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Titel: Das Erste und insbesondere Tagesschau, Tagesthemen und sogar Monitor verkommen zusehends zu Propagandamedien

Datum: 9. Mai 2018 um 10:45 Uhr
Rubrik: Außen- und Sicherheitspolitik, Audio-Podcast, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Leserbriefe, Medienkritik
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Am 7. Mai war das mal wieder beispielhaft zu studieren. Kurz vor Mittag ein Kommentar aus dem ARD-Studio Paris: „Macrons Präsidentschaft. Für Frankreich ein Glücksfall“. Keine differenzierte Betrachtung des Widerstands gegen Macrons Politik. Keine kritische Betrachtung seiner bisherigen „Leistungen“. Dann kamen am Abend die Tagesthemen zur Amtseinführung Putins. Nicht die Bohne eines Versuchs, einen solchen Akt einmal sachlich darzustellen, oder auch nur mal so, wie man ähnliche Vorgänge im Vatikan oder im Königreich Großbritannien oder in Frankreich begleitet. Der Moderator Zamperoni hatte die üblichen Angriffe und Spitzen drauf – auch im Interview mit Verheugen, der zusammen mit einigen anderen prominenten Personen in der FAZ für ein besseres Verhältnis mit Russland eingetreten war. Und darauf wurde der Kommentar des als fortschrittlich geltenden Georg Restle von Monitor gesetzt. Albrecht Müller.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Das lief offenbar nach der bewährten Manipulationsmethode, dass man eine Botschaft, im konkreten Fall „Russland und Putin sind undemokratisch, freiheitsfeindlich, schlicht böse, sie haben mit dem Streit angefangen und ihnen ist nicht zu trauen“ am besten dann glaubhaft machen kann, wenn die Botschaft aus verschiedenen Ecken ausgesandt wird. Im konkreten Fall vom Tagesthemenmoderator und dann erstaunlicherweise auch noch vom Moderator des als kritisch geltenden Monitor.

Die NachDenkSeiten haben sich zu seiner Rolle 2016 schon kritisch geäußert. Siehe hier Der doppelte Biss der NachDenkSeiten – erläutert an der Analyse einer „Friedensrede“ des Monitor-Chefs Restle und hier Sind der Westen und Russland in gleicher Weise schuld an der neuen Konfrontation und an einem möglichen Krieg in Europa? Ein Nachtrag zu Restle von Monitor. Offensichtlich haben wir leider nichts zurückzunehmen. Jetzt erhielten wir zu diesem Kommentar von Georg Restle einen Leserbrief an die NachDenkSeiten und zwei kritische Briefe/Mails, die auch an ihn direkt gegangen sind, die wir wegen des interessanten Inhaltes hier bei uns wiedergeben. Siehe unten als Anhang.

Für systematische Beobachter der Manipulationsvorgänge zum Thema Russland will ich noch eine eigene Beobachtung ergänzen. Die PR-Planer des Westens haben sich offenbar die Botschaft ausgedacht: Der Putin und mit ihm Russland mag ja in der Weltpolitik wieder eine Rolle spielen, im Inneren, vor allem wirtschaftlich, sieht es düster aus. – Das ist die Botschaft, die auch anderweitig oft verbreitet wird. Wir wollen uns deshalb mal um Fakten kümmern. Wenn unter NachDenkSeiten-Lesern besonders kenntnisreiche Experten zum Thema sind, dann bitte melden.

Es folgen die erwähnten drei Leserbriefe, sozusagen als inhaltliche Ergänzung und Kommentierung der Vorgänge bei den Tagesthemen.

Anhang:

Drei Leserbriefe zum Kommentar von Georg Restle (Monitor) in den Tagesthemen vom 7.5.2018:

  1. Sehr geehrtes Nachdenkseitenteam,

    passend zum gestrigen Artikel von Tobias Riegel Das öffentliche Scheitern einer versuchten Gehirnwäsche: Neue Umfragen belegen Medienkompetenz und Pazifismus der Bürger  haben die Tagesthemen mit Herrn Zamperoni gestern Abend gleich erneut die Bestätigung geliefert: nach dem „Bericht“ zu Putins Vereidigung folgte ein Interview mit Günter Verheugen, der für die Verständigung mit Russland eintrat und sichtlich bemüht war, dem Russland-Bashing der öffentlich-rechtlichen die Stirn zu bieten. Das war erfreulich. Doch die Freude währte nicht lange. Gleich danach kam vom MONITOR-Chef Georg Restle in einem Kommentar die volle Breitseite mit der bekannten Bashing-Argumentationskette: Erlegung von Bären mit nacktem Oberkörper und die Opposition gleich mit, Annexion der Krim, Entfesselung eines Krieges in der Ostukraine, keine freie Presse, keine Meinungsfreiheit,… Restle paßte es offenbar nicht daß 55% der Deutschen gegen Sanktionen sind, daß 90% russische Interessen in der Außenpolitik berücksichtigt sehen wollen. Putin habe in Deutschland gute Chancen auf Wahlerfolge. „Die Mehrheit der Deutschen scheint ihnen zu vertrauen und träumt von einem neuen Frühling in den deutsch-russischen Beziehungen.“ – im Gegensatz zu Restle.

    Viele Grüße D.Holzinger

  2.  

  3. Sehr geehrter Herr Restle,

    ich habe Sie bisher immer geschätzt als einen der wenigen kritischen Journalisten, die auch einmal tiefer bohren und sich redlich bemühen, weder einseitig noch oberflächlich zu berichten.

    Umso entsetzter war ich gestern, als ich Ihren Kommentar zu Amtseinführung des russischen Präsidenten in den Tagesthemen sah. Die alten und immer gleichen Stichworte fielen wieder und ich konnte mich des Eindruckes nicht erwehren, dass Sie hier eher den Vorgaben des Außenministeriums folgten als eine kritische und anspruchsvolle Replik auf das betreffende Ereignis zu präsentieren. In der DDR gab es dafür einen Begriff: linientreu.

    Ich möchte gar nicht im Detail auf die Einseitigkeit Ihres Kommentars eingehen, denn die Fakten sind schon oft diskutiert worden, etwa die Frage, ob es sich im eine Annexion der Krim handelt oder nicht und auch sollte es zum guten journalistischen Handwerk gehören, nicht jede Sprachregelung, die die Regierung ausgibt, kritiklos zu übernehmen. Es sei hier nur kurz darauf hingewiesen, dass den Krieg im Donbass die Kiewer Umsturzregierung unter dem Übergangspräsidenten Turtschinov begonnen hat – als sogenannte ATO (Anti-Terror-Operation) verbrämt.

    Es geht auch nicht darum, ein Hohelied auf den russischen Präsidenten zu singen, berechtigte Kritik an ihm, seiner Amtsführung und der russischen Innen- und Außenpoltik generell auszusparen, denn auch das wäre ja einseitig und oberflächlich.

    Nein, es geht darum – auch in einem Kommentar – die journalistische Redlichkeit nicht zu verlassen, dass man aus Vermutungen, Unterstellungen und einseitig vorgebrachten Behauptungen keine  Tatsachen macht. Wiewohl man in einem Kommentar in der Kürze komplexe Sachverhalte nur anreißen oder grob skizzieren kann, so erlaubt aber eine saubere journalistische Arbeit eben trotzdem nicht diese Vereinfachungen bzw. Einseitigkeiten. Zumal Sie die ganze Liste der “Verfehlungen” Putins letztlich dazu hernehmen, um daraus wiederum negative Erwartungen und Mißtrauen abzuleiten (da freuen wir uns schon auf weitere Jahre einseitiger Berichterstattung über den erkorenen Bösewicht). Kurzum, Sie transportieren – wie die übergroße Mehrheit der Journalisten hierzulande – eben auch nur die einseitige offizielle Lesart, die einerseits eben den komplexen Tatsachen und Hintergründen nicht standhält und anderseits das von interessierter Seite gestreute (weit überzeichnete) negative Bild Russlands weiter befördert. Das wiederum würzen Sie mit einer ergiebigen Prise Überheblichkeit – oder was ist das anderes, wenn man aus einem Land kommt, dass nachweislich seine WM gekauft hat und nun süffisant suggeriert, Putin (sic!) hätte das ebenso getan? Der Grundtenor ist ja offensichtlich, dass man dem russischen Präsidenten alles zutrauen kann, oder?

    Vollends unter die Gürtellinie geht es dann, wenn Sie das offenbar medienkritische Publikum und gar diejenigen, die für eine neue – dringend notwendige – Entspannungspolitik eintreten, als Träumer oder leichtgläubig, rückwärtsgewandt und allzu vertrauensselig abtun (leider fehlt im Script auf der Tagesschau-Homepage Ihr Schlüsselsatz gerichtet an Putin: “Mich haben Sie nicht überzeugt”). Da zieht gerade ein neuer Kalter Krieg herauf mit dem alten Blockdenken und einer gefährlichen Lagermentalität und da machen Sie sich mit so einem Kommentar geradezu zum Anwalt dieser neuen, ganz unnötigen Konfrontation. Da beweisen wohl die Träumer etwas mehr Weitsicht.

    Ich kann nur vermuten, was Sie zu diesem Kommentar bewogen hat, aber eines sollten Sie sich doch vergegenwärtigen: damit legen Sie Hand an Ihre Reputation als kritischer Journalist und gerade mit Bezug auf die Bemerkung zur Entspannungspolitik setzen Sie so wichtige Reportagen, wie z.B. die am 19.04.2018 gesendete mit dem Titel “Flächenbrand im Mittleren Osten: heute Syrien, morgen Iran?” in ein anderes Licht.

    Um es mit Ihren Worten zu sagen: Mich haben Sie nicht überzeugt. Aus dem recht überschaubaren Kreise wirklich kritischer Journalisten hat sich für mich nun auch Georg Restle verabschiedet.

    Mit bedauerden Grüßen

    Patrick Sieber
    Frankfurt am Main

  4. Betreff: Kommentar von G. Restle am 7.5.2018

    Sehr geehrter Herr Restle,

    beim Anhören Ihres Kommentars schwankte ich zwischen ungläubigem Staunen, Verärgerung und Zweifel an … Nein, das verkneife ich mir.

    In bewährter Manier, wenn auch wenig originell, haben Sie gegen Putin und vor allem gegen diejenigen polemisiert, die für den Abbau des neuen Kalten Krieges zwischen NATO und nun Russland eintreten.

    Ja, Putin ist länger als Merkel an der Macht und kann – ob wir das für einen Staatsmann passend finden oder nicht – mit seiner körperlichen Fitness bei seinen Landsleuten punkten. Andere Staatsoberhäupter sind mit unappetitlicheren Auftritten bzw. Affären aufgefallen. – Laut “Reporter ohne Grenzen” liegt Russland bei der Pressefreiheit auf einem miserablen 148. Platz von 180 Staaten. Aber wie sieht es bei einigen unserer Freunde (und vor allem guten [Waffen]Kunden) aus? Saudi-Arabien Platz 169, NATO-Partner Türkei Platz 157, China 176? Wann haben Sie das deren Regierenden zuletzt verbal um die Ohren gehauen? Unsere (Sicherheits)Partner Saudi-Arabien und Türkei sind derzeit in einem Ausmaß aggressiv auf benachbarten Territorien aktiv, gegen das die völlig unblutige Krim-Annexion verblassen müsste. Wo bleibt die Forderung nach Sanktionen? Aber Sie – der Medien-Mainstream und die Bellizisten von den Grünen bis zur CSU – messen halt mit zweierlei Maß.

    Dieses Ignorieren bzw. rasche Vergessen “unserer” Schurkereien (nicht zuletzt die völkerrechtswidrige Aggression der “Koalition der Willigen” gegen den Irak) bemerken immer mehr Menschen, und das spiegelt sich in den von Ihnen beklagten Umfrageergebnissen. Ja, mehr als die Hälfte der Befragten erkennt oder ahnt, dass die Wirtschaftssanktionen gegen Russland auch unserer Wirtschaft schaden. Vielleicht fragen manche sich (rhetorisch) auch, warum die Aggressoren im letzten Irak-Krieg nie sanktioniert wurden.

    90% plädieren “für eine stärkere Berücksichtigung russischer Interessen in der Außenpolitik” und – mein Gott, wie schrecklich – “die halbe SPD sehnt sich zurück nach der Entspannungspolitik der 70er Jahre”: Wollen Sie, Herr Restle, wirklich die Spannungen zwischen NATO-Staaten und Russland verschärfen und dabei riskieren, dass Europa unbewohnbar wird? Wollen Sie mit einer Aufnahme von Ukraine und Georgien in die NATO Russland militärisch noch dichter auf den Pelz rücken? Und Russland soll glauben, dass es der militärisch zigfach überlegenen NATO lediglich um ihre eigene Sicherheit gehe? Nach den gebrochenen Versprechen und den nie vom Westen aufgegriffenen Angeboten Russlands (des bösen Putin!), ein gesamteuropäisches Sicherheitssystem aufzubauen, glaubt das in Russland zu Recht niemand.

    Übrigens: Ohne die – wenn ich Sie richtig verstehe – überholte Entspannungspolitik hätte es wohl keine friedliche Wiedervereinigung gegeben. Viele Menschen in Deutschland, auch ich, haben den friedlichen und für die UdSSR mit enormen Belastungen verbundenen Abzug der Roten Armee aus Deutschland nicht vergessen, auch nicht die Diskussion darüber, ob ein vereinigtes Deutschland ganz oder nur teilweise oder gar nicht Mitglied der NATO sein bzw. bleiben dürfe. Auch wenn Gorbatschov leichtsinnigerweise damals auf eine schriftliche Zusage verzichtet hat: Es wurde von hohen deutschen und amerikanischen Regierungsvertretern versichert, dass eine Ausweitung der NATO nach Osten ausgeschlossen sei. – Wer geografische Grundkenntnisse besitzt und zur Kenntnis nimmt, dass einem Militärhaushalt von rund 70 Mrd in Russland etwa 1 Billion bei der NATO gegenberstehen, kann doch nicht ernsthaft von einer Bedrohung durch Russland reden oder schreiben. Laut haben die USA 2017 610 Mrd. Dollar ausgegeben, Russland 66,3 Mrd, Frankreich 57,8 Mrd., Deutschland 44,3 Mrd. Also allein Frankreich + Deutschland gaben mehr für Rüstung aus als das angeblich aggressive Russland.

    Die Annexion der Krim beweise das Gegenteil? Jein, denn damit hat Russland die Umwandlung Sevastopols in einen US- und/oder NATO-Flottenstützpunkt verhindert. Und Gasvorkommen im Schwarzen Meer spielten wohl auch eine Rolle, für deren Ausbeutung ExxonMobile statt eines russischen Bieters den Zuschlag bekommen hatte. Bei wikipedia man nachlesen:

    “Vor der Küste der Krim liegen große, noch nicht erschlossene Öl- und Gasvorkommen.[63] Zur Erschließung des Gasfelds Skifska hatte die ukrainische Regierung Ende 2013 ein Abkommen mit einem internationalen Konsortium, angeführt von ExxonMobil, geplant, dessen Unterzeichnung jedoch verschoben wurde.[64] Deren russischer Konkurrent Lukoil war 2012 in einem Bieterverfahren unterlegen.[65] Ab 2017 sollten jährlich bis zu zehn Milliarden Kubikmeter Gas gefördert werden; die Ausbeutung aller Offshore-Vorräte hätte etwa ein Fünftel der ukrainischen Gasimporte ersetzen können.[66] Die gesamten Vorräte werden vom ukrainischen Ministerium für Ökologie und natürliche Rohstoffe auf insgesamt bis zu acht Billionen Kubikmeter geschätzt.[67]”

    Ja, Russland hat auf der Krim, vor seiner Haustüre in einer für die eigene Sicherheit und ökonomisch wichtigen Region, machtpolitisch zu seinen Gunsten Fakten geschaffen, mit Zustimmung der Bevölkerung. Das ist zu kritisieren, aber verurteilen darf das nur, wer nicht ähnlich oder schlimmer vorgegangen ist. Ich empfehle die Lektürevon Daniele Gansers Buch “Illegale Kriege: Wie die NATO-Länder die UNO sabotieren. Eine Chronik von Kuba bis Syrien”.

    Sie, Herr Restle, und viele Ihrer Kolleg_innen versuchen uns in Nachrichten, Kommentaren und Talkshows einzureden, wir würden von Russland bedroht. Zum Glück erkennen viele, dass hier Sympathisanten der Kriegstreiber “Stoppt den Aggressor!” schreien. Von den 55 bzw. 90% kritiseren sicherlich sehr viele fehlende Pressefreiheit, Repressionen gegen Andersdenkende, fehlende oder zumindest mangelhafte Rechtsstaatlichkeit, Korruption in Russland. Aber eine Demokratisierung Russlands fördern wir nicht mit Sanktionen und einem neuen Wettrüsten.

    Oder wünschen Sie sich vielleicht auch für Russland einen Regime-Change, befördert von einigen Dollar-Milliarden wie den in der Ukraine? Dort herrschen auch im vierten Jahr nach dem Putsch gegen Janukovitsch Korruption und Chaos, die nicht mit dem Bürgerkrieg im Osten erklärt werden können. Russland ist ein Vielvölkerstaat. Dessen Destabilisierung könnte blutige Folgen haben, vielleicht schlimmere als die Pogrome gegen Russen und andere Minderheiten nach dem Zerfall der UdSSR in manchen der neu enstandenen Staaten. Wollen Sie das den Menschen “im Namen von Freiheit und Demokratie” zumuten?

    Mit freundlichen Grüßen
    Volker Jansen


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