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Titel: Lesermails zu „Die Deutschen – und die Mehrheit der Europäer – sollten sich daran gewöhnen, dass die USA nicht unser Freund sind. Sie sind das Imperium und behandeln uns wie eine Kolonie“
Datum: 5. Juni 2018 um 9:30 Uhr
Rubrik: Außen- und Sicherheitspolitik, Leserbriefe, Wirtschaftspolitik und Konjunktur
Verantwortlich: Redaktion
Dazu kamen einige Leserbriefe, die wir Ihnen gerne zur Kenntnis geben. An den Leserbriefen wird auch sichtbar, dass das Verhältnis Europas oder Deutschlands zu den USA und die Rolle der USA in der Welt ein zentrales Thema für unsere Zukunft ist. Wer dieses Verhältnis neu gestalten will, wird auf massiven Widerstand stoßen. So viel ist wohl klar. Albrecht Müller.
1. Leserbrief
Lieber Herr Müller,
vielen Dank für Ihren Artikel (Die Deutschen – und die Mehrheit der Europäer – sollten sich daran gewöhnen, dass die USA nicht unser Freund sind. Sie sind das Imperium und behandeln uns wie eine Kolonie).
Vielleicht ist “Vasall” treffender als “Kolonie”. Jahrzehnte lang haben wir Deutschen als treue Vasallen im transatlantischen Kielwasser ganz gut gelebt. Zunehmend geraten wir aber in Konflikt mit den US-Interessen. Die neuen Zölle sind da eher eine Randnotiz. Die großen Themen sind die Kooperation mit China und mit Russland (North Stream 2, die one-belt-one-road Initiative, etc.), die das Potential haben, die US-Vormachtstellung zu brechen – eine Vormacht, die nach dem neoliberalen Niedergang des Westens nicht mehr vor allem mit wirtschaftlich-technologischer Überlegenheit sondern zunehmend mit militärischen Mitteln behauptet wird.
Warum können wir uns nicht aus dem US-Imperium lösen? Zuerst einmal, weil der öffentliche Diskurs praktisch zum Erliegen gekommen ist und unsere Leitmedien zu Propaganda-Organen verkommen sind. Allein alternative Medien wie insbesondere die Nachdenkseiten bieten unabhängige Informationen und Sichtweisen. (An dieser Stelle nochmal: Vielen Dank für die wichtige und unentbehrliche Arbeit!)
In einem Thesenpapier zu Russland für unseren Gesprächskreis habe ich vor einiger Zeit geschrieben:
Deutschland ist nicht interessiert an einer Konfrontation mit Russland. Dies ist trotz des koordinierten propandistischen Trommelfeuers unserer Leitmedien (noch?) die Auffassung der Bevölkerungsmehrheit. Und auch die Mehrheit der Industrie wünscht eine Normalisierung der Beziehungen zu Russland. Dagegen verfolgen praktisch alle deutschen Parteien und auch unsere Leitmedien eine konfrontative Politik gegenüber Russland, wie sie von den USA vorgegeben wird. Dieser merkwürdige Gegensatz lässt sich vielleicht erklären durch eine transtlantische Unterwanderung (Seilschaften in der Atlantkbrücke u.ä.). Vielleicht aber ist es auch das ängstliche Verlangen, nach zwei Weltkriegen im nächsten nicht wieder auf der Verliererseite zu stehen.
Und das glaube ich, ist das Hauptproblem: Angst! Was passiert, wenn die USA sich gegen Deutschland stellt?
Dem kann man meiner Meinung nur begegnen, wenn man die großen Chancen einer friedlichen und gedeihlichen Kooperation mit Russland, China und anderen heraus arbeitet. Und dann auch gerne wieder mit den USA. Angst ist ein schlechter Ratgeber und Empörung baut keine neue Welt. Wir brauchen positive Visionen! Keine Wolkenkuckucksheime wie offene Grenzen und bedingungsloses Grundeinkommen, sondern konkrete und nachvollziehbare Politik.
Viele Grüße aus Bremen
JD
2. Leserbrief
Sehr geehrter Herr Müller,
wie wir wohl alle wissen haben solche Arten von Freundschaften sehr wenig oder auch nichts mit dem zu tun was wir im zwischenmenschlichen, privatem Bereich unter Freundschaft verstehen. Ich erinnere an die “innige Freundschaft” die wir Ostdeutschen mit der damaligen Sowjetunion hatten. Das emotional besetzte Wort “Freundschaft” wird hier überwiegend mißbraucht, weil politisch motiviert. Es wird eindeutig dazu benutzt die politischen und wirtschaftlichen Interessen des stärkeren “Partners” durchzusetzen. Das war damals die Sowjetunion im Osten und ist die USA bis heute für ganz Deutschland geblieben.
Ich stimme Ihrem Beitrag voll zu, würde aber eher sagen, dass die USA aus genannten Gründen noch nie der väterliche Freund der Deutschen war, da diese sog. “Freundschaft” immer geopolitisch motiviert war.
Mit freundlichen Grüßen, Dieter Sondergeld, Kühnbachstrasse 06 in 98587 Oberschönau
3. Leserbrief
Sehr geehrte Redaktion,
sehr geehrter Herr Müller,
Ihr im Betreff genannter Beitrag macht sehr nachdenklich. Speziell mich als Deutschen, der in der DDR groß geworden ist. Denn eng damit verbunden ist ein völlig anderes Verhältnis zu den beiden Antipoden, ein Verhältnis, das nahezu umgekehrt als das von Ihnen geschilderte ist. Und zu welchem sich zunehmend zeigt, daß ein großes Unheil über uns hereinzubrechen droht. Wie meine ich das? Als die DDR zusammenbrach, Auslöser war seinerzeit die von uns überhaupt nicht verstandene Gorbatschowsche Politik der Perestroika, war die absolute Mehrheit der DDR-Bürger der Meinung, es sei gut so, da es ohnehin nicht mehr so weitergehen könne und der Kapitalismus eben doch nicht so schlecht sei, wie uns seinerzeit gelehrt worden war. Das Eine traf zu, da der von Honecker und seinen Vasallen herunter gewirtschaftete Sozialismus tatsächlich keine Zukunftsreserven mehr hatte, das Andere aber nicht. Es hat sich nämlich bis zum heutigen Tage herausgestellt, daß der Kapitalismus viel schlimmer ist als bisher angenommen. Und zur Grundkonstellation muß darauf verwiesen werden, daß für uns damals die Russen die “Freunde” waren, und das ganz aufrichtig. Uns war klar, welche Schuld unser Land sich dem damals sowjetischen Staat, den Juden und den anderen Nachbarvölkern gegenüber aufgeladen hatte. Zu den Amerikanern hatten wir kein Verhältnis, die hatten nichts für uns getan und im Verein mit der damaligen Bundesrepublik wurde uns geschadet, wo es nur ging. Das alles war aber 1989 kein Thema mehr, wir waren wie wohl seinerzeit auch Gorbatschow der Überzeugung, mit dem Ende der Blöcke, dem Ende des Kalten Krieges hört das wechselseitige Bekämpfen in der Welt endlich auf. Aber weit gefehlt, es ging damit erst richtig los. Denn der kommunistische Block hatte eine Funktion, die von allen nicht mit dem Kapital verbundenen Kräften mißachtet woden war. Er war das Gegengewicht, welches das Kapital im Zaum gehalten hatte. Plötzlich fehlte dieses Gegengewicht mit all den Folgen, die wir heute beklagen. Und wir müssen sehr weit zurück gehen in die Geschichte, um zu erkennen, was wirklich not tut. In die Zeit um die Reichsgründung mit derem Initiator und letzten großen deutschen Politiker, Fürst Otto von Bismarck. Ja, das meine ich wirklich, ohne andere Politiker, die vielleicht in der einen oder anderen Situation eben auch richtig gehandelt haben mißachten zu wollen. Keiner hat später so visionär wie Bismarck mit tatsächlich eiserner Konsequenz darauf geachtet, die Interessen Deutschland zu sichern. Die Folgen seines Handelns so genau und vorausschauend abgewogen und seine Grundsätze dann auch eisern durchgehalten. Wie eben den, daß man nicht gegen Rußland zu Felde ziehen dürfe. Und daß man immer auch die Interessen der anderen Seite zu berücksichtigen habe, nach dem Grundsatz “Leben und leben lassen”. Und die Geschichte hat gezeigt, daß der Verstoß gegen diese Grundsätze dem Land immer nur geschadet hat. Nach der Entlassung Bismarcks durch Wilhelm II. ist es stetig abwärts gegangen und Deutschland immer kleiner geworden, alle späteren Politiker hatten nur Partikularinteressen im Auge, nie das große und ganze Deutschland. Und so stehen wir jetzt unter Merkel da und stellen fest, daß unser Land immer mehr zu einer Bananenrepublik verkommt, wo nicht mal mehr die Züge pünktlich fahren, wo die großen Kapitalien gefragt werden, ob sie denn gewillt sind, auch mal Steuern zu bezahlen und wo schon wieder das Wort von einer Ostfront gebraucht wird. Nein, das haben wir nicht gewollt, wir haben vor allem nicht gewollt, daß gegen unsere “Freunde” gehetzt und gerüstet wird. Denn wir haben diese Menschen als aufrichtigt und friedliebend kennen gelernt. Auch als trinkfest und feierlustig und haben mit ihnen gefeiert und getrunken! Und wir wollten das nicht einer neuerlichen Kriegspropaganda opfern. Sondern wir wollten in Frieden und Wohlstand miteinander leben und hatten angenommen, unsere Landsleute westlich der Elbe denken genauso. Nun aber müssen wir feststellen, daß deren Denken auch und besonders durch den Einfluß der US-Amerikaner so entpolitisiert worden ist, daß die Mehrheit von ihnen fundamentale Zusammenhänge nicht wahrhaben will. Wir sind entsetzt darüber und wir wissen heute, daß wir versagt haben. Deshalb Ihnen meine größte Hochachtung, da ich bei Ihnen erkennen kann, daß Sie ebenfalls die heutige Konfrontationspolitik ablehnen und alle Kraft dafür einsetzen, Vernunft in die zwischenstaatlichen Beziehungen zurück zu bringen.
Ich wünsche dazu weiter viel Kraft.
Jürgen Keller
4. Leserbrief
Lieber Herr Müller,
ich stimme Ihrem Artikel “Imperium” zum größten Teil zu.
Aber die Sache mit den Zöllen gleich am Anfang müsste man hierzulande vielleicht ehrlicher betrachten. Es ist zwar extrem selten, aber man kann doch manchmal einen Artikel wie den folgenden finden:
“Gabriel Felbermayr
Zölle im transatlantischen Handel: Worauf, wie viel und wie gerecht?
Zölle gehörten schon vor den Trump’schen Maßnahmen gegen Stahl und Aluminium zum Alltag im transatlantischen Handel. So sind auf amerikanische Pkw 10%, auf Motorräder 6%, auf Äpfel 17% und auf Weintrauben 20% fällig. Die Zölle der USA sind im Durchschnitt niedriger. Es gibt aber auch hier Zollspitzen, die den EU-Exporteuren wehtun: Bei wichtigen Milchprodukten sind durchschnittlich 20% fällig, bei Kleinlastwagen 25%, bei Handtaschen 8%, bei Babynahrung 23% und bei Schokolade 9%. Insgesamt waren Exporte der USA in die EU im Jahr 2015 mit 5,7 Mrd. US-Dollar an Zollzahlungen belastet, während Exporte der EU in die USA zu Zollzahlungen von ca. 7,1 Mrd. US-Dollar geführt haben. Trotz höherer Durchschnittszölle sind die Zollzahlungen der Europäer insgesamt geringer, weil die Importe der EU aus den USA um 150 Mrd. US-Dollar unter den Importen der USA aus der EU liegen.”
Das erschien hier.
Auch in einem anderen Text, den ich jetzt aber nicht mehr finde, wurde darauf verwiesen, dass die EU da mit ziemlicher Selbstgerechtigkeit gegenüber den USA argumentiert. Mir scheint, dass man hier (wie auch bei den vielgelobten Handelsüberschüssen) den Balken im eigenen Auge übersieht.
Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Meyer
5. Leserbrief
Sehr geschätzter Albrecht Müller,
bitte verzeihen Sie, dass ich die Überschrift ihres heutigen Artikels “Die Deutschen – und die Mehrheit der Europäer …..” in vielleicht unzulässiger Weise nicht bloss stark verkürzt, sondern hoffentlich auch inhaltlich allzu sehr missverstanden zu haben in dem Bestreben, das Verhältnis zwischen Europa und den USA kurz und knapp “auf den Punkt zu bringen”, obwohl nicht nur einige europäischen Länder, sondern auch Millionen Europäer, darunter auch viele Deutsche, meiner Interpretation und Verkürzung höchstwahrscheinlich widersprechen würden.
Tatsächlich sind die USA von heute zumindest aussenpolitisch selbst Vasall, nämlich ihrer eigenen Billionäre, ihrer auf Kriegswirtschaft sowie dem zionistischen Israel, was sich inzwischen am einfachsten an der inzwischen´weitgehend realisierten sogenannten “Wolfowitz-Doktrin” und dem aktuellen Kriegskurs gegen den Iran sowie der Botschaftsverlegung nach Jerusalem erkennen lässt.
Hinzu kommt, worauf Sie in Ihrem Artikel mehrfach hinwiesen, die Dominanz amerikanischer Geldsammelstellen wie Black Rock et al bei grossen ausländischen Wirtschaftsunternehmen, deren Management es sich gar nicht erlauben kann, Auflagen der US-Regierung zu ignorieren, selbst wenn diese dem Unternehmen und damit auch der Mehrheit ihrer anderen Aktionäre schaden.
Für die Bundesrepublik Deutschland kommt hinzu, dass die ehemalige Besatzungsmacht USA Sonderrechte behalten haben, die unser Land auch dann zum “Kriegsteilnehmer” machen, wenn es daran gar nicht teilnimmt. Auf die von der BRD ausgehenden, völkerrechtswidrigen US-Drohneneinsätze haben Sie hingewiesen; die GG-widrige Ausforschung aller elektronischen Kommunikation durch US-Dienste möchte ich hinzufügen.
Sie weisen am Schluss Ihres ausgezeichneten Artikels auf die ausserordentliche Schwierigkeit Deutschlands hin, sich aus dem US-Imperium zu lösen, und fordern renommierte Deutsche Stiftungen auf, Expertengruppen zu finanzieren, die Konzepte für Deutschland erarbeiten, um sich aus der imperialen Bevormundung lösen und eine selbständige Aussenpolitik betreiben zu können.
Selbstverständlich würde auch ich mich sehr freuen, wenn es dazu käme und den “Denkern” möglichst bald Erfolg beschieden wäre, den auch die Deutsche Politik nicht einfach ignorieren könnte!
Bis es soweit ist, sollte die Bundesregierung sich dem Konfrontationskurs der USA, der NATO und leider auch der EU, wie die jüngste Erklärung zu Venezuelas Wahlergebnis zeigt, wo und wann immer möglich enthalten. Wenigstens DAS ist schon heute möglich, aber der Wille dazu scheint bei der gegenwärtigen Bundesregierung und besonders deren neuem Aussenminister leider noch schwächer ausgeprägt zu sein als bei ihren Vorgängern!
Zu letzterem Kritikpunkt erlaube ich mir, auf den ausgezeichneten Artikel über die letzte Wahl in Venezuela “Venezuela Defends US in Election, Now Must Build Independent Economy” von Kevin Zeese aufmerksam zu machen, den ich inzwischen auch dem neuen Deutschen Aussenminister “ans Herz gelegt habe”.
Mit freundlichen Grüssen und besten Wünschen für Ihre Gesundheit und Ihre Schaffenskraft
Ihr Rolf Schmid
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