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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Anzunehmen, dass Parteien und Medien unterwandert sind, ist keine Verschwörungstheorie. Es ist Tatsache.
Datum: 22. März 2018 um 17:04 Uhr
Rubrik: Aktuelles, Audio-Podcast, Erosion der Demokratie, Lobbyismus und politische Korruption, SPD, Strategien der Meinungsmache
Verantwortlich: Albrecht Müller
Es ist eine äußerst beunruhigende Tatsache, weil damit auch der Rest von Demokratie durch den Kamin gejagt worden ist. Als auf den NachDenkSeiten der Beitrag „Olaf Scholz powered by Goldman Sachs“ erschien, hat ein NachDenkSeiten-Leser die Frage aufgeworfen, wie es mit der SPD so weit kommen konnte. Siehe im Anhang seine Mail. Er hat in seiner Mail und einem angehängten Text zu seiner Verschwörungstheorie radikal gefragt, aber bei weitem nicht radikal genug. Was tatsächlich mit unseren Parteien und mit vielen Medien geschehen ist, ist viel schlimmer und man kann die Verantwortung dafür gar nicht bei den Parteien selbst festmachen. Sie sind fremdgesteuert. Sie sind unterwandert. Und dies schon ziemlich lange. Das möchte ich heute mit ein paar knappen Strichen belegen. Albrecht Müller.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
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Stellen Sie sich vor, Sie sind ein superreicher Mensch oder ein gewissenloser NATO-Generalsekretär oder der Koordinator der westlichen Rüstungswirtschaft oder ein Manager des DeepState. Eine Begrenzung der finanziellen Mittel gibt es für Sie de facto nicht. Eine ethische Sicht auch nicht. Dann ist doch klar, was Sie sich ausdenken und das entspricht ziemlich dem, was wir de facto heute erleben:
Das zentrale Ziel Ihrer Arbeit ist die Beeinflussung von politischen Entscheidungen in allen für Sie interessanten Ländern. Sie erkennen sehr schnell, dass dafür verschiedene Möglichkeiten bestehen:
Da Sie über so viel Geld verfügen, das meist das Vielfache dessen ist, was Parteien als Wahlkampfetat oder für ihre sonstige politische Arbeit zur Verfügung haben, sind ihre Einflussmöglichkeiten jedenfalls finanziell nicht begrenzt. Außerdem verdienen Sie mithilfe der skizzierten Einflussarbeit. Auf ein prägnantes Beispiel komme ich unter Ziffer 6. zu sprechen.
Heute konzentriere ich mich auf Beispiele für die Unterwanderung der Parteien und dabei insbesondere der SPD. Eine Ausnahme: ARD und insbesondere Tagesschau und Deutschlandfunk. Diese Medien sind so offensichtlich unterwandert. Da sind teilweise unfähige, aber auf jeden Fall stromlinienförmige Journalistinnen und Journalisten am Wirken – in Berlin, in Brüssel, in Washington, in Moskau und im Nahen Osten. Die NachDenkSeiten berichteten und berichten laufend darüber. Man kommt nicht mehr nach. So empfinden es auch viele unserer Leserinnen und Leser. Über andere Medien bei nächster Gelegenheit. Und die wichtige Zusatzbemerkung: es gibt unheimlich gute Journalistinnen und Journalisten. Aber diese können auch nicht annähernd aufwiegen, was uns als Zerrbild einer demokratischen Meinungsbildung tagaus tagein geboten wird. Zurück zu den Parteien:
Die Konzentration auf die SPD folgt nicht daraus, dass die SPD als einzige Partei unterwandert wäre. Von der SPD hätte man‘s zu allerletzt erwartet. Deshalb und wegen des zu Anfang erwähnten Beispiels der Zusammenarbeit von Bundesfinanzminister Scholz (SPD) mit einem Lobbyisten der großen Investmentbank Goldman Sachs konzentriere ich mich auf die SPD.
Beispiele für die erfolgreiche Unterwanderung von Parteien, insbesondere der SPD, und die daraus folgenden politischen Entscheidungen:
Bevor ich einige Beispiele bringe, muss ich an dieser Stelle anmerken, dass damit nicht die SPD angeklagt wird. Die SPD ist nicht Täter. Sie ist Opfer. Hoffentlich wird das klar und das ist auch wichtig, weil sich nach meiner Erfahrung unheimlich viele Menschen an der SPD abarbeiten, ohne die Mechanismen im Hintergrund zu beachten.
Bei einem Gespräch der rheinland-pfälzischen Landesgruppe der SPD mit dem Ministerpräsidenten war zu erkennen, dass Scharping von dem Beschluss vom 20. Dezember 1989 abrückte. Ich habe ihn konkret darauf angesprochen. Er hat – Respekt! – klar bekannt, dass er zu diesem Grundsatzprogramm und damit zur Auflösung der NATO und damit zur Abrüstung nicht mehr stehe.
Die jetzt dominante devote Haltung gegenüber den Alliierten ist das Ergebnis von Lobbyarbeit und Unterwanderung zugleich.
10.05.1999
Abschied von der Arbeitslosigkeit? Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit ließ das Bündnis für Arbeit die Misere auf dem Arbeitsmarkt schonungslos analysieren. Experten erstellten einen radikalen Umbauplan für Kanzler Schröder. Bonner Bündnis für Arbeit am 7. Dezember 1998. …
(Titel siehe oben)
Das ist ein wunderbares Beispiel für praktische und weit reichende Unterwanderung. Verschleiert als Denkfabrik haben damals Wissenschaftler mit Anti-Sozialstaats-Vorurteil und die Lobbyorganisation Bertelsmann-Stiftung Einfluss auf die Vorbereitung der Agenda 2010 gewonnen – über das sogenannte „Bündnis für Arbeit“. Bertelsmann hat konkrete Hilfestellung bei der Arbeit dieser Kommission geleistet und sich seiner Mitarbeit in einer Broschüre sogar gerühmt. Der Artikel ist wirklich lesenswert, weil so vieles, was dann später mit der Agenda 2010 und anderen Gemeinheiten Wirklichkeit geworden ist, schon im Dezember 1998 angelegt wurde. Scharnier bei der Unterwanderung war der Staatsminister im Kanzleramt und frühere Landesgeschäftsführer der SPD in Nordrhein-Westfalen, Bodo Hombach.
31.10.2002 00:00 Uhr
Wirtschaft
Clement will Leiharbeit aufwerten
Superminister will Zeitarbeit aus der „Schmuddelecke“ holen und provoziert damit die Gewerkschaften
Dieser arme Wolfgang Clement hatte dann persönlich auch etwas davon. Er wurde vom Weltmarktführer für Leiharbeit aufgefangen. Hier die einschlägige erste Frage in einem Stern Interview:
Herr Clement, Sie haben bei dem ehemaligen Kaffee-Milliardär und jetzigen Grossaktionär des Weltmarktführers für Zeitarbeit, der Adecco SA in Zürich als Chairman eines neu gegründeten “Adecco Institute” mit Sitz in London angeheuert. Ist der Institutszweck Wissenschaft – “noch ein Institut” – oder Geschäft?
Dann kam es zur großen Koalition und Peer Steinbrück wurde Finanzminister und beschloss mit Frau Merkel eine Mehrwertsteuererhöhung um 3 (!) %. Steinbrück und Clement und Hombach und Riester und Schröder muss man leider als Wühlmäuse zur zerstörerischen Schwächung des programmatischen Profils der SPD bewerten.
Also die Menschen mit viel Geld hierzulande und vor allem auch in anderen Ländern haben die SPD bis zur totalen Profillosigkeit unterwandert. Man muss auch leider davon ausgehen, dass viel Personalpolitik der SPD von außen und nicht von innen gemacht wird. Auf den Fall des neuen Generalsekretärs Klingbeil hatten wir schon hingewiesen.
Meine Sicht der Dinge, dass ich nämlich die SPD vor allem als Opfer und nicht zuerst als Täter sehe, will ich Ihnen nicht aufdrängen. Aber, ich denke, als ein Element der Analyse des Geschehens ist diese Sicht sehr brauchbar.
Sie können sie auch ohne Probleme auf die CDU, auf die Grünen, auf die FDP und auf Teile der Linkspartei anwenden. Auch dort fanden und finden Veränderungen statt, die man ohne die Annahme der Fremdbestimmung und Unterwanderung nicht erklären kann.
Anhang 1:
Olaf Scholz powered by Goldman Sachs
Liebe Nachdenkseiten-Redaktion,
Olaf Scholz holt seinen Goldman Sachs Kumpel ins Finanzministerium. Das ist so unfassbar, dass man es kaum noch kommentieren kann und mag. Warum das haarsträubend ist, muss ich wohl den Nachdenkseiten am allerwenigsten erklären. Diese Nachricht hat bei mir erneut Fragen aufgeworfen, wie es mit der SPD so weit kommen konnte. Dazu habe ich nun eine “Verschwörungstheorie” entwickelt. Sie ist noch im Anfangsstadium. Die Fragen lauten wie folgt:
Wie kann es sein, dass eine sozialdemokratische Partei eine Kehrtwende in ihrer politischen Ausrichtung hinlegt, die allen Ideen der Sozialdemokratie diametral entgegen steht?
Wie ist es möglich, dass diese Kehrtwende in fast allen sozialdemokratischen und sozialistischen Parteien in Europa nahezu zeitgleich erfolgt ist?
Warum halten die Parteiführungen unbeirrbar an ihrer selbstmörderischen Politik fest, die unweigerlich in den Untergang führt?
Ist es plausibel anzunehmen, dass diese Parteiführungen es alle nicht besser wissen?
Ist ein Gegenschlag wie er Labour gelungen ist auch in anderen Ländern möglich und wenn ja wie? Auf diese letzte Frage habe ich allerdings noch keine Antworten gefunden.
Den Text unten in blauer Farbe habe ich auf meiner facebook-Seite für alle sichtbar veröffentlicht. Ich finde es fast erstaunlich, dass ich ähnliche Ideen noch nirgendwo gelesen habe.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Rode
Ich habe eine neue Verschwörungstheorie entwickelt:der Seeheimer Kreis (ein inoffizieller konservativ-liberaler Zirkel innerhalb der SPD, der den Kurs der Partei schon lange dominiert) in der SPD wurde dort von der Mont-Pelerin Gesellschaft (ein nach dem 2. WK gegründeter, extrem einflussreicher Verein von marktradikalen Liberalen) oder einer der zahlreichen verbundenen Organisation installiert. Ziel: der Endsieg des Neoliberalismus durch die Zerstörung der deutschen Sozialdemokratie von innen heraus.
Grundlagen für diese Theorie: die SPD behauptet nach außen hin zu glauben, dass der Grund für ihren Niedergang darin bestünde, dass durch schlechte PR ihre “Erfolge” der letzten 20 Jahre nur nicht gut genug verkauft wurden und dass sie daher weiterhin an ihrer selbstmörderischen Politik festhält. So bescheuert kann niemand sein, dass er glaubt die Hälfte seiner Wähler nur wegen schlechter PR und trotz toller, erfolgreicher Politik verloren zu haben. Der Untergang der SPD ist von langer Hand von Leuten mit sehr viel Macht und Geld geplant worden. Dieser Plan wurde und wird sehr konsequent durchgezogen. Eine Arbeiterpartei kann sich nicht ohne äußeren Einfluss derart in ihr Gegenteil verwandeln. Ähnliche Pläne wurden in allen sozialdemokratischen Bewegungen umgesetzt aber auf Grund der Größe und des Einflusses von Deutschland, war die SPD das wichtigste Ziel. Ich glaube auch nicht, dass Blair und Schröder mit ihrer sehr ähnlichen Agenda zufällig mehr oder weniger gleichzeitig die politische Bühne betraten. Sie wurden dort installiert und seitdem ist es den Neoliberalen egal, ob Sozialisten oder Konservative regieren.
Der Seeheimer Kreis wurde übrigens 1974 gegründet. Ich habe gerade erst nach dem Gründungsjahr gesucht und war nicht überrascht. Im selben Jahr wurde Brandt durch Schmidt abgelöst. Was für ein Zufall. Bis dahin wurde die SPD nur von außen bekämpft. Es sollte sichergestellt werden, dass die SPD auf keinen Fall einen zweiten Brandt an ihre Spitze wählt.
Hat mal jemand einen Aluhut?
Wir können aber auch gerne die Plausibilität der Antithese erörtern: die SPD und andere sozialdemokratische Parteien in Europa sind alle im Niedergang und zwar gleichzeitig. Das hat sich einfach so ergeben, weil die Führungen dieser Parteien alle in den 90ern gleichzeitig auf die Idee kamen, es wäre eine gute Idee, den Interessen ihrer eigentlichen Klientel entgegengesetzt zu handeln. Labour bekam Blair, Frankreich Hollande und wir Schröder. Die bei nahezu allen sozialdemokratischen Parteien Europas erfolgte Kehrtwende im politischen Kurs hin zu einer wirtschaftsfreundlichen und arbeiterfeindlichen Politik geschah ohne Einfluss von Personen und Organisationen, die über viel Geld und Macht verfügen. Es war ein Wandel der Sozialdemokratie von innen heraus. Sie dachten alle, es wäre gut Unternehmenssteuern zu senken, den Arbeitsmarkt zu deregulieren, die Banken machen zu lassen und die Gewerkschaften zu schwächen. Einfach so und völlig entgegen gesetzt zu allen sozialdemokratischen Ideen.
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