Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WM/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Fortgesetzte Völkerrechtsbrüche gegenüber Syrien
Während der letzten Woche wurden Integrität und Selbstbestimmungsrecht des syrischen Staates durch zwei Ereignisse nachhaltig tangiert:
US-Luftstreitkräfte attackierten arabische Milizen, die mit den regulären syrischen Streitkräften verbündet sind.
Israel bombardierte – zum wiederholten Mal – militärische Einrichtungen auf syrischem Gebiet.
Werden westliche Politiker gefragt, ob hier gegen das Völkerrecht verstoßen wurde, dann halten sie sich meist bedeckt, weichen aus oder verweisen auf Interpretationsspielräume. Dabei heißt es im Artikel 2 der UN-Charta unzweideutig, dass UN-Mitglieder “in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt” zu unterlassen haben.
Allein der UN-Sicherheitsrat kann gemäß Artikel 42 zu einem Einsatz militärischer Gewalt autorisieren, “um den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren oder wiederherzustellen”
Quelle: Telepolis
Anmerkung Albrecht Müller: Empfehlenswert.
dazu auch: Die Spannungen zwischen Syrien und Israel eskalieren
Mit israelischen Luftangriffen auf Stellungen in Syrien und dem Abschuss eines israelischen Kampfflugzeugs durch die syrische Flugabwehr haben sich die Spannungen im Nahen Osten wieder verschärft. Russland nannte die Angriffe Israels inakzeptabel, da russische Soldaten gefährdet worden seien.
Die Eskalation zwischen Syrien und Israel wird von Kommentatoren als Wendepunkt wahrgenommen. Seit in Syrien das Assad-Regime wieder die Oberhand hat und vom Iran und Russland unterstützt wird, haben sich die Kräfteverhältnisse geändert, kommentiert die israelische Zeitung “Haaretz”. Israels Premier Benjamin Netanjahu warnt seit Monaten vor der wachsenden Bedrohung durch Syrien, weil der Iran Syrien militärisch unterstützt. Die Ereignisse gestern wertet er als Beleg dafür:
“Das zeigt, dass unsere Warnungen zu 100 Prozent zutreffend waren. Israel macht Iran und seinen syrischen Verbündeten verantwortlich für die Eskalation. Wir werden weiterhin alles tun, was notwendig ist, um unsere Souveränität und Sicherheit zu verteidigen.”
(…) Die USA, Israels Verbündeter, betonten ihre so wörtlich “starke Unterstützung für Israels souveränes Recht, sich selbst zu verteidigen”.
Quelle: Deutschlandfunk
dazu: Israels Botschafter Issacharoff – “Unsere Antwort wird hart sein”
Israels Botschafter Issacharoff wirft dem Iran eine Destabilisierung des Nahen Ostens vor. Israel werde seine Sicherheitsinteressen mit harten Antworten schützen, sagt er im tagesschau.de-Interview.
Quelle: Tagesschau
Anmerkung WM: Ein geradezu kafkaeskes Interview, man muss sich die Augen reiben. Issacharoff ist der Botschafter Israels in Berlin. Den Hauptgrund für die instabile Lage im Nahen Osten sieht Issacharoff unter anderem darin, dass der Iran sich eingemischt habe. Die völkerrechtswidrigen Angriffe der USA auf Syrien bleiben unerwähnt. Die Besatzung des Iraks, die Bombardierung Libyens sowie der tägliche Bruch des Völkerrechts und der Genfer Konvention durch die USA, deren Verbündeter Israel ist: kein Thema, das hat mit der Instabilität der Region scheinbar nichts zu tun. Ein Friedensvertrag mit den Palästinensern scheitert nach Issacharoff an deren mangelnder Gesprächsbereitschaft (sic!). Die illegalen Siedlungen im Westjordanland sind laut Issacharoff auch kein Hindernis für eine Aussöhnung. Und an den deutsch-israelischen Beziehungen freut ihn am meisten, dass Deutschland U-Boote nach Israel liefert und Israel im Gegenzug Drohnen anbieten kann.
- Warnung vor Putin – Poroschenko fordert Zustimmung der SPD zur GroKo
Auch im Ausland blickt man mit Sorge auf die zähe Regierungsbildung in Berlin. Der ukrainische Präsident Poroschenko fordert ein Ja der SPD-Basis zum Bündnis mit der Union. Andernfalls freue sich Putin.
Jetzt hängt es an der SPD-Basis. Nach dem Abschluss der Koalitionsverhandlungen entscheiden die Mitglieder, ob die Sozialdemokraten erneut ein Bündnis mit CDU und CSU eingehen. Gibt es wieder eine Große Koalition oder muss am Ende gar erneut gewählt werden? Anfang März soll das feststehen – klar, dass auch das Ausland mit Spannung auf die Entwicklungen in Berlin blickt.
Quelle: SPIEGEL Online
- Und dann gehst du, Kevin, in Rente
Trotz des Verzichts von Martin Schulz auf das Amt des Außenministers will Juso-Vorsitzender Kevin Kühnert an seiner Kampagne gegen die große Koalition festhalten.
Bei einem Auftritt in Leipzig erntet er viel Zustimmung.
Kritik kommt aus den Reihen altgedienter SPD-Mitglieder, die an die Entstehung der Ära Kohl erinnern.
(…)
Kühnert reißt mit – aber er kann nicht alle im Publikum mit seiner “No-Groko-Kampagne” überzeugen. Hinten in der letzten Reihe meldet sich ein älterer Herr. Manfred Werske, seit 50 Jahren SPD-Mitglied. “Damals haben wir heftig gegen Helmut Schmidt demonstriert – und uns wurde gesagt: ‘Wenn ihr den stürzt, dann werden die Schwarzen sehr lange regieren.'” Der junge Manfred Werske konnte das damals nicht glauben, dann kamen 16 Jahre Helmut Kohl. Der ältere Manfred Werske hat daraus seine Lehren gezogen: “Wenn wir jetzt nicht in diese Koalition gehen, dann verschwinden wir für 25 Jahre. Und dann gehst du, Kevin, in Rente.”
Quelle: Süddeutsche Zeitung
Anmerkung unseres Lesers Hardy Koch: In dieser Geschichte gibt es zwei Fehler. 1. Fehler: Helmut Schmidt ist nicht von den SPD Mitgliedern gestürzt worden. 2. Fehler: In der SPD von heute gibt es niemanden mit dem Format eines Helmut Schmidt (oder Willy Brandt). Wen will man denn da stürzen? Diese billige Dolchstoßlegende soll die SPD Mitglieder an der Basis vor der GroKo Entscheidung einschüchtern. Ein billiges Manöver.
Anmerkung WM: Die „Erneuerung der SPD“ kann über eine programmatische Erneuerung geschehen. Und das geht nur durch eine Abkehr von der neoliberalen Politik die die SPD übernommen hat. Durch eine Abkehr von Hartz IV und Agenda 2010. Die jetzige Parteiführung ist dazu leider nicht bereit.
Ergänzende Anmerkung Jens Berger: Die Süddeutsche reduziert das gesamte Thema wir üblich auf einen personellen Zweikampf. Leider „vergisst“ man jedoch, auch einmal auf die Themen einzugehen. So fürchterlich progressiv sind die programmatischen Vorstellungen von Kevin Kühnert und seinen Jusos nämlich auch nicht.
- Das Versprechen
Es ist schon erstaunlich, wie locker über ein angebliches Versprechen von Martin Schulz an Sigmar Gabriel hinweg gegangen wird. Bitte mal sortieren. Es wird behauptet und das bestätigt Gabriel ja durch sein Interview in den Funke Medien indirekt selbst, dass Schulz ihm für den Fall einer Fortsetzung der Großen Koalition versprochen habe, den Posten des Außenministers behalten zu dürfen. Nur wann dieses Versprechen abgegeben worden sein soll, haben die Kollegen offenbar nicht herausgefunden.
Doch der Zeitpunkt wäre für die Beweisführung schon interessant. Sollte dieses Versprechen nämlich in dem Moment abgegeben worden sein, als Schulz Spitzenkandidat und später Parteichef wurde, wäre neben der Aussage von Thomas Oppermann unmittelbar nach der Wahl im Handelsblatt über eine theoretische GroKo auch durch Gabriel bestätigt, dass es im Wahlkampf nie um etwas anderes ging, als um die Fortsetzung der Großen Koalition und zwar als Juniorpartner. Das ist doch der eigentliche Skandal. Und daran sind ja wohl sehr viel mehr Genossen beteiligt wie natürlich auch die Spitzenfunktionäre auf Seiten der Union.
Nur scheinen diese Absprachen im Hintergrund heute niemanden sonderlich zu interessieren, sie gelten mehr oder weniger als ein offenes Geheimnis und als nicht weiter beachtenswert. Nur ist über diese eigentlich bekannten Vorgänge im letzten Jahr nie berichtet worden. Im Gegenteil. Die Medien wie auch die SPD-Mitglieder übernahmen am 24. September einfach die Behauptungen von Schulz und der Parteiführung, die ja immer noch im Amt ist, wonach die GroKo Schuld an der Wahlniederlage und Jamaika das erklärte Ziel von Angela Merkel gewesen sei.
Nun beklagen sich genau diese Leute aus den eigenen Reihen über den schrecklich schlechten Hauptdarsteller dieses Schmierentheaters. Sein Verhalten schade der Glaubwürdigkeit der Partei, so ist zu hören. Man hätte den Wählern den Zickzackkurs des scheidenden Vorsitzenden nicht mehr länger vermitteln können. Das heißt, andere Dinge wie den Koalitionsvertrag dagegen schon. Diesem Papier dichtet die Parteiführung nach wie vor eine sozialdemokratische Handschrift an. Doch da ist keine. Versprochen.
Quelle: Tau Blog
Anmerkung Christian Reimann: Und wie verhält sich Frau Nahles, derzeit Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion? Sie macht offenbar alles mit – vor allem in (auch partei-internen, nicht-öffentlichen) Hintergrundgesprächen des sogenannten SPD-Spitzenpersonals: Herr Schulz räumt zu ihren Gunsten den Posten des Bundesvorsitzenden der SPD, den sie scheinbar gerne übernehmen möchte. Sie erklärt auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Herrn Schulz auch, dass dieser ein guter Außenminister sein werde.
Bitte lesen Sie auch bzw. erneut Der gescheiterte Parteivorsitzende bestimmt seine/n Nachfolger/in. Eine wirklich tolle Regel.
- Ein sehr teures Kühlhaus
Nordkorea reist nach Südkorea, die USA sind beleidigt, und Russland wird gedemütigt: Die Olympischen Kommerzspiele sind eröffnet
Pünktlich zur Eröffnung der XXIII. Olympischen Winterspiele in der südkoreanischen Stadt Pyeongchang haben die USA erklärt, den Druck auf den Nachbarstaat Nordkorea weiter erhöhen zu wollen. Der nach Pyeongchang gereiste US-Vizepräsident Michael Pence sagte am Freitag, der südkoreanische Staatschef Moon Jae In stimme mit den USA überein, dass es weitere Sanktionen gegen den schon isolierten Staat geben müsse, sollte er an seinem militärischen Atomprogramm festhalten. (…) Am Freitag verließ er (Pence, Anm. WM) nach nur fünf Minuten den Empfang, den Südkoreas Präsident Moon für die ausländischen Staatsgäste organisiert hatte, weil er mit den Nordkoreanern an einem gemeinsamen Tisch hätte sitzen sollen.
(…) Auch wenn jeder weiß, dass der moderne, durchkommerzialisierte Leitungssport ohne Doping in der einen oder anderen Form nicht denkbar ist: Allein Russland wird dafür sanktioniert – aus rein politischen Gründen im Rahmen der antirussischen Kampagne westlicher Staaten. Doch 169 feierlich für »sauber« erklärte russische Athleten dürfen an den Winterspielen teilnehmen.
Der CAS will es sich nicht mit dem IOC verscherzen, das neben dem Fußballweltverband FIFA einer der rücksichtslosesten Sportkonzerne der Welt ist. Schon im Vorfeld der Winterspiele hat das IOC als Organisator mit der Vergabe von Fernseh- und Marketingrechten rund fünf Milliarden Euro verdient. Ausrichter Südkorea bleibt auf den Kosten, die auf elf Milliarden Euro geschätzt werden, ebenso sitzen wie auf seinen neuen Arenen, Pisten und Loipen, die ohne Winterspiele sinnlos sind. Trotzdem wurden für die neue alpine Skipiste 60.000 Bäume gefällt, manche davon 500 Jahre alt. Für das neue Eisschnellaufoval (Baukosten: 100 Millionen Euro) gab es den Vorschlag, es nach den Spielen in ein Kühlhaus für Fischfang umzuwandeln. Die Haupttribüne des neuen Olympiastadions soll nach nur vier Veranstaltungen (jeweils die Eröffnungs- und Schlussfeiern der Olympischen und Paralympischen Spiele) in ein Museum umgewandelt werden. Der Rest wird – wie 1992 in Albertville – direkt wieder abgerissen.
Quelle: junge Welt
- Thomas Fazi and William Mitchell – The EU cannot be democratised – here’s why
As the EU’s internal crisis increases with many citizens rebelling against what has become a neo-liberal project, European politicians are racing to strip national governments of all power to prevent any further democratic interventions. The centre-left still believes the EU is an institution for the good of Europe. They fail to ask the most important question: Whose Europe are we talking about?
Pinpointing the moment at which the process of European integration took a turn for the worse is not an easy task. That is because the more nefarious (from a progressive perspective) aspects of that process are the result of seemingly non-nefarious decisions taken decades earlier. For the sake of simplicity, we can trace the beginning of Europe’s turn to neoliberalism to the mid-1970s, when the so-called ‘Keynesian’ regime, which had taken hold in the West after the war, was experiencing a full-blown crisis.
Militant wage pressure, rising costs, and increased international competition had caused a squeeze on profits, provoking the ire of capitalists. But, on a more fundamental level, the full employment regime ‘threatened to provide the foundations for transcending capitalism’ itself: an increasingly militant working class had begun to link up with the new counterculture movements of the late 1960s, demanding a radical democratisation of society and the economy.
Quelle: Brave New Europe
- Die Altstadt wird zum Sperrgebiet
Rund um die Sicherheitskonferenz rechnet die Polizei mit 20 verschiedenen Protestkundgebungen in München.
Allein bei der Hauptdemonstration, zu der das “Aktionsbündnis gegen die Nato-Sicherheitskonferenz” am Samstag, 17. Februar, aufruft, haben die Veranstalter 4000 Teilnehmer angemeldet.
4000 Polizisten werden im Einsatz sein.
Werner Feiler betrachtet in diesen Tagen aufmerksam eine Reihe von Zahlen. Von ihnen hängt nicht unwesentlich ab, wie der Polizeivizepräsident die Lage für die 54. Münchner Sicherheitskonferenz einstufen muss, die von Freitag, 16. Februar, bis Sonntag, 18. Februar, im Hotel Bayerischen Hof stattfindet. Mehr als 600 Konferenzteilnehmer werden es wohl sein, darunter allein neun Staatspräsidenten und 13 Regierungschefs, die hinter verschlossenen Türen über die politische Weltlage beraten werden.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wird ebenso erwartet wie die britische Premierministerin Theresa May, der russische Außenminister Sergei Lawrow sowie US-Verteidigungsminister James Mattis. Auch UN-Generalsekretär António Guterres sowie Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sollen kommen. Von deutscher Regierungsseite stehen bislang die geschäftsführende Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, Innenminister Thomas de Maizière (beide CDU) und Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) auf der Liste.
Quelle: Süddeutsche Zeitung
- GroKo-Rentenpolitik tritt auf der Stelle und versagt im Kampf gegen Altersarmut!
Das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen von Union und SPD ist aus Sicht der heutigen Rentnerinnen und Rentner und der jungen Generation enttäuschend, erklärt Matthias W. Birkwald, rentenpolitischer Sprecher der Bundestagfraktion DIE LINKE. Statt die vorhandenen finanziellen Spielräume auszunutzen und im Kampf gegen Altersarmut vernünftig einzusetzen, wird der Beitragssatz begrenzt und die Rentenkasse wird weiter geschröpft. Echte Leistungsverbesserungen für heutige und zukünftige Rentnerinnen und Rentner sucht man vergebens.
Nur sehr wenige Mütter mit drei und mehr Kindern und nur neue Rentnerinnen und Rentner unter 65 Jahren, die zu krank sind, um zu arbeiten, (Erwerbsminderungsrenten) dürfen auf bessere Renten hoffen. Alle anderen gehen leer aus. Das wird zu Unmut bei vielen Menschen führen. Mütter mit ‚nur‘ zwei Kindern, erwerbsgeminderte Rentnerinnen und Rentner, die ein Jahr ‚zu früh‘ krank wurden und arme Rentnerinnen und Rentner, die nur 33 Beitragsjahre erreichen. Sie alle gehen leer aus.
Quelle: Die Linke
- Soziologe Volker Busch-Geertsema” Wir brauchen kleine, bezahlbare Mietwohnungen!”
Deutschlandfunk Kultur: Sprechen wir doch mal über die verschiedenen Begriffe: Obdachlosigkeit, wohnungslos. Das ist ja nicht dasselbe. Wie viele Menschen sind denn jeweils betroffen?
Volker Busch-Geertsema: Ja, das ist immer ein bisschen schwierig, weil dieser Begriff der Obdachlosigkeit wird sehr unterschiedlich verwendet. Also, die Städte, die die Menschen unterbringen, nennen die Obdachlosen verrückterweise die, denen sie ein Dach überm Kopf geben in ihren Obdachlosenunterkünften. Das sind für sie die Obdachlosen.
Im gemeinen Sprachgebrauch würde man ja eher sagen, die Obdachlosen sind die ohne Obdach und sie sind eine relativ kleine Teilgruppe der Wohnungslosen. Das sind Menschen, die eben keinen Mietvertrag haben, keine dauerhafte Wohnungsversorgung. Die können auch bei Freunden und Bekannten vorübergehend Unterschlupf gesucht haben, die sogenannten Sofa-Hopper, oder sie sind in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe. (…)
Volker Busch-Geertsema: Ja, zum einen ist es tatsächlich ein stark städtisches Phänomen. Es ist nicht nur in den Städten, aber Sie haben natürlich die Boomtowns, so wie Frankfurt, Stuttgart, Hamburg, Berlin, München. Da ist es besonders eng. Da sind die Wohnungsmärkte besonders eng. Da gibt es aber auch am ehesten Arbeit. Und Wohnungslose gehen da hin, wo es Arbeit gibt, aber auch wo es soziale Hilfen gibt. Das heißt oft, wenn sie wohnungslos werden, gehen sie dann weg aus den ländlichen Regionen. (…)
Deutschlandfunk Kultur: Was sagt das denn aus über uns als reiches Industrieland, wenn wir die letzten Jahre angucken? Die Arbeitslosigkeit sinkt. Die Wirtschaft wächst. Immer mehr Geld ist da. Aber offenbar steigt gleichzeitig die Obdachlosigkeit, die Wohnungslosigkeit im Vergleich mit den 90er Jahren. Wie passt das zusammen?
Volker Busch-Geertsema: Ich glaube, es fehlt noch oft am politischen Willen, Wohnungslosigkeit wirklich wirkungsvoll zu bekämpfen. Den Bereich der Notunterkünfte und Sonderwohnformen auszubauen, ist nach meiner festen Überzeugung der falsche Weg, vor dem man nur warnen kann. Das ist im Moment wieder aller Orten der Fall, dass das gemacht wird. Stattdessen muss zum einen die Prävention verbessert werden, gerade im ländlichen Bereich, aber auch in manchen Städten. Wohnungsverluste müssen wirkungsvoller verhindert werden. Die Barrieren beim Zugang zu dauerhaftem Wohnraum müssen gezielt beseitigt werden. (…)
Deutschlandfunk Kultur: Sie sagen, es braucht dafür auch eine bundesweite Strategie. Jetzt haben wir ja einen frischen, neuen Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD. Was sehen Sie darin zum Thema Bauen und auch für die Wohnungslosen und Obdachlosen?
Volker Busch-Geertsema: Ja, also: Das erste, was bekannt geworden ist, war das Baukindergeld. Ich habe auch nichts dagegen, dass auch junge Familien bauen können, aber sozusagen diese Ausrichtung so stark immer auf Eigentumsbildung und auf Familienhaushalte geht an dem drängendsten Bedarf vorbei. Was wir brauchen, sind Kleinwohnungen, erschwingliche Kleinwohnungen. Und bei den Wohnungslosen brauchen wir dann auch noch einen privilegierten Zugang dazu.
Quelle: Deutschlandfunk Kultur
- Kinder unter drei Jahren: Es fehlen 300.000 Betreuungsplätze
Für die Betreuung von Kindern unter drei Jahren fehlen in Deutschland weiterhin 300.000 Plätze. Das geht aus einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft hervor. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen Ost und West.
In Deutschland fehlen einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln weiterhin fast 300.000 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren. Im vergangenen Jahr sei “der Ausbau der Betreuungsinfrastruktur sehr dynamisch vorangeschritten”, heißt es in der veröffentlichten Studie. Im März 2017 seien rund 42.000 Kinder unter drei Jahren mehr in Betreuung gewesen als noch im März 2016. “Gleichzeitig ist aufgrund höherer Geburtenzahlen und Zuwanderung allerdings auch die Kinderzahl deutlich gestiegen, sodass die Betreuungslücke nach wie vor bei rund 300.000 Plätzen liegt”, erklärte das Institut.
Quelle: Tagesschau
- Kostendruck im Krankenhaus – Aufstand der Pfleger
Am heutigen Sonntag ist der Welttag der Kranken. Die Politik will den Kollaps in den Kliniken abwenden und eine Mindestzahl von Pflegekräften vorschreiben. Das wird teuer. Doch längst begehren die überlasteten Helfer auf.
in Aufstand der Pflegenden überzieht Deutschland
In Berlin haben sich die Spitzen von Union und SPD nach Jahren des Lavierens durchgerungen, eine Katastrophe zu verhindern. Eine Mindestzahl von Pflegekräften wollen sie für einzelne Klinikstationen festlegen, sobald die neue Große Koalition steht. Es sind teure Pflegeuntergrenzen. Doch eine Wahl gibt es nicht mehr für die Politik. Die Lage droht zu eskalieren.
Ein nie dagewesener Kampfgeist hat Krankenhäuser in ganz Deutschland erfasst. Ausgehend von der Berliner Charité, an der Pflegekräfte mit Streiks feste Personalschlüssel durchgesetzt haben, begehrt das Personal an Kliniken in Bayern und Baden-Württemberg, in Norddeutschland und Nordrhein-Westfalen auf: Augsburg, Dachau, Tübingen, Freiburg, Heidelberg und Ulm, Essen, Düsseldorf, Hannover. Mancher Krankenhausbetreiber versuchte, sich vor Gericht gegen Streiks zu wehren – und verlor.
Im Saarland breitet sich eine Protestwelle aus, wie sie deutsche Kliniken noch nicht gesehen haben. An allen 21 Krankenhäusern streiken Pflegende, sie fordern mehr Personal, stellen Ultimaten und drohen mit Dienst nach Vorschrift: Pausen einhalten, keine Überstunden, keiner springt in der Freizeit ein. Dann würde die Versorgung vollständig zusammenbrechen.
“Bei mir und vielen anderen hat sich ein Schalter umgelegt. Wir haben den Mut gefunden, uns zu wehren”, sagt Gerhart. “Es muss sich jetzt etwas ändern. Sonst kippt alles.” (…)
Zusammengefasst: Sie sind erschöpft und ausgelaugt – jetzt setzen sich bundesweit Pflegekräfte in Krankenhäusern zur Wehr. Sie stellen ihren Arbeitgebern Ultimaten und streiken für mehr Pflegepersonal auf den Stationen. Jahrelang bauten die Kliniken Arztstellen auf und Pflegejobs ab. Nun läuft das Krankenhaussystem auf eine Katastrophe zu. Union und SPD versuchen sie noch abzuwenden: mit Untergrenzen für Pflegepersonal. Doch es wollen sich kaum mehr Menschen dem Klinikdruck aussetzen, es ist ein Teufelskreis entstanden.
Quelle: Spiegel Online
- Der Absturz des Martin Schulz – Ikarus aus Würselen
Selten hat es in der bundesdeutschen Politik solch dramatische Abstürze gegeben wie den des Martin Schulz. Die SPD empfing ihn wie einen Messias, dann häuften sich die strategischen Fehler. Eine Chronik in fünf Etappen.
Von Eckart Aretz, tagesschau.de
Ob Martin Schulz sich in diesen Tagen gelegentlich an den späten Januar 2017 erinnert hat? Rauschhafte Tage waren das, für die SPD, für ihn, als er, von der Öffentlichkeit kaum vorhergesehen, zum Kandidaten für den Parteivorsitz und die Kanzlerkandidatur gekürt wurde. Die Rückeroberung des Kanzleramtes nach mühseligen Jahren in der Großen Koalition – auf einmal schien vieles möglich. Ein Jahr und 16 Tage später ist nicht nur der Traum vom Kanzleramt ausgeträumt und der Parteivorsitz verloren. Nicht einmal ein Ministeramt bleibt Schulz.
Quelle: Tagesschau
Anmerkung WM: Chronik einer absehbaren Bauchlandung. Die Nachdenkseiten haben von Anfang an gewarnt, dass eine Politikänderung der SPD Führungsspitze oberstes Gebot sei. Siehe hierzu auch den Beitrag von Albrecht Müller von 8. August 2017.
- Putins rätselhafte “Weltuntergangsmaschine”
Seit Jahren kursieren Gerüchte über einen russischen Atom-Torpedo. Jetzt taucht das Unterwassergeschoss erstmals in einem öffentlichen Regierungsdokument auf – in den USA.
Es war einer dieser angeblichen Zufälle, an deren Zufälligkeit kaum jemand glaubt. Am 9. November 2015 hielt der russische Präsident Wladimir Putin eine eher langweilige Rede vor Generälen, es ging um Russlands Rüstungsindustrie und die Raketenabwehr der USA. Scheinbar zufällig schwenkte die TV-Kamera auf einen Zettel mit technischen Zeichnungen eines russischen Torpedos.
Was dort zu lesen war, schockierte westliche Experten: Das Unterwassergeschoss namens “Status-6” sollte “wichtige Teile der gegnerischen Wirtschaft in einem Küstengebiet beschädigen” und “ausgedehnte Bereiche radioaktiver Kontamination schaffen, die auf lange Sicht militärisch, wirtschaftlich und für andere Aktivitäten unbenutzbar wären”. Die Aufregung im Westen war groß. Schnell war die Rede von einer “Weltuntergangsmaschine”, die mit einer Sprengkraft von 100 Megatonnen TNT 500 Meter hohe Tsunamis auslösen, Hunderttausende töten und dank einer Kobalt-Hülle riesige Küstengebiete für Jahrhunderte verstrahlen könnte.
Quelle: Spiegel online
Anmerkung unseres Lesers David Meuer: Was unterscheidet dieses ehemalige Nachrichtenmagazin noch von der Bild?
Alleine schon die Überschrift lässt einem die Haare zu Berge stehen. Und im Text wird dann die Phantasterei von atomaren Bedrohungen durch andere Atommächte, zur Rechtfertigung der neuen US-Nukleardoktrin als „Beweis“ für die Existenz dieser „Weltuntergangsmaschine“ angeführt. Es ist nicht mal mehr zum schmunzeln. Nur noch traurig…
passend dazu: Sterben für Putin – wie Russlands Soldaten sich für den Ruhm des Kreml-Herren opfern
Russlands Soldaten lassen sich nicht gefangen nehmen. Wie die Vorbilder aus dem Zweiten Weltkrieg opfern sie sich – und ersparen es Putin, die bittere Wahrheit des Krieges einzugestehen. Statt Tränen und Leiden gibt es Heroismus und Orden.
Seit 2014 führt Russland einen Krieg in Syrien – mit Bomben, Hubschraubern, Cruise Missiles, thermobarischen Sprengköpfen und und und. Einerseits ist der Einsatz ein voller Erfolg aus Moskaus Sicht. Zu Beginn war Machthaber Assad in schwerer Bedrängnis – wenn auch nicht schon besiegt, wie manche seiner Gegner frohlockten – heute sitzt er fest im Sattel. Die USA mussten die Lektion lernen, dass der scheinbar so einfache Regime-Wechsel zu einem unkalkulierbaren Risiko wird, sobald Moskau dazwischenfunkt.
Zum Jubeln gibt es im Kreml jedoch keinen Grund. Eine auch nur irgendwie friedliche Lösung ist nicht in Sicht. Wie der 30-jährige Krieg schleppt sich der syrische Krieg von Jahr zu Jahr. Ist ein Gegner besiegt, erhebt sich der nächste.
Die Verluste des Kreml
Moskau muss auch Verluste hinnehmen. Verluste, die typisch für die geheimniskrämerische Welt Wladimir Putins geschickt verborgen werden. Sie werden nicht plump geleugnet, das würde nur die Angehörigen aufbringen – sie werden öffentlich einfach kaum thematisiert. In der Bevölkerung ist der Wiederaufstieg Russlands zur Weltmacht durchaus populär, Tote werden jedoch kritisch aufgenommen. Zu nahe ist die Erinnerung an den ersten Tschetschenienkrieg, in dem Tausende von jungen Soldaten mit ihren Leben für die Unfähigkeit der militärischen Führung unter Boris Jelzin bezahlen mussten.
Quelle: Stern
Anmerkung WM: Der Artikel des Stern haut in die gleiche Kerbe wie der von Spiegel online und ist auf gleich traurigem Niveau.. Qualitätsjournalismus pur!