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- Schulz erlebt sein Waterloo
Die Schwäche von Martin Schulz wurde offensichtlich: Flehen statt Mitreißen – der SPD-Chef erlebte in Bonn sein Waterloo, meint Angela Ulrich. Das reicht maximal noch zwei Jahre. Und dann? Eine hat sich unfreiwillig beworben.
Autsch, war das knapp. Die SPD-Delegierten haben sich in Bonn zu einem Ja zu Koalitionsverhandlungen gequält. Martin Schulz kann sich bei Andrea Nahles bedanken. Wäre die Fraktionschefin nicht wie eine Löwin auf die Bühne gestürmt und hätte für die GroKo gebrüllt – wirklich gebrüllt – vielleicht wäre es noch in die Hose gegangen.
Denn die Gegner eines neuen schwarz-roten Bündnisses waren die Sieger der Herzen auf diesem denkwürdigen SPD-Parteitag. Juso-Chef Kevin Kühnert, der gesittete Rebell, hat mit seiner zehnminütigen Rede weit mehr Applaus bekommen als der SPD-Vorsitzende in einer knappen Stunde. Weil das Herz vieler Genossen sagt: Nichts wie raus aus der GroKo! Der Verstand aber am Ende lauter gerufen hat: Stopp, hiergeblieben. Deutschland braucht uns, es ist zu riskant zu gehen. […]
Darauf kann Schulz aufbauen, sofern er noch die Kraft dazu hat. Mehr als ein Mann des Übergangs wird er für die SPD nicht mehr werden – höchstens zwei Jahre noch, dann muss ein anderer ran, oder eine andere. Andrea Nahles hat – vielleicht unfreiwillig – schon mal eine Bewerbungsrede gehalten.
Quelle: Tagesschau
Anmerkung Jens Berger: Das schwache Ergebnis hat in der Tat überrascht. Wenn die Parteispitze nur eine hauchdünne Mehrheit der Delegierten mitnehmen kann, ist dies ein Misstrauensvotum, das zeigt, wie Recht Oskar Lafontaine mit seinem Anstoß für eine Sammlungsbewegung doch hat. Und schon hagelt es konstruktiv daherkommende „vergiftete“ Ratschläge aus den Medien. Die Tagesschau empfiehlt der SPD tatsächlich, Schulz mittelfristig gegen Andrea Nahles auszutauschen? Die Frau, die – wie die Tagesschau ja selbst schreibt – die unbeliebte GroKo zu ihrem persönlichen Projekt macht? Das kann doch nicht wahr sein. Das „Waterloo“, das keines war (dafür hätten die Gegner schon gewinnen müssen), war keine Niederlage für Schulz, sondern für (fast) den gesamten SPD-Vorstand, der ja nahezu geschlossen für die GroKo-Koalitionsverhandlungen gestimmt hat.
- Die SPD schafft sich ab
Ihre Idee einer linken Volkspartei hat eine breite Debatte ausgelöst. Im Interview mit t-online.de erläutert Sahra Wagenknecht, warum es diese neue Bewegung braucht. Zugleich umwirbt sie vor dem SPD-Parteitag enttäuschte Sozialdemokraten.
Frau Wagenknecht, Sie haben vor kurzem öffentlich darüber nachgedacht, dass in Deutschland die Zeit reif wäre für eine linke Volkspartei. Sind Sie der Linken überdrüssig?
Sahra Wagenknecht: Nein. Eine linke Volkspartei ist eine Partei, die die große Mehrheit der Bevölkerung vertritt, die von einem entfesselten Globalkapitalismus nicht profitiert. Es geht um die Wiederherstellung des Sozialstaates und um den Schutz von Löhnen und Arbeitsplätzen. Es wäre schön, wenn die Linke diese Partei wird. In jedem Fall brauchen wir eine linke Kraft, die wesentlich stärker und einflussreicher ist, als wir aktuell sind. Die SPD schafft sich ab, seit Jahren macht sie Politik gegen ihre eigenen Wähler, sie trägt Verantwortung für Niedriglöhne, Altersarmut, Privatisierungen und unsichere Jobs. Mit dem erneuten Gang in die Große Koalition würde sie diese Politik fortsetzen. Dadurch ist eine große politische Leerstelle entstanden, die bisher nicht von links gefüllt wird. Die SPD hat seit 1998 zehn Millionen Wähler verloren – und wir haben lediglich zwei Millionen Wähler mehr als die damalige PDS.
Wann haben Sie zum ersten Mal an eine linke Volkspartei gedacht?
Als die Debatte um eine erneute große Koalition begann, die Martin Schulz nach der Wahl ausdrücklich ausgeschlossen hatte. Nach dem historisch schlechten Wahlergebnis hat Schulz zunächst eine personelle und inhaltliche Erneuerung seiner Partei versprochen. Da hatte ich eine vage Hoffnung, dass die SPD verstanden hat, warum sie so viele Wähler verliert, und sich neu aufstellt. Dann hätten wir in der SPD wieder einen Partner für soziale Politik finden könnten. Aber jetzt demonstriert die SPD den Wählern, dass es völlig egal ist, was sie wählen. Union und SPD machen einfach weiter, als wäre nichts geschehen – die zwei großen Wahlverlierer wollen die nächste Regierung bilden, alles soll weitergehen wie bisher.
Quelle: T-Online
- Ausschnitt: Oskar Lafontaines Rede zur Sammlungsbewegung
Wir können doch nicht übersehen, dass die Rechte in Deutschland und Europa immer stärker wird. Vor diesem Hintergrund und vor dem Hintergrund der Schwäche der SPD habe ich aufgerufen zu einer Sammlungsbewegung der politischen Linken. Wir müssen uns zusammentun, um das Aufkommen der Rechten in Deutschland und ganz Europa zu verhindern. Das habe ich gestern beim Neujahrsempfang der Fraktion Die Linke im Landtag des Saarlandes erklärt. Hier ein Ausschnitt meiner Rede.
Quelle: Oskar Lafontaine via Facebook
- Alle zwei Tage ein neuer Milliardär
Vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos hat die Organisation Oxfam einen Bericht zur sozialen Ungleichheit vorgestellt. Das Ergebnis: Der Reichtum der Reichen wächst rasant.
Die neuen Zahlen, mit denen Oxfam-Aktivist Nick Bryer hantiert, mögen bei den einen Achselzucken und bei den anderen Wut auslösen: Seinen Worten zufolge kommt alle zwei Tage irgendwo auf der Welt ein neuer Dollar-Milliardär hinzu. Inzwischen seien es mehr als 2000. Eine Näherin in Bangladesch müsse ihr ganzes Leben arbeiten, um so viel zu verdienen wie der Chef eines führenden Modekonzerns in vier Tagen. Und allein 42 Menschen besäßen zusammen so viel wie die gesamte ärmere Hälfte der Weltbevölkerung.
Die Schere zwischen Arm und Reich öffne sich, beklagt Bryer. “Wenn wir uns nur die jüngsten Vermögenszuwächse anschauen, dann gehen 82 Prozent davon – also vier von fünf Dollar – an das reichste ein Prozent”, sagt er. “Während der Wohlstand der unteren Hälfte der Menschheit, dreieinhalb Milliarden Menschen, gar nicht gewachsen ist.”
Quelle: Tagesschau
dazu: Oxfam appelliert an die Regierungen, die wachsende Ungleichheit zu stoppen
Der Bericht legt wieder plakativ die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich und die Bedingungen vor, demonstriert aber auch die Hilflosigkeit moralischer Appelle
Wie mittlerweile jedes Jahr zum Auftakt des Weltwirtschaftsforum in Davos legt Oxam einen Bericht über die Kluft zwischen dem reichsten 1 Prozent und dem Rest der Weltbevölkerung vor. Nach dem diesjährigen Bericht mit dem Titel “Reward Work, not Wealth” (Belohnt Arbeit, nicht Reichtum) geht die Schere noch weiter auseinander. Die Zahl der Milliardäre ist auf 2043 angewesen, jeden Tag habe es einen Milliardär mehr gegeben. 9 von 10 Milliardären sind Männer. Mit 762 Milliarden US-Dollar 82 Prozent des weltweiten Vermögenswachstums 2017 gingen ans reichste Prozent der Bevölkerung. Die Zahlen stammen aus dem Credit Suisse Global Wealth Databook 2017 und der Forbes-Milliardärsliste. Mit der zunehmenden Kluft schwindet die soziale Mobilität überall auf der Welt.
Nach dem Bericht hatte die Hälfte der Weltbevölkerung, etwa 3,7 Milliarden Menschen, überhaupt keinen Anteil vom Vermögenszuwachs, während das reichste Prozent immer noch mehr Vermögen besitzt als der Rest der Menschheit. Noch immer leben 700 Millionen Menschen in extremer Armut und hat weniger als 1,9 US-Dollar am Tag. Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung soll aber auch nur zwischen 2 und 10 US-Dollar zum Leben haben. Die Einkommensunterschiede sind grotesk: “In nur vier Tagen verdient ein Vorstandsvorsitzender eines der fünf größten Modekonzerne so viel wie eine Näherin in Bangladesch in ihrem ganzen Leben.” Viele Menschen arbeiten im informellen Sektor, in vielen Ländern reicht der Mindestlohn, wenn es einen gibt, nicht zum Leben, oft wird er auch hintergangen. Besonders die Frauen, aber auch die jungen Menschen haben oft unsichere, schlecht bezahlte Arbeit und schlechten Bedingungen.
Quelle: Telepolis
- Pensionsfonds der Europaabgeordneten droht offenbar Pleite
Ein Fonds für die Renten der EU-Abgeordneten steht laut einem Zeitungsbericht kurz vor der Zahlungsunfähigkeit. Für die Altersbezüge der Politiker fehlten Hunderte Millionen Euro. Nun müsse der Steuerzahler aushelfen.
Dem früheren Pensionsfonds der EU-Abgeordneten droht einem Bericht zufolge spätestens 2026 die Pleite. Es klaffe eine Finanzlücke in Höhe von Hunderten Millionen Euro, berichtete die “Bild”-Zeitung unter Berufung auf eine interne Stellungnahme des Generalsekretärs des EU-Parlaments, Klaus Welle, für den Haushaltskontrollausschuss.
Danach hatte der 2009 geschlossene Fonds zwar Ende 2016 ein Vermögen von 146,4 Millionen Euro, aber die Pensionsanwartschaften der Ex-Abgeordneten belaufen sich auf 472,6 Millionen Euro. Das rechnerische Defizit belief sich auf 326,2 Millionen Euro. Bereits Anfang 2009 hatte den üppigen und umstrittenen Zusatzrenten der Europaabgeordneten ein Defizit in Höhe von 120 Millionen Euro gedroht.
“Das geschätzte Datum der Insolvenz des Freiwilligen Pensionsfonds ist grob geschätzt zwischen 2024 und 2026”, heißt es laut “Bild” nun in dem aktuellen Papier. Selbst wenn das Vermögen des Fonds zwei Prozent Rendite pro Jahr erwirtschaftet, wird er demnach nur bis 2024 liquide sein. Bis 2026 reichen die Mittel nur bei einer jährlichen Rendite von mindestens fünf Prozent.
Quelle: SPIEGEL Online
Anmerkung Jens Berger: Eine „Randmeldung“, die man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen sollte. Der private Pensionsfonds der Parlamentarier, die so sehr auf eine Privatisierung der Altersvorsorge gedrängt haben, geht nun pleite. Offenbar ist „privat“ vielleicht doch keine so gute Lösung für die Altersvorsorge? Die Parlamentarier kommen aber ungeschoren davon, da die Verluste durch Steuermillionen ausgeglichen werden. So was kann man sich nicht ausdenken.
- Oje, doch eine deutsch-französische Achse
Am kommenden Montag jährt sich die Unterzeichnung des Élysée-Vertrages zwischen Deutschland und Frankreich zum 55sten Mal. Auch heute geht es um eine Initialzündung für mehr Kooperation zwischen den beiden mächtigsten EU-Mitgliedern. Die GroKo-Sondierer fordern gar einen neuen Élysée-Vertrag. (…)
Frankreich würde in diesem Szenario gewisse Elemente einer Transferunion bekommen, sei es über ein Eurobudget, Eurobonds oder was auch immer. Deutschland bekäme im Gegenzug Regeln, nach denen diese Transfers immer an politische Maßnahmen gekoppelt werden, die im Interesse der deutschen Wirtschaft liegen: Ausgabenkürzungen, sowie Liberalisierungs- und Privatisierungsprogramme. Die Löhne würden stärker koordiniert werden, wobei der Anpassungsdruck auf den Hochlohnländern läge, wie schon Macrons Arbeitsmarktreform in Frankreich zeigt. Die Finanzmärkte würden weiter dereguliert, was die Realwirtschaft destabilisierte und Arbeitsplätze bedrohte. Investiert würde vorrangig nicht in öffentliche Dienstleistungen wie Gesundheit oder Bildung, sondern in militärische Aufrüstung. Demokratische Prozesse und damit die politische Teilhabe würden geschwächt, weil zentrale Kompetenzen auf Technokraten in Brüssel übertragen würden.
Womöglich könnte eine solche Politik EU und Währungsunion mittelfristig vor dem Untergang bewahren, weil sie die zuletzt immer weiter gewachsenen wirtschaftlichen Ungleichgewichte stabilisiert. Die heutigen Defizitländer würden aber weiterhin unter permanentem Anpassungsdruck leiden. Die deutsch-französische Achse würde vermittelt über EU- und Euroinstitutionen tief in die Geschicke der schwächeren Länder hineinregieren. Dort würde der Unmut über Einflussnahmen aus Berlin, Paris und Brüssel weiter wachsen. Vielleicht schweißt das dann Deutsche und Franzosen stärker zusammen, weil die Deutschen nicht mehr allein den Zorn der anderen auf sich zögen. Diese Art der Völkerverständigung stünde allerdings nicht unbedingt im Geiste des Élysée-Vertrag.
Quelle: Euractiv
Anmerkung Christian Reimann: Trotz aller Beschwörungen bleibt der Eindruck bestehen, wonach sich in beiden Staaten vor allem die ökonomischen Eliten (die Reichen und Vermögenden) durchgesetzt haben. Was zunächst in Deutschland während der Schröder/Fischer-Regierung (teilweise mit schwarz-gelber Bundesratsmehrheit) umgesetzt worden war (Stichworte: Privatisierungen im Gesundheits- und Rentensystem, Niedriglohnsektor, Steuergeschenke für Arbeitgeber), soll nun offenbar auch in Frankreich mit dem Präsidenten Macron realisiert werden. Und sind die Entwicklungen z.B. in Griechenland nicht ähnlich? Der europäischen Arbeitnehmerschaft scheinen weiterhin schwere Zeiten bevorzustehen …
- Sind die deutschen Banken wirklich unschuldig?
Wie tief sind deutsche Banken in internationale Geldwäsche verstrickt? Die Finanzaufsicht BaFin hat elf Institute geprüft – und keine Hinweise gefunden. Strafermittler sind erstaunt, Kritiker empört. (…)
Unter Strafverfolgern löst das Verwunderung aus. “Es ist ausgeschlossen, dass die elf geprüften deutschen Banken, die allesamt international tätig sind, damit nichts zu tun haben”, sagt Sebastian Fiedler, Vizechef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK). Das gelte zumindest in Fällen, in denen Banken für Geldwäsche missbraucht wurden und sich nicht aktiv beteiligt haben, so wie die britische Großbank HSBC, die 2012 eine Strafe von fast zwei Milliarden Dollar an die USA zahlen musste.
Man wisse, wie viel Geld in unterschiedlichen Kriminalitätsfeldern bewegt werde, so Fiedler. Die italienische ‘Ndrangheta etwa setze allein rund 53 Milliarden Euro im Jahr um. Doch von der Gesamtsumme der kriminellen Erlöse sähen die Ermittler nur etwa ein Prozent – die restlichen 99 Prozent würden verschleiert. “Dieses Geld findet zwangsläufig den Weg in die Finanzkreisläufe und geht damit natürlich auch über deutsche Institute”, sagt der BDK-Mann.
Auch die Art der Überprüfung der deutschen Banken wirft Fragen auf. So haben die Institute die zu überprüfenden Daten zu den “Panama Papers” selbst geliefert, erklärte ein BaFin-Sprecher. Die Fides GmbH habe die Daten dann “mit einem Auswertungsprogramm” und “nach abgesprochenen Kriterien” ausgewertet. Welche Kriterien das waren, blieb offen.
Dass die BaFin solche Prüfungen zudem an externe Dienstleister vergebe und nicht mit eigenem Personal durchführe, hält BDK-Vizechef Fiedler für ein “tiefgreifendes Problem”. Die BaFin erklärt dazu, man habe “zur Auswertung dieser großen Datenmenge mit diesem Hintergrund nicht die personellen Kapazitäten” und verfüge auch nicht “über die hierfür notwendigen IT-Ressourcen”.
Quelle: Spiegel Online
- Im Dividenden-Schlaraffenland
Thyssen-Krupp startet die Dividendensaison. Für Aktionäre deutscher Unternehmen brechen goldene Zeiten an, sie bekommen 17 Prozent mehr als im Vorjahr. Das meiste Geld je Aktie kommt aus der zweiten Reihe.
Es klingt paradiesisch: Die Aktienkurse und Dividenden steigen und steigen, und das seit Jahren. Ein Index wie der Dax hat sich seit dem Tief im Jahr 2003 inzwischen versechsfacht. Zudem liegt der Index mit gut 13200 Punkten nur knapp unterhalb seines historischen Höchststands von 13 526 Punkten. Zugleich planen die deutschen Aktiengesellschaften in diesem Jahr, so hohe Dividenden an ihre Aktionäre auszuschütten wie niemals zuvor – und die Prognosen zeigen weiter nach oben.
Im F.A.Z.-Index werden es schätzungsweise 46,4 Milliarden an Ausschüttungen sein, nach 39,5 Milliarden Euro im vergangenen Jahr – ein Anstieg um gut 17 Prozent. Mit dem Dividendenplus von 8 Prozent aus dem Vorjahr macht das binnen zwei Jahren ein Wachstum um 25 Prozent. Dies alles ist möglich, weil es der Weltwirtschaft so gut geht wie seit Jahren nicht mehr und die Inflationsraten bislang gering sind. In diesem Umfeld verdienen die Unternehmen prächtig und profitieren von den nach wie vor niedrigen Zinsen. Diese machen überdies Aktien aus Anlegersicht besonders attraktiv.
Quelle: Frankfurter Allgemeine
Anmerkung unseres Lesers J.A.: “Schlaraffenland”, d. h. trotz Nichtstuns fliegen einem die gebratenen Tauben in den Mund? Absolute Super-Rekorddividenden sind ja schön für die Aktionäre und weniger schön für die, die sie erwirtschaftet haben. Denn während die Dividenden mal eben 25 Prozent höher sind als vor zwei Jahren, warnen die Arbeitgeber bei den Löhnen vor dem “Verlust der Wettbewerbsfähigkeit”, wenn die Löhne um mehr als 2 Prozent im Jahr steigen sollen. Einfach pervers, aber auch ein Zeichen, daß die Gewerkschaften ihrer Aufgabe nicht nachkommen und die Politik ausschließlich Arbeitgeberinteressen vertritt.
- Schnelles Internet im Schneckentempo
Deutschland präsentiert sich im digitalen Zeitalter als Schlusslicht. Nicht einmal jedes zweite Unternehmen hat einen Breitbandanschluss. Selbst Portugal ist besser.
In Deutschland geht der Ausbau des schnellen Internets weiter nur langsam voran. Nicht einmal jedes zweite Unternehmen (42 Prozent) mit mindestens zehn Mitarbeitern verfügte im vergangenen Jahr über einen solchen Anschluss, hat das Statistische Bundesamt ausgerechnet. Deutschland bewegt sich damit nur knapp oberhalb des europäischen Durchschnitts. In Dänemark haben dagegen 73 Prozent der Unternehmen schnelles Internet, selbst im einstigen Krisenland Portugal sind es 58 Prozent. Unter schnellem Internet verstehen die Statistiker dabei einen Breitbandanschluss mit einer Datenübertragungsrate von mindestens 30 Megabit je Sekunde.
Die am Freitag veröffentlichten Zahlen zeigen auch, dass andere Länder stärker aufholen als Deutschland. Während hierzulande der Anteil der Unternehmen mit schnellem Internet von 2016 auf 2017 nur um vier Prozentpunkte zulegte, ging es im europäischen Durchschnitt um immerhin sechs Prozentpunkte nach oben.
Diese Befunde dürften all jene bestärken, die schon seit längerem davor warnen, dass Deutschland als größte Volkswirtschaft Europas sich durch das langsame Internet gerade selbst ausbremst. Vor allem Mittelständler in ländlichen Regionen fühlen sich in ihrer Arbeit mittlerweile erheblich behindert. Denn die Datenmengen in den Betrieben wachsen, auch weil immer mehr Maschinen miteinander vernetzt sind. Wenn aber die Kommunikation zwischen Auftraggeber und Kunde stockt, ist all der technische Fortschritt schnell wieder dahin.
Quelle: Frankfurter Allgemeine
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Das Problem wird immer wieder vorgebracht, auch und gerade in der FAZ, und leider zu Recht. Kann es sein, daß der Markt doch nicht alles regelt und die Politik die völlig falschen Prioritäten hat, z. B. Schwarze Null plus unendliche Steuergeschenke für Großunternehmen?
- Tarifbindung geht weiter zurück
Wenn ein Unternehmen seine Mitarbeiter nach Tarif beschäftigt, ist das für die Angestellten aus vielerlei Gründen positiv. Allerdings hat die Tarifbindung in den vergangenen Jahren stetig abgenommen – und die Entwicklung geht weiter. Fachleute sehen darin sozialen Sprengstoff.
Tarifbindung bedeutet erst einmal Sicherheit“, sagt Annette Düring, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) Region Bremen-Elbe-Weser. „Ein Tarifvertrag garantiert Mindestbedingungen, die auf keinen Fall unterschritten werden dürfen – und damit hat er für die Mitarbeiter auch eine wichtige Schutzfunktion.“ Ob es um die Höhe des Arbeitsentgelts geht oder um Regelungen zu Urlaubslänge, Urlaubs- und Weihnachtsgeld: Arbeitnehmer, deren Beschäftigungsverhältnissen ein Tarifvertrag zugrunde liegt, sind durchgängig besser gestellt als ihre Branchenkollegen ohne Tarifbindung. „Der Tarifvertrag bietet den Schutz, keine schlechteren Bedingungen in Kauf nehmen zu müssen“, erläutert Düring. „Er ist verlässlich und einklagbar.“ Auch die Unternehmen müssten ein Interesse an tariflichen Regelungen haben, an die sich alle zu halten hätten, meint die Gewerkschafterin: „Immerhin würde das zu vergleichbaren und verlässlichen Wettbewerbsbedingungen führen.“
Stattdessen lässt sich jedoch seit Jahren ein deutlicher Trend zur Tarifflucht beobachten. Laut IAB-Betriebspanel, einer jährlichen Arbeitgeberbefragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, ist die Tarifbindung der Beschäftigten zwischen 1998 und 2016 in den westlichen Bundesländern von 76 auf 59 Prozent gesunken, in den östlichen von 63 auf 47 Prozent. In Bremen unterlagen 2016 24 Prozent der Betriebe und 58 Prozent der Arbeitnehmer tarifvertraglichen Regelungen. „Damit liegen wir etwa im Bundesschnitt“, bilanziert Peer Rosenthal, Referent der Geschäftsführung der Arbeitnehmerkammer Bremen. Für ihn steht fest: Die Erosion der Tarifbindung muss gestoppt werden, denn wo es Tarifverträge gibt, ist die Lohnverteilung nicht so ungleich. „Im Sinne der Bekämpfung sozialer Ungleichheit müsste die Politik die Tarifpolitik stärken“, ist Rosenthal überzeugt.
Quelle: Arbeitnehmerkammer Bremen
- Die Bahn kämpft jetzt gegen das V-Schnitt-Problem
„Friederike“ belegt, dass die Vegetation an den Bahnstrecken vernachlässigt wird. Immer wieder stürzen Bäume auf die Gleise. Der Grundstein für dieses Problem wurde im Jahr 1994 gelegt. Es lässt sich jetzt nur sehr langsam lösen.
Nach dem Durchzug von Sturmtief „Friederike“ läuft der Fernverkehr der Deutschen Bahn nur schleppend an. „Wir haben rund 200 Streckenabschnitte, an denen die Gleise beschädigt sind. Die Schadenshöhe dürfte im Bereich eines zweistelligen Millionenbetrags liegen“, sagt ein Bahn-Sprecher gegenüber WELT. Derzeit würden wichtige Strecke abgeflogen, um den Zustand der Trassen zu überprüfen.
Bis zum Mittag konnten 60 Prozent der Schadstellen beseitigt werden.
Nördlich des Main waren am Morgen im Nah- und Fernverkehr noch viele Strecken gesperrt, die entsprechenden Abschnitte sollen im Laufe des Tages Stück für Stück freigegeben werden. „Beispielsweise auf den Strecken Berlin–Leipzig oder Hannover–Göttingen ist derzeit nur ein eingleisiger Betrieb möglich“, sagte der Sprecher.
Vor Ort sind über 300 Mitarbeiter aktuell dabei, blockierte Gleisabschnitte frei zu räumen und Beschädigungen an Oberleitungen zu reparieren. Wo es Witterung und Sicht zulassen, helfen zehn Helikopter und Multicopter dabei, eine umfassende Übersicht zu bekommen. Hunderte weitere Mitarbeiter arbeiten unter anderem in den Arbeitsstäben und in den Betriebszentralen und organisieren und steuern die Aufräumarbeiten.
Die Bahn verteidigte die Entscheidung, nach Aufziehen des Orkans am Donnerstag um 16 Uhr den Fernverkehr komplett einzustellen. „Das war im Sinne der Sicherheit der Fahrgäste und trägt dazu bei, dass der Betrieb am heutigen Freitag wieder besser anlaufen konnte“, so der Sprecher. Er wies außerdem Kritik an der Bahn zurück, der Konzern tue zu wenig, um die Schienenwege von Vegetation freizuhalten, die nach Stürmen die Trassen lahmlegt.
Quelle: Welt
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Eine sehr informative Erklärung – und eine vernichtende Kritik am “Spar-” und Privatisierungskurs unter Hartmut Mehdorn seit der Bahnreform 1994. “Die Vegetationskontrolle wurde in diesem Finanzmanagement zur „Instandhaltung“.” und sollte dementsprechend möglichst billig sein. Zum x-ten Mal zeigt sich, daß sich dieses Kurzfristdenken selbst nach betriebswirtschaftlichen Shareholder-Value-Kriterien verheerend auswirkend. Wie wäre es mit der Wiederverstaatlichung der Bahn?
- Finding Your Voice
Forget About Siri and Alexa — When It Comes to Voice Identification, the “NSA Reigns Supreme”
At the height of the Cold War, during the winter of 1980, FBI agents recorded a phone call in which a man arranged a secret meeting with the Soviet embassy in Washington, D.C. On the day of his appointment, however, agents were unable to catch sight of the man entering the embassy. At the time, they had no way to put a name to the caller from just the sound of his voice, so the spy remained anonymous. Over the next five years, he sold details about several secret U.S. programs to the USSR.
It wasn’t until 1985 that the FBI, thanks to intelligence provided by a Russian defector, was able to establish the caller as Ronald Pelton, a former analyst at the National Security Agency. The next year, Pelton was convicted of espionage.
Today, FBI and NSA agents would have identified Pelton within seconds of his first call to the Soviets. A classified NSA memo from January 2006 describes NSA analysts using a “technology that identifies people by the sound of their voices” to successfully match old audio files of Pelton to one another. “Had such technologies been available twenty years ago,” the memo stated, “early detection and apprehension could have been possible, reducing the considerable damage Pelton did to national security.”
These and other classified documents provided by former NSA contractor Edward Snowden reveal that the NSA has developed technology not just to record and transcribe private conversations but to automatically identify the speakers.
Quelle: The Intercept
- Im Kampf gegen „Fake News” wird das Internet zum Target staatlicher Zensur
Brasilien, Frankreich, China sind erst der Anfang
Ob China, Brasilien, Frankreich oder aktuell Deutschland, es ist stets dieselbe Taktik: Erzeuge übertriebene Angst vor bedrohlichen Bösewichten, um über deren Bekämpfung deine Zensurbemühungen durchzudrücken. Im Namen des Kampfes gegen „Fake News“ sind wir in ein neues globales Zeitalter der Internetzensur eingetreten. Doch jede Form der Zensur führt zwangsläufig zu Machtmissbrauch und zur Kontrolle politischer Meinungsäußerung, sie ist grundsätzlich gefährlich und tyrannisch – meint Glenn Greenwald. (…)
Sowohl Brasilien als auch Frankreich beriefen sich auf die gleiche angebliche Rechtfertigung für die Erlangung von Zensurbefugnissen im Internet: die Gefahren, die von der angeblichen russischen Einmischung in die US-Wahlen 2016 ausgehen. Doch egal wie bedeutsam jede Einzelne die Verwicklung Russlands in die US-Wahlen auch beurteilen mag, es ist extrem schwierig zu erkennen, wie – abgesehen von Angstmacherei – der Vorwurf diese Art von drakonischen Zensurbefugnissen in Brasília und Paris rechtfertigen könnte.
Es gab nie auch nur das geringste Anzeichen für ein russisches Interesse an den Wahlen in Brasilien. Die Behauptungen von Macron und Frankreich während der Wahl – er wäre das Opfer russischer Hackerangriffe –, die von der westlichen Medienlandschaft unkritisch geglaubt wurden, entbehrten jeder glaubwürdigen Evidenz: Frankreichs eigene Cyber-Sicherheitsbehörde kam nach eingehender Untersuchung zu diesem Ergebnis. (Das gleiche Muster wiederholte sich auch in Deutschland, wo lautstarke Warnungen vor der Unvermeidbarkeit russischer Einmischung in die deutschen Wahlen nach der Wahl Eingeständnisse folgten, es gäbe keinerlei Beweise für die Anschuldigungen.)
Quelle: JusticeNow!
- Von Big Data zu Big Brother
Verlieren wir endgültig die Macht über unserer Daten? (…)
Dabei ist das Sammeln von Daten auf unseren elektronischen Geräten unterdessen fast schon ein alter Hut im Vergleich dazu, wie uns neuerdings auf (und unter) die Haut gerückt wird. Daten werden an Orten und von Geräten erhoben, die “völlig unverdächtig” sind. Hier nur einige Beispiele für solche neuen, mit immer intelligenterer Software ausgestatteten Spionage-Geräte:
- Die in Xbox-Konsolen eingebauten Überwachungskameras und Hochfrequenzmikrofone senden konstant Ton und Bilder auf die Datenserver ihrer Hersteller (Microsoft). Aus diesen Daten lassen sich u.a. Reaktionsgeschwindigkeit und die Lernfähigkeit ermitteln. Sogar emotionale Zustände der Spieler werden “gescannt”: Die Box kann erkennen, ob der Spieler traurig oder fröhlich ist, ob er oder sie das Gesicht verzieht oder gelangweilt beiseite schaut.
- Internetfähige Fernseher verfügen über eine eingebaute Kamera, damit ihre Besitzer zum Beispiel skypen können. Wer sich in dieses elektronische Auge hackt, vermag zu beobachten, was sich im privaten Wohnzimmer abspielt. Dass dies keine Übertreibung ist, zeigt ein Release von Wikileaks im März 2017: Unter dem Codenamen “Weeping Angel” versuchte die CIA seit 2013 durch Hacking Smart-TVs von Samsung anzuzapfen, um sie in einen Modus zu schalten, der dem Nutzer suggeriert, er hätte den Fernseher ausgeschaltet – dabei ist dieser in Wahrheit noch an und sammelt Daten über das, was in der Wohnung passiert.
- Im Jahr 2015 kaufte Google für mehrere Milliarden Dollar die Firma “Nest” – ein kleines, damals erst fünf Jahre altes Unternehmen, das lediglich zwei Produkte vertreibt. Eines davon ist ein intelligenter Rauchmelder mit Kamera. Dieser erkennt unter anderem, wie viele Personen sich wie lange in welchen Zimmern aufhalten – und kann diese Daten direkt an Google schicken. Unterdessen gibt es den intelligenten Lautsprecher von Google, ein blumenvasenartige Gerät, das per Spracherkennung Hausgeräte steuert, die Heizung reguliert oder online Essen bestellt. Auch wenn wir nicht mit der Software sprechen, die Mikrofone nehmen ständig auf. Und dann ist da noch der Staubsaugroboter “Roomba”: Dieser sammelt nicht nur Staub ein, sondern auch jede Menge Daten über unser Zuhause, die er seinen Herstellern ohne weiteres übermitteln kann.
- Im Februar 2017 nahm die Bundesnetzagentur die vernetzte Kinderpuppe “My Friend Cayla” aus dem Handel – wegen Überwachungsgefahr. Die Puppe war zur heimlichen Bild- und Tonaufnahme geeignet, und Fremde mit etwas technischem Wissen könnten sich einhacken und über die Puppe mit den Kindern direkt unterhalten. Die offizielle Begründung der Agentur: “Gegenstände, die sendefähige Kameras oder Mikrofone verstecken und so Daten unbemerkt weiterleiten können, gefährden die Privatsphäre der Menschen. Das gilt auch und gerade für Kinderspielzeug.”
- 2016 verklagte eine Verbraucherin den Hersteller eines vernetzten Vibrators, der über eine App höchst intime Daten über den Einsatz des Masturbationsgerätes gesammelt hatte. (…)
Man stelle sich nur einmal die Nationalsozialisten in den 1930er Jahren oder die Stasi in der DDR mit dieser Technologie vor. Jeglicher Widerstand wäre komplett aussichtlos. Es ist dies eine Dystopie, die näher liegt als die meisten Menschen glauben. Nur dass es nicht mehr nur der Staat ist, der uns beschnüffelt, sondern auch profitgierige Unternehmen.
Quelle: Telepolis
- Pentagon: Nach dem Terrorismus rüsten für zwischenstaatliche Kriege
Jetzt wird es klar. Die Zeit des Antiterrorkampfs wird als beendet erklärt. Die war bestimmt von Strategien, gegen verstreute, mäßig bewaffnete Gruppen mit ebenfalls kleinen Einheiten (Schwärmen) vorzugehen und sich auf einen Stadtkrieg vorzubereiten. Die Wirklichkeit war allerdings in den asymmetrischen Kriegen anders, da die Gegner massiv aus der Luft mit Drohnen, Flugzeugen und Raketen angegriffen wurden, um dann lokale Bodentruppen als Söldnerheere vorrücken zu lassen. Aber mit diesen Spielereien im Klein-Klein ist jetzt Schluss. Die neue Nationale Verteidigungsstrategie der USA macht klar: Die Zeit nach dem Ende des Kalten Kriegs ist vorbei, wir kehren zurück in die Zeit, wo große Truppenverbände gegeneinander antreten und schweres, d.h. teures Gerät gefragt ist. (…)
Als Gegner werden vor allem – in der Reihenfolge – China und Russland, Nordkorea und Iran genannt. Auf dem neuen Schlachtfeld sei nicht mehr sicher, dass die US-Streitkräfte überlegen sind (sonst gebe es ja keinen Anlass, die Rüstung hochzufahren). Notwendig seien tödlichere, resilientere und innovativere Streitkräfte, da aus Sicht des Pentagon einzig militärisch gedacht wird und nur Stärke Frieden erhält.
Nur wer, so die altbekannte Logik, der Drohung mit Gewalt eine ebensolche Drohung entgegensetzt, ist vernünftig. Und diese Vernunft wird mit Angst geschürt. Wenn man nicht hochrüstet, verlören die USA an Einfluss auf allen Gebieten (der offenbar nur militärisch gewahrt werden kann), löst sich die Allianz der Alliierten auf und sinkt der Zugang zu Märkten. Das wiederum führe zu einem “Niedergang des Wohlstands und des Lebensstandards”. Wohlstand, so die Botschaft, kann nur militärisch aufrechterhalten werden. (…)
China und Russland wollen, so die neue Verteidigungsstrategie, ihre “autoritären Systeme” dem Rest der Welt aufzwingen. Die USA, die gerne auch autoritäre Systeme aus eigenem Interesse unterstützen, zwingen natürlich keinem Staat eine Politik auf, muss man daraus herauslesen. Die USA sind mit revisionistischen Mächten (China, Russland) und “bösen Regimen” (Nordkorea, Iran) konfrontiert, die sich nicht an die Regeln halten und neue Fronten eröffnet haben. Sie hätten, selbstverständlich nicht die USA, die Prinzipien der Souveränität verletzt und die Grenzen zwischen zivilen und militärischen Zielen zum Verschwimmen gebracht. Es ist doch schön, ein einfaches Weltbild zu stricken, in dem Gut und Böse genau verteilt sind.
Quelle: Telepolis
- Was geschieht mit den syrischen Kurden?
Die Türkei und der syrische Präsident wollen die kurdischen Kräfte in Syrien zerschlagen. Russland und die USA stehen den Kurden freundlicher gegenüber.
77 türkische Kampfflugzeuge haben am Samstagmittag Einsätze gegen die syrische Enklave Afrin geflogen. Sie wird von den kurdischen „Volksverteidigungseinheiten“ (YPG) gehalten. Die Türkei versucht, die kurdischen Kräfte in Syrien zu zerschlagen. (…)
Aus alledem geht hervor, dass die Türkei Afrin und die dortigen kurdischen YPG-Milizen, die in Ankara als Terroristen gelten, angreifen will. Dazu brauchten sie jedoch die Zustimmung der Russen. Ob ihnen Moskau dieses grüne Licht gegeben hat, blieb lange Zeit unklar.
Die Russen wollen einen Kurdenkrieg in Syrien, besonders wenn er von den Türken geführt wird, vermeiden. Denn sollte er stattfinden, wird sich die Situation in Syrien weiter verkomplizieren und verlängern. Dies ist nicht im Interesse Russlands, das den Syrien-Krieg offensichtlich beenden will. Die Russen stehen deshalb der Vorstellung einer kurdischen Teilautonomie in einem künftigen Syrien nicht ablehnend gegenüber. Doch Damaskus ist ohne Zweifel sowohl gegen eine kurdische Autonomie wie auch gegen ein Einschreiten der Türken gegen die Kurden auf syrischem Boden.
Die kurdischen Führer ihrerseits haben die USA und Russland aufgerufen, die Türkei von dem Angriff abzuhalten. In Afrin sollen sich gegenwärtig gegen eine halbe Million Menschen aufhalten. Die Hälfte davon sind kurdische Einwohner, die andere Hälfte Flüchtlinge aus dem übrigen Syrien, die in Afrin, wo bisher Ruhe geherrscht hatte, Unterschlupf suchten. Die kurdischen Sprecher in Afrin erklären sogar, in ihrer Provinz würde eine Million Menschen leben.
Quelle: Journal21.ch
Dazu: Reportage: Was wirklich in den kurdischen Gebieten Syriens vor sich geht
Die syrischen Verantwortlichen haben die Fahrt in die von Kurden kontrollierten Gebiete östlich von Aleppo genehmigt. Manbij, Ain Al Arab/Kobani, Ain Issa und Rakka stehen auf der Reiseroute. Eine Reportage von Karin Leukefeld.
Nachdem trotz tagelangen Wartens von der kurdischen Seite keine Zustimmung erfolgt, geht die Fahrt schließlich nach Afrin. Dort erläutert die Ministerpräsidentin des Kantons Afrin, Hevi Mustefa, das Programm von Selbstbestimmung und Gleichberechtigung der Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen. Die martialischen Drohungen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan werden derweil von einem massiven Truppenaufmarsch begleitet.
Rückblick, April 2017. Im Frühjahr 2017 war es auch für eine ausländische Journalistin möglich geworden, aus Aleppo in die von Kurden kontrollierten Gebiete im Nordosten Syriens zu gelangen. Auch die Syrer machten sich mit Bussen, Minibussen und Taxen auf den Weg, wenn sie die vielen Kontrollpunkte und die holprigen Wege nicht scheuten. Von Aleppo aus fuhr man durch verlassene, vom Krieg gezeichnete Dörfer, über Sandpisten, Felder und entlang von Bewässerungskanälen.
Die direkte Strecke von Aleppo über Al Bab nach Manbij war seit Sommer 2016 gesperrt. Damals hatten türkische Truppen und mit diesen verbündete bewaffnete Gruppen nach dem syrischen Grenzort Jarabulus auch Al Bab besetzt. Ankara wollte verhindern, dass die von den Kurden kontrollierten Gebiete im Nordosten Syriens sich mit Afrin, westlich von Aleppo verbinden konnten.
Quelle: Karin Leukefeld via RT Deutsch
- 400 Personen liefern Infos nach Brüssel
Ein Bordell für Zoophile in Dänemark, Pläne für ein Massaker an Russischsprachigen in Lettland – nur zwei Falschinformationen, mit denen Russlands Machtapparat daran arbeitet, Europa zu destabilisieren. Vor gut zwei Jahren reagierte der EU-Rat und beschloss die Gründung der East Stratcom Task Force: Das Team soll von Brüssel aus Propaganda aufspüren und enttarnen.
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East Stratcom Task Force klingt nach einer schlagkräftigen, großen Einheit – tatsächlich besteht es gerade einmal aus 14 Personen, die seit 2015 russische Falschinformation zusammensammeln. Offiziell ist von „Pro-Kreml-Desinformation“ die Rede. Die Gruppe setzt sich aus Politik- und Kommunikationsexperten sowie Journalisten zusammen.
Über die Website, den zentralen Ausspielkanal der Gruppe, wird wöchentlich eine „Disinformation Review“ veröffentlicht. Die Plattform erreicht pro Woche 20.000 Personen, wie ORF.at in Brüssel in Erfahrung brachte – die Informationsquelle darf nicht genannt werden. Angesiedelt ist die Einheit beim Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD). (…)
Mit der neu gegründeten „High Level Group“ gegen „Fake News“ – eine Initiative der EU-Kommission – arbeitet die East Stratcom Task Force zwar zusammen, personell gibt es aber keine Überschneidungen. Beim neu gegründeten Gremium soll es nicht nur um „Pro-Kreml-Desinformation“ gehen, sondern um „Fake News“ generell. Die 39 Experten (Journalisten, Faktenchecker, Vertreter Sozialer Netzwerke u. a.) planen nach offiziellen Angaben an der offiziellen EU-Strategie gegen „Fake News“. (…)
EU-Sicherheitskommissar Julian King äußerte sich zuletzt bei einer Debatte über „Fake News“ im Europäischen Parlament zum vermuteten Ausmaß der Propagandaaktivitäten des Kreml. Es gebe „wenig Zweifel“, dass die russische Desinformationskampagne eine „orchestrierte Strategie“ ist, die über möglichst viele Kanäle verbreitet werde. Beispiele dafür habe die East Stratcom Task Force genügend aufgearbeitet, so King. Die Anstrengungen in der EU müssten nun „verdoppelt werden, um diese Propaganda zu entlarven“.
Quelle: ORF.at
- Facebook bittet User um Mithilfe
Welche Medien sind glaubwürdig, welche nicht? Im Kampf gegen Fake News will sich Facebook diese Frage von seinen Nutzern beantworten lassen – und nimmt sich so aus der Schusslinie. (…)
Die neue Funktion soll zuerst in den USA eingeführt werden, später soll es sie weltweit geben. Wann genau sie in Deutschland eingeführt wird, ist nicht bekannt. Ein wenig kehrt das 2004 gegründete Netzwerk damit zu seinen Anfängen zurück: Einträge von Freunden und Verwandten werden im eigenen Newsfeed wieder häufiger auftauchen.
Das Erscheinen der Texte, Videos und Bilder ist damit weniger stark an einen Algorithmus gekoppelt, der Einträge aufgrund des Nutzerprofils angezeigt hat. Bereits in der vergangenen Woche hatte Facebook-Chef Zuckerberg einen Umbau des so wichtigen Newsfeeds angekündigt. (…)
Das Unternehmen steht seit den Präsidentschaftswahlen 2016 unter Druck. Es muss befürchten, dass die Politik in Washington die Tech-Konzerne des Silicon Valley stärker kontrolliert und ihnen womöglich Auflagen macht. Vor allem Facebook trifft die Kritik: 45 Prozent der erwachsenen Amerikaner beziehen ihre Nachrichten-Informationen laut einer Pew Studie via Facebook.
Leidtragende dieser Änderungen dürften alle jene Verlage und Medienhäuser sein, die in den vergangenen Jahren massiv Inhalte wie zum Beispiel Videos speziell für Facebook produziert haben. Sie müssen in den nächsten Wochen mit einem massiven, weiteren Rückgang ihrer Zugriffe rechnen.
Quelle: tagesschau.de
Anmerkung Jens Berger: Die Nutzer selbst über die Glaubwürdigkeit von Meldungen entscheiden zu lassen, ist eine unglaublich dumme Idee, die aufgrund des „Filterblasen-Effekts“ eher dazu führt, dass es Propaganda und Fake News in den entsprechenden Blasen noch einfacher haben werden.