die Bildungssysteme der einzelnen Bundesländer zu verteilen. Belohnt wird etwa, wenn Universitäten die Bologna-Vorgaben radikal umsetzen und viele Absolventen im mathematisch-naturwissenschaftlich-technischen Bereich produzieren. INSM-Geschäftsführer Hubertus Pellengahr hatte für die Details Axel Plünnecke vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln mitgebracht. Plünnecke hat die Erarbeitung der Studie geleitet.
Pellengahr vermittelte allerdings persönlich die gewünschte große Perspektive. Das Bildungswesen sei vor allem dazu da, dem Land den nötigen Fachkräftenachwuchs zur Verfügung zu stellen. Soll heißen: Die Unternehmen brauchen Leute, mit denen sich gut und möglichst ohne langen Verzug Geld verdienen lässt, also Lohnarbeiter, die beim Eintritt in das Erwerbsleben lesen, schreiben, rechnen und einen Computer bedienen können. Das klappt offenbar nicht so richtig; die Studie bemängelt zum Beispiel, dass 15,3 Prozent der Erwerbstätigen »bei der Lesekompetenz nur Stufe 1 oder darunter erreichen«, also maximal kurze Texte und Anweisungen lesen und verstehen können. Die Mittel, um derlei abzustellen, hätte der Staat nach Ansicht Pellengahrs schon jetzt – wenn er nur nicht so viele Milliarden verplempern würde, etwa durch eine »verfehlte Rentenpolitik«. Zwölf Milliarden Euro pro Jahr an Mehraufwand für das Bildungswesen erfordert die »Reformagenda« der INSM. Die sollen demnach aber nicht durch Steuern hereingeholt, sondern andernorts gestrichen werden.
Quelle: junge Welt
- 11 Fragen zur Rente, die sich alle stellen sollten
9. Was ist Riestern?
Die Riesterrente ist eine Form der staatlich geförderten Rentenvorsorge. Ein Beispiel: Du schließt einen privaten Vorsorgevertrag mit einer Bank oder einer Versicherung ab, in dem steht, dass du monatlich einen gewissen Beitrag bezahlst, um in der Zukunft eine gewisse monatliche Rente zu bekommen. Wenn der Vertrag riesterförderwürdig ist, legt der Staat jedes Jahr einen gewissen Betrag obendrauf, finanziert also deine Vorsorge mit. Etwa so wie bei einem Bausparvertrag. Die Riesterrente ist nach dem ehemaligen Bundesminister für Arbeit und Soziales, Walter Riester, benannt, der dieses Konzept der Vorsorge entwickelt hat. Es existiert seit 2002.
10. Solltest du es machen?
Das ist schwer zu sagen, weil es von der eigenen Situation, dem Alter und dem Produkt abhängig ist. Riestern könne sich lohnen, sagt auch Matthias Buske von der Deutschen Rentenversicherung, aber dafür müssen verschiedene Produkte auf ihre Rendite verglichen werden. Privat vorzusorgen, ist aber nötig, weil die gesetzliche Rente in Zukunft sehr wahrscheinlich nicht ausreichen wird. Zur Vorsorge beraten zum Beispiel die Verbraucherzentralen und auch die Deutsche Rentenversicherung.”
Quelle: Zeit Campus
Anmerkung unseres Lesers N.G.: Die Zeit (Online-Ausgabe) erklärt Studenten, dass private Vorsorge “nötig ist.” Der zitierte Experte hat auch nur einen lächerlichen Rat, man müsse “verschiedene Produkte auf ihre Rendite vergleichen.” Ich habe noch kein Riesterprodukt gesehen, bei dem mir eine Rendite zugesichert wird. Im Gegenteil, niemand kann zu Vertragsabschluss eine valide Aussage über die zu erwartende Netto-Auszahlung machen. Der Verweis auf die Verbraucherzentrale hilft leider auch nicht, verleiht dem Artikel aber augenscheinliche Glaubwürdigkeit und Seriosität.
- Warum starben so viele früher?
Ein Warnsignal? Zum ersten Mal ist die Lebenserwartung in einem Jahr in den reichen Ländern fast simultan eingebrochen. In Amerika sind es die Suchtopfer, aber das kann kaum die Ursache in Deutschland sein. […]
Das ist nicht sehr viel, könnte man einwenden, vor allem vor dem Hintergrund, dass ein Jahr später – 2016 – schon wieder ein deutlicher Anstieg der Lebenserwartung registriert wurde. Die Experten freilich sehen das offenbar alles andere als entspannt. Ho und Hendi sehen den plötzlichen Einbruch als mögliches erstes Indiz für die Probleme, die auch vermeintlich fortgeschrittene Gesundheitssysteme in einer älter werdenden Populationen verstärkt auftauchen können. „Die große Ungleichheit der Medizinversorgung in vielen Ländern“, so Ho und Hendi, mache die Systeme anfälliger. Die sozial Schwachen, alle vom medizinischen Fortschritt Ausgegrenzten und die “Verzweifelten“ seien besonders verletzlich in Krisenzeiten. Auch Max-Planck-Forscher Jasilionis warnt: „Die Lebenserwartung ist eine Schlüsselcharakteristik der gesellschaftlichen Entwicklung und Einbußen in derselben müssen ernst genommen werden. Die Geschichte hat gezeigt, dass das auch Warnsignale sein können für lange anhaltende Krisen in der Gesundheitsversorgung.“
Quelle: FAZ
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Wie blöd ist das denn? Jahrelang predigt uns die FAZ, dass eine steigende Lebenserwartung “logischerweise” ein steigendes Renteneintrittsalter nach sich ziehen müsse, und nun so ein Unglück: die Lebenserwartung sinkt! Wird jetzt das Rentenalter “logischerweise” gesenkt? Oder ist der FAZ das Schicksal der früh Sterbenden egal, weil es sich nur um bildungsferne Niedriglöhner handelt, um die es nicht schade ist?
- EU-Hilfsprogramm endet: Von deutscher Strenge und griechischem Leid
Fast ein Jahrzehnt lang hielt Griechenlands Finanzdrama Europa in Atem. Der Zusammenbruch des Euros oder ein Austritt aus der Gemeinschaftswährung schien denkbar. Nach strikten Sparprogrammen und Krediten in Milliardenhöhe – vor allem aus Deutschland – muss das Land ab dem 20. August wieder selbst zurechtkommen.
So schön kann eine Krise beginnen: Das Wasser im Hafenbecken der kleinen Insel Kastelorizo leuchtend Türkis. Und leuchtend Lila die Krawatte des damaligen griechischen Regierungschefs. Am 23. April 2010 verkündete Giorgos Papandreou hier, am südöstlichsten Rand Griechenlands, dass sein Land ohne Hilfskredite der europäischen Partner keine Chance mehr hat. Das hatte sich im Herbst 2009 schon angedeutet.
Es war der Beginn von Finanzkontrollen und Reformen für Griechenland. Geldgeber konnten von diesen Wochen an Bedingungen stellen und kontrollieren, ob Griechenland die dann auch erfüllt. Dafür gab es Hilfen: Im Mai 2010 kaufte die Europäische Zentralbank griechische Staatsanleihen in Höhe von 25 Milliarden Euro auf. Gleichzeitig stieg die Mehrwertsteuer. Beamtengehälter wurden gekürzt. Später noch vieles mehr.
Quelle: Deutschlandfunk
dazu: “Ein schwer kranker Patient wird mit Aspirin nicht gesund”
Defekte Geräte, Engpässe bei Medikamenten und Budgetkürzungen – die griechische Sparpolitik hat Spuren im Gesundheitssystem hinterlassen. Gleichzeitig kommen immer mehr Patienten in die Krankenhäuser. Die Athener Radiologin Despoina Tosonidou will die Missstände nicht hinnehmen.
In der Radiologischen Abteilung des Athener Asklipiio-Krankenhauses ist viel los. Patienten haben auf den Metallsitzen des Wartezimmers platzgenommen, andere laufen ungeduldig hin und her, in der Ecke reihen sich Krankenbetten aneinander; auf ihnen liegen Patienten, die auf eine Röntgenaufnahme oder eine Ultraschalluntersuchung warten.
Despoina Tosonidou schaut sich um. Rund 300 Röntgenaufnahmen am Tag werden im Asklipiio gemacht, sagt die Radiologin. Wer hingegen eine Kernspintomografie benötigt, der werde zurzeit in andere Krankenhäuser transportiert. Denn das eigene Gerät ist kaputt.
“Verletzte von einem Autounfall, Schlaganfall-Patienten, Blinddarmpatienten, bei all diesen Menschen muss eine Kernspintomografie gemacht werden. Sie müssen also mit dem Krankenwagen den ganzen Weg hin- und zurückgefahren werden. Sie können sich vorstellen, was das für die Gesundheit dieser Menschen bedeutet!”
Quelle: Deutschlandfunk
- Frist läuft ab: Berlin setzt EU-Schadstoffgrenzen nicht um
Die Bundesregierung kämpfte bis zuletzt gegen strengere EU-Schadstoffgrenzen für Braunkohlekraftwerke. Beschlossen wurden sie trotzdem. Bis heute hätten sie in deutsches Recht umgesetzt werden müssen. Ausnahmegenehmigungen sind so vorprogrammiert.
Die EU verschärft den Schutz vor Stickoxiden, Quecksilber und Feinstaub, aber Berlin schludert offenbar bei der Umsetzung. Kraftwerksbetreiber, Umweltverbände und Oppositionspolitiker werfen der Bundesregierung vor, dass sie bei der Einführung der neuen EU-Schadstoffgrenzen für Kohlekraftwerke vorgeschriebene Fristen verstreichen lasse. Im August des vergangenen Jahres legte die EU die neuen Grenzwerte fest. Innerhalb von vier Jahren müssen sich bis auf etwaige Ausnahmen alle Betreiber daran halten. Die deutschen Vorschriften sollen aber bereits nach einem Jahr an die EU-Vorgaben angepasst werden. So sieht es das Bundes-Immissionsschutzgesetz vor. Fabian Hübner von der Klima-Allianz Deutschland:
“Bis zum 16. August müsste die Bundesregierung die neuen EU-Gesundheitsstandards in deutsches Recht umsetzen. Und damit wäre auch klar, welche Kohlekraftwerke diese Gesundheitsstandards nicht einhalten und somit entweder nachgerüstet werden müssten oder abgeschaltet werden müssten.”
Das Bundesumweltministerium mache trotz dieser Frist aber keine Anstalten, das neue Gesetz auf den Weg zu bringen. Das bedeute, dass Behörden und Betreibern weniger Zeit bleibe, Genehmigungen anzupassen und Kraftwerke entsprechend umzurüsten. Dafür ist die frühzeitige Umsetzung von EU-Vorgaben in deutsches Recht nämlich gedacht. Hübner befürchtet, dass der bessere Emissionsschutz durch die Verzögerung nicht wie beabsichtigt greifen kann, wenn am Ende nur anderthalb bis zwei Jahre statt der eigentlich beabsichtigten drei Jahre bleiben.
Quelle: Deutschlandfunk
- Abgas-Skandal: Software-Updates für Diesel-Pkw sind angeblich kaum wirksam
Erneut besteht die Deutsche Umwelthilfe auf Hardware-Nachrüstungen für Betrugs-Diesel. Als Beleg führt sie eigene Abgasuntersuchungen an.
Software-Updates für Diesel-Pkw zeigen laut Deutscher Umwelthilfe (DUH) kaum Wirkung. Bei drei vor und nach dem Update untersuchten Autos von VW habe sich gezeigt, dass bei sommerlichen Temperaturen zwar eine durchschnittliche Verbesserung der Stickoxid (NOx)-Werte um 30 Prozent erreicht wurde. Bei für das Winterhalbjahr typischen Temperaturen seien aber über 20 Prozent mehr NOx gemessen als vor dem Software-Update.
Quelle: Heise Online
- Von der Flatrate zur Fatrate
Vor Jahren vertrat Paul Kirchhof mit der Flatrate das Prinzip einer radikalen Steuersenkung. Heute denkt der emeritierte Professor weiter über Steuern nach. Dabei ist er offenbar zu einer traurigen Erkenntnis gekommen. […]
Seit Jahr und Tag ist das deutsche Steuersystem hoch kompliziert, unübersichtlich und wird und wird nicht besser, weil die Politik das einfach nicht will. Jeder liberale Kommentator kommt sich in unserer Zeit der Vollbeschäftigung und „sprudelnden Steuerquellen“, wie es so unverschämt heißt, wie ein Mahner in der Wüste, man kann auch sagen Trottel vor. Aber ist es wirklich so absurd, wenn man angesichts der guten Konjunktur Entlastungen für die Bürger und Bürgerinnen fordert – und nicht einmal eine völlige Abschaffung des Solidaritätszuschlages klappt?
Quelle: Welt Online
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Die logische Antwort: Ja, es ist absurd. Kirchhof ist aus guten Gründen schon lange vergessen – aber leider eben nicht ganz; seine Ideen finden ja in der AfD, der FDP und in Teilen der CDU immer noch Anklang. Dass man aber heute in Zeiten einer chronischen Unterfinanzierung des Gemeinwesens (siehe marode Infrastruktur und fehlendem Personal im öffentlichen Dienst) ernsthaft immer noch von “gefräßiger Politik” und “maßlosem Steuerstaat” schwafeln kann, der “das Wohlwollen der Bürger missbrauche”, zeigt doch, in welch eigener Welt fernab der Realität der “Professor aus Heidelberg” und seine Jünger leben. Die Verrücktheit steckt ja schon in der Formulierung, dass der Bürger “dem Staat einen Teil seines Einkommens schenk[t]”. Schlimm ist, dass diese Menschen als Journalisten und Politiker leider immer noch einen viel zu großen öffentlichen Einfluss haben.
- Organisierte und dokumentierte Doppelmoral
Die Fallzahlen und Schadenssumme im letzten Jahr für Organisierte Kriminalität waren so „hervorragend“, dass der neue Bundesinnenminister Seehofer glatt konstatieren konnte, dass „Deutschland kein Raum für OK ist“. Der BKA-Präsident hatte auch nichts Substanzielles und breitete sich aus über die „notwendige gemeinsame digitale Plattform für die polizeiliche Zusammenarbeit“. An der sein Haus seit fünfzehn Jahren ebenso federführend, wie im Ergebnis bisher vergeblich arbeitet, was er allerdings nicht erwähnte.
Es ist ein quasi limbischer Reflex, dass ein BKA-Präsident warnen muss vor dem „hohen Bedrohungs- und Schadenspotenzial“ durch OK. Obwohl die durchschnittlichen Fallzahlen der letzten Jahre nur bei 75% der Jahre bis 2005 liegen. Damals begann der personelle Kahlschlag in der Polizei … Und obwohl für 2017 eine geradezu unglaublich niedrige Schadenssumme – Peanuts würden bestimmte Banker sagen – von nur 209 Millionen Euro ausgewiesen wurden. Im Jahr zuvor war es noch über eine Milliarde Euro!
Das herausgeputzte Aussehen im Bundeslagebild OK ist eine Folge des Systems. Denn wo kaum mehr qualifizierte OK-Ermittler tätig sind, wo Plattformen für den flächendeckenden Informationsaustausch zwischen den Polizeibehörden von Bund und Ländern nicht existieren und wo notwendige und vorhandene Werkzeuge für OK-Strukturermittlungen durch softwaretechnische Universalwerkzeuge ersetzt wurden: Da kann man keine validen Aussagen über aktuelle Aktivitäten, Bedrohungen oder den angerichteten Schaden durch Organisierte Kriminalität in Deutschland mehr treffen.
Immerhin gibt es noch interessante Informationen von Europol …
ADOK/APOK, Bundeskriminalamt (BKA), Bundeslagebild OK, Crime-as-a-service (Cass), Europol, Münch Holger, Organisierte Kriminalität (OK), Polizeilicher Informations- und Analyseverbund (PIAV), Seehofer Horst, Strafverfolgung, Strukturermittlung (OK), Waffenschmuggel
Quelle: Police IT
dazu: Grundrechte außer Kraft
Verschärfungen der Polizeigesetze befördern staatliche Willkür. Beschuldigte nahezu wehrlos
Die übergroße Mehrheit der deutschen Bundesländer verschärft derzeit ihre Polizeigesetze oder hat dies bereits getan. Während vielen innenpolitischen Hardlinern aus der etablierten Politik der Abbau der verbliebenen Grund-, Freiheits- und Demonstrationsrechte nicht schnell genug gehen kann, formiert sich jedoch auch der Protest gegen die geplanten Verschärfungen. So mobilisieren Datenschützer und Bürgerrechtler für den 29. September zu einer Demonstration unter dem Motto »Freiheit statt Angst – Stoppt die Polizeigesetze« nach Berlin. Für den 24. November ruft das Bündnis »Unheimlich sicher« zu einer Demonstration gegen die diesjährige Innenministerkonferenz (IMK) in Magdeburg auf.
In Niedersachsen mobilisiert ein breites Bündnis zu einer Großdemonstration, die am 8. September in Hannover stattfinden soll. […]
Anders als bisher solle die Polizei in Zukunft schon dann Menschen überwachen, verfolgen und gefangennehmen dürfen, wenn ihnen unterstellt werde, über Straftaten nachzudenken, ohne sie tatsächlich auszuführen, kritisierte das Bündnis gegen das NPOG, welches die Großdemonstration am 9. September in Hannover organisiert.
Quelle: junge Welt
- Golfkrieg gegen China
Deutsche Außenpolitikexperten halten einen Krieg gegen Iran zur Verhinderung chinesischer Einflussgewinne am Persischen Golf für denkbar. Hintergrund ist, dass die US-Sanktionen gegen Teheran wieder in Kraft gesetzt werden; das führt dazu, dass die überwiegende Mehrheit auch der in Iran tätigen deutschen Unternehmen das Land verlässt. Von Berlin und der EU angekündigte Maßnahmen, die dies verhindern sollen, bleiben wirkungslos; sogar die Deutsche Bundesbank hebelt iranische Bemühungen, wenigstens ein Mindestmaß an bilateralem Zahlungsverkehr zu bewahren, aus. Damit steht zu erwarten, dass China, das bereits während der ersten Runde der Sanktionen gegen Iran zu dessen größtem Handelspartner aufsteigen konnte, seine Marktdominanz in dem Land noch weiter steigern wird. Im Rahmen der “Neuen Seidenstraße” ist die Volksrepublik inzwischen dabei, den Transportkorridor nach Iran systematisch auszubauen. Experten urteilen, ein dominanter chinesischer Einfluss in dem Land lasse sich nur noch mit Gewalt verhindern. (…)
Unklar ist, wie die westlichen Mächte reagieren werden, sollte es den Vereinigten Staaten nicht gelingen, den erhofften raschen Zusammenbruch der iranischen Regierung herbeizuführen und sie durch kollaborationswillige, prowestliche Kräfte zu ersetzen. Eine chinesische Marktdominanz in Iran und ein erheblich gesteigerter Einfluss Beijings in Teheran wären in diesem Fall sehr wahrscheinlich. Komme es dazu, dann “werden die USA voraussichtlich Präventivschläge [!] gegen den Iran durchführen”, heißt es in einer aktuellen Analyse der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP).[7] Auf diese Weise könnten “Trump und seine Berater nicht nur Irans Nuklearoption verhindern und Regionalmachtambitionen begegnen, sondern auch China einen Strich durch seine geopolitische Rechnung machen”; denn “ein Krieg würde es dem Rivalen China erschweren, dringend benötigte Rohstoffe” aus Iran zu beziehen und dort “weiteren Einfluss zu gewinnen”. “Politische und wirtschaftliche Entscheidungsträger in Deutschland und Europa sollten sich darauf einstellen”, rät die DGAP, “dass notfalls militärische Präventivschläge gegen den Iran unter anderem auch verhindern können, dass China einmal mehr Nutznießer westlicher Sanktionen ist”.
Quelle: German Foreign Policy
Anmerkung Christian Reimann: “America first” und “deutscher Größenwahn” reichen sich die Hand. Das ist besorgniserregend!
Anmerkung unseres Lesers B.E.: Interessant sind die Berechnungen der sog. Experten. Die Unternehmen der EU bevorzugen die USA als Handelspartner vor dem Iran, weil ein Handelsvolumen von $ Mrd 600 einem Handelsvolumen mit dem Iran unter Beachtung auch der früheren Embargos von nur $ Mrd 20 entgegenstehen. Der Anteil Deutschlands an diesem Volumen beträgt lt. Handelsblatt $ Mrd. 172 bei einem gleichzeitigen Handelsüberschuss von ca. $ Mrd. 50 allein im Jahre 2017. Wie wir alle wissen, wird hier dauerhaft auf Pump gelebt. Was sagt dazu eigentlich die schwäbische Hausfrau, die so gerne zitiert wird? Ob sich da nicht ein paar handfeste Risiken verbergen, die sich im Falle eines Crash galoppierend vermehren können, wie wir schon lernen mussten? Gegenfrage: wie hoch sind die Außenstände des Irans?
- Türkei bombardiert Eziden im Shengal im Nordirak
Der türkische Präsident Erdogan und der irakischen Ministerpräsidenten Abadi trafen sich einen Tag zuvor
Am Mittwochnachmittag flogen türkische Kampfjets Angriffe auf die Shengal-Region im Nordirak. Die Shengal-Region (auch: Sindschar, Singar oder Shingal) ist das Siedlungsgebiet der Eziden (auch Jesiden), das im August 2014 vom IS überfallen wurde und tausende Eziden ermordet, Frauen und Kinder verschleppt und versklavt wurden. Bei dem Angriff gab es Tote und Verletzte. Ihre Zahl gibt es noch keine genauen Angaben. Einen Tag zuvor gab es ein Treffen zwischen dem türkischen Präsidenten Erdogan und dem irakischen Ministerpräsidenten Abadi.
Ein Korrespondent der ezidischen Zeitung Êzîdîpress berichtete, dass drei Fahrzeuge der ezidischen Selbstverteidigungseinheit Shingals (YBŞ) von den Bomben der Türkei getroffen worden seien. Die Fahrzeuge befanden sich in einem Konvoi auf dem Rückweg von einer Gedenkzeremonie. Die türkische Armee bestätigte die Angriffe am Mittwochabend. Sie behauptete, sie habe bei den Luftschlägen den ezidischen PKK-Funktionär Zeki Shingali getötet.
Dies wurde allerdings bisher noch nicht vor Ort bestätigt. Shingali ist allerdings kein PKK-Funktionär, wie die türkischen Militärs behaupten, sondern er ist ein aus Deutschland stammender YBŞ-Kommandant, der die Selbstverteidigungseinheit mit aufgebaut hat. Im Shengal werden alle Checkpoints von der irakischen Armee und teilweise von der YBŞ kontrolliert. Die PKK-Einheiten hatten sich schon im Sommer 2017 nach einer Übereinkunft mit der irakischen Regierung aus der Region zurückgezogen.
Quelle: Telepolis
- Viele Fragen offen: Katalonien erinnert an die Opfer der Anschläge vor einem Jahr. Gedenkzeremonie in Barcelona
Am heutigen Freitag erinnert Barcelona unter dem Motto »Stadt des Friedens« mit einer Großkundgebung an die Opfer der Terroranschläge auf der beliebten Flaniermeile Les Rambles und im katalanischen Küstenort Cambrils vor einem Jahr. Am 17. August 2017 war ein 22jähriger gebürtiger Marokkaner mit einem Lieferwagen in die Menschenmenge auf den Rambles gerast. Wenige Stunden später lenkten Angreifer in Cambrils ein Auto in eine Gruppe von Passanten. Insgesamt wurden 16 Menschen getötet und mehr als 120 weitere verletzt.
Wer ein Jahr später über die Rambles geht, wird keine Spuren des Attentats mehr entdecken. Menschen aller Herkunft und Religionen spazieren wie eh und je über die beliebte Promenade. Die Stadtverwaltung von Barcelona hat alle Gedenkstücke, die nach den Attentaten wochenlang auf der Flaniermeile ausgestellt worden waren, katalogisiert und weggeräumt. Sie plant ein Erinnerungsprojekt, das gemeinsam mit den Opfern entwickelt werden soll. Alex Giner, ein Beamter der Stadtpolizei Guàrdia Urbana hat den Eindruck, dass den Verantwortlichen dadurch das Entscheidende gelungen ist: »Wir haben die Rambles zurückerobert. Man hat uns verletzt, aber unsere Stadt und unser Zusammenleben haben wir uns nicht nehmen lassen.«
Quelle: junge Welt
Anmerkung unseres Lesers P.N.: Informativer faktenreicher Artikel zum Thema.
- Zu guter Letzt: Der Retweet-Gesinnungsfuror des selbstgerechten Julian Reichelt