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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 25. April 2018 um 8:06 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WM/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Bundeswehr: Keine Sicherheit zum Nulltarif
  2. Veranstaltungsbericht: Von Labour lernen!
  3. Die gefährliche Nähe der EZB zur Finanzindustrie
  4. TTIP: Verdammt, die Zombies kommen?
  5. GroKo-Rentenpläne nur mit drastischen Steuererhöhungen finanzierbar
  6. Auf die Deutschen wartet eine Ära der steigenden Löhne
  7. Die Heimat leidet
  8. Kein Abzug von US-Atomwaffen
  9. Völkerrechtswidrige US-Drohnenangriffe Von deutschem Boden aus
  10. Die Ära der Repressalien
  11. Atypische und prekäre Arbeitsbedingungen auf der EU-Agenda: Aussicht auf sozialen Fortschritt?
  12. Ein unerhörter Vorfall erzählt viel über Israel

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Bundeswehr: Keine Sicherheit zum Nulltarif
    Das Verteidigungsministerium plant Rüstungsaufträge in Milliardenhöhe. Bisher ist noch nichts in trockenen Tüchern, aber das Spardiktat ist überholt, meint Birgit Schmeitzner in ihrem Kommentar.
    Es gab lange Jahre, in denen für die Bundeswehr vor allem eines galt: Ein Spardiktat. Da wurde weniger investiert und Personal abgebaut, da wurden ganze Waffengattungen abgeschafft, Ersatzteillager aufgelöst. So lange, bis es nicht mehr weiter ging. Abrüstung, die politisch gut zu verkaufen war, weil viele Deutsche der Meinung sind: “Von unserem Land darf nie wieder Krieg ausgehen!”
    Dieses Selbstverständnis ist absolut nachvollziehbar. Schließlich haben die Nationalsozialisten Europa mit Krieg überzogen, Millionen Menschen umgebracht. “Nie wieder” – das ist eine Verantwortung, die man in Deutschland mit der Muttermilch aufsaugt. Doch diese Haltung blendet aus, dass die Welt da draußen gefährlicher wird. Und es gar nicht um Angriff geht sondern um Abschreckung, um Verteidigung, darum, nicht als schwach angesehen zu werden.
    Europa in der Pflicht
    Die Sicherheitslage weltweit hat sich verändert. Die USA, einst der große Bruder auf der anderen Seite des Atlantiks, sind kein zuverlässiger Schutz mehr. Präsident Trump – irrlichternd, unberechenbar. Im Osten der russische Präsident Putin, der mit den europäischen Werten wenig anfangen kann und einen neuen Stil der Außen- und Sicherheitspolitik durchsetzen will. Das Recht des Stärkeren. China ein möglicherweise lachender Dritter. Und mitten drin ein Europa, das in der Transformation steckt, voller Unruhe und Instabilität, weil nicht mehr alle EU-Staaten an einem Strang ziehen und sich wieder Nationalismus breit macht. Europa muss wieder mehr selbst tun für seine Verteidigung.
    Deutschland kann sich der Verantwortung nicht entziehen
    Und das bedeutet auch: Deutschland muss mehr tun. Deutschland ist ein Kernland der EU. Wirtschaftlich profitieren wir enorm, außenpolitisch haben wir den Anspruch, den Ton anzugeben, als Vermittler wahrgenommen zu werden. Nur bei der Sicherheitspolitik heißt es gern: “Ohne uns. Sollen es doch die anderen machen.” Das aber ist Vogel-Strauß-Politik, Deutschland kann sich der Verantwortung nicht entziehen. Mit einer Bundeswehr, die nicht einsatzfähig ist, machen wir uns lächerlich und werden zu einem Sicherheitsrisiko. Sparen war gestern, Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif.
    Quelle: WDR

    Anmerkung unserer Leserin D.S.:

    Liebes Nachdenkseiten-Team,

    heute Morgen um kurz vor neun hörte ich auf der Autofahrt im Radio bei WDR5 den Beitrag: “Bundeswehr: Keine Sicherheit zum Nulltarif”.

    In der Rubrik Meinung/Kommentar bittet Frau Birgit Schmeitzner zum Krieg.

    Ich spielte später am Tag meinem 19-Jährigen den Podcast vor.

    Sein Kommentar dazu: “Wow, krass! So klingt also echte deutsche Propaganda!”

    Wer Prof. Mausfeld gehört und gesehen hat, dem wird hier ein Paradebeispiel des Werkzeugkastens zur Beeinflussung der Lämmer geboten:

    Der Text ist so aufgebaut, dass ausgehend von einem Unterlassungs-Setting (Spardiktat, Verantwortung endlich übernhemen, Deutschland soll seine Führungsrolle in Europa einnehmen, etc.), das sich durch den ganzen Text hindurch fortsetzt, Argumente für eine Toleranz und die Einsicht in die Notwendigkeit steigender “Verteidigungs”-Ausgaben aufgebaut werden.

    Der ganze Text dient der Entkräftung kriegsablehender Aussagen.

    Der Text reiht sich im Grunde aus Antworten an unverbesserliche Friedensbefürworter zusammen:

    • Es wird neu geframt mit Begriffen, wie Verantwortung, Bedrohung, Versäumins.
    • Es wird ein Szenario aus drei großmächtigen Feinden konstruiert.
    • Durch ihre moralische Deutungshoheit lässt uns Frau Schmeitzner wissen, dass dieses ewige deutsche Schuldgefühl, das wir unreflektiert (mit der Muttermilch) übernommen haben, ein großes irrationales Hindernis für unsere “gesunde” Urteilsfähigkeit dastellt.
    • Dieses Kleinkindverhalten (Markerwort: Muttermilch) muss nun unter der großen Bedrohungslage weichen und wir sollten uns endlich erwachsener Verhalten, indem wir die Realität (der Bedrohung) anerkennen.
    • Erwachsen werden sollen wir auch, indem wir endlich Verantwortung übernehmen und das tun, was wir schon lange hätten tun sollen – unsere Führungsrolle in Europa einzunehmen! – (der Wunsch nach Frieden ist naiv und Kinderkram) meint Frau Schmeitzer.

    Und dann wird noch ein wenig moralisiert:

    • Wer den Ton angeben will, muss auch etwas tun! Da kann man nicht einfach sagen: “Sollen das doch die anderen machen. Frieden gibt es schließlich nicht zum Nulltarif.” – womit wir wieder beim Ausgangspunkt wären.

    Schmeitzler hat erfolgreich ihr Ausgangsstatement bewiesen!

    Dieser heute ausstrahlte Kommentar kann als ein Propaganda- und Kriegsaufruf-Lehrstück, zur Warnung, in die Schulbücher eingehen als Parodie auf eine paternalisiernde, moralisierende, konservative (Eltern-) Regierungshaltung mit Deutungshoheit.

    “Nie wieder” – das ist eine Verantwortung, die man in Deutschland mit der Muttermilch aufsaugt. Doch diese Haltung blendet aus, dass die Welt da draußen gefährlicher wird. Und es gar nicht um Angriff geht sondern um Abschreckung, um Verteidigung, darum, nicht als schwach angesehen zu werden.

    Europa muss wieder mehr selbst tun für seine Verteidigung.

    Deutschland kann sich der Verantwortung nicht entziehen

    Mit einer Bundeswehr, die nicht einsatzfähig ist, machen wir uns lächerlich und werden zu einem Sicherheitsrisiko. Sparen war gestern, Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif.

    Siehe dazu auch: Wie sich die “verwirrte Herde” auf Kurs halten lässt – Rainer Mausfelds Vortrag zu den Pleisweiler Gesprächen als Video

    Passend dazu noch ein Lied von Reinhard Mey

    dazu: Verschwendung von Geldern: Rechnungshof rügt Bundeswehr
    Der Bundesrechnungshof hat der Bundeswehr Fehler bei Projekten zulasten der Staatskasse vorgeworfen. Aber auch die Krankenkassen und das Verkehrsministerium kommen teilweise nicht gut weg. Das geht aus aktuellen Prüfergebnissen des Bundesrechnungshofs als Ergänzung zum Jahresbericht 2017 hervor.
    Quelle: Tagesschau

  2. Veranstaltungsbericht: Von Labour lernen!
    Ein überaus informativer und lebendiger Vortrag wurde am 19. April im Kieler Gewerkschaftshaus präsentiert. Steve Hudson, Aktivist bei der britischen Corbyn-Labour-Kampagne MOMENTUM und Vorsitzender des NoGroKo e.V. in Deutschland, berichtete über die unglaublich erfolgreiche Geschichte der Labour-Party in den vergangenen 2 ½ Jahren. Hier das Video von Steves Vortrag.Können soziale Bewegungen, können linke Parteien von den britischen Erfahrungen lernen?Die SPD fängt möglicherweise an: Bei der Wahl zur Parteivorsitzenden erhielt Simone Lange zwar nur 27,6% der Stimmen, die 66,4% von Andrea Nahles könnten aber eher Abgangssignale sein. Dass die SPD noch nicht reif ist für den Wechsel à la Labour, zeigte sich nicht nur im Abstimmungsergebnis. Beinahe symptomatisch mit tragikkomischen Zügen ist das Eintreten der Gallionsfigur der NoGroKo-Bewegung Kevin Kühnert für die Gallionsfigur des ProGroKo-Parteiestablishments Andrea Nahles.Warum ist das auch für die Seniorenaufstands-Bewegten wichtig? Weil mit Andrea Nahles in den letzten Jahren und mit dem Koalitionsvertrag auch in der Zukunft eine Verfechterin des Drei-Säulen-Modells bei der Altenversorgung steht. Das bedeutet, sie wird den Kurs der systematischen Altersverarmung und der Schwächung der gesetzlichen Rentenversicherung nicht nur als Fraktionsvorsitzende, sondern jetzt auch als Parteivorsitzende weiter betreiben.172 Stimmen für Simone Lange sind aber ein deutliches Signal, das es auch anders kommen könnte…
    Quelle: Seniorenaufstand

    Anmerkung Christian Reimann: Insbesondere über den aktuellen Juso-Bundesvorsitzenden Kevin Kühnert lesen Sie bitte auch bzw. erneut Es bleibt uns nichts erspart: Juso-Vorsitzender Kühnert als Kriegsbefürworter.

  3. Die gefährliche Nähe der EZB zur Finanzindustrie
    Sogar die EU-Ombudsfrau kritisiert die Mitgliedschaft des EZB-Präsidenten in einem exklusiven Finanz-Club. Gerade Notenbanker sollten über jeden Zweifel erhaben sein
    (…) Gegenstand war die „Group of Thirty“. Dabei handelt es sich um einen exklusiven Club von Notenbankern und akademischen Finanzexperten – und zahlreichen Top-Managern der Finanzindustrie. Zu den derzeit 33 Mitgliedern zählen unter anderem die Aufsichtsratschefs der Großbanken JP Morgan, Credit Suisse und UBS und der Vizepräsident des weltgrößten Geldkonzerns Blackrock, genauso wie der Chef der Bankenaufsicht bei der US-Zentralbank, die Gouverneure der Bank of England sowie der Zentralbanken Japans und Chinas – und Mario Draghi, dessen Behörde auch die 105 führenden Banken der Eurozone beaufsichtigt. Der Club trifft sich zwei Mal jährlich hinter verschlossenen Türen. Protokolle sind nicht bekannt. Dafür veröffentlicht die „G30“ regelmäßig Empfehlungen, wie die Finanzbranche am besten reguliert werden soll. De facto bildet er eine Art öffentlich-private Partnerschaft für den friedlichen Konsens zwischen den Billionen-Jongleuren der Finanzwelt und ihren Aufsehern.
    Draghi schert sich nicht um das Urteil der EU-Ombudsfrau
    Darum forderten die Lobbykritiker des „Corporate Europe Observatory“ die EZB auf, Draghis Mitgliedschaft und die Mitarbeit von hohen EZB-Beamten bei der „G30“ aufzugeben, „um Interessenkonflikte zu vermeiden“. Als die EZB-Führung sich stur stellte, legten die Aktivisten Beschwerde bei der Bürgerbeauftragten ein – und fanden Gehör.
    Quelle: Der Tagesspiegel
  4. TTIP: Verdammt, die Zombies kommen?
    (…) Sollte bis zum 1. Mai keine handelspolitische Einigung zwischen den USA und der EU erzielt werden, drohen die US-Zölle auf Aluminium und Stahl in Kraft zu treten, die vor allem deutsche Unternehmen treffen. Berlin will offensichtlich auf Zeit spielen und hofft darauf, am 27. April einen weiteren Aufschub zu erhalten: Es sei “illusionär”, alle Handelsprobleme bis zum Monatsende zu lösen, so Beyer. Das Zeil sei, kurzfristig eine Verlängerung der Ausnahmeregelung für die EU zu erreichen und langfristig eine generelle Befreiung der EU von Washingtons Strafzöllen zu erreichen.
    … Eine “gemeinsame Front” von Washington und Berlin, womöglich im Rahmen der G7, könnte bei den zunehmenden handelspolitischen Auseinandersetzungen “China entgegenwirken”, so Bloomberg unter Verweis auf entsprechende Äußerungen Beyers.
    Wird TTIP reanimiert?
    Indes deutet sich an, welchen Deal die Bundesregierung dem Weißen Haus anbieten wird, um den Zugang zu dem wichtigen amerikanischen Absatzmarkt nicht zu verlieren. Das Wall Street Journal (WSJ) berichtete unlängst von einem “Friedensangebot der EU”, dass die Wiederbelebung des unter der Obama-Administration gescheiterten Transatlantischen Handelsabkommens beinhaltet.
    Der deutsch-europäische Vorschlag sieht die Absenkung der europäischen Zölle für US-amerikanische PKW, den Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen in den Vereinigten Staaten für EU-Konzerne sowie ein gemeinsames Vorgehen gegen China im Handelskrieg vor.
    Ein zentrales Element dieser angepeilten strategischen Allianz, so das WSJ, sei eine “verkleinerte, vereinfachte Version” des gescheiterten transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP (Trans-Atlantic Trade and Investment Partnership), das auf Initiative der Obama-Administration die EU langfristig in einer transatlantischen Handelspartnerschaft an die USA binden sollte – und das maßgeblich am Widerstand Berlins scheiterte.
    Die abrupte Kehrtwende wurde vor allem von der deutschen Wirtschaft eingefordert. Bereits kurz nach Bekanntgabe der US-Strafzölle haben sich deutsche Wirtschaftsvertreter, wie etwa DIHK-Präsident Eric Schweitzer, in banger Sorge um die Exportindustrie für eine “Wiederbelebung des TTIP-Abkommens” ausgesprochen. Wenige Wochen nach diesen Weisungen deutscher Wirtschaftsvertreter folgte dann das vom WSJ thematisierte “europäische” Friedensangebot.
    Quelle: Telepolis
  5. GroKo-Rentenpläne nur mit drastischen Steuererhöhungen finanzierbar
    Die SPD verbuchte es als ihren Verhandlungserfolg beim Koalitionsvertrag: Dort ist als Ziel festgehalten, das Rentenniveau – also das Verhältnis der Rente zum Durchschnittslohn – bis 2025 nicht unter 48 Prozent fallen zu lassen. Außerdem soll der von Arbeitnehmer und Arbeitgeber hälftig zu zahlende Beitragssatz nicht über 20 Prozent steigen. In der Vereinbarung heißt es auch, die Koalition werde das “bei Bedarf durch Steuermittel sicherstellen”.
    Forscher warnen nun laut einem Bericht der “Süddeutschen Zeitung” aber, dass diese Rentenversprechen nur mit Dutzenden Milliarden Euro an Zusatzkosten pro Jahr zu finanzieren wären und wohl deutliche Steuererhöhungen nötig machen würden.
    Eine Gruppe von Rentenforschern habe entsprechende Berechnungen ans Bundeswirtschaftsministerium geschickt, schreibt die Zeitung. Demnach müssten von der nächsten Legislaturperiode an jedes Jahr viele Milliarden Euro Steuergeld zusätzlich an die Rentenkasse überwiesen werden, um die Finanzierungslücke zu schließen. Diese ergebe sich aus der sinkenden Zahl der Beitragszahler bei gleichzeitig immer mehr Rentnern.
    (…)
    “Diese Kosten sind unbezahlbar”
    Um die Finanzierungslücke beispielsweise allein mithilfe der Mehrwertsteuer zu schließen, die heute bei 19 Prozent liegt, müsste diese gemäß den Berechnungen 2030 um drei Prozentpunkte erhöht werden. Bis 2036 wären es schon sechs Prozentpunkte, langfristig müsste die Steuer sogar bei 26 Prozent liegen. Die Zeitung zitiert den Rentenexperten Axel Börsch-Supan von der Forschungsgruppe mit den Worten: “Wie auch immer das finanziert wird – diese Kosten sind unbezahlbar.”
    In der Großen Koalition gibt es bisher keine bekannten Pläne, die Zusatzkosten bei der Rente über eine höhere Mehrwertsteuer zu finanzieren.
    Quelle: Spiegel online

    Anmerkung WM: Verdeckte Propaganda für die Privatrente: Erneut wird die Angst geschürt, dass die Renten in Zukunft unbezahlbar würden. Und wieder beteiligt sich der Spiegel an der Propaganda. Keiner weiß also scheinbar, wie man die „Finanzierungslücke schließen“ soll. Bleibt nur die Privatvorsorge?

    Als Experte wird „Rentenexperte“ Axel Börsch-Supan von der „Forschergruppe“ zitiert. Ausgerechnet Börsch-Supan, früheres Mitglied der Rürupkomission, jener Truppe also, die systematisch die gesetzliche Rente schlechtgemacht hat um die private Vorsorge zu propagieren. Zum Wohl der Finanzwirtschaft. Und dem „Experten“ und seiner Forschergruppe fällt scheinbar nur ein, die Mehrwertsteuer zu erhöhen.

    Dabei hätte man viele Stellschrauben, um die gesetzliche Rente zu finanzieren. Auch weit über mickrige 48% hinaus. Man muss es nur wollen.

    Eine Möglichkeit die ist in der Tat die Finanzierung über Steuerzuschüsse. Warum also nicht die staatlichen Subventionen zur Privatrente einfach nehmen und gleich in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen?

    Dazu könnte man die Beitragspflicht auf alle Bürger ausdehnen, eine Bürgerversicherung also auch im Rentenbereich, ohne Beitragsbemessungsgrenze aber mit Deckelung der Maximalrente.

    Des Weiteren könnte man eine Wertschöpfungsabgabe für alle Betriebe einführen, die auch die Kapitalerträge und Abschreibungen erfasst.

    Und zum Schluss die Arbeitslosigkeit senken und die Löhne erhöhen. Denn auch die hohe Arbeitslosigkeit und die niedrigen Löhne sind mit Schuld daran, dass der Rentenkasse Beiträge entgehen.

    Dazu: Eine Wiederanhebung des Rentenniveaus auf 53 Prozent ist finanzierbar!
    “Ideologisch gefärbte Pseudoberechnungen”, sagt Matthias W. Birkwald zu den Ergebnissen einer Forschergruppe, die die Rentenpläne der Koalition für unfinanzierbar hält. Laut Koalitionsvertrag soll das Rentenniveau, also das Verhältnis der Rente zum Durchschnittslohn, bis 2025 nicht unter 48 Prozent sinken und die Beiträge zur Rentenversicherung nicht über 20 Prozent steigen. Nach der Berechnung der Wissenschaftler um Axel Börsch-Supan vom Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik müssten aber schon ab der nächsten Legislatur viele Milliarden Euro zugeschossen werden, um diese Ziele zu erreichen. Birkwald widerspricht: Sogar eine Wiederanhebung des Rentenniveaus auf 53 Prozent wäre “mit einer moderaten Erhöhung des Beitragssatzes um zwei Prozentpunkte” finanzierbar, so der rentenpolitische Sprecher der Fraktion
    Quelle: Die Linke. im Bundestag.

  6. Auf die Deutschen wartet eine Ära der steigenden Löhne
    Die Bundesbank erwartet deutlich höhere Gehälter. Das liege zum einen an der guten Wirtschaftslage und dem damit verbundenen Arbeitskräftemangel. Aber auch die Integration der Zuwanderer spielt eine erstaunliche Rolle
    Jubelschreie von Gewerkschaftern, wie gerade erst anlässlich des Tarifabschlusses im öffentlichen Dienst, wird es in den nächsten Jahren wieder häufiger geben. Die Wirtschaft muss sich auf kräftige Lohnsteigerungen einstellen.
    Davon zumindest gehen die Experten der Deutschen Bundesbank aus. Es spreche viel dafür, dass „sich in den kommenden Jahren die zunehmenden Knappheiten am Arbeitsmarkt stärker in der tatsächlichen Lohnentwicklung niederschlagen werden“, heißt es mit der bundesbanktypischen Zurückhaltung im aktuellen Monatsbericht der Behörde. Man könnte auch sagen: Arbeitnehmer dürfen sich auf ein ordentliches Gehaltsplus freuen.
    Die Volkswirte der Bundesbank begründen dies vor allem mit der allgemeinen Knappheit an Arbeitskräften Für viele Stellen gebe es keine passenden Bewerber. Das Verhältnis von offenen Stellen zur Zahl der registrierten Arbeitslosen erreichte im vergangenen Jahr einen Rekordwert, heißt es im Monatsbericht. Kamen vor zehn Jahren auf 1000 Arbeitslose lediglich etwas mehr als 300 offene Stellen, kamen zuletzt auf 1000 Arbeitslose 600 offene Stellen.
    Starke Konjunktur, steigende Inflation
    Neben der bereits ausgeprägten Arbeitsmarktknappheit führen die Experten die allmählich anziehenden Inflationsraten und weiterhin günstige Konjunkturperspektiven als weitere unterstützende Faktoren für höhere Tarifabschlüsse an.
    Die Prognose einer überdurchschnittlichen Gehaltssteigerung kommt der Bundesbank nicht ungelegen. Präsident Jens Weidmann spricht sich seit Jahren für stärkere Lohnerhöhungen in Deutschland aus. In einer Reihe von Branchen und Regionen gebe es praktisch Vollbeschäftigung, und es häuften sich Meldungen über Arbeitskräftemangel, sagte er schon im Sommer 2014.(…)
    Quelle: WELT

    Anmerkung WM: Wieder so ein traurig realitätsferner Artikel der „Welt“.

    Treffende Anmerkung unseres Lesers J.A: (…) “Die Wirtschaft muss sich auf kräftige Lohnsteigerungen einstellen.” – Nicht mit diesen merkantilistischen Gewerkschaften, nicht mit einer Regierung und einem Bundestag, für die die “Steigerung” (!!!) des Irrsinns und der deutschen “Wettbewerbsfähigkeit” sowie die Schwarze Null im Haushalt über allem stehen. “allgemeine[…] Knappheit an Arbeitskräften. Für viele Stellen gebe es keine passenden Bewerber. […] kamen zuletzt auf 1000 Arbeitslose 600 offene Stellen.” … Wie kann es bei über 4 Millionen Arbeitslosen und Niedrigstlöhnen (also ohne daß Arbeitgeber die Löhne erhöhen müssen) eine “allgemeine Knappheit an Arbeitskräften” (nicht an ein paar Spezialisten) geben???? Und selbst wenn man die getricksten Zahlen der Arbeitsagentur und der Bundesregierung zugrunde legt (2,3 Millionen Arbeitslose und 1 Million Stellen), komme ich auf 400 offene Stellen pro 1.000 Arbeitslosem, nicht 600 offene Stellen. Aber selbst 600 offene Stellen pro 1.000 Arbeitslose ist ganz simpel ein Arbeitskräfteüberhang, nicht -mangel, und zwar ein ganz massiver, Massenarbeitslosigkeit. In der realen Welt gibt es vielleicht 800.000 bis 1 Million (überwiegend schlecht bezahlte und prekäre) offene Arbeitsplätze für mindestens 4 Millionen Arbeitslose. Es fehlen mindestens 3 Millionen Arbeitsplätze, nicht Arbeitskräfte, und die Löhne sind viel zu niedrig.

  7. Die Heimat leidet
    Wer sich mit Details dieser Regierung nicht so beschäftigt und einfach die Berichterstattung verfolgt, könnte meinen, dass das sogenannte Heimatministerium richtig „Horst Seehofers Bundesministerium für Heimat und Islamkritik“ heißen muss. Dem ist aber nicht so, das Ministerium heißt tatsächlich Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Noch mal: für Bau und Heimat. Da gibt es gefühlt schon einen Zusammenhang. Zyniker mögen eher an das Wohnungsunternehmen Neue Heimat denken und an einen der größten Skandale der BRD, außerdem an anonyme Betonklötze, Trabantensiedlungen, also an viel Bau und wenig Heimat.
    Man darf bei Bau und Heimat auch an den Philosophen Heidegger denken, also an viel Heimat und wenig Bau, Holzhütten im Wesentlichen. Bauen heißt nach Heidegger, sich im „Geviert“ aus Himmel und Erde, Göttlichem und Sterblichem zu verorten. Ein interessanter Gedanke, allerdings nicht ganz leicht, ihn auf die Heimatdiskussion zu drehen. Denken wir also lieber simpel. Denken wir an Jens Spahn, der zwar Gesundheitsminister ist, aber offenbar noch als Außendienstmitarbeiter des Heimatministeriums beschäftigt wird und sich hier mit Einlassungen zu Zwangsheirat, Burkaverbot und „Islamgesetz“ profiliert. Aber wenn Spahn sich schon berufen fühlt, sich um die Heimat zu sorgen, warum stößt er dann, inschallah, keine Debatte über die Krise des Wohnens an? Städte werden unbezahlbar, Zersiedelung schreitet voran, Heimat leidet.
    Die Sache betrifft und beschäftigt nun wirklich viele. Gewiss, die Demo gegen „Mietenwahnsinn“, die an diesem Wochenende in Berlin stattfand, hätte mehr als rund 20.000 Teilnehmer verdient, aber wer Zeitungen liest, und zwar nicht nur Berliner Lokalzeitungen, bekommt einen anderen Eindruck von der Dringlichkeit der Probleme. Der Wohnungsmarkt stünde Spahn auch insofern näher als der Islam, als er sich ja selbst in der glücklichen, vielleicht auch etwas unangenehmen Lage (Neid-Debatte!) eines Vermieters befindet, der seine Dachgeschosswohnung bestimmt zu einem fairen Preis an Christian Lindner (FDP) vermietet. Aber das ist nicht überall so.
    Quelle: der Freitag

    Anmerkung Christian Reimann: Ist sich der neue „Superminister“ Seehofer eigentlich bewußt, welche Aufgaben er mit seinem neuen Bundesministeramt bekommen hat und – und zum Wohle der gesamten Bevölkerung – bewältigen soll? Zweifel sind wohl angebracht, oder?

  8. Kein Abzug von US-Atomwaffen
    Die große Koalition lehnt auch in ihrer neuen Formation eine Unterzeichnung des Vertrags über ein Atomwaffenverbot ab und verzichtet darauf, einen Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland zu forcieren. „Die Bundesregierung hält den Vertrag über das Verbot von Nuklearwaffen für nicht geeignet, das von ihr angestrebte Ziel einer nuklearwaffenfreien Welt tatsächlich und in nachprüfbarer Weise zu erreichen“, heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei im Bundestag, die der Frankfurter Rundschau vorliegt.
    (…) „Nukleare Abrüstung und das Ziel einer Welt ohne Nuklearwaffen können und dürfen zudem nicht losgelöst von der sicherheitspolitischen Realität sowie den bündnispolitischen Verpflichtungen Deutschlands im Rahmen der Nato, zu denen die Bundesregierung uneingeschränkt steht, betrachtet werden“…
    (…) Zum Abzug der US-Raketen antwortet die Regierung ausweichend, Voraussetzung für den Abzug der in Deutschland und Europa stationierten taktischen Nuklearwaffen seien erfolgreiche Abrüstungsgespräche. Im Koalitionsvertrag sei vereinbart, dass Deutschland ein Interesse daran habe, an strategischen Diskussionen und Planungsprozessen teilzuhaben, „solange Kernwaffen als Instrument der Abschreckung im Strategischen Konzept der Nato eine Rolle spielen“.
    Quelle: Frankfurter Rundschau
  9. Völkerrechtswidrige US-Drohnenangriffe Von deutschem Boden aus
    Amnesty International kritisiert in dem neuen Bericht “Deadly Assistance: The role of European states in US Drone Strikes” die Unterstützung, die Deutschland, England, die Niederlande und Italien den USA bei umstrittenen Drohneneinsätzen leisten. Diese Unterstützung gewinnt vor dem Hintergrund von US-Präsident Trumps Ankündigung, das Drohnen-Programm weiter auszubauen, zunehmend an Brisanz.
    (…)
    Die Bundesregierung duldet, dass das US-Militär den Stützpunkt Ramstein auf deutschem Boden nutzt, um mithilfe des Kommunikationssystems GILGAMESH die Signale der Drohnenpiloten in die Einsatzstaaten weiterzuleiten. Eine direkte Steuerung der Drohneneinsätze in Pakistan, Afghanistan und Jemen von US-Boden aus wäre aufgrund der Distanz und der Erdkrümmung nicht möglich. Die USA sind für die Durchführung also angewiesen auf die Nutzung von Ramstein – was die Bundesregierung auch weiß.
    “Jahrelang hat die Bundesregierung sich darauf berufen, nicht genau zu wissen, welche Rolle Ramstein in der Ausführung der Drohnenangriffe spielt, und damit eine eigene Mitverantwortung abgelehnt.
    Spätestens im August 2016 informierte die US-Botschaft das Auswärtige Amt aber über die entscheidende Rolle von Ramstein. Mit diesem Wissen muss die Bundesregierung endlich dafür sorgen, dass keine völkerrechtswidrigen US-Drohnenangriffe von deutschem Boden aus unterstützt werden“
    Darüber hinaus geben deutsche Behörden geheimdienstliche Informationen wie zum Beispiel Handynummern und E-Mail-Adressen an die USA weiter, bei denen nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie die Lokalisierung von Personen und damit gezielte tödliche Drohnenangriffe erst ermöglichen.
    (…)
    Amnesty International fordert die Bundesregierung dazu auf, offenzulegen, welche Maßnahmen sie ergreift, um der Gefahr einer völkerrechtswidrigen Beihilfe zu begegnen. Der politische Protest gegen völkerrechtswidrige Drohneneinsätze der USA muss auch öffentlich stattfinden, um die Entstehung gefährlichen Völkergewohnheitsrechts zu verhindern.
    Quelle: Amnesty International
  10. Die Ära der Repressalien
    Am vergangenen Freitag ist ein Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages bekannt geworden, das die Bombardierung Syriens durch die Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich am 14. April in völkerrechtlicher Hinsicht untersucht. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass es sich bei dem Angriff im juristischen Sinn um eine “Repressalie” gehandelt habe – eine “Gegenmaßnahme” militärischer Art gegen Aktivitäten eines anderen Staats, in diesem Fall gegen den – angeblichen oder tatsächlichen – Einsatz von Giftgas durch Syrien. Repressalien, so heißt es in dem Dokument, “sind grundsätzlich unzulässig”.[1] Das gelte “auch dann, wenn eine Regierung eine zentrale Norm des Völkerrechts verletzt hat”. Anstelle von Repressalien sehe das internationale Recht, wie es nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt worden sei, eindeutig “rechtsförmige Mechanismen” vor, um Normenverletzungen zu sanktionieren – “sei es im Rahmen der Chemiewaffenkonvention, sei es im Rahmen des Völkerstrafrechts”. Daran ändere auch der Einwand der Bundesregierung nichts, der UN-Sicherheitsrat sei bezüglich des Syrien-Kriegs nicht handlungsfähig, da Russland sich dort den Vorstößen der westlichen Mächte verweigere. Dass die Aggressoren vor dem Bombardement nicht einmal die Untersuchung der Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW) am Schauplatz des – angeblichen oder tatsächlichen – Giftgaseinsatzes abgewartet hätten, falle bei der völkerrechtlichen Beurteilung des Angriffs “umso mehr … ins Gewicht”.
    (…) Dass die Bundesregierung derzeit dabei ist, den abschüssigen Weg vom traditionellen Völkerrecht hin zur Begründung militärischer Aggression durch angebliche Legitimität zu beschreiten, haben am Wochenende Äußerungen von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bestätigt. Bereits unmittelbar nach dem Bombardement Syriens am 14. April hatte Kanzlerin Angela Merkel erklärt, der völkerrechtswidrige Angriff sei “erforderlich und angemessen”.[8] Ähnlich hatten sich weitere deutsche Regierungspolitiker geäußert, darunter Außenminister Heiko Maas (SPD). Jetzt kündigt Verteidigungsministerin von der Leyen – in Kenntnis der Einstufung des militärischen Überfalls durch die deutschen Parlamentsjuristen als völkerrechtswidrig – an, einer deutschen Beteiligung an derlei Attacken stehe grundsätzlich nichts entgegen: “Was in diesem Fall Großbritannien aus der Luft beigetragen hat, könnten wir auch leisten”. Berlin sei nur “diesmal nicht gefragt worden”.[9]
    Quelle: German Foreign Policy

    Anmerkung WM: Die Äußerungen der Verteidigungsministerin sind skandalös.

    Trotz Kenntnis der völkerrechtswidrigen Umstände des Angriffs auf Syrien am 14. April bedauert sie scheinbar immer noch „diesmal nicht gefragt worden“ zu sein um mitzumachen. Das Völkerrecht passt offenbar nicht in ihr transatlantisches Konzept. Einer deutschen Beteiligung an derlei Attacken steht aber laut von der Leyen beim nächsten Mal dann grundsätzlich nichts entgegen. Allein schon für solche Äußerungen müsste Frau von der Leyen zurücktreten. Die Mehrheit der Deutschen ist da zum Glück noch anderer Meinung anders als sie.

    Zum Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags siehe hier ausführlicher.

  11. Atypische und prekäre Arbeitsbedingungen auf der EU-Agenda: Aussicht auf sozialen Fortschritt?
    Vor dem Hintergrund der sogenannten „europäischen Säule sozialer Rechte“ rückt die EU-Kommission die Arbeitsbedingungen atypisch Beschäftigter, insbesondere von ArbeitnehmerInnen mit neuen Beschäftigungsformen, auf die EU-Agenda. Der aktuell verhandelte Vorschlag für eine Richtlinie über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen in der EU soll zu mehr Transparenz und gestärkten Rechten beitragen. Sind die Vorschläge ein Schritt in die richtige Richtung? Fortschritt?
    (…) Doch kann es gelingen, die Widersprüche zwischen deklarierten sozialen Zielen und Prinzipien auf der einen Seite und einer großteils einseitig-neoliberalen wirtschaftspolitischen Ausrichtung und der Unterordnung der sozialen Dimension auf der anderen Seite zumindest ansatzweise aufzulösen? Gesamthaft gesehen hängt dies davon ab, ob ein grundlegender Kurswechsel in Richtung eines sozialen Europas gelingt. Im Einzelnen stellt sich ganz unmittelbar die Frage, ob die jeweiligen sozialpolitischen Initiativen auf der EU-Agenda weitreichend genug sind oder zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. Der im Dezember 2017 von der EU-Kommission vorgelegte Vorschlag einer Richtlinie für transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen in der EU kann dafür ein Testfall sein. Können die darin enthaltenen Bestimmungen dazu beitragen, Arbeitsbedingungen substanziell zu verbessern und prekäre Arbeit zu bekämpfen?
    (…) Die Arbeitsbedingungen atypisch Beschäftigter sollen nun verstärkt auf die EU-Agenda gerückt werden. So befragte die EU-Kommission die EU-Sozialpartner im vergangenen Jahr in zwei Phasen zur Überarbeitung der Nachweis-Richtlinie, die Mindestanforderungen zu den Informationspflichten der ArbeitgeberInnen über wesentliche Aspekte des Beschäftigungsverhältnisses enthält. Die Blockadehaltung der ArbeitgeberInnenseite zeigte sich bereits zu diesem Zeitpunkt:
    (…) Die im Richtlinienentwurf enthaltenen Mindestanforderungen bezüglich der Arbeitsbedingungen enthalten zwar Bestimmungen, die zu begrüßen sind. Dennoch ist das darin vorgesehene Schutzniveau für ArbeitnehmerInnen insgesamt deutlich zu wenig ambitioniert.
    (…) Um zu einer substanziellen Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der EU beizutragen, ist eine umfassende Agenda zur Stärkung der Qualität der Arbeit in der EU erforderlich, die insbesondere darauf abzielt, prekäre Beschäftigung zu unterbinden bzw. effektiv zurückzudrängen. Dabei sollte eine breite Bandbreite sozialer Mindeststandards auf hohem Niveau inklusive der verbindlichen Verankerung des Nicht-Rückschritts-Prinzips umgesetzt werden.
    (…) Insbesondere die vorgeschlagenen Mindeststandards sind hinsichtlich ihres Schutzniveaus deutlich zu wenig ambitioniert. Notwendig ist eine umfassende Agenda zur Stärkung der Qualität der Arbeit in der EU. Um die soziale Dimension der EU substanziell zu stärken, müssen diese Strategien zudem in politischen Druck auf unterschiedlichen Ebenen eingebettet sein, der auf einen grundlegenden Kurswechsel in der EU abzielt.
    Quelle: Miese Jobs
  12. Ein unerhörter Vorfall erzählt viel über Israel
    Natalie Portman, ihre Israel-Kritik und die Reaktion der israelischen Politiker und Gesellschaft.
    (…) Der Genesis-Preis, auch „jüdischer Nobelpreis“ genannt, ehrt Menschen, die sich für jüdische Menschen und Werte engagieren. Am vergangenen Donnerstag … erreichte die schlechte Nachricht die Nation, eine Erklärung von Portmans Management, „die jüngsten Ereignisse in Israel habe die Schauspielerin als extrem bedauerlich empfunden, sie fühle sich nicht wohl dabei, an einer öffentlichen Veranstaltung in Israel teilzunehmen“. Seitdem geht ein Sturm durch die israelischen Medien, fast stündlich gibt es neue Kommentare und Stellungnahmen zu diesem unerhörten Vorfall.
    Israels Kulturministerin Miri Regev reagierte als erste. Sie warf der Schauspielerin vor, nicht nur die Preisverleihung zu boykottieren, sondern das Land. Oren Chasan, Abgeordneter der Regierungspartei Likud, verlangte, Portman, die in Jerusalem geboren wurde, die israelische Staatsbürgerschaft zu entziehen. Energieminister Yuval Steinitz findet, ihre Äußerung grenze an Antisemitismus. Portman habe damit den schlimmsten Hassern des jüdischen Staates im Nahen Osten in die Hände gespielt. …
    (Portman)… ergänzte sie die Erklärung ihres Managements wenig später auf Instagram, wo sie erklärte, sich gegen die Teilnahme an der Zeremonie entschieden zu haben, „weil ich nicht als Unterstützerin Benjamin Netanjahus wahrgenommen werden möchte“. Kritik an der israelischen Regierung sei für sie nicht gleichzeitig ein Boykott der gesamten Nation…. „Weil mir Israel wichtig ist, stehe ich auf gegen Gewalt, Korruption, Ungleichheit und Machtmissbrauch.“
    Es ist die gleiche Kritik, die aus der israelischen Gesellschaft oft zu hören ist. Aber aus dem Mund eines Superstars wirken diese Worte anders, größer, bedrohlicher….
    Quelle: Frankfurter Rundschau


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