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Titel: Sicherheitspolitik zur innenpolitischen Profilierung

Datum: 26. Januar 2010 um 17:46 Uhr
Rubrik: Außen- und Sicherheitspolitik, Militäreinsätze/Kriege
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Wir kennen das zwar schon. Kriege werden geführt, um sich innen- und außenpolitisch zu entlasten und zu profilieren. Wir kennen das von den USA, von Großbritannien, von anderen Regierungen und von uns. Wir haben uns am Afghanistan-Krieg 2001 beteiligt, um die Freundschaft mit den USA zu sichern. Die damals begonnene Intervention hat in Afghanistan den Frieden nicht und weiteres Elend gebracht. Die Zustände sind nicht besser geworden. Jetzt wird der vermeintliche Ausstieg auch wieder zur innenpolitischen Profilierung genutzt. Am deutlichsten sieht man das am Talibanausstiegsprogramm des Guido Westerwelle. Albrecht Müller

Wenn dieses ernst gemeint ist, was man ja durchaus erwägen kann, dann darf man dieses doch nicht öffentlich verkünden, dann muss man doch ein solches Programm sorgfältig und dezent einfädeln, dann darf man doch nicht jedem, der aussteigen möchte oder aussteigt, gleich das Etikett anheften, er sei gekauft. Wer mit einem ernsten Problem und mit einer möglichen Teillösung so umgeht wie Westerwelle, der meint es nicht ernst.

Im Anhang findet sich eine aktuelle Meldung von Spiegel online. Die dort wiedergegebenen Elemente der angeblich neuen Strategie zeigen, dass es vor allem um die innenpolitische Profilierung geht, dass unsere Regierungsvertreter ziemlich naiv vorgehen und dass wir Bürgerinnen und Bürger wie immer an der Nase herum geführt werden. Ein paar Beispiele:

  • Im Mittelpunkt der neuen Strategie stehe die Ausbildung einheimischer Sicherheitskräfte, heißt es. – Ich muss gestehen, dass ich dachte, die bisherige Strategie enthalte dieses Element schon.
  • Westerwelle wiederholt einmal mehr die Parole, am Hindukusch werde auch die deutsche Sicherheit geschützt.
  • Das Aussteigerprogramm soll in den nächsten fünf Jahren ungefähr 50 Millionen Euro umfassen. Und es soll über die afghanische Regierung abgewickelt werden. – Dann können wir uns schon so richtig ausmalen, wo das Geld landet.
  • Die Bundeswehr werde bei diesem Konzept nicht genauso wie die US Armee vorgehen, verkündete zu Guttenberg. Wie soll das denn gehen? Führen wir jetzt unseren eigenen Krieg?
  • Angela Merkel verkündete laut Spiegel online in einer von fünf Pressekonferenzen zum Thema, Deutschland sei für die Afghanistan-Konferenz am Donnerstag in London gut „aufgestellt“. Die „deutsche Handschrift“ werde in der internationalen Gemeinschaft sichtbar werden. – Hier wird wieder die Absicht sichtbar. Die Profilierung, nicht der Friede in Afghanistan steht im Mittelpunkt.
  • Auch die britische Regierung hat offenbar Profilierungsbedarf und verkündet deshalb ihre Vorstellung von der richtigen Strategie lauthals und öffentlich. Ich zitiere aus der Anlage: es gehe aber nicht „um eine Abfindung der Taliban“ – sondern darum, die Aufständischen „mit einer richtigen Kombination aus militärischem Druck und politischen Anreizen zu spalten“.

Man muss nach solchen öffentlichen und damit nahezu albernen Einlassungen feststellen, dass sich die Regierenden heute wie zu Beginn des Afghanistan-Krieges im Jahre 2001 nicht zu aller erst um eine sachliche Lösung bemühen, sondern immer auch an vorderer Front um die eigene Profilierung. Damals hat sich vor allem auch die deutsche Regierung besonders hervorgetan. Sie hat damals auf Karzai gesetzt und auf einer Konferenz auf dem Petersberg bei Bonn ihre damalige Strategie mit großem Tamtam begleitet.

So ist kein Staat zu machen. Frieden auch nicht.

Anhang
Spiegel online Meldung vom 26.1.2010:

Vor Londoner Gipfel
Regierung beschwört neue Afghanistan-Strategie

850 zusätzliche Soldaten, mehr Geld für die Polizeiausbildung – und für ein Taliban-Aussteigerprogramm: Die Bundesregierung hat ihre Marschroute für die Londoner Afghanistan-Konferenz festgelegt. Die Minister Westerwelle und Guttenberg erhoffen sich von dem Gipfel die Wende am Hindukusch.

Berlin – Die Hauptstadtkorrespondenten haben an diesem Dienstag viel zu tun. In ungewöhnlicher Weise präsentierten die Teilnehmer der Afghanistan-Beratung im Kanzleramt die Ergebnisse ihrer Beratungen. Eine neue Strategie – fünf Pressekonferenzen. Den Anfang machte am Morgen die Kanzlerin: Sie erklärte recht ausführlich das Konzept, das sie am Vorabend mit dem Außen-, dem Verteidigungs-, dem Innen- und dem Entwicklungshilfeminister beschlossen hatte.

Laut Merkel bietet die Bundesregierung der internationalen Gemeinschaft eine Aufstockung des Bundeswehrkontingents für Afghanistan um insgesamt 850 Soldaten an: 500 Mann für die laufende Mission plus 350 Mann als Reserve. Im Mittelpunkt der neuen Strategie steht die Ausbildung einheimischer Sicherheitskräfte. Zudem sollen die finanzielle Aufbauhilfe und die Zahl von Polizeiausbildern deutlich vergrößert werden.

Am Mittag trat Außenminister Guido Westerwelle, der die Bundesregierung bei der London-Konferenz vertreten wird, vor die Presse. Er kündigte an, dass die deutschen Truppen in Afghanistan bereits ab 2011 verkleinert werden. Mit dem Prozess der Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die afghanische Regierung solle noch in diesem Jahr begonnen werden. In den kommenden vier Jahren solle die Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass die militärische Präsenz zurückgefahren werden könne. Ziel sei es, 2014 die komplette Übergabe der Verantwortung an die Afghanen zu schaffen.

“Taliban reintegrieren”

Westerwelle legte bei seinem Auftritt großen Wert auf das Aussteigerprogramm für Taliban. Das Programm soll von der afghanischen Regierung durchgeführt werden und reuigen Taliban eine Ausstiegschance bieten, konkret sollen ihnen Jobs, Ausbildung und finanzielle Hilfen angeboten werden.

Voraussetzung ist, dass die Taliban der Gewalt und dem Terror abschwören, alle Kontakte zu al-Qaida abbrechen und die afghanische Verfassung anerkennen. Westerwelle versicherte mehrfach, dass die Verwendung des Geldes genau überprüft werde und dass Taliban-Aussteiger erst nach geleisteter Arbeit finanzielle Unterstützung erhalten. Es gehe darum, Taliban in die Gesellschaft zu reintegrieren.

(…)

Die künftige Strategie setze auf zwei Aspekte. “Wir wollen Demokratisierung und Stabilisierung in Einklang bringen”, sagte Westerwelle.

Quelle: SPIEGEL Online


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