NachDenkSeiten – Die kritische Website

Titel: Leserbriefe zu „Handy-Verbot an Frankreichs Schulen: Deutschland sollte nachziehen!“

Datum: 16. August 2018 um 9:00 Uhr
Rubrik: Bildungspolitik, Innen- und Gesellschaftspolitik, Leserbriefe
Verantwortlich:

Der Artikel Handy-Verbot an Frankreichs Schulen: Deutschland sollte nachziehen! ließ wieder einige Leser zur Tastatur greifen. Es ist interessant, auch bei dieser Debatte zu sehen, wie viele verschiedene Sichtweisen es gibt. Man darf gespannt sein, welche Erfahrungen in Frankreich mit dem Handyverbot an Schulen gemacht werden. Sicherlich sollten die Erwachsenen auch Vorbilder sein, wenn es um den Umgang mit digitalen Geräten geht. Vielen Dank an die Leser! Zusammengestellt von Moritz Müller.

Anmerkung von Tobias Riegel:

Liebe Leser,

Ich möchte bei der Diskussion um die Handy-Nutzung an Schulen anregen, bestimmte Ebenen getrennt zu betrachten. So kann die begrenzte und gezielte Nutzung von abgespeckten schuleigenen Handys im Unterricht unter Umständen von Nutzen sein – hier gehen die Meinungen der Experten zumindest auseinander. Gleichzeitig ist aber der Einsatz privater Handys umso konsequenter abzulehnen: Weil er ernste soziale Probleme nach sich zieht – und weil er Investitionen in schuleigene Handys im Wege steht. Auch sollte man die inhaltliche von der technischen Ebene trennen: Ein Verzicht auf die individuelle Nutzung privater Handys im Unterricht bedeutet keinen Verzicht auf die Förderung und Herausbildung medienkritischer Kompetenzen.


1. Leserbrief

Sehr geehrtes Team der Nachdenkseiten,
sehr geehrter Herr Riegel,

ich finde bei der ganzen Diskussion über Handys an Schulen interessant, dass immer nur über gesellschaftliche Probleme bzw. Lernerfolg etc. gesprochen wird, aber ein ganz wichtiger Punkt vergessen wird: Der Einfluss von Handystrahlen auf die Gesundheit heranwachsener Kinder. Meines Wissens nach (leider kann ich die Studie auf die Schnelle nicht finden) wurde vor einigen Jahren schon nachgewiesen, dass ein negativer Einfluss der hochfreqenten Strahlung nachgewiesen wurde bzw. nicht ausgeschlossen werden konnte. Somit müsste zumindest auf Grundlage des Präventionsprinzips ein Verbot selbstverständlich sein, ungeachtet aller in der Diskussion stehenden Gründe, die ein Verbot obendrein natürlich bestärken. Im Klassenraum kommt es sogar zu einer vielfachen Belastung: 25 bis 30 Schüler in einem Klassenraum macht 25 bis 30 Strahlungsquellen. Ich verstehe das nicht, warum ist das kein Thema?

Vielen Dank für Ihre wertvolle Arbeit.

MFG
Christoph Nietfeld


2. Leserbrief

Sehr geehrte Herren (ggf. auch sehr geehrte Dame!)

Mit großem Erstaunen habe ich Ihren Artikel zum Handyverbot in Frankreich gelesen.

Ich bin Mutter zweier Kinder auf weiterführenden Schulen (mit und ohne Handyverbot) und arbeite an einer Universität, u.a. im Bereich Digitalisierung der Lehre.

Meiner Meinung nach ist ein Verbot das völlig falsche Signal! Was wir von jungen Menschen und von Studienanfänger*innen erwarten, ist ein reflektierter Umgang mit Medien und die Fähigkeit zu kritischem Denken und Hinterfragen, insbesondere beim Umgang mit (Internet-)Quellen. (Dies dürfte zum Teil ja auch den Zielen der Nachdenkseiten entsprechen.) Diese Fähigkeiten müssen, genau wie viele andere Kompetenzen auch, erlernt werden. Ein generelles Verbot und ein Ausklammern dieses höchst persönlichen Gegenstands Smartphone aus dem Schulalltag vermittelt keinerlei Kompetenz sondern demonstriert die Inkompetenz von Schule und Lehrerschaft, den sinnhaften Gebrauch eines Smartphones zu vermitteln. Statt eines Verbotes braucht es Fort- und Weiterbildung von Lehrer*innen, wie mobile Endgeräte im Unterricht genutzt und Schüler*innen der sichere und sinnvolle Umgang damit gelehrt werden kann.  

Sie meinen, es sei unsozial, das Smartphone zu integrieren, denn „Was ist mit den Kindern, deren Eltern sich kein Smartphone leisten können?“ Die Schule meiner Tochter setzt bei gleichzeitigem Handyverbot darauf, dass sich die Schüler*innen ab Klasse 5 nachmittags, abends und frühmorgens über den aktuellen Stand des Vertretungsplans auf dem Laufenden halten, der online abrufbar ist. Hier ist ein eigenes mobiles Endgerät impliziert. Entsprechend umfasst die Abdeckung mit eigenen Handys in der Klasse 100%. Ein Ausgleich für sozial benachteiligte Schüler*Innen gibt es ja bereits im Bereich des Schulessens, der Klassenfahrten etc. Es wird ja auch vorausgesetzt, dass anderes Lehrmaterial zur Verfügung stehen wie etwa Stifte, Hefte, Ranzen usw., in manchen Bundesländern auch Bücher (hier in Hessen herrscht offiziell Lehrmittelfreiheit, dennoch gebe ich pro Schuljahr mehrere 100 € für Schulmaterial aus). In vielen Bereichen kann das eigene Smartphone also die fehlende Infrastruktur der Schulen ersetzen und BYOD ist hier eine naheliegende und legitime Lösung. Die Mittel, die Schulen (bisher nicht) für Tablets etc. ausgeben, könnten sinnvollerweise in Lehrerfortbildungen, Software und Lizenzen gesteckt werden.

Das Smartphone wird aus unseren Leben nicht mehr verschwinden, im Gegenteil, die mediale Vernetzung wird voranschreiten und eine noch stärkere Verschmelzung von Mensch und Device zur Folge haben. Wir sollten aufhören, das zu ignorieren oder zu verteufeln und die Chance nutzen, die diese Herausforderung mit sich bringt!

Herzliche Grüße
Julia Sommer


3. Leserbrief

Hallo,

in dem Artikel steht viel Wahres und eine neoliberale Tendenz in der Bildungspolitik ist natürlich klar erkennbar.

Ich würde allerdings eine andere Schlußfolgerung ziehen, da ein Verbot operativ schwer umsetzbar wäre.

Also den Gegner mit den eigenen Waffen schlagen.

Warum nicht ein abgespecktes Schulhandy für alle – mit unterrichtsrelevanten App´s, Notruffunktion, etc.

Packen wir doch auch einfach den Unterrichtsstoff auf ein tablet. Man kann ja gewisse Funktionen sperren lassen.

Verleugnen kann man diese Medien nicht mehr, also gezielt und kontrolliert fördern.

So hat man das Schuljahr in einem Gerät – die Kosten dürften nicht zu hoch sein (es muß ja nicht das neueste i-pad sein und bei großen Bestellmengen dürfte man ordentliche Rabatte bei den Herstellern erzielen. Auf 10-12 Schuljahre kann man die Kosten splitten. Bliebe die Frage nach dem Rechtemanagement.
Physische Schulbücher sind ja auch nicht billig und meistens nach einem Jahr eh nicht mehr zu gebrauchen. Ein tablet sollte ein Schülerleben lang reichen.

Ein weiterer Vorteil – die Kinder müssten nicht mehr wie die Packesel umherlaufen, das ist ja Mitleid erregend, wenn man das manchmal sieht, da werden ja außerdem noch Instrumente und Sportbeutel mitgeschleppt.

Ein schönes WE,
MP


Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/

Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=45490