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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Hinweise des Tages
Datum: 27. Oktober 2009 um 9:54 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich: Albrecht Müller
Heute unter anderem zu folgenden Themen: Konjunkturpolitik, SPD-Kursdebatte, Sozialversicherung ade, Arbeitende Rentner, Regelleistungen vor dem Bundesverfassungsgericht, Hungerlöhne (KR/AM)
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
“Eine ganze Führungsgeneration” – genannt werden Müntefering, der scheidende Finanzminister Peer Steinbrück, der gescheiterte Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier und der künftige Parteivize Olaf Scholz – stehe “vor den Scherben ihres eigenen neue Mitte- und großkoalitionären Kurses”. Der “neoliberale Kurs” sei gescheitert, die “verheerend” einseitigen Arbeitsmarktreformen hätten den Markenkern der sozialen Gerechtigkeit “massiv beschädigt”. Altkanzler Gerhard Schröder wird gleich an mehreren Stellen des Textes angegriffen. “Er und seine Freunde haben sich […] einer Ideologie bedient, die dummerweise mit der Programmatik der Sozialdemokratie inkompatibel ist.”
Inzwischen sei die SPD zu einer “linksbürgerlichen Honoratiorenpartei” verkommen, in der die Führung “weitgehend abgekoppelt” agiere und Bundesparteitage auf eine “abgehobene, ganz auf Medienwirkung ausgerichtete Inszenierung” reduziere. “Hier wird tagsüber Geschlossenheit demonstriert und abends Karriere organisiert”, heißt es in dem Papier.
Quelle: SPIEGEL
Anmerkung KR: Sollte sich endlich etwas tun?
Die zweite Gefahr lauert bei denen, die nicht zur klassischen FDP-Klientel gehören. Diejenigen , die der FDP zu diesem grandiosen Ergebnis verholfen haben – Menschen also, die nicht zur FDP-Klientel gehören – werden sich schon bald enttäuscht abwenden. Mit einer solchen Politik werden die Liberalen eben doch nicht eine “Partei fürs ganze Volk”, wie Westerwelle heute noch einmal euphorisch verspochen hat. Ergebnisse, wie bei der Bundestags- oder auch den jüngsten Landtagswahlen, dürften der Vergangenheit angehören. Die Partei hat den Höhepunkt ihrer Macht schon überschritten.
Quelle: tagesschau.de
Anmerkung Orlando Pascheit: Ein ganz erstaunlicher Kommentar für die öffentlich-rechtlichen Sender.
Anmerkung KR: Besonders interessant sind Grafik 3 (die Investitionsquote) und Grafik 4 (Lohnquote und Produktivität). Das ist zwar nicht gerade neu (sondern seit langem schon z.B. bei Heiner Flassbeck, bei Prof. von der Vring oder bei uns nachlesbar), aber interessant ist es doch, wenn nun auch der SPIEGEL Deutschland bescheinigt, von den Verfechtern der Agenda 2010 in eine Sackgasse geführt worden zu sein.
WELT ONLINE: Halten Sie die deutschen Journalisten für unkritisch?
Savelberg: Ich würde es anders bezeichnen. Vielleicht haben meine deutschen Kollegen zu viel Respekt. Mir fällt auf, dass es in Holland weniger Berührungsängste gibt. Da sind meine Kollegen härter. Die Regierung besteht nur aus gewählten Volksvertretern. Das sind keine Monarchen.
Quelle: WELT
Kommentar des NDS-Lesers J.W.: Das ist kaum noch erträglich: Erst in der BILD, und nun in der Tagesschau. KEINERLEI inhaltliche Positionen, die Rösler wahrlich zur Genüge streitbar vertritt, dafür “populistisches Gedöns” a la “das Genie von Nebenan – und gut sieht er auch noch aus”.
Wachstum. Bildung. Zusammenhalt« sind die drei Begriffe, die einem als erstes entgegen geworfen werden, wenn man sich den Koalitionsvertrag von CDU, CSU und FDP zur Legislaturperiode 2009-2014 anschaut. Was sich der schwarz-gelbe Sumpf für die nächsten vier Jahre vorgenommen hat, habe ich mir einmal genauer angeschaut und mich ein wenig durch den Koalitionsvertrag gequält.
Quelle: Zeitgeistlos
Unerwartet hoch ist auch die Anzahl aus dem asiatischen Raum – darunter Indien. Die Studie moniert, dass das Zentrale Schülerregister, durch das in Hamburg verwahrloste Kinder aufgespürt werden sollen, noch immer Eltern ohne Papiere davor abschreckt, ihre Kinder in die Schule zu schicken. Dabei hatte Bildungssenatorin Christa Goetsch (Grüne) in einem Brief an die Schulleitungen im Juni 2009 klargestellt, dass das Hamburger Schulgesetz Schulpflicht, Schulrecht und Einschulung an den Wohnort knüpfe und nicht an den Aufenthaltsstatuts. Ein vernichtendes Urteil fällt die Studie über die frühkindliche Erziehung. Obwohl Sozial- und Gesundheitssenator Dietrich Wersich (CDU) in Broschüren die Kinderbetreuung in den ersten Lebensjahren als Grundlage für “gute Bildung und starke Charaktere” als eine “Herzensangelegenheit” preist, sei im Gegensatz zum Schulbesuch die Unterbringung in einer Kita unmöglich. Denn Eltern ohne Papiere erhalten keine Kita-Gutscheine. Damit würde den Sprösslingen die Möglichkeit genommen, frühzeitig Deutsch zu lernen, kritisiert die Sozialwissenschaftlerin Emilija Mitrovic, die an der Studie beteiligt war. Wenn die Kinder nicht vorher schon den Bildungszugang haben, nütze die Schulpflicht nur wenig, so die Sozialwissenschaftlerin.
Quelle: TAZ
Hierzu zitieren wir die Seite von Tacheles e.V.:
Es ist klar geworden, dass das Bundesverfassungsgericht nicht nur die Kinderregelleistungen, sondern genauso die Erwachsenen Regelleistungen prüfen wird. Die Regierungsvertreter sind wohl in der Anhörung ziemlich ins Schleudern gekommen und die willkürliche Festlegung der Regelleistung ist offenbar geworden. Dazu gibt es auf der Seite eines Tachelesprozessbeobachters einen sehr umfassenden Bericht.
Ferner haben wir auf der Tachelesseite eine umfangreiche Stellungnahme einer von dem Kläger eingebrachten Stellungnahme veröffentlicht, aus der das Ausmaß und die Details der Manipulationen der Bundesregierung öffentlich werden, diese ist hier zu finden.
Außerdem ein Grußwort und auch Kurzeinschätzung des Klägers Thomas Kalley an die soziale Bewegung und Betroffenen unter dem Motto: „Also: wehrt Euch, Leute, nur Mut, denn es lohnt sich“.Schließlich noch eine erste Kurzeinschätzung von mir dazu auf der Tachelesseite, in der es um erste politische Einschätzungen geht und aber auch um die Frage, inwieweit Überprüfungsanträge jetzt Sinn machen.
Zur Frage der Überprüfungsanträge eine vorläufige Einschätzung der rechtlichen Lage:
- Es gab am 20. Oktober eine mündliche Erörterung und keine Urteilsverkündung. Der Ausschluss eines Überprüfungsantrages nach § 44 SGB X über § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II i.V. m. § 330 Abs. 1 SGB III gilt damit nicht ab dem 20. Oktober, wie wir es zunächst auf der Tachelesseite eingeschätzt hatten, sondern erst ab Urteilsverkündung, voraussichtlich im Januar 2010. Es ist demnach weiterhin bis zur Urteilsverkündung möglich Überprüfungsanträge zu stellen!
- Weiterhin sind die Chancen gestiegen, dass das BVerfG feststellt, die Regelleistungen seien verfassungswidrig und auch für die Vergangenheit neu zu bemessen. Aus diesem Grund ist zu empfehlen, rechtzeitig einen Überprüfungsantrag zu stellen oder neu erlassene Bescheide mit Widerspruch anzugreifen, um etwaige Ansprüche rückwirkend zu sichern.
Wir werden nun die bereits veröffentlichten Überprüfungsanträge überarbeiten und an die neue Situation anpassen. Außerdem werden wie sie um Musterwidersprüche gegen neu erlassene laufende Bescheide und gegen abgelehnte Überprüfungsanträge ergänzen sowie die zugehörigen Verfahrenstipps bereitstellen.
Mehr dazu hier.
Anmerkung KR: Wir wünschen dem Kläger Glück, erneuern angesichts der grundsätzlichen Einstellung des Richters Hans-Jürgen Papier zum Sozialstaat jedoch unsere Warnung vor Euphorie.
Anmerkung RS: So will es auch die Bundespolitik. Es war ein Ziel der letzten Bundesregierungen, wie es auch ein Ziel der kommenden ist, für Deutschland als tariffreier Billiglohnstandort werben zu können. Das ist ihnen auch weitgehend gelungen. Besser als die Werbung von Plauen und dem Landkreis Vogtland kann man das erwünschte Ergebnis nicht darstellen.
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