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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 26. Juli 2018 um 8:26 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. USA gefährden Geldpolitik der EZB
  2. Erfolg für die EU: US-Präsident Trump will im Handelsstreit abrüsten
  3. Die Zahl jugendlicher Lehrstellenbewerber ohne Ausbildungsvertrag hat sich seit Beginn des Jahrzehnts verdoppelt.
  4. Hat die Jobbörse der Arbeitsagentur ein Datenschutzproblem?
  5. Amazon Flex: Scharfe Kritik an Amazons privaten Paketboten
  6. Schiedsverfahren für Investoren: Ein führender Schiedsrichter plaudert aus dem Nähkästchen
  7. Desaster für die Globale Gesundheit abwenden: Menschenleben vor Profite
  8. Zu viel Rauch im Tiefbahnhof
  9. Rassismus von oben (I)
  10. “Eine kulturelle Trennlinie durchschneidet Deutschland”
  11. Nichthandeln, Nichtprotest, Nichtwiderstand
  12. Neue Mindestsicherung trifft die Österreicher
  13. “Auf dem Stand des Mittelalters”: So keilt Jörg Kachelmann gegen die Wettertipps der Medien
  14. Ex-Bundestagsfraktion FDP bezahlt Millionenschulden nicht – und kommt damit durch

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. USA gefährden Geldpolitik der EZB
    Die Attacken der USA gefährden auch die bisherige Geldpolitik der europäischen Währungshüter. Deren Ziel war ja, den europäischen Unternehmen günstige Bedingungen zu schaffen, damit sie mehr exportieren können. Jetzt, da Trump die Schotten dicht macht, drohen jahrelange Anstrengungen und Maßnahmen, die am Rande der Legalität umgesetzt wurden, zu verpuffen. EZB-Präsident Draghi machte auf der letzten Pressekonferenz auch keinen Hehl daraus, dass er die Verursacher dieser Entwicklungen für verantwortungslos hält. In ungewöhnlich deutlicher Form forderte er die USA auf, das Welthandelssystem nicht zu zerstören. “Wenn wir das multilaterale System untergraben, das unsere Existenz seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges begleitet und zu einem lang anhaltenden Wohlstand geführt hat, dann verursachen wir sehr ernsthaften Schaden”, sagte Draghi nach der Ratssitzung im lettischen Riga. Mit Blick auf ähnliche Entwicklungen in den 1920er- und 1930er-Jahren betonte er: “Unsere Vorfahren haben das und die Folgen schon einmal erlebt. Wir brauchen das nicht noch einmal!”
    Draghi dürfte deshalb auch in dieser Woche deutliche Worte finden. Ob das Eindruck auf einen beratungsresistenten US-Präsidenten macht, dem jegliches Geschichtsbewusstsein fehlt, ist allerdings zu bezweifeln.
    Quelle: Tagesschau

    Anmerkung André Tautenhahn: Das ist schon eine tolle Erzählung der Geschichte. Das Ziel der EZB war doch nicht, nur für Unternehmen günstige Bedingungen zu schaffen. Draghi betonte immer wieder, dass die Fiskalpolitik und insbesondere der deutsche Finanzminister ebenfalls reagieren und Spielräume für Investitionen nutzen müsse. Die günstigen Kreditbedingungen gelten ja auch für den Staat, der mehr Schulden aufnehmen sollte, wenn es die Unternehmen selbst nicht tun. Der Staat muss für die Belebung der Binnenkonjunktur sorgen, wo doch selbst die Institute und Herr Weidmann erkennen, dass ein Ende des „Aufschwungs“ immer wahrscheinlicher wird. Doch von einem Konjunkturprogramm ist keine Rede. Es geht nur gegen Trump. Er ist jetzt verantwortlich für die Misere. Wie bequem. Doch an der restriktiven Haushaltspolitik und den niedrigen Zinsen für die Sparer ist Trump gar nicht schuld, sondern immer noch der Denkfehler, wonach einer Sparabsicht volkswirtschaftlich betrachtet zwingend auch der Sparerfolg folgen müsse. Das fehlende Geschichtsbewusstsein liegt dann also eher bei denen vor, die offenbar nicht erkennen wollen, dass es die schwarzen Nullen und Schuldenbremsen sind, die der verheerenden Politik eines Reichskanzlers Brüning am Ende der Weimarer Republik entsprechen.

  2. Erfolg für die EU: US-Präsident Trump will im Handelsstreit abrüsten
    Beim Treffen mit EU-Chef Juncker macht der US-Präsident überraschend Zugeständnisse. Er möchte mit den Europäern ein großes Abkommen aushandeln und auf Autozölle vorerst verzichten.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung André Tautenhahn: Diese Jubelmeldung ist bezeichnend, wonach es gestern in Washington gelungen sei, einen Deal zwischen den USA und der EU auszuhandeln. Demnach ist die EU bereit, „massiv“ Fracking Gas und „sofort“ Sojabohnen einzuführen, während Trump weiter darüber nachdenkt, Zölle auf Stahl und Aluminium zu senken oder Zölle auf Autos zu erheben. Das ist doch kein Erfolg, sondern eher eine Kapitulation der EU vor den USA. Trotzdem gibt es Beifall, vor allem von deutscher Seite. Wirtschaftsminister Altmaier schreibt:

    Dabei hatte sich die Bundesregierung beispielsweise immer gegen die Einfuhr von Flüssiggas aus den USA gewehrt. Und was ist mit der europäischen Einigkeit? Wie werden wohl die Franzosen über den Deal denken, die doch bislang strikt gegen jede Form von erpressten Zugeständnissen waren? Außenminister Heiko Maas ist sich da sicher. Europa sei geeint aufgetreten.

  3. Die Zahl jugendlicher Lehrstellenbewerber ohne Ausbildungsvertrag hat sich seit Beginn des Jahrzehnts verdoppelt.
    Zugleich klagen Unternehmen zu Beginn des Ausbildungsjahres über fehlende Bewerber. Die Antwort der Bundesagentur für Arbeit auf eine Kleine Anfrage von Sabine Zimmermann bestätigt, dass im Berichtsjahr 2010/11 11.344 unversorgte Bewerber ausgewiesen wurden. Im 2016/17 stieg deren Zahl auf 23.712 an.
    Mehr Arbeitgeber sollten Jugendlichen eine Chance geben. Zudem fordert Sabine Zimmermann einen Rechtsanspruch auf Ausbildung sowie eine Umlagefinanzierung, die alle Betriebe für die Ausbildung in die Pflicht nimmt.
    Quelle: DIE LINKE via Facebook

    dazu: WSI-Tarifarchiv: Ausbildungsvergütungen zwischen 610 und 1.580 Euro je nach Branche und Ausbildungsjahr
    Die in Tarifverträgen vereinbarten Ausbildungsvergütungen unterscheiden sich je nach Branche und Ausbildungsjahr sehr stark. Die Spannbreite reicht von 610 Euro im Kfz-Handwerk Thüringen im 1. Ausbildungsjahr bis zu 1.580 Euro im westdeutschen Bauhauptgewerbe im 4. Ausbildungsjahr. Zudem gibt es in vielen Branchen auch eine erhebliche regionale Differenzierung. Dies geht aus einer aktuellen Auswertung von 16 ausgewählten Tarifbranchen hervor, die das Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung kurz vor Beginn des neuen Ausbildungsjahres 2018 vorlegt.
    Auch für Auszubildende spielt es eine große Rolle, ob ihr Betrieb nach Tarif zahlt, oder nicht. Denn für sie gilt der gesetzliche Mindestlohn nicht. Nach dem Berufsbildungsgesetz haben sie zwar ein Anrecht auf eine „angemessene Vergütung“. Nach der gültigen Rechtsprechung soll sich letztere an den Tarifverträgen orientieren und darf das tarifliche Niveau nicht um mehr als 20 Prozent unterschreiten. „In der wachsenden Anzahl nicht-tarifgebundener Betriebe“, so der Leiter des WSI-Tarifarchivs Prof. Dr. Thorsten Schulten, „werden jedoch häufig deutlich niedrigere Vergütungen gezahlt, da die Angemessenheit eines bestimmten Vergütungsniveaus kaum transparent ist. Deshalb ist neben einer generellen Stärkung der Tarifbindung die im Koalitionsvertrag vereinbarte Einführung einer gesetzlichen Mindestausbildungsvergütung sinnvoll, um Missbrauch bei Betrieben, die außerhalb des Tarifvertragssystems stehen, vorzubeugen.“
    Quelle: Hans Böckler Stiftung

    dazu auch: Auch Hauptschülern und Geflüchteten eine Chance geben: Zehntausende Jugendliche können nicht vermittelt werden
    Die Betriebe klagen über den Azubi-Mangel – doch über 80.000 Bewerberinnen und Bewerber finden keinen Ausbildungsplatz. “Die Unternehmen müssen dringend Ihre Ausbildungsbereitschaft verbessern und auch Jugendlichen mit schlechteren Startchancen bessere Möglichkeiten bieten”, fordert DGB-Vize Elke Hannack.
    Quelle: DGB

  4. Hat die Jobbörse der Arbeitsagentur ein Datenschutzproblem?
    Immer wieder werden Fälle bekannt, in denen unechte Stellenangebote in der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit (BA) inseriert wurden. Dritte erhielten auf diese Weise unrechtmäßig Daten von Arbeitsuchenden. Das Risiko besteht immer noch und ist der BA bekannt, dennoch hält die Bundesregierung die aktuellen Datenschutzmaßnahmen für ausreichend.
    Für alle Erwerbsfähigen, die bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) arbeitsuchend gemeldet sind, erstellt die zuständige Arbeitsagentur oder das zuständige Jobcenter ein Stellengesuch, das im Regelfall auf der Jobbörse der BA veröffentlicht wird. Arbeitgeber sollen auf diese Weise nach geeignetem Personal suchen können. Umgekehrt können auch Arbeitgeber ein Stellenangebot bei der Jobbörse melden und, wenn gewünscht, den Arbeitgeberservice der BA mit der Suche nach passenden Bewerbern beauftragen.
    Dass dieses Verfahren noch Lücken im Datenschutz aufweist, zeigen die Antworten der Bundesregierung auf zwei Anfragen der Fraktion Die Linke im Bundestag: Weil nicht jedes Stellenangebot vor seiner Veröffentlichung geprüft wird, könnten Dritte mithilfe von fingierten Stellenanzeigen unbefugten Zugriff auf die Daten von Arbeitsuchenden erhalten, wenn diese sich auf ein derartiges Stellenangebot bewerben oder von der Arbeitsvermittlung als Bewerber vorgeschlagen werden.
    Quelle: O-Ton Arbeitsmarkt
  5. Amazon Flex: Scharfe Kritik an Amazons privaten Paketboten
    Der Onlinehändler Amazon nimmt die Auslieferung zunehmend selbst in die Hand. Die Linke warnt vor einem Privatkurierdienst und fordert Lizenzpflicht. Die Regierung sieht aber keinen Handlungsbedarf.
    Der Onlinehandel wächst weiter rasant. Im vergangenen Jahr wurden erstmals mehr als 3,3 Milliarden Sendungen verarbeitet, 6,1 Prozent mehr als noch 2016. Seit der Jahrtausendwende hat sich das Sendungsvolumen damit nahezu verdoppelt. Und es wird in den kommenden Jahren noch mehr werden. Der Bundesverband Paket und Expresslogistik rechnet für 2022 mit rund 4,3 Milliarden Sendungen.
    Ein großer Teil davon entfällt auf Amazon, denn der Konzern hat inzwischen einen Marktanteil von mehr als 30 Prozent am deutschen Onlinehandelsumsatz. Inzwischen geht Amazon auch in Deutschland verstärkt dazu über, die Logistik komplett selbst in die Hand zu nehmen. Dazu wurde vergangenen November auch der Dienst Amazon Flex gestartet, bei dem Privatleute Pakete für den US-Konzern ausliefern. „Seien Sie ihr eigener Chef“, wirbt Amazon und lockt mit einem Verdienst von bis zu 68 Euro für vierstündige Lieferschichten. Bislang sind die privaten Paketboten in Berlin und München aktiv. Etwa 100 Fahrer arbeiten hierzulande für Amazon. Der Konzern bietet den Dienst zudem in den USA, Großbritannien, Spanien und Singapur an.
    Quelle: Tagesspiegel

    dazu: Amazon Flex: Keine Uberisierung des Paketmarktes!
    Amazon setzt im Rahmen von „Amazon Flex“ darauf, vermeintliche Privatpersonen als Kurierfahrerinnen und Kurierfahrer einzusetzen. Die Fahrerinnen und Fahrer können sich mittels einer App für Stundenkontingente bewerben, innerhalb derer sie mit ihren privaten Autos für Amazon Pakete ausliefern. Dafür bietet der Online-Händler bis zu 16 Euro pro Stunde – allerdings auf Basis von vermeintlicher „Solo-Selbstständigkeit“. Das komplette unternehmerische Risiko liegt bei den Kurierfahrerinnen und -fahrern, es gelten so gut wie keine Regeln des Arbeitsschutzes, und auch das Haftungsrisiko für Schäden und Verluste hat Amazon auf die Paketbotinnen und -boten übertragen.
    „Amazon verdrängt mit seinem neuen Geschäftsmodell nicht nur reguläre Beschäftigung“, kritisiert Pascal Meiser, gewerkschaftspolitischer Sprecher der Fraktion und Mitglied im Wirtschaftsausschuss des Bundestages, das Outsourcing-Modell von Amazon Flex. „Für viele Fahrerinnen und Fahrer dürfte gar nicht absehbar sein, welche persönlichen Risiken sie eingehen – beispielsweise bei der Haftung für Schäden an den Paketen. So, wie der Amazon-Konzern zurzeit auch in diesem Bereich agiert, ist das völlig verantwortungslos.“ Dabei hätten Konzerne, die wie Amazon Milliardengewinne erwirtschaften, die finanziellen Möglichkeiten, seine Kurierfahrerinnen und -fahrer zu guten Bedingungen fest anzustellen. Meiser warnt: „Eine ,Uberisierung’ darf es auf dem deutschen Paketmarkt nicht geben. Schon jetzt sind die Bedingungen für Kurierfahrerinnen und -fahrer miserabel.“
    In einer Kleinen Anfrage hat Pascal Meiser die Bundesregierung nach ihrer Haltung zum Geschäftsmodell von Amazon Flex und der Notwendigkeit gefragt, den Auswirkungen mit gesetzlichen Regelungen zu begegnen. Trotz der alarmierenden Entwicklung sieht die Bundesregierung keinen Handlungsbedarf, wie aus ihrer Antwort (PDF) hervorgeht.
    Meiser hingegen sieht sehr wohl Handlungsbedarf: „Die Bundesregierung muss dafür sorgen, dass die Kontrolldichte in der boomenden Paketbranche erhöht und Scheinselbständigkeit wirksam bekämpft wird. Darüber hinaus müssen endlich alle Postdienstleistungen – und damit künftig dann auch die Paketbranche – den gleichen qualitativ hochwertigen Standards unterworfen werden. Auch die Erbringung von Paketdienstleistungen muss dazu lizenzpflichtig werden. Es kann nicht sein, dass zwar das Postgeheimnis für Briefe wie Pakete gleichermaßen gilt, zugleich fast jedermann Pakete ausliefern kann, ohne dazu überhaupt eine Lizenz besitzen zu müssen. Die dafür zuständige Bundesnetzagentur muss endlich auch bei den Paketdienstleistungen Arbeitsbedingungen und Qualität bei der Erbringung der Leistungen kontrollieren, so wie dies bereits für den Briefbereich möglich ist. Dazu gehört nach dem Postgesetz als Ultima Ratio, die Postlizenz zu verweigern oder zu entziehen, wenn beispielsweise bestimmte in der Branche übliche Arbeitsbedingungen unterschritten oder gar sozial- oder arbeitsrechtliche Verstöße festgestellt werden.“
    Quelle: DIE LINKE im Bundestag

  6. Schiedsverfahren für Investoren: Ein führender Schiedsrichter plaudert aus dem Nähkästchen
    Die EU hat im üblichen Geheimverfahren ein Freihandelsabkommen mit Japan geschlossen. Das Kapital über Schiedsgerichte für Investoren wurde weggelassen, kann aber jederzeit nachgereicht werden. Selbst ein TTIP-Abkommen mit den USA ist wieder in der Diskussion, wahrscheinlich mit einem unwesentlich verbesserten Schiedsgerichtsverfahren im Schlepp. Ein führender Schlichter in solchen Verfahren aus den USA hat nun ganz offen aufgeschrieben, wie kaputt und gefährlich dieses System ist.
    George Kahale III, ist Chairman der auf internationale Fälle spezialisierten Großkanzlei Curtis und ein führender Schlichter mit sehr viel Erfahrung. Sein Universitätsvortrag mit dem (übersetzten) Titel „Der wilde wilde Westen des internationalen Rechts und der Schlichtung“ erscheint im Brooklyn Journal of International Law. Eine kleine übersetzte Leseprobe…
    Quelle: Norbert Häring
  7. Desaster für die Globale Gesundheit abwenden: Menschenleben vor Profite
    Die Bundesregierung sollte ihrer Verantwortung für den Kampf gegen Tuberkulose gerecht werden und sich für den Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten einsetzen“, erklärt Eva-Maria Schreiber, Obfrau der Fraktion DIE LINKE im Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, anlässlich des massiven Drucks der USA, im Sinne der Pharmaindustrie eine wichtige Forderung für den Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten bei den derzeitigen Verhandlungen zur Abschlusserklärung des UN-High-Level-Meetings zu Tuberkulose bei den Vereinten Nationen in New York zu streichen. Schreiber weiter:
    „Jetzt wird entschieden, ob alle Menschen weltweit endlich Zugang zu lebenswichtigen und bezahlbaren Medikamenten erhalten. Die USA fordern, im Sinne der Pharmaindustrie einen wichtigen Teil des Textentwurfs zu streichen, der es Regierungen in ärmeren Ländern ermöglicht, bezahlbare Preise für lebenswichtige Medikamente sicherzustellen. Die Bundesregierung sollte sich mit Südafrika und den G77 dafür einsetzen, dass die TRIPS-Flexibilitäten, die es ermöglichen, Patentrechte aufzuweichen, um günstige Generika bereitzustellen, beibehalten werden. Profite dürfen nicht vor Menschenleben gestellt werden.
    Tuberkulose ist mit 1,5 Millionen Toten jährlich die tödlichste Infektionskrankheit noch vor HIV/AIDS. Ich begrüße, dass bei den Vereinten Nationen in New York Tuberkulose zum ersten Mal auf hoher Staatenebene zum Thema wird und derzeit Verhandlungen für ihre Bekämpfung stattfinden. Ich sehe darin DIE Weichenstellung für die globale Gesundheitspolitik der nächsten Jahre.“
    Quelle: DIE LINKE im Bundestag
  8. Zu viel Rauch im Tiefbahnhof
    Im Brandschutzkonzept für Stuttgart 21 hat die projektkritische Gruppe Ingenieure 22 zahlreiche Fehler und Widersprüche entdeckt. Ein Rauchabzug im Brandfall sei ein Risiko für Leib und Leben, weswegen sie Baustopp und Neuplanung fordern.
    Was ist ein Risiko? Der Duden beschreibt es als “möglichen negativen Ausgang bei einer Unternehmung, mit dem Nachteile, Verlust, Schäden verbunden sind”. Manfred Leger, Projektchef der Deutschen Bahn, soll bei einer Veranstaltung der hiesigen Industrie- und Handelskammer im September 2015 gar von 1700 Risiken gesprochen haben, die mit dem Bahnhofsbau im Schwabenland verbunden sind. Es kann also eine Menge schiefgehen beim großen Buddeln und Betonieren für Stuttgart 21.
    Dass die milliardenschweren Kostenexplosionen nur die Spitze eines riesigen Risikoeisbergs sind, davor warnen die Ingenieure 22 schon von Anfang an. Vor dem Stuttgarter Verwaltungsgericht hatte sich die Gruppe von Fachleuten im vergangenen November mit Verweis auf das Umweltinformationsgesetz die Einsichtnahme in entsprechende Unterlagen der Bahn erstritten. Zumindest in diejenige mit Risiken, die umweltrelevante Wirkung entfalten können, sollten sie je eintreten. Rund 300 Risiken, weniger als ein Fünftel aller Unwägbarkeiten, konnten die Projektkritiker nun “begutachten”, im Hauptquartier der S-21-Projektgesellschaft, stets unter Aufsicht von Bahnmitarbeitern und mit striktem Kopierverbot.
    Quelle: Kontext: Wochenzeitung
  9. “Eine kulturelle Trennlinie durchschneidet Deutschland”
    Die Gesellschaft ist gespalten, Rechtspopulisten feiern Erfolge, der Diskurs verroht: Demokratieforscher Wolfgang Merkel über Gefahren für die Gesellschaft – und Lösungsansätze.
    Sie haben einmal davon gesprochen, dass wir uns auf dem Weg in eine “Mittelschichtsdemokratie” befänden. Die untere Schicht werde abgehängt, während sich die Reichen aus den gesellschaftlichen Risiken “herauskaufen” würden. Was meinten Sie damit?
    Die ökonomisch stärksten zehn Prozent der Gesellschaft sind auf Sozialsysteme und andere staatliche Strukturen praktisch nicht mehr angewiesen. Sie können sich diese auf dem Markt kaufen, von der Gesundheitsversorgung über die Alterssicherung bis hin zu Eliteschulen im In- und Ausland. Das untere Drittel hingegen ist stark auf diese Transfersysteme angewiesen, wird abgehängt und ist politisch kaum zu erreichen.
    Und dann gibt es die dazwischen: Diese Mittelschichten sind in der demokratischen Politik deutlich überrepräsentiert. Sie gehen überproportional oft zur Wahl, nehmen an Referenden teil, engagieren sich in Parteien, Parlamenten und Regierungen, aber auch in NGOs …
    … und stützen damit die Demokratie.
    Ja, ich will das gar nicht kritisieren. Sondern nur feststellen, dass die gebildeten mittleren Schichten Politik und Debatten dominieren. Die unteren Schichten brechen weg. Von Politikern wurden sie als Klientel zum Teil aufgegeben, da sie sich schwer mobilisieren lassen. Rechtspopulisten versuchen hier zunehmend zu rekrutieren.
    Und waren damit bei Wahlen zum Teil recht erfolgreich. Was sind aus Ihrer Sicht die entscheidenden Faktoren für den Aufstieg der AfD?
    Das hat mit der Spaltung der Gesellschaft zu tun, und zwar nicht nur mit der ökonomischen und sozialen. Auch eine kulturelle Trennlinie durchschneidet Deutschland.
    Das müssen Sie erklären.
    Die kulturelle Spaltung lässt sich fokussieren auf die Frage: Wie stark sollten die Grenzen des Nationalstaats geschlossen oder offengehalten werden? Auf der einen Seite stehen die Kosmopoliten, die Globalisierungsgewinner. Sie sind besser gebildet, befürworten offene Grenzen für Schutz suchende Menschen und Immigranten, aber auch für Güter, Dienstleistungen und Kapital. Gleichzeitig sind sie bereit, politische Kompetenzen des Nationalstaats abzugeben.
    Und auf der anderen Seite?
    Dort stehen die Kommunitaristen. Sie sind tendenziell Globalisierungsverlierer, haben ein hohes Interesse an nationalstaatlichen Grenzen, sind vergleichsweise weniger gebildet, verfügen über ein geringeres Einkommen und orientieren sich stärker an traditionellen, lokalen und regionalen Gemeinschaften. Sie brauchen ihre kleinen, kommunalen Gemeinschaften, wo sie sich wechselseitig unterstützen können. Und sie sind skeptisch gegenüber dem Fremden, auch aus ökonomischen Gründen. Die Flüchtlingskrise hat diese Skepsis verstärkt und große Verunsicherung erzeugt. Diese Spaltung zeigt sich auch im politischen Diskurs.
    Quelle: SZ

    Anmerkung JK: Ein höchst erhellendes Interview, das auf ein fundamentales gesellschaftliches Problem aufmerksam macht, das über die materielle Polarisierung weit hinausgeht und besonders gefährlich ist, da kulturelle Spaltung, die von einer Seite oft als Demütigung empfunden wird, nicht einfach durch materiellen Ausgleich behoben werden kann. Gerade das Resümee Wolfgang Merkels am Ende des Interviews sollte man aufmerksam lesen. Mit Statements aus dem linksliberalen Juste Milieu, wie das des Multimillionärs Augstein oder dem Aufruf “Solidarität statt Heimat” wird dagegen die beschriebene gesellschaftliche Spaltung weiter verschärft.

  10. Rassismus von oben (II)
    Die Debatten um die Verschärfung der Flüchtlingsabwehr und um den deutschen Fußballspieler Mesut Özil verschaffen der Alternative für Deutschland (AfD) anhaltende Umfragerekorde. Die Partei, zu deren Markenkern rassistische Agitation gehört und die vom wachsenden Rassismus in der Bundesrepublik profitiert, kann sich laut einer aktuellen Umfrage bei 17,5 Prozent der Wählerstimmen behaupten. Sie wurde aus einem Teilspektrum der deutschen Eliten heraus gegründet, um die europäische Integration zu bremsen, weil diese von manchen in einigen Bereichen – so beim kriselnden Euro – als zu teuer eingeschätzt wird. Auch weiterhin wird sie von Teilen des deutschen Establishments, insbesondere von wirtschaftsnahen Organisationen, unterstützt. Zugleich nehmen rassistische Äußerungen von Politikern etablierter Parteien zu. Eine Integrationsexpertin von der Berliner Humboldt-Universität warnt vor einer “strategische[n] Entmoralisierung der Gesellschaften” in Europa und urteilt: “Die gesellschaftlichen Entwicklungen weisen in eine präfaschistische Phase”.
    Quelle: German Foreign Policy
  11. Nichthandeln, Nichtprotest, Nichtwiderstand
    Donald Trumps einstiger Chefstratege Steve Bannon möchte sich aktiv in die kommende Europawahl einmischen. Wie reagieren europäische Politiker darauf? Erschreckend wenig
    Normalerweise agieren extremistische Gefährder im Verborgenen. Sie reisen mit gefälschten Identitäten und anonymen Geldgebern im Hintergrund durch Europa. Ihre Netzwerke sind geheim. Es geht ihnen darum, die innere Sicherheit, den Frieden, die Demokratie zu zerstören. Sie haben es auf das System abgesehen. Es geht darum, Zwietracht zu säen.
    Im vorliegenden Fall kündigt ein Extremist seine Ankunft und sein Anliegen freimütig an. Steve Bannon, jener amerikanische Rechtsextremist, der in deutschen Medien oft liebevoll “Rechtspopulist” genannt wird, war ehemaliger Chefstratege im Weißen Haus und half Donald Trump ins Präsidentenamt. Außerdem war er Besitzer der Medienfirma Breitbart und damit maßgeblich daran beteiligt, den Rechtsextremismus im alltäglichen politischen Diskurs in den USA zu legitimieren und politisch zu installieren. Er weiß also, wie das geht.
    Bannon gab als Reisegrund an, sich aktiv in die kommende Europawahl im Mai 2019 einzumischen. Das ist ziemlich spektakulär. Ein Amerikaner gibt freimütig zu, seine eigene antidemokratische, amerikanische Bewegung The Movement auf europäisch-parlamentarischer Ebene parteipolitisch zu verzahnen. Er traf sich deshalb schon mit allerhand politischen Führern, um sich ein umfassendes Bild über die Lage zu machen. Das Ziel sei es, mit der Stiftung den ganzen rechten Flügel, der von rechts-reaktionär bis rechtsextrem geht und sich auf drei Fraktionen im Europäischen Parlament verteilt, zu unterstützen.
    Das ist alles ziemlich konkret, überraschend offen und genau das, was man meint, wenn man immer warnt: Sie nutzen die demokratischen Strukturen, um sie abzuschaffen.
    Quelle: Mely Kiyak auf Zeit Online
  12. Neue Mindestsicherung trifft die Österreicher
    “Von Asyl wird gesprochen, aber gestrichen wird bei allen”, sagt der Sozialexperte der Diakonie, Martin Schenk, im SN-Gespräch. Betrachte man den Ministerratsvortrag zur “Mindestsicherung neu”, träfe die neue Regelung zu 70 bis 80 Prozent österreichische Bürger. Ein Drittel der Betroffenen seien Kinder. Zahlen aus Niederösterreich, wo eine gedeckelte Mindestsicherung schon eingeführt wurde, hätten gezeigt, dass nur jede siebte von den Kürzungen betroffene Person asylberechtigt gewesen sei. “Die Existenzkürzungen betrafen dort in erster Linie Hiesige und schon längst Dagewesene. Familien, Alleinerziehende, Pensionisten, Menschen mit gesundheitlichen Problemen oder Behinderungen”, sagt Schenk. Geheißen habe es auch dort, die Regelung solle “Flüchtlinge” treffen. Gerade für die große Gruppe der Mindestsicherungsbezieher mit Behinderung könnte die Neuregelung weitergehende Folgen haben. Laut Zahlen der Statistik Austria geben 58 Prozent der Mindestsicherungsbezieher an “chronisch krank” zu sein, 25 Prozent sind “stark beeinträchtigt durch eine Behinderung”. Durch die neuen Höchstbeträge der Mindestsicherung würden Behinderte in Wien um den “Sonderbedarf ” umfallen, der Hilfe für behindertengerechte Investitionen bedeute, sagt Schenk. Behinderte seien schon 2010 beim Umbau der Sozialhilfe zur Mindestsicherung schlechtergestellt worden.
    Quelle: Salzburger Nachrichten
  13. “Auf dem Stand des Mittelalters”: So keilt Jörg Kachelmann gegen die Wettertipps der Medien
    Mittagshitze, gefährlicher Durchzug oder “Brutalo-Hitze”: Der Wettermoderator Jörg Kachelmann versucht auf Twitter derzeit alles, um sich gegen die “gnaden- und gewissenlose Bereitschaft zu Fake News durch weite Teile der deutschen Medien” zu wehren. Die Medien seien mit ihrer Wetterexpertise auf dem “Stand des Mittelalters”. Das würde im Zweifel sogar Leben kosten, schreibt er.
    Dem Wettermoderator Jörg Kachelmann kann man die Leidenschaft für seinen Beruf sicher nicht absprechen. Das zeigt er dieser Tage einmal mehr auf Twitter. In mehreren Tweets keilt er gegen deutsche Medien, weil diese laut Kachelmann ständig falsche Narrative nutzen. Demnach sei schon die “Mittagshitze” ein Irrtum. In Reaktion auf einen Bericht im ZDF-“heute journal” schreibt Kachelmann: “Echt, Sie verbreiten auch diesen Schwachsinn, @heutejournal? Zu bildungsfern, um zu wissen, dass die Höchsttemperatur im Hochsommer zwischen 17 und 18 Uhr stattfindet und es mittags 5 bis 10 Grad kühler ist?”
    Quelle: Meedia
  14. Ex-Bundestagsfraktion FDP bezahlt Millionenschulden nicht – und kommt damit durch
    Jahrelang hat sich die Ex-FDP-Bundestagsfraktion geweigert, ihre Millionenschulden zu bezahlen. Nun gibt mit der Rheinischen Zusatzversorgungskasse ein großer Gläubiger nach SPIEGEL-Informationen auf.
    Als die FDP im September 2013 mit 4,8 Prozent der Stimmen aus dem Bundestag flog, war der Schock der Liberalen groß. Schließlich hatte das Ergebnis nicht nur drastische Auswirkungen auf das Leben der Abgeordneten, auch das finanzielle Überleben der Partei schien gefährdet zu sein. Denn neben den 8,6 Millionen Euro Schulden, die der FDP-Bundesverband bis Ende 2013 angehäuft hatte, gab es weitere hohe Forderungen an die gerade abgewählte Fraktion.
    So verlangte allein die Rheinische Zusatzversorgungskasse (RZVK) etwa 5,8 Millionen Euro von der Fraktion. Grund war unter anderem die Entlassung der etwa 100 direkt angestellten Mitarbeiter nach der Wahlniederlage.
    Diese hatten bei der RZVK künftige Rentenansprüche erworben, die die Fraktion aber nicht in das System eingezahlt hatte. Auch ehemalige Mitarbeiter beziehen und bezogen eine Rente von der RZVK. Deshalb wurde laut vertraulichem Gutachten der Zusatzversorgungskasse zum Stichtag 31. Dezember 2013 eine Ausgleichzahlung fällig. Zahlbar “innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung”. Das enthüllte der SPIEGEL im September 2017.
    Andere Fraktionen waren damals empört, als die miserable Zahlungsmoral der Liberalen öffentlich wurde: “Es kann nicht sein, dass sich die FDP-Fraktion ihren Verpflichtungen für die Zusatzversorgung ihrer ehemaligen Mitarbeiter entzieht. Wir erwarten, dass die Beitragsschulden in vollem Umfang beglichen werden”, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Christine Lambrecht, dem SPIEGEL.
    Quelle: Spiegel Online


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