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Titel: Nowitschok, Skripal und eine britische Regierung, die sich immer mehr in Widersprüche verstrickt

Datum: 19. März 2018 um 11:43 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Innere Sicherheit, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Medienkritik
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Während die Massenmedien unaufhörlich die Presseerklärungen aus Downing Street Number 10 nachplappern, sucht sich die Öffentlichkeit ihre Informationen zum Fall Skripal halt woanders. Craig Murrays Artikel zum Thema wurden nach eigenen Aussagen „millionenfach“ angeklickt und auch unser Artikel über die „Salisbury Tales“ wurde bereits mehrere hunderttausendmal gelesen. Das freut uns – schöner wäre jedoch, wenn auch die Massenmedien und die Politik endlich aufwachen würden. Heute wollen wir Ihnen ein paar Erklärungen, Materialien und zwei weitere Übersetzungen der Murray-Artikel nachliefern. Von Jens Berger.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Die Tagesschau reagiert im Stillen

Positiv ist zunächst zu vermerken, dass die Redaktion von tagesschau.de sich unsere Kritik am FAQ zum Thema Skripal offenbar zu Herzen genommen hat und folgenden, von uns bemängelten Absatz vollständig „depubliziert“ hat …

Weniger vorbildlich ist, dass man die Änderungen wieder einmal nicht gekennzeichnet hat. Da dieses intransparente Herumdoktern an „älteren“ Artikeln bei tagesschau.de leider schon Tradition hat, erstellen wir von kritischen Passagen auch stets Screenshots; eigentlich unglaublich, dass man beim Online-Ableger von Deutschlands angeblich seriösester Nachrichten-Sendung so vorgehen muss.

Boris Johnson überrascht mit einer vollkommen neuen Story

Die Halbwertszeit der offiziellen Verlautbarungen aus Großbritannien wird derweil immer kürzer. Die – Stand Montag 11:00 – neueste offizielle Version greift bereits die Kritik von diversen Quellen der letzten Tage auf und erklärt nun, Russland habe im letzten Jahrzehnt an einem „geheimen C-Waffen-Programm“ gearbeitet, das spezielle Kampfstoffe entwickelt habe, die für Morde maßgeschneidert sind. Wie bei der britischen Regierung mittlerweile üblich, bleibt diese „Meldung“ von Außenminister Johnson ohne Belege im Raum stehen. Positiv ist jedoch anzumerken, dass London dem russischen Druck nachgegeben hat und nun doch gemäß der Chemiewaffenkonvention die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) eingeschaltet hat. Diese Rückkehr auf den Pfad des Völkerrechts ist zu begrüßen. Wie die Regierung May sich später ohne einen diplomatischen Scherbenhaufen aus der Sache herausziehen will, ist jedoch nach wie vor offen.

Eine Anekdote zu den Hintergründen

Aus einigen Leserreaktionen auf den Fall Skripal wird immer wieder klar, dass es große Unklarheiten über die Verfügbarkeit der Nowitschoks gibt. Diese Unklarheiten spiegeln letztlich aber vor allem die fragwürdige Berichterstattung der Medien und die unglaubwürdigen offziellen Statements wider. Vielleicht hilft eine kleine Anekdote weiter, um die Hintergründe besser zu verstehen.

Vor Jahren lernte ich im Rahmen der Recherchen zu einem Artikel Valentin (Name geändert) kennen. Valentin war bis in die frühen 90er als Biochemiker im B-Waffen-Programm der Sowjetunion tätig. Er erzählte mir, wie kurz nach dem Zusammenbruch die Einrichtungen von mit Scheckbüchern bewaffneten Agenten des BND, des MI6, der CIA, des Deuxième Bureau und des Mossad überlaufen wurden. In einer Art „Menschenjagd“ wurden Wissenschaftler abgeworben und Militärs zum Überlaufen gebracht. Offiziell ging es dem BND übrigens darum, diese Spezialisten anzuheuern, dass sie nicht in die Hände Iraks, Irans, Syriens, Pakistans und Nordkoreas fielen, die – das konnte Valentin jedoch nicht bestätigen – damals wohl ebenfalls auf der Suche nach qualifiziertem Personal aus den ABC-Laboren der Sowjets waren.

Valentin wurde kurzerhand zum „Deutschrussen“ erklärt, bekam eine großzügige Prämie, ein zinsloses Darlehen für seinen Neuanfang in der BRD und einen recht ordentlich dotierten Pro-Forma-Beraterjob bei einer Bundesbehörde. Er wurde zwar auch fachlich ausgefragt, in einem wie auch immer gearteten Waffenprogramm war er seitdem aber nie mehr beschäftigt. Es wäre jedoch mehr als naiv anzunehmen, dass hinter den Mauern von Forschungsstätten wie Ness-Ziona, Porton Down und Fort Detrick nicht mehr aktiv an B- und C-Kampfstoffen geforscht würde. Noch naiver wäre es, anzunehmen, dass die aktiven Dienste nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion nicht auch Forscher aus dem C-Waffen-Programm abgeworben hätten und sich nicht das gesammelte Know how der Sowjets angeeignet hätten. Die USA haben ja sogar – auf den Wunsch Usbekistans hin – die für Nowitschok relevante Anlage in Nukus selbst demontiert. Und dies ganz sicher nicht, ohne sich das Know how zuvor zu sichern. Wer diese Hintergrundinformationen hat, muss sich auch nicht wundern, dass die erste „offiziell bekannte“ Synthese eines „Nowitschok“ von iranischen Forschern – unter Aufsicht der OPCW – durchgeführt und in Fachblättern publiziert wurde – so viel zum Thema: „Nur die Russen können das“.

Eine große Unbekannte ist übrigens, in welchen Nachfolgestaaten der Sowjetunion die Waffenprogramme weiterbetrieben wurden. Wie sieht es beispielsweise mit der Ukraine aus? Dort hätte man auch ein sehr überzeugendes Motiv, Russland eine solche Tat anzuhängen. Das ist jedoch Spekulation. Man muss aber davon ausgehen, dass neben Russland wenigstens die USA, Großbritanien, Israel, Frankreich und Deutschland zumindest über das theoretische Rüstzeug verfügen, selbst einige, wenn nicht gar alle, Nowitschok-Stoffe herzustellen.

Hier geraten wir jedoch in eine sehr pikante und delikate Situation. Laut der Chemiewaffenkonvention, die 1997 in Kraft trat, durften bis auf Israel, das die Konvention nie ratifiziert und Nordkorea, das die Konvention noch nicht einmal unterschrieben hat, alle hier genannten Staaten ohne das Hinzuziehen der OPCW überhaupt nicht an Nowitschoks forschen. Wie gesagt – es wäre naiv, anzunehmen, dass man sich daran gehalten hat; aber dies kann beispielsweise Theresa May natürlich nicht zugeben und ist daher in der dummen Lage, keine Erklärung auf die Frage geben zu können, wie die britischen Behörden denn überhaupt diesen, nicht einmal der OPCW bekannten Stoff analysiert haben wollen.

Die Kardinalfrage

Unser Leser B.S. machte uns in diesem Zusammenhang auf einen sehr interessanten Blogkommentar eines ihm „unbekannten Fachkollegen“ aufmerksam, der „einen kurzen und prägnanten Kommentar zur forensisch-analytischen Vorgehensweise der Bestimmung des fraglichen Agens“ abgegeben hat.

“OK I’ll bite. As a former industrial organic chemist, both synthetic organic, pilot plant, and QC (quality control), post-doc, this smells to me. Regarding the synthesis, as I understand it, this class are binary agents, i.e. non-lethal till mixing, so the two ‘halves’ could be made without specialist kit. Even active nerve agents could be prepared using a just fume cupboard, and the right PPE. Nothing too special required other than non shaky hands. Could be made anywhere the precursors are available. We worked with HF, OsO4, Thallium etc in such environments.

Regarding the analysis. Typically small quantities are analysed (I used to install them) using GCMS. Gas Chromatography Mass spectrometry. This can detect down to femtogram levels. OK.

So there exists databases of substances and their breakdown patterns under fragmentation, which can give possible matches to known compounds. This compound may have been on there. However, for an allegation of such seriousness, these would be ‘indicative’ rather than ‘conclusive’. For conclusive confirmation a coincidence of what is called ‘retention times’ would also be required against a standard. The retention time is the time it takes for the compound to ‘show itself’ at the end of the long thin tube inside the Gas Chromatograph. Different chemicals hold on to the tube with varying tenacities.and hence give various rates of elution.

So a professional forensic scientist, I would hope, would do the following.

  • Run a GC-Mass Spectrum to confirm the molecular weight.
  • Check against a database for possible compounds which correspond to that molecular weight and fragment pattern (there may be a few, it may not be unambiguous at this stage)
  • Check for the presence of other impurities, and the ratio of the main ingredient to these, which would give you the ‘fingerprint’
  • Run the sample of unknown concentration against a standard of known concentration to determine the amount of active ingredient in the sample.
  • Compare the ‘fingerprint’ to database of other ‘fingerprints’ in a library.
  • Only when this fingerprint matches the fingerprint from a library can you determine the origin. Even then you can not say who administered the substance, but you would have an avenue to explore.

OK so a good forensic laboratory would have access to the following. A synthetically pure sample of known weight and impurity profile. Finger prints of samples from ‘sources of concern’

So what is being implied here, is that the authorities have both. A control sample (to determine if the quantities found would be lethal) and samples from a few different labs to confirm that the fingerprint was from lab A not lab B for example. (How) did they have those?

Es geht also um die Frage, woher die britischen Behörden eine Vergleichsprobe des angeblich russischen Nowitschoks hatten, mit der sie die Probe vom Tatort vergleichen konnten.

B.S. schreibt dazu: „Eben dies ist die Kardinalfrage. Festzuhalten bleibt zudem, dass, verfügt man über ausreichend Kenntnisse, Logistik und fortgeschrittene Synthesemethodik, dann selbst der ‘Fingerprint’ (resultierend aus eingesetzter Synthesetechnik, Unreinheiten, Isotopenverteilung etc.) einer Probe nicht als sicherer Nachweis gelten kann, weil eben auch dieser mit ausreichend Aufwand gefälscht werden kann. Insbesondere gilt dies natürlich für Groß-Institutionen, welche über sämtliche dieser Voraussetzungen verfügen. Mit anderen Worten, selbst wenn doch noch entsprechende ‘Beweise’ vorgelegt werden sollten wären auch diese mit einer gewissen Zurückhaltung zu beurteilen.

Zudem, in 05.10.2016 wurde von einer iranischen Arbeitsgruppe in ‘Rapid Communications in Mass Spectrometry’ eine Arbeit zu in Rede stehenden phosphor-organischen Verbindungen veröffentlicht. Schlussfolgerungen hierzu liegen auf der Hand.“

Fazit

Festzuhalten bleibt, dass es also weitaus mehr als eine Variante gibt. Das Gift könnte aus Russland stammen; es könnte aber auch aus den Labors fast aller anderen Staaten stammen, die offizielle oder inoffizielle C-Waffen-Programme hatten oder haben und sogar Privatunternehmen sind mögliche Hersteller dieser Stoffe, die aufgrund ihrer angeblich binären Struktur ohne all zu große Sicherheitsvorkehrungen hergestellt werden können. Viel interessanter ist jedoch die Frage, wie britische Behörden den Stoff nachweisen konnten. Dazu gibt es zwei mögliche Varianten:

  • entweder das Ganze ist ein Bluff und es wurde nie ein „Nowitschok“ nachgewiesen
  • oder aber die Briten haben tatsächlich den „Nowitschok“ nachgewiesen, dann müssen sie aber zwangsläufig auch eine Vergleichsprobe haben, die sie laut Chemiewaffenkonvention jedoch gar nicht haben dürften.

Aber die Medien interessieren solche Fragen ohnehin nicht. Persönlich denke ich daher auch, dass die ganze Sache in spätestens ein, zwei Wochen von der Bildfläche verschwindet und wir in zwei, drei Jahren von Scotland Yard nur noch erfahren, dass der Fall eingestellt wurde.

Anlage 1:

Russen vor Gericht
Von Craig Murray
Historiker, ehemaliger Botschafter, Menschenrechtsaktivist
13. März 2018

Genau dieselben Leute, die Ihnen versichert hatten, dass Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen hätte, wollen Ihnen jetzt weismachen, Vladimir Putin benutze „Novichok“, um Menschen auf britischem Boden anzugreifen. Wie bei der Geschichte von den irakischen Massenvernichtungswaffen ist es auch hier unerlässlich, nachzuprüfen, ob die Beweise auch schlüssig sind. Ein wichtiges Wort fehlte bei der gestrigen Erklärung von Theresa May: das Wort „nur“. Sie sagte nämlich nicht, dass das benutzte Nervengift ausschließlich NUR von den Russen hergestellt wurde. Sie sagte vielmehr, dass diese Gruppe von Nervengiften „von den Russen entwickelt“ worden war. Antibiotika waren auch von einem Schotten entwickelt worden, aber das ist kein Beweis dafür, dass alle Antibiotika heutzutage auch von Schotten verabreicht werden.

Die Giftgase der „Novichok“ Gruppe – ein weitgefasster Begriff für eine Gruppe von neuen Nervengiften, die die Sowjetunion vor fünfzig Jahren entwickelt hat – sind mit größter Wahrscheinlichkeit von Porton Down analysiert und kopiert worden. Dafür ist Porton Down da. Es produzierte damals chemische und biologische Waffen und noch heute produziert es solche in geringen Mengen zur Verteidigung und um Gegengifte zu entwickeln. Nach dem Zerfall der Sowjetunion stellten russische Chemiker eine Menge von Informationen über diese Nervengifte zur Verfügung. Und ein weiteres Land, das schon immer ähnlich langlebige Nervengifte hergestellt hat, ist Israel. Das Foreign Policy Magazin (eine sehr bekannte US-amerikanische Einrichtung) brachte einen ganz interessanten Artikel über die Fähigkeiten Israels in Bezug auf chemische und biologische Waffen. Ich werde hier später noch einmal auf Israel zurückkommen.

Novichok ist übrigens keine spezifische Substanz, sondern eine Klasse von neuen Nervengiften. Übereinstimmend wird berichtet, dass sie entworfen wurden, um besonders beständig und um ein Vielfaches wirksamer zu sein als Sarin oder VX. Das ist kaum vereinbar mit der Tatsache, dass zum Glück noch niemand davon gestorben ist und dass diejenigen, die damit möglicherweise in Berührung kommen, nur ihre Kleidung waschen müssen.

Aus russischer Sicht gibt es kaum ein Motiv, Skripal zu ermorden. Wenn die Russen bereits acht Jahre mit dem Mordanschlag gewartet haben, dann hätten sie auch noch bis nach der Fußball-Weltmeisterschaft damit warten können. Die Russen haben bisher noch niemals einen ausgetauschten Spion getötet. So wie Diplomaten, sowohl die britischen als auch alle anderen, die glühendsten Verfechter der Immunität von Diplomaten sind, so sind auch das Sicherheitspersonal überall auf der Welt diejenigen, die am wenigsten ein System zerstören wollen, das einen zentralen Punkt ihrer eigenen Sicherheit berührt; im Wesentlichen ist der Austausch von Spionen ihre „Freikarte aus dem Gefängnis“. Niemand würde dieses System – wahrscheinlich sogar für immer – ohne gute Gründe untergraben wollen.

Hier soll auch noch angemerkt werden, dass die „bösen“ Russen Skripal damals mit einer wesentlich geringeren Gefängnisstrafe belegt hatten, als die Amerikaner es in einem vergleichbaren Fall getan hätten. Wenn ein Mitglied des amerikanischen militärischen Geheimdienstes den Namen von hunderten von US Agenten im Ausland für Geld an die Russen verraten hätte, dann hätten die Amerikaner ihn zumindest zu Lebenslänglich, wenn nicht gar zum Tod verurteilt. Skripal bekam nur 18 Jahre, was übrigens auch kaum mit der angeblichen unversöhnlichen Rachsucht gegen ihn zu vereinbaren ist. Wenn die Russen an ihm ein Exempel hätten statuieren wollen, so hätten sie es damals schon tun können.

Es ist wahrscheinlicher, dass der Grund für diesen Mordversuch eher auf etwas zurückzuführen ist, das in letzter Zeit geschehen ist, als auf eine Spionagetätigkeit von vor zwanzig Jahren. Wenn ich die britische Polizei wäre, dann würde ich bei Orbis Intelligence suchen.

Es gibt keinen Zweifel darüber, dass Skripal geheime Erkenntnisse an den MI6 zu der Zeit weitergereicht hat, wo Christopher Steele ein Mitarbeiter des MI6 in Moskau war. Zu dieser Zeit war auch Pablo Miller, ein anderer Mitarbeiter von Orbis Intelligence, in Russland, wo er Geheimdienstmitarbeiter rekrutierte. Es wird allgemein im Netz und in den amerikanischen Medien berichtet, dass es Miller war, der Skripal anwarb. Meine eigenen MI6-Quellen haben mir gesagt, dass es nicht stimmt, dass Skripal von selbst kam, sondern dass es Miller war, der ihm eine Weile lang hinterher war. Schade nur, dass Pablo Millers LinkedIn-Profil kürzlich gelöscht worden ist, aber es wird allgemein im Netz behauptet, dass das Profil ihn als Berater sowohl von Orbis Intelligence als auch für die FCO bezeichnete und, warten Sie, mit einer Adresse in Salisburi. Wenn jemand diesen LinkedIn-Eintrag wiederfinden konnte, dann wurden britische Regierungsstellen aktiv, um ihn wieder zu entfernen.

Selbstverständlich waren es auch Christopher Steele und Orbis Intelligence, die für das Clinton-Lager das sensationelle Dossier über Trumps Beziehungen zu Russland erstellten, einschließlich der Geschichte, dass Trump dafür bezahlt hätte, dass russische Prostituierte auf ihn uriniert hätten. Das ist das Kernstück von „Russiagate“, das die US-amerikanische Politik in Atem hält. Das Außergewöhnlichste daran ist, dass das Dossier von Orbis solch offensichtlicher Unsinn ist, dass jeder mit einem professionellen Erfahrungshintergrund es gänzlich zunichte machen kann. Das Motiv von Steele war, genauso wie der Geheimnisverrat von Skripal, schlicht und einfach Geld. Steele ist ein Scharlatan, der eine Reihe von Vermutungen aus dem Hut zauberte, die entweder völlig unwahrscheinlich sind oder die einen Zugang zu höchsten Quellen erforderlich gemacht hätten, die er im heutigen Russland nicht mehr haben konnte, oder aber beides. Er erzählte den Demokraten, was sie hören wollten und diese – die weder heute noch damals seine Geschichten kritisch betrachten wollten – bezahlten ihm gutes Geld dafür.

Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, ob Pablo Miller dabei geholfen hat, das Steele-Dossier über Trump zusammenzustellen, aber es erscheint mir sehr wahrscheinlich angesichts der Tatsache, dass auch er sowohl in Russland für den MI6 als auch für Orbis gearbeitet hat. Und es erscheint mir noch wahrscheinlicher, dass Sergei Skripal am Orbis-Geheimdossier über Trump mitbeteiligt war. Steele und Miller können nicht mehr nach Russland gehen und Quellen dort anzapfen und sie können auch niemals einen so guten Zugang zu ihnen gehabt haben, wie sie in ihrem Dossier behaupten, noch nicht einmal in ihren MI6-Zeiten. Das Dossier war mit Unsummen von Geld aus Allem zusammengestrickt worden, was sie finden konnten. Wer hätte ihnen da besser ein wenig Unterstützung bei der Beschaffung von scheinbarem Belastungsmaterial geben können als ihre alte Quelle Skripal?

Skripal war gerade zur Stelle im Königreich und vermutlich sogar sehr nahe an Miller in Salisburi dran. Er konnte die richtigen Akronyme für ein russisches Komitee hier oder den Namen eines russischen Beamten dort dazugeben, um den Anschein zu erwecken, Steele hätte belastbare Informationen abgeliefert. Und in der Tat, Skripals überholtes Wissen könnte einige der eklatantesten Irrtümer im Dossier erklären.

Das Problem mit Doppelagenten wie Skripal, die Geheimnisse für Geld verraten, ist jedoch, dass sie leicht auch Dreifach-Agenten werden können und man kann nie wissen, wann ein besseres Angebot kommt. Als Steele sein zwielichtiges Dossier zusammenstellte, konnte er noch nicht wissen, dass er jemals so bekannt werden und so auf dem Prüfstand stehen würde. Steele kann sich glücklich schätzen, dass das amerikanische Establishment abgeneigt ist, sein Werk näher zu untersuchen, da ihr einziges Ziel ist, Trump zu „erwischen“. Aber mit hohem Einsatz, sie sitzen auf einem Pulverfass, da einer der Autoren des Dossiers sowohl für Orbis als auch für dem Clinton-Lager lästig sein mag.

Wenn ich die Polizei wäre, ich würde mein Auge auf Orbis Intelligence richten.

Um nochmals auf Israel zurückzukommen. Israel hat die Giftgase. Israel hat den Mossad, der sehr bewandert in Sachen Mord im Ausland ist. Theresa May behauptete, Russlands Neigung dazu, Morde im Ausland auszuführen, sei ein spezifischer Grund, der darauf hinweise, dass es Russland war. Nun gut, aber der Mossad hat eine noch größere Neigung zu Auslandsmorden. Und wenn es mir widerstrebt, ein russisches Motiv dafür zu sehen, sein internationales Ansehen so stark zu beschädigen, so hat Israel ein klares Interesse daran, das Ansehen Russlands zu schädigen. Das russische Vorgehen in Syrien hat die israelische Stellung in Syrien und im Libanon fundamental untergraben und Israel hat daher ein sehr gutes Motiv dafür, dem internationalen Ansehen Russlands durch einen Anschlag zu schaden, den man den Russen leicht in die Schuhe schieben kann.

Beides, sowohl die Theorie, dass Orbis, als auch die, dass Israel dahintersteckt, sind Spekulationen. Aber sie sind nicht weniger Spekulation und nicht weniger Verschwörungstheorie als die Annahme, Vladimir Putin hätte heimlich Agenten nach Salisburi geschickt, um Skripal mit einem geheimen Nervengas zu töten. Ich sehe keinen Grund zu der Annahme, dass diese Spekulation in diesem Punkt abenteuerlicher sei als andere.

Ich bin aufgeschreckt von den hektischen Anstrengungen der Geheimdienst-, Spionage- und Rüstungsindustrien, die Russenphobie zu schüren und einem neuen kalten Krieg den Weg zu bereiten. Besonders besorgt bin ich über die Anzahl von „Experten“ des kalten Krieges, die jetzt die Nachrichten beherrschen. Ich schreibe hier als einer, der zwar schon glaubt, dass Agenten des russischen Staates Litvinenko ermordet haben und dass der russische Geheimdienst zumindest einen Teil der Bombenanschläge auf Apartments ausgeführt hat, die den Ausschlag für den brutalen Angriff auf Tschetschenien geliefert haben. Ich glaube auch, dass die russische Besetzung der Krim und von Teilen von Georgien illegal sind. Auf der anderen Seite hat Russland in Syrien den mittleren Osten vor der Herrschaft einer neuen Welle von Jihadisten bewahrt, die von den USA und von Saudi-Arabien unterstützt wurden.

Die naive Sicht von einer Unterteilung der Welt in „Gute“ und „Böse“ mit unserer eigenen herrschenden Klasse als die Guten ist Unfug. Ich war in Usbekistan selbst Zeuge der Bereitschaft der Sicherheitsbehörden des Vereinigten Königreichs und den USA, Erkenntnisse anzunehmen und zu bestätigen, von denen sie wussten, dass sie falsch waren, nur um ihre politischen Ziele weiterzuverfolgen. Wir sollten über ihre jetzige antirussische Geschichte sehr skeptisch sein. Es gibt viele mögliche Verdächtige bei diesem Angriff.

Freie Übersetzung aus dem Englischen von WM

Anlage 2:
… eines Typs, wie sie von Lügnern entwickelt wurde
Von Craig Murray, 16. März 2018

Ich habe jetzt von einer guten Quelle im FCO (britisches Außenministerium, Anmerkung WM) die Bestätigung erhalten, dass die Wissenschaftler von Porton Down nicht die Möglichkeit haben, den Nervenkampfstoff als einen von Russland hergestellten Kampfstoff zu identifizieren und dass sie verbittert über den Druck auf sie sind, es doch zu tun. Porton Down würde, nach einem eher schwierigen Meeting, wobei folgender als Kompromiss herauskam, nur die Formulierung „ von einer Art, wie sie von Russland entwickelt wurde“ unterschreiben. Die Russen haben vermutlich im „Novichok“-Programm nach einer Generation von Nervenkampfstoffen geforscht, die mit handelsüblichen Ausgangsstoffen wie Dünger und Insektiziden hergestellt werden könnten. Die Substanz ist in diesem Sinne ein „Novichok“. Es ist von dieser Art. Genauso wie ich auf einem Laptop schreibe, der in den Vereinigten Staaten entwickelt, aber in China hergestellt wurde.

Dies war jedem aus dem Regierungsviertel (Anmerkung WM: wörtlich: „anybody with a Whitehall background“) seit einigen Tagen klar. Die Regierung hat niemals gesagt, dass der Nervenkampfstoff in Russland hergestellt worden war oder dass nur Russland ihn hätte herstellen können. Die exakte Formulierung „eines Typs, wie er von Russland entwickelt wurde“ hatte Theresa May im Parlament benutzt, wurde vom Vereinigten Königreich im UN-Sicherheitsrat benutzt, wurde von Boris Johnson auf BBC benutzt und, am verräterischsten von Allem , ist „eines Typs, wie er von Russland entwickelt wurde“ genau der Satz, der in der gemeinsamen Erklärung des Vereinigten Königreiches, der USA, Frankreichs und Deutschlands gestern benutzt wurde.

„Der Einsatz eines militärischen Nervenkampfstoffs eines Typs, wie er von Russland entwickelt wurde, stellt die erste offensive Anwendung eines solchen Nervengifts in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg dar.”

Wenn von derselben sorgfältig ausgewählten Formulierung niemals abgewichen wird, dann weiß man, dass sie das Resultat eines sorgfältig gewählten Kompromisses des Regierungsviertels ist. Meine Quelle im Außenministerium sowie auch ich erinnern sich noch an den außergewöhnlich hohen Druck auf das Personal des Außenministeriums und anderer Zivilangestellten, das schmutzige Dossier über die irakischen Massenvernichtungswaffen abzuzeichnen, einen Druck, den ich in meinem Buch Murder in Samarkand (Mord in Samarkand, Anm. WM) wiedergegeben habe. Es bietet den Vergleich mit dem, was jetzt passiert, besonders in Porton Down, aber ohne meine Soufflage.

Nebenher habe ich auch noch die Presseabteilung der OPCW (Anm. WM: Organisation für das Verbot chemischer Waffen) angeschrieben und sie gebeten, mir zu bestätigen, dass es niemals einen schlagenden Beweis für die Existenz russischer Novichoks gegeben hat und dass das Programm zur Vernichtung der russischen Chemiewaffen letztes Jahr abgeschlossen wurde.

Kennen Sie diese interessanten Tatsachen?

Die Inspektoren der Organisation für das Verbot chemischer Waffen hatten über ein Jahrzehnt lang vollen Zugang zu allen russischen Einrichtungen zur Herstellung von Chemiewaffen – einschließlich denjenigen, die vom vermutlichen „Novichok“- Whistleblower Mirzayanov benannt worden waren – und letztes Jahr haben die Inspektoren der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen die letzten 40.000 Tonnen russischer Chemiewaffen zerstört.

Im Vergleich dazu ruht das Programm zur Zerstörung amerikanischer Chemiewaffen seit fünf Jahren.

Israel hat umfangreiche Lager von chemischen Waffen, aber es weigert sich, sie der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen zu melden. Israel gehört nicht zu den Staaten, die das Chemiewaffenabkommen unterzeichnet haben und ist auch nicht Mitglied der OPCW. Israel hatte das Abkommen zwar 1993 unterzeichnet, sich aber geweigert, es zu ratifizieren, weil das die Inspektion und die Zerstörung seines Bestandes an Chemiewaffen bedeutet hätte. Israel hat zweifellos genau so die technischen Möglichkeiten wie andere Staaten, die „Novichoks“ herzustellen.

Bis zu dieser Woche war die fast einhellige Meinung aller Experten für Chemiewaffen sowie auch die offizielle Stellung der OPCW, dass „Novichoks“ vor allem ein theoretisches Entwicklungsprogramm war, das die Russen nie abgeschlossen oder sie wirklich synthetisiert und hergestellt hatten. Darum stehen sie auch nicht auf der Liste der von der OPCW verbotenen Chemiewaffen.

Porton Down ist sich nicht sicher, dass es die Russen waren, die Novichok hergestellt haben. Von daher „eines Typs, wie er von Russland entwickelt wurde“. Man beachte: entwickelt, nicht gemacht, hergestellt oder produziert.

Es ist eine sorgfältige Wörterpropaganda. Eines Typs, wie sie von Lügnern entwickelt wurde.

Aktualisierung:

Diese Schrift regte einen anderen alten Kollegen an, sich zu melden. Auf der guten Seite ist zu vermelden, dass das Außenministerium Boris davon überzeugt hat, der OPCW eine Probe zukommen zu lassen, damit sie untersucht werden kann. Aber noch nicht sofort. Die Erwartung ist die, dass das Untersuchungskomitee von einem Chinesen geleitet wird. Der Plan von Boris ist auch, die OPCW dazu zu bringen, die Formulierung „wie er von Russland entwickelt wurde“ anzunehmen und dass die Diplomatie zu diesem Zweck ab jetzt von Peking übernommen wird.

Ich nehme mal an, dass es keine Anzeichen dafür gibt, dass die BBC sich beeilen wird, davon zu berichten.

Erratum – Ich hatte ursprünglich „Nervengas“ und nicht Nervenkampfstoff geschrieben – ausschließlich mein Fehler.

Freie Übersetzung aus dem Englischen von WM


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