Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lohnenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CW)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Arbeitsmarkt
- Zahl der Beschäftigten erreicht neuen Höchststand
Der Arbeitsmarkt brummt: Die Zahl der Beschäftigten ist 2017 so stark gestiegen wie seit zehn Jahren nicht und erreicht eine neue Rekordmarke. Doch der Fachkräftemangel könnte womöglich erstmals das Wachstum drücken.
Zum Start des neuen Jahres kommen vom Arbeitsmarkt gute Nachrichten: Die Zahl der Arbeitsplätze steigt weiter, die Zahl der Beschäftigten liegt mit 44,3 Millionen Personen sogar höher als jemals zuvor. Und: Laut Statistischem Bundesamt hat sich der Jobaufbau mit einem Plus von 1,5 Prozent sogar noch beschleunigt. So hoch war das Plus zuletzt 2007.
Die Schattenseite: Wirtschaftsverbände und Unternehmen klagen verstärkt über Schwierigkeiten, genügend qualifizierte Fachkräfte zu finden. Ihnen pflichten führende Ökonomen bei: Der Fachkräftemangel werde bereits in diesem Jahr das Wachstum bremsen. Er rechne wegen des Problems „2018 mit einer etwas geringeren Wachstumsdynamik als noch im vergangenen Jahr“, sagte der Ökonom Christoph Schmidt dem „Handelsblatt“. Schmidt ist Chef des vom Bundespräsidenten berufenen Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage („Wirtschaftsweise“).
Die Unternehmen und ihre Lobbyverbände sorgen sich auch deshalb, weil eine weitere Verknappung des Angebots freier Arbeitskräfte tendenziell zu höheren Löhnen führen und die Macht von Arbeitnehmern und Gewerkschaften stärken könnte.
Quelle: SPON
Anmerkung JK: Kaum ist das neue Jahr zwei Tage alt schon geht die neoliberale Propaganda einfach weiter. Der Jobmarkt boomt, will heißen uns geht es allen gut, und der „Fachkräftemangel“ darf als Lieblingspropagandafloskel der „Qualitätsmedien“ nicht fehlen. Wie immer wird über die Qualität der Arbeitsplätze keine Aussage getroffen. Beispielsweise expandiert das Gewerbe der Paketdienste zweifellos angesichts des grassierenden Wahns alles nur noch online bestellen zu müssen. Die dort bestehenden ausbeuterischen Arbeitsbedingungen sollte inzwischen aber bekannt sein. Zum „Fachkräftemangel“ werden wie üblich keine belastbaren Fakten geliefert. Wenn die Arbeitergeberseite oder neoliberale Ideologen, wie der Vorsitzende des sogenannten Sachverständigen Rates zur zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage, Christoph Schmidt, das so sagen, dann ist es eben so. Dabei wäre dieses Thema doch wie geschaffen für gute journalistische Recherchearbeit.
Zumindest ist man dann doch so ehrlich und sagt um was es wirklich geht. Es geht darum das Lohnniveau weiter niedrig zu halten. Ein Beleg, dass es den „Fachkräftemangel“ so nicht gibt, man möchte einfach die Reservearmee an Arbeitskräften weiter möglichst groß halten. Deswegen auch die Forderung nach Zuwanderung, die zeigt, dass man die verstärkte Migration nach Deutschland selbstverständlich als Gelegenheit sieht die Löhne zu drücken. Eine Tatsache, die nicht gerade die Integrationsbereitschaft auf der Seite der deutschen Arbeitnehmer befördern wird.
Hier muss dann auch zum wiederholten Male auf die Situation für Arbeitskräfte ab 50 hingewiesen werden, die für den Arbeitsmarkt praktisch nicht existent scheinen. Selbst die Bundesagentur für Arbeit sieht ein Alter ab 50 als ein schwerwiegendes Vermittlungshemmnis. Wie kann das aber sein bei „Fachkräftemangel“?
- Frohe Kunde aus dem „Jobwunderland“ Deutschland. Da lohnt ein genauerer Blick auf die Zahlen und die andere Seite der Medaille
Schaut man sich die Verteilung der Beschäftigungszuwächse genauer an, dann wird man feststellen, dass das Wachstum vor allem von den Dienstleistungsjobs getragen wird – was zum einen sicher die seit einiger Zeit gut laufende inländische Nachfrage spiegelt, zum anderen aber zeigen die Zahlen des Statistischen Bundesamtes, dass es vor allem neue Jobs in staatlichen bzw. staatsnahen Dienstleistungsbereichen sind:
»Nach Wirtschaftsbereichen betrachtet gab es im Jahr 2017 im Vorjahresvergleich mit +536.000 Personen den stärksten Anstieg bei der Zahl der Erwerbstätigen mit Arbeitsort in Deutschland in den Dienstleistungsbereichen (+1,7). Den größten absoluten Anteil daran hatten die Öffentlichen Dienstleister, Erziehung, Gesundheit mit +214.000 Erwerbstätigen (+2,0 %).«
Vor dem Hintergrund der Arbeitsmarktdiskussion der vergangenen Jahre ist auch diese Information der Bundesstatistiker von Bedeutung: »Während die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten weiter anstieg, war die Summe der marginal Beschäftigten (darunter geringfügige Beschäftigung) weiter rückläufig. Auch die Zahl der Selbstständigen einschließlich mithelfender Familienangehöriger sank im selben Zeitraum um 26.000 Personen (– 0,6) auf 4,3 Millionen.« Damit setzt sich ein Trend am aktuellen Rand der Entwicklung fort, der ein oftmals kritisiertes Muster der Vergangenheit relativiert – nach dem die zusätzliche Beschäftigung vor allem über „atypische“ Beschäftigungsverhältnisse aufgebaut wird, also vereinfacht gesagt zwar neue Jobs entstehen, diese aber prekär und von schlechter Qualität sind. Das war so, in der Vergangenheit, aber bereits seit einigen Jahren verändert sich was bei den Beschäftigungszunahmen. […]
Aber auch aktuell entfallen die meisten zusätzlichen Erwerbstätigen auf den Bereich der sozialversicherungspflichtigen Teilzeitarbeit. Damit wird die langjährige Entwicklung fortgeschrieben.
Die nebenstehende Abbildung verdeutlicht den weiter anhaltenden Bedeutungsgewinn der Teilzeitbeschäftigung durch einen Vergleich mit der Entwicklung des Arbeitsvolumens. Das hat im vergangenen Jahr gerade einmal das Niveau nach der Wiedervereinigung wieder erreicht – gleichzeitig ist die Zahl der Erwerbstätigen deutlich angestiegen. Und hier sind wir bei einem überaus relevanten und nicht zu unterschätzenden Aspekt angekommen: Wenn auch jetzt wieder in den meisten Medienberichten davon gesprochen wird, dass über 600.000 neue Arbeitsplätze geschaffen worden sind, dann muss man immer im Hinterkopf behalten, dass sich viele Menschen darunter eine bestimmte Form der Beschäftigung vorstellen, die dem entspricht, was die Statistiker einen „Normalarbeitnehmer“ nennen. Also vollzeitig und unbefristet und halbwegs „ordentlich“ entlohnte Beschäftigte. Diese sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigung hat tatsächlich seit 2011 (wieder) zugenommen, aber sie ist nur eine Teilmenge dessen, was sich unter der Kategorie „Erwerbstätige“ subsumiert.
Quelle: Aktuelle Sozialpolitik
- Richtungswechsel in der Arbeitsmarktpolitik dringend notwendig
„Auch 2017 wurde der überfällige Richtungswechsel in der Arbeitsmarktpolitik nicht vollzogen. Es ist und bleibt ein Skandal, dass Millionen Beschäftigte Niedriglöhne beziehen, unfreiwillig in Teilzeit arbeiten, mit Hartz IV aufstocken oder mehreren Jobs nachgehen müssen, um über die Runden zu kommen. Arbeit muss existenzsichernd werden. Der Mindestlohn muss auf zwölf Euro erhöht werden, Leiharbeit und sachgrundlose Befristungen dürfen nicht länger möglich sein. Eine neue Bundesregierung muss dringend die Rahmenbedingungen für gute Arbeit schaffen. Armut trotz Arbeit muss endlich der Vergangenheit angehören. Bei den Sondierungsgesprächen muss Arbeitsmarktpolitik daher höchste Priorität haben“, erklärt Sabine Zimmermann, stellvertretende Vorsitzende und Arbeitsmarktexpertin der Fraktion DIE LINKE, zum aktuellen Bericht der Bundesagentur für Arbeit.
Quelle: die Linke im Bundestag
- Kursangebot der Jobcenter Milliardengeschäft auf Kosten von Arbeitslosen und Steuerzahlern
Kursanbieter und Jobcenter-Angestellte haben ein System etabliert, das die Arbeitslosen-Statistiken schönt und der eigenen Karriere dient. Eine Recherche. […]
„Ob so ein Kurs den Arbeitslosen etwas bringt, spielt bei der Vergabe keine Rolle“, sagt Petra Friedrichs, eine ehemalige Jobcenter-Mitarbeiterin, die eigentlich anders heißt. „Nicht die Interessen der Arbeitslosen stehen dabei im Mittelpunkt, sondern die der Mitarbeiter“, sagt sie. Das habe eine einfache Erklärung: Arbeitslose, die in einem Kurs stecken, werden in der Arbeitslosenstatistik nicht mitgezählt. Und an der Statistik hängt neben den Erfolgsmeldungen der BA die berufliche Zukunft der Jobcenter-Mitarbeiter auf unterster Ebene – sowie Boni-Zahlungen an ihre Vorgesetzten.
„Erfolgt eine Bewertung der Zielerreichung mit ‚A‘ bzw. eine entsprechende individuelle Leistungseinschätzung im Rechtskreis SGB II, kommt eine Leistungsprämie in Höhe von bis zu 20 Prozent des Grundgehalts in Betracht“, heißt es im Handbuch Personalrecht der Arbeitsagentur. Für ein „B“ gibt es 15 Prozent. Diese Prämien stehen verbeamteten Führungskräften zu. Angestellte Führungskräfte erhalten laut Tarifvertrag für ein „A“ eine Prämie von 20 Prozent des Grundgehalts.
Die einfachen Mitarbeiter – Arbeitsvermittler und Fallmanager – bekommen zwar kein Geld für ausgebuchte Kurse. Für sie hängt an den Statistik-Zielen aber oft der Job. „Wer am Ende des Jahres die Note A oder B bekommt, der muss zum Gespräch über eine Beförderung eingeladen werden“, sagt Friedrichs. Wer befristet angestellt sei und ein C oder gar ein D bekommt, gerate in Gefahr, bald selbst Kunde des Jobcenters zu werden. […]
Die Zahlen der BA reflektieren den hohen Wert der Kurse beim Aufbessern der Arbeitslosenstatistik. Zwischen 2013 und 2016 ist die durchschnittliche Zahl der erwerbsfähigen Hartz-IV-Empfänger nahezu konstant geblieben (2013: 4,39 Millionen; 2017: 4,4 Millionen bis einschließlich August). Die Zahl der Hartz-IV-Empfänger, die an Kursen teilnehmen müssen, ist hingegen kontinuierlich gestiegen, von 583.000 im Jahr 2013 auf 748.000 im Jahr 2016. Was eine Zunahme von 28 Prozent ist. Für den Steuerzahler sind die Kosten enorm – und sie steigen kontinuierlich an. Hat die BA im Jahr 2013 noch 463 Millionen Euro für Kurse (MATs) ausgegeben, waren es im vergangenen Jahr 773 Millionen Euro.
Quelle: Der Tagesspiegel
- Arbeitsagentur-Chef fordert Einwanderungsgesetz
Notwendige Zuwanderung: Deutschland braucht jedes Jahr netto 300.000 qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland, sagt der Chef der Bundesagentur für Arbeit im Gespräch mit der F.A.Z. Seine Behörde hat schon reagiert.
Damit auch in den kommenden Jahren der Bedarf an Fachkräften gedeckt werden kann, braucht Deutschland aus Sicht der Bundesagentur für Arbeit in der kommenden Legislaturperiode ein Einwanderungsgesetz. „Ein solches Gesetz spielt aus meiner Sicht eine wichtige Rolle“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Behörde, Detlef Scheele, im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Dies habe nichts mit Flüchtlingen zu tun, die aus humanitären Gründen kämen, sondern mit Menschen, die kommen sollen. „Deshalb kann Deutschland auch Kriterien aufstellen.“ Scheele geht davon aus, dass Deutschland jedes Jahr eine Nettozuwanderung von ungefähr 300.000 qualifizierten Arbeitskräften braucht. Allein aus der EU sei dies dauerhaft nicht zu schaffen. Deshalb habe die Behörde gerade einen neuen Geschäftsbereich „Internationales“ gegründet, der im kommenden halben Jahr eine Strategie für das Auslandsgeschäft erarbeiten soll.
Quelle: FAZ
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Man würde meinen, das hauptsächliche Ziel der Arbeitsagentur wäre, Arbeitslosen Stellen zu vermitteln und ggf. für eine Aus- oder Weiterbildung zu sorgen. Stattdessen möchte der Chef der Arbeitsagentur die Arbeitslosigkeit hoch halten und den Lohndruck noch einmal erhöhen. Ist da nicht der Beruf verfehlt? Und wozu braucht eine auf den deutschen Arbeitsmarkt fokussierte Agentur ein „Auslandsgeschäft“?
- Amt für Akkumulation
Die Bundesagentur für Arbeit häuft Rekordüberschuss aus Beiträgen an. Derweil klagen die Jobcenter über Unterfinanzierung
Die Jobcenter klagen über chronische Unterfinanzierung. Jahr für Jahr schichten sie deshalb Hunderte Millionen Euro aus dem Budget für »Eingliederung« in ihren Verwaltungsapparat um. Die übergeordnete Behörde der Hartz-IV-Ämter, die Bundesagentur für Arbeit (BA), häuft zugleich dicke Finanzpolster aus Beiträgen abhängig Beschäftigter an. Im Jahr 2017 erwirtschaftete sie so einen Überschuss von 5,5 Milliarden Euro. Das berichtete am Sonnabend zuerst die Nachrichtenagentur dpa. Damit seien die Rücklagen nunmehr auf fast 17 Milliarden Euro angewachsen.
Quelle: junge Welt
dazu: Hartz IV: „Verwaltungskosten“ und „Leistungen zur Eingliederung“ im Soll-Ist-Vergleich 2005 bis 2018
In den elf Haushaltsjahren von 2006 bis 2016 wurden vom Bund für den Bundesanteil an den „Verwaltungskosten für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende“ insgesamt über 3,5 Milliarden Euro mehr und für „Leistungen zur Eingliederung in Arbeit“ insgesamt über 10,0 Milliarden Euro weniger ausgegeben als im Bundeshaushalt veranschlagt. Im Haushaltsjahr 2017 könnten vom Bund für den Bundesanteil an den „Verwaltungskosten für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende“ über 900 Millionen Euro mehr ausgegeben worden sein als im Bundeshaushalt veranschlagt, und im Haushaltsjahr 2018 voraussichtlich über eine Milliarde Euro mehr als die im ersten Entwurf des Bundeshaushalts 2018 (vom 28. Juni 2017) veranschlagten 4,555 Milliarden Euro.
Quelle: BIAJ
und: Erinnerung an das 35-Milliarden-Defizit der Bundesagentur für Arbeit in den Jahren 2008 bis 2013
In den Haushaltsjahren 2008 bis 2013 summierten sich die negativen Finanzierungssalden (Defizite) der Bundesagentur für Arbeit (BA) ohne die inzwischen abgeschafften „besonderen Finanzierungsvorgänge“ zwischen Bund und BA und Aufbau des Versorgungsfonds auf über 35 Milliarden Euro. Eine Erinnerung an die BIAJ-Materialien vom 14. November 2017 anlässlich der heutigen Berichte (30. Dezember 2017) über den von der BA für 2017 erwarteten Überschuss von 5,5 Milliarden Euro: […]
Wenn der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR) mit Blick auf die wachsenden Rücklagen der Bundesagentur für Arbeit – anders als „Die andere Meinung“ (SVR) feststellt, „Eine solch hohe Rücklage kann jedoch politische Begehrlichkeiten wecken.“11, dann sind damit nicht die „politischen Begehrlichkeiten“ derjenigen gemeint, die eine Beitragssatzsenkung fordern. Gemeint sind zum Beispiel solche am 16. Oktober 2017 veröffentlichten „politischen Begehrlichkeiten“: „DGB-Vorschläge für eine bessere Arbeitsmarktpolitik – Perspektiven eröffnen – Sozialen Aufstieg ermöglichen – Schutz stärken.“ Solche „politischen Begehrlichkeiten“ sollen mit einem angeblich „nachhaltigen Beitragssatz“ von 2,5 Prozent abgewehrt werden. Und die Bundesagentur für Arbeit soll durch ein „strukturelles Defizit“ im laufenden operativen Geschäft zu einer noch stärkeren „betriebswirtschaftlichen Steuerung“ (McKinsey) ermutigt werden – und zwar in beiden Rechtskreisen (SGB III und SGB II).
Quelle: BIAJ
- Sondierer, holt euch die Untersuchung zur Flüchtlingskriminalität!
Der erste Blick auf die Zahlen ist erschreckend. Flüchtlinge begehen im Durchschnitt deutlich häufiger Gewalt- und Sexualdelikte als Deutsche. Fast jede achte Gewalttat wird von Migranten begangen. Es ist gut, dass die Autoren der Studie nichts schönreden. Probleme können wir nur lösen, wenn wir sie nicht unter den Teppich kehren. Und die Tatsache, dass überdurchschnittlich viele Flüchtlinge kriminell sind, sich nicht an Recht und Gesetz halten, ist ein Problem. Um die Frage ‘Was tun?’ zu beantworten, lohnt ein tieferer Blick in das Gutachten. Dann wird deutlich, dass die Ergebnisse wenig taugen für ausländerfeindliche Propaganda – aber umso mehr als Leitfaden für eine Flüchtlingspolitik mit Sinn und Verstand.
Erste wichtige Erkenntnis: Kriegsflüchtlinge, beispielsweise aus Syrien, dem Irak und Afghanistan sind – einigen schlagzeilenträchtigen Fällen der jüngeren Vergangenheit zum Trotz – unterdurchschnittlich kriminell. Wer Hoffnung auf eine Bleibeperspektive hat, verhält sich überwiegend gesetzestreu.
Flüchtlinge aus den Maghreb-Staaten, aus Marokko, Algerien und Tunesien, sind dagegen überdurchschnittlich gewaltbereit. Aber auch hier gilt: Achtung vor voreiligen Schlussfolgerungen! Die Studie belegt nicht, dass Menschen aus diesen Staaten grundsätzlich zur Kriminalität neigen. Jährlich Millionen europäische Touristen, die die Gastfreundschaft in diesen Ländern lieben, wissen, dass es anders ist. Aber, und darauf weist das Gutachten hin, nach Europa kommen die Problemgruppen aus diesen Ländern. Meist junge Männer, meist mit einem begrenzten Verständnis dafür, dass auch sie sich hier an Regeln halten müssen und Gewalt in jeder Form tabu ist. Ohne Bleibeperspektive in Deutschland steigt dann die Bereitschaft, Gesetze zu brechen.
Quelle: ARD Hauptstadtstudio
dazu: „Wir brauchen schnellere Integration, nicht längere Ausgrenzung!“
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP), Bezirk Bundespolizei, warnt vor Plänen, Flüchtlingen und Asylbewerbern bis zu drei Jahre lang das Existenzminimum zu kürzen.
Die GdP kritisiert die politische Darstellung angeblicher „Fluchtanreize“: „Dass in Deutschland höhere Sozialhilfesätze als anderswo gezahlt werden, ist kein Ausdruck von Luxus, sondern von sehr hohen Lebenshaltungskosten. Wer meint, ein Leben am Rande des Existenzminimums sei ein Anreiz für eine lebensgefährliche Flucht, nimmt die tatsächlichen Fluchtursachen nicht zur Kenntnis. Die politisch vorgegaukelte Abschreckung durch Kürzungen wird objektiv nicht eintreten können, aber dafür der gesellschaftliche Schaden lange bleiben“, erklärt Jörg Radek, Vorsitzender der GdP in der Bundespolizei.
Radek erinnerte daran, dass schon früher Strategien, Flüchtlinge nur mit Naturalleistungen wie Lebensmittelpaketen abzuschrecken, nicht aufgegangen seien und das Bundesverfassungsgericht sich klar zur gleichen Behandlung von Flüchtlingen geäußert hat. Bereits heute können diverse Anrechnungsvorschriften zu ganz erheblichen Kürzungen von Asylbewerberleistungen führen.
„Es ist für unser aller Zusammenleben und die Sicherheit in unserem Land deutlich besser, gegenüber hunderttausenden Menschen keine Politik der jahrelangen gesellschaftlichen Ausgrenzung zu verfolgen. Unser Land braucht deutlich schnellere und bessere Integration, nicht längere Ausgrenzung“, so Radek.
Quelle: GdP
- Proteste im Iran – Kann die EU vermitteln?
Die Europäische Union ist für die Regierung in Teheran der wichtigste Verbündete. Denn die EU hat entscheidend dafür gesorgt, dass nach jahrelangen Verhandlungen und heftigem Streit im Juli 2015 der Atomvertrag mit dem Iran zustande kam. Jener Vertrag zwischen Teheran auf der einen Seite und den ständigen Mitgliedern des Weltsicherheitsrates plus Deutschland auf der anderen – also den Regierungen in Washington, Moskau, Peking, London, Paris und Berlin.
Nur die EU als Vermittler habe die Herkulesaufgabe stemmen können, zwischen den in der Iran-Frage zerstrittenen ständigen Mitgliedern des UN- Sicherheitsrates und Teheran zu vermitteln, sagt jene Frau, die einen großen Teil des Vertrages geschrieben hat. Jenen Atom-Deal, der zunächst für viel Hoffnung gerade unter jungen Iranern sorgte.
Ohne Rouhani kein Atomvertrag und ohne Rouhani keine Versprechungen für eine bessere iranische Zukunft ohne UN- und EU-Sanktionen. Versprechungen, die vor allem bei jungen Iranern Hoffnungen weckten. „Er ist ja mit dem Versprechen angetreten, die Sanktionen loszuwerden“, sagte Schmid. Nicht nur die USA haben mit ihren Sanktionen gegen Teheran Rouhani einen Strich durch diese Rechnung gemacht. Der Abbau der EU- und der UN-Sanktionen kann laut Atomvertrag bis Oktober 2023 dauern.
Quelle: Tagesschau
Anmerkung unseres Lesers A.M.: In diesem Bericht von Ralph Sina, ARD-Studio Brüssel, wird zumindest ansatzweise auf die Komplexität der aktuellen Probleme im Iran hingewiesen. Die Haupt-‚Berichterstattung‘ der ARD und anderer Medien verläuft aus meiner Sicht jedoch eher so wie im NDS-Beitrag „Medien: Eine Arena für Hahnenkämpfe“ beschrieben. Beispielsweise möchte ich hierzu auf den Tagesschau-Bericht vom 03.01.2018 Regierungsanhänger im Iran „Führer, wir sind bereit“ verweisen. Erfreulich dagegen sind die überwiegend kritischen Kommentare aufgeklärter Leser zu diesem Bericht. Das lässt hoffen!
- Wie die syrische Bevölkerung unter den Sanktionen leidet
Seit 2011 haben die Nato-Staaten im Bündnis mit den reaktionären Golfmonarchien versucht, einen regime change in Damaskus zu erzwingen. Ganz offen haben sie Zehntausende von Dschihadisten in Lagern in der Türkei und Jordanien bewaffnet, militärisch ausgebildet und in den Krieg gegen Syrien geschickt (1). Umfassende Finanz- und Wirtschaftssanktionen sollten die syrische Wirtschaft gleichzeitig zum Erliegen bringen, Massenarbeitslosigkeit schaffen, die Bevölkerung in Armut und Elend treiben, damit sie sich in ihrer Verzweiflung den „Rebellen“ anschließt (2).
Über 400.000 Menschen hat diese „Strategie“ bisher allein in den unmittelbaren Kämpfen das Leben gekostet. Noch mehr Menschen, so eine aktuelle Studie der Weltbank, dürften ihr Leben infolge des Zusammenbruchs des Gesundheitswesens verloren haben (3). Die WHO hatte bereits im August 2012 (!) davor gewarnt, dass die Sanktionen zu einer massiven Verschlechterung der medizinischen Versorgung der syrischen Bevölkerung geführt hat (4).
Nach Schätzung von WHO und Handicap International, so der bekannte Journalist Andreas Zumach, wurden seit Beginn des Syrienkonfliktes über 1,5 Millionen Menschen durch Waffeneinwirkungen oder Explosionen verletzt. Weitere 1,5 Millionen leben mit einer bleibenden Behinderung, darunter 86.000 Menschen, deren Kriegsverletzungen Amputationen nötig gemacht haben (5).
Über 11 Millionen Menschen wurden zu Flüchtlingen gemacht, große Teile der Infrastruktur Syriens zerstört. Ungeachtet dieses Elends und obwohl die UN-Vollversammlung am 22. Dezember 2011 einseitig und ohne Zustimmung des UN-Sicherheitsrates erfolgte Sanktionen als völkerrechtswidrig erklärt hat (6), wollen EU und Bundesregierung daran festhalten.
Dem Internetportal Middle East Eye können keine Sympathien für die syrische Regierung und ihrem Präsidenten Bashar Al Assad nachgesagt werden. Nachfolgend ein aufschlussreicher Bericht ihres Chefreporters Jonathan Steele zu den Folgen der Sanktionen für die syrische Bevölkerung, den wir aus dem Englischen übersetzt haben.
Quelle: Forum solidarisches und friedliches Augsburg
Anmerkung Albrecht Müller: Lesenswert.
- Der Jemen stirbt und die Welt schweigt – Menschenrechte sind auch Widerstandsrechte
Die größte humanitäre Krise unsere Tage spielt sich seit drei Jahren im Jemen ab. Alle zehn Minuten stirbt dort ein Kind an Hunger oder vermeidbaren Krankheiten, Tausende sind der größten Cholera-Epidemie der letzten Jahrzehnte zum Opfer gefallen. Die Infrastruktur ist fast gänzlich zerstört oder zum Erliegen gekommen. Eine verbrecherische, von Saudi-Arabien verhängte umfassende Blockade hat dazu geführt, dass mittlerweile 7 Millionen Menschen im Jemen akut vom Hungertod bedroht sind. Fast drei Millionen Menschen sind aus Angst um ihr Leben auf der Flucht im eigenen Land. Ein Verlassen des Landes ist kaum möglich.
Das alles sind Folgen eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges, der hauptsächlich die Zivilbevölkerung trifft und der darauf ausgerichtet ist, das Selbstbestimmungsrecht der Jemenitischen Bevölkerung im Keime zu ersticken. Es ist ein Krieg, den die saudische Herrscherfamilie führt um den Jemen, den sie seit jeher als ihren Hinterhof verstanden hat, weiterhin als Vasallenstaat unter ihrer Kontrolle zu halten. Die bisher mehr als 10 000 getöteten Jemeniten nimmt sie dafür billigend in Kauf. Die UNO schlägt seit Monaten Alarm, denn das Morden ist für alle Welt offensichtlich. Doch aus den Mündern der Regierungen des „Westens“ ist nur ein Schweigen zu vernehmen.
Quelle: Die Freiheitsliebe
- Leaked memo schooled Tillerson on human rights
A tutorial from policy aide Brian Hook followed the secretary of state’s controversial remarks about balancing U.S. values and interests.
Three months into his tenure as secretary of state, Rex Tillerson alarmed veteran diplomats with remarks that sounded like a potential shift in American foreign policy: The U.S., he said, should be careful not to let values like human rights create „obstacles“ to the pursuit of its interests.
The comment, at a gathering of State Department employees, provoked an outcry among former U.S. officials and human rights activists who feared America was abandoning a vital mission. Two weeks later, a top Tillerson adviser wrote up a short tutorial, in the form of a confidential memo to his boss, recapping “the debate over how far to emphasize human rights, democracy promotion, and liberal values in American foreign policy.”
The May 17 memo reads like a crash course for a businessman-turned-diplomat, and its conclusion offers a starkly realist vision: that the U.S. should use human rights as a club against its adversaries, like Iran, China and North Korea, while giving a pass to repressive allies like the Philippines, Egypt and Saudi Arabia.
“Allies should be treated differently—and better—than adversaries. Otherwise, we end up with more adversaries, and fewer allies,” argued the memo, written by Tillerson’s influential policy aide, Brian Hook.
Quelle 1: Politico
Quelle 2: Das Memo als PDF
- Die begleitete Ratspräsidentschaft
Bulgarien gestaltet seine am Montag begonnene EU-Ratspräsidentschaft unter unmittelbarer „Beratung“ und „Begleitung“ aus Berlin. Dies geht aus Berichten der Konrad-Adenauer-Stiftung (CDU) hervor, die entsprechende Tätigkeiten in Sofia entfaltet und ihren Ex-Vorsitzenden, den ehemaligen Präsidenten des Europaparlaments Hans Gert Pöttering, als Sonderberater in der bulgarischen Hauptstadt installiert hat. In Bulgarien haben sich seit dem EU-Beitritt des Landes am 1. Januar 2007 Oligarchen zum entscheidenden Machtfaktor entwickelt und kontrollieren, wie Beobachter urteilen, längst die Geschicke des Landes. Berlin dulde dies bereitwillig, da Ministerpräsident Bojko Borissow sich politisch umstandslos deutscher Führung unterordne, urteilt ein ehemaliger bulgarischer Justizminister. Gleichzeitig dient das bitter verarmte Land deutschen Firmen als Standort für konkurrenzlose Hungerlohnproduktion und dem deutschen Staat als Reservoir für Fachkräfte, die in die Bundesrepublik abgeworben werden.
Quelle: German Foreign Policy
dazu: Ein böser Verdacht
Warum geht die EU-Kommission so hart gegen Polen vor, schont aber Ungarn? Wieso hat Bulgarien, das am 1. Januar den halbjährlich rotierenden EU-Vorsitz übernimmt, nichts zu fürchten?
Der Brüsseler Korrespondent von Libération, J. Quatremer, hat einen bösen Verdacht: Kommissionschef Juncker messe mit zweierlei Maß, schreibt er in seinem Blog “Les Coulisses de Bruxelles”.
Wer – wie Ungarns Orban – Mitglied der konservativen europäischen Parteienfamilie EVP ist, werde geschont. Wer dort nicht mitmacht – wie die PiS in Polen oder früher die Tories in UK – werde verfolgt.
Klingt zu simpel? Nun ja, bei näherer Betrachtung ist da schon einiges dran. Schließlich hat Orban den Rechtsstaat in seinem Land schon viel früher und radikaler demontiert als die PiS in Polen.
Zudem wird Quatremers These durch neue Beispiele aus anderen EU-Ländern bestätigt.
Beispiel Spanien: Premier Rajoy kann sich in Sachen Katalonien alles erlauben – die EVP steht wie ein Mann hinter ihm.
Beispiel Österreich: Der neue Jungspunt Kurz wurde von Juncker vor Weihnachten mit allen Ehren empfangen, Kritik am seinem rechten Koalitionspartner FPÖ gab es keine.
Kein Wunder, so Quatremer – Kurz ist schließlich der Erbe der ÖVP, die Mitglied der EVP ist. Genau wie CDU/CSU, die sich schon auf gute Nachbarschaft mit dem neuen Rechtsbündnis in Wien freuen.
Quelle: Lost in Europe
Albrecht Müller: Interessant.
- Frankreich
- Reformpläne von Macron: Arbeitslosen in Frankreich drohen drastische Kürzungen
Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron will die Arbeitslosenversicherung reformieren. Details eines vertraulichen Dokuments zeigen: Erwerbslose müssen demnach große finanzielle Einbußen befürchten.
Arbeitslosen in Frankreich drohen nach einem Pressebericht künftig Einschnitte, wenn sie sich nicht ausreichend an der Suche nach einer Stelle beteiligen. Nach Informationen der Investigativ- und Satirezeitung „Le Canard enchaîné“ sollen die Zuwendungen in diesem Fall künftig um 50 Prozent gekürzt werden statt wie bisher um 20 Prozent.
Die Zeitung beruft sich auf ein vertrauliches Dokument des Arbeitsministeriums zur geplanten Reform der Arbeitslosenversicherung, die Präsident Emmanuel Macron im kommenden Jahr umsetzen will. Dem Text zufolge soll die Arbeitslosenhilfe zunächst für zwei Monate auf die Hälfte reduziert werden und dann für zwei weitere Monate ganz wegfallen. Dies gelte, wenn sich jemand nicht ausreichend an der Stellensuche beteilige, eine Weiterbildung ablehne oder zwei als zumutbar eingeschätzte Posten ablehne.
Nach bisheriger Gesetzeslage werden die Zuwendungen zunächst für bis zu sechs Monate um 20 Prozent gekürzt. Zudem dauert es deutlich länger, bis ein Arbeitsloser gar nicht mehr unterstützt wird.
Die Regierung will ab dem 11. Januar bis Mitte Februar mit den Sozialpartnern über die Reform der Arbeitslosenversicherung beraten. Der Arbeitgeberverband Medef hatte im Oktober gefordert, Arbeitslose deutlich schärfer zu kontrollieren und damit Entrüstung bei den Gewerkschaften entfacht.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Sehr schön. Hartz IV auf Französisch. Kein Wunder, daß Sigmar Gabriel und Martin Schulz und große Teile der SPD von Macron so begeistert sind. Und Macron setzt einfach die Forderungen des Arbeitgeberverbands um.
Anmerkung JK: Die Frage ist wann sich in Deutschland die ersten Stimmen rühren, die angesichts der französischen Agenda 2010 entsprechende Reaktionen fordern, um die „Wettbewerbsfähigkeit“ nicht zu gefährden.
- Der Ausnahmezustand als Regelfall
Am 7. Januar 2018 jährt sich zum dritten Mal der Terroranschlag auf die Redaktion der französischen Satire-Zeitschrift „Charlie Hebdo“. Und gut zwei Jahre liegen die Pariser Terroranschläge zurück, als am 13. November 2015 Attentäter das Theater Bataclan sowie zahlreiche Bars, Cafés und Restaurants angriffen, dabei 130 Menschen töteten und mehr als 700 Menschen verletzten.
Nach den Anschlägen im November verhängte der damalige Präsident François Hollande den Ausnahmezustand, der in den Folgejahren insgesamt sechs Mal verlängert wurde. Der derzeitige Präsident Emmanuel Macron hat diesen nun beendet und stattdessen ein verschärftes Sicherheitsgesetz unterzeichnet: Dieses überführt zentrale Regelungen des auslaufenden Ausnahmezustands in nationales Recht – und macht diese damit endgültig zum Regelfall. Unter den Folgen leiden vor allem die arabischen und muslimischen Teile der Bevölkerung – und die politische Opposition.
Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik
Anmerkung Christian Reimann: Könnte es sein, dass insbesondere Frankreichs Präsident Macron durch das neue, verschärfte Sicherheitsgesetz sein Vorhaben der sozialen Kürzungen vor allzu großen Protesten schützen möchte? Zu befürchten ist, dass Frankreich als Vorbild für Deutschland dienen könnte. Und könnte es sein, dass das dann im Einklang steht mit dem europäischen Recht?
Im Hinblick auf das, was in Zukunft noch möglich sein könnte, sei auch in diesem Zusammenhang an die Erläuterungen zur Charta der Grundrechte erinnert:
„So müssen die in der EMRK enthaltenen „Negativdefinitionen“ auch als Teil der Charta betrachtet werden:
Artikel 2 Absatz 2 EMRK:
„Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie durch eine Gewaltanwendung verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um
jemanden gegen rechtswidrige Gewalt zu verteidigen;
jemanden rechtmäßig festzunehmen oder jemanden, dem die Freiheit rechtmäßig entzogen ist, an der Flucht zu hindern;
einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen“.
Und weiter:
„Ein Staat kann in seinem Recht die Todesstrafe für Taten vorsehen, die in Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr begangen werden; diese Strafe darf nur in den Fällen, die im Recht vorgesehen sind, und in Übereinstimmung mit dessen Bestimmungen angewendet werden …“.
Die Erläuterungen sind offenbar nicht lediglich Regelungen für die Ausführungen des Gesetzes, sondern – und das ist unüblich – dem Gesetzestext gleichgestellt. So jedenfalls nachlesbar im Amtsblatt der Europäischen Union vom 14.12.2007.
- Trumps Angriff auf Amerika
Die Steuerreform der Republikaner ist ein Schlag gegen den Wohlfahrtsstaat. Er trifft vor allem Geringverdiener – und wurde schon in den Siebzigerjahren vorbereitet.
Die Steuersenkungen wirken sich verheerend auf das ganze Funktionssystem des Staates aus: Die von den Städten betriebenen öffentlichen Schulen etwa werden bis dahin weitgehend mit Geldern aus der Grundsteuer betrieben – jene Steuer also, die Proposition 13 am stärksten kürzt. Kaliforniens Schulen, die 1973 noch zu den landesweit besten gehörten, werden zum traurigen Opfer von Reagans Steuersenkungspolitik: Im Jahr 2003 belegen sie nur noch Platz 48 von 50. Mehr als die Hälfte der Schüler in der 8. Klasse kann nicht ausreichend lesen und schreiben. Die Steuern, die den Schulen fehlen, bleiben bei Hausbesitzern und superreichen Vermietern.
Kalifornien ist nur eines von vielen Beispielen für eine solche Umverteilung von unten nach oben. Im ölreichen Oklahoma, wo seit Jahrzehnten Steuern gesenkt werden, kann in vielen Countys nur noch an vier Tagen pro Woche der Schulbetrieb aufrechterhalten werden. Lehrer laufen wegen der geringen Löhne in Scharen davon. Die politische Ökonomie der Steuersenkung hat die USA auf lokaler, bundesstaatlicher und nationaler Ebene nachhaltig beschädigt.
Ohne die Steuern der wohlhabenden Mittel- und Oberschichten bleibt staatlichen Institutionen kein Geld, um dringend notwendige Infrastrukturprojekte anzugehen. Öffentliche Bauprojekte, die etwa in urbanen Gebieten dringend benötigt würden, um der grassierenden Obdachlosigkeit abzuhelfen, werden gar nicht erst diskutiert, weil es schon am Grundlegenden fehlt. Straßen, Brücken, Wasserleitungen sind baufällig, Gesundheitsversorgung ist für Niedrigverdiener nach wie vor kaum erschwinglich. All das trifft die Ärmsten am stärksten. Und ganz besonders Afroamerikaner, Latinos, Immigrantinnen.
Quelle: Zeit
Anmerkung JK: Die Umverteilung von unten nach oben ist seit jeher das Ziel der Neoliberalen, nicht nur in den USA. Interessant dabei, dass auch in Deutschland die gleiche Strategie mit immer wieder angezettelten Debatten um Steuersenkungen, die angeblich den geringen oder mittleren Einkommen zugutekommen sollen, angewendet wird. Der zweite Hebel mit dem die Handlungsfähigkeit des Staates eingeschränkt werden soll, ist dann die sogenannte Schuldenbremse.
passend dazu: Steuerreform in USA: Deutsche Autobauer sparen Milliarden
Daimler vermeldete kurz nach Inkraftsetzung der Reform einen Steuerertrag von voraussichtlich 1,7 Milliarden Euro. Allerdings gebe es auch gegenläufige Effekte, so dass sich unter dem Strich das Konzernergebnis 2017 nur um eine Milliarde Euro erhöhe. Nach Angaben von Daimler enthält Trumps Steuergesetz weitere Einzelmaßnahmen, deren Folgen jetzt analysiert würden. Analysten hatten Daimler bislang für das Gesamtjahr einen Konzerngewinn von knapp zehn Milliarden Euro zugetraut.
BMW rechnet durch das Steuergeschenk mit einem positiven Effekt in Höhe von bis zu 1,55 Milliarden Euro. Wie der Dax-Konzern aus München mitteilte, kann die genaue Summe erst mit dem Konzernabschlusses 2017 berechnet werden. Allerdings heißt es bei BMW, ab 2018 könnte die Reform auch negative Effekte bewirken. Das Unternehmen nannte aber dazu keine Zahlen. Die Prognose von Analysten für das Gesamtjahr belief sich bislang auf etwa 7,3 Milliarden Euro.
Auch Volkswagen und Audi betreiben Werke in den USA, haben sich bislang jedoch nicht zu möglichen Steuervorteilen geäußert.
Quelle: MDR
- DIHK fordert Steuersenkung für Besserverdienende
In Amerika werden Steuern gesenkt, in Frankreich, auch in Großbritannien. Da könne es sich Deutschland nicht leisten, einen anderen Weg einzuschlagen, warnt DIHK-Präsident Schweitzer. Er appelliert an SPD und Union.
Vor den Sondierungen über eine Neuauflage der großen Koalition fordert der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) von SPD und Union einen Verzicht auf Steuererhöhungen. Nach den Worten von DIHK-Präsident Eric Schweitzer sind vielmehr Entlastungen nötig, auch für Besserverdienende.
„Die SPD wird ihre Steuererhöhungspläne begraben müssen“, sagte Schweitzer der „Rheinischen Post“ (Mittwochausgabe). Deutschland könne es sich nicht leisten, im Wettbewerb mit anderen Industrieländern ins Hintertreffen zu geraten. „Die Vereinigten Staaten senken ihre Unternehmenssteuerbelastung gerade auf insgesamt 25 Prozent, die Franzosen senken auch und die Briten wollen runtergehen auf 17 Prozent“, erläuterte Schweitzer.
Er forderte dem Vorabbericht zufolge eine Einkommensteuersenkung auch für Besserverdienende. „80 Prozent der Unternehmen in Deutschland sind Personengesellschaften. Sie zahlen Einkommensteuer, und viele von ihnen fallen unter den Spitzensteuersatz.“ Auch die Körperschaft- und die Gewerbesteuer müssten reduziert werden.
Quelle: FAZ
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Verdruckstheit oder Unehrlichkeit kann man dem DIHK-Chef nicht vorwerfen – Unverschämtheit aber schon. Daß auf Jahrzehnte der Privilegierung der Bestverdiener mit Höchstlöhnen und Steuergeschenken weitere Jahrzehnte mit Steuersenkungen gefordert werden, während Soziales und die Infrastruktur inklusive der Bildung chronisch unterfinanziert sind und immer größere Teile der Bevölkerung in Armut versinken, scheint diesen unglaublich dreisten und volkswirtschaftlich inkompetenten Menschen nicht einmal zu berühren.
- „Die wollen keinen Neustart“
Die Verkehrswende ist überfällig. Der Mobilitätsforscher Andreas Knie erklärt, wie sie gelingen kann – und was das für die deutsche Automobilindustrie bedeutet, die zurzeit noch auf der Bremse steht.
brand eins: Herr Knie, die Elektromobilität ist in aller Munde, die Automobilindustrie steht vor einem Neustart. Sollte ich mir jetzt ein E-Auto kaufen?
Andreas Knie: Versuchen Sie es doch mal, Sie wären vermutlich überrascht. Vor knapp zwei Jahren haben wir einen Test gemacht und 48 unserer Studenten zu den Händlern geschickt – aus Glaubwürdigkeitsgründen in Sachen Finanzkraft zusammen mit ihren Vätern. Sie sollten ein Elektroauto kaufen. Zwei davon kamen mit einem Angebot wieder. Dem Rest hat man erzählt: „Vergessen Sie das mal schnell wieder mit dem Elektroauto, das wird nix. Hier, nehmen Sie einen Diesel, der ist auch umweltfreundlich, und da bekommen Sie Rabatte, Rabatte, Rabatte.“ Da wird sich nicht viel geändert haben. Die Industrie will momentan gar keine Elektroautos verkaufen. Die wollen keinen Neustart.
Na ja, die Händler wollen schnell noch ihre Ladenhüter loswerden.
Das zeigt sich nicht nur bei den Händlern, das hat System. Wir hatten damals, 2009, den Mini-E hier am InnoZ zum Test. Dabei waren auch führende BMW-Manager. Die Mini-Fahrer waren begeistert und wollten nichts anderes mehr haben. Da hat BMW Angst bekommen, dass sich das herumspricht und sie das falsche Auto anbieten. Der Plan, nach den ersten 500 Mini-E auf 5000 Fahrzeuge aufzustocken, wurde sofort einkassiert, auch die Prototypenzulassung hat BMW nicht verlängert. Ein anderes Beispiel: 2013 brachte Daimler den Elektro-Smart auf den Markt. Das Problem: Der Stromer war viel besser als die Verbrenner-Version. Bereits vor Ende Mai verkündete Daimler, dass die Jahresproduktion ausverkauft sei. Was ja durchaus sein kann – aber hat man mal irgendwann gehört, dass man leider keine S-Klasse mehr bauen kann oder der A8 ausverkauft ist? Das gibt es nicht. Das ähnelt alles der EV1-Geschichte. Ein visionäres Elektroauto, gebaut 1995 von General Motors, mit schon damals etwas mehr als 100 Kilometer Reichweite. Vom EV1 wurden drei Exemplare gerettet, der Rest wanderte schnell in die Schrottpresse. Das Elektroauto war zu gut. Wie das im Detail gelaufen ist, zeigt der wunderbare Dokumentarfilm „Who Killed the Electric Car?“.
Quelle: brand eins
- Bürgerversicherung: SPD-Konzept – ein Etikettenschwindel
Noch nie wurde hierzulande so heftig über eine Bürgerversicherung debattiert wie gegenwärtig. Nicht nur Sozialdemokraten erwarten eine Reform im Gesundheitswesen. Gastbeitrag von Christoph Butterwegge.
Obwohl die Sondierungsgespräche zwischen CDU, CSU und SPD noch gar nicht begonnen haben, sorgt eine sozialdemokratische Kernforderung bereits für Gesprächsstoff: Noch nie wurde hierzulande so heftig über eine Bürgerversicherung debattiert wie gegenwärtig. Das von der SPD aufgegriffene Projekt erregt die Gemüter: Privatpatienten fürchten um ihre medizinische Vorzugsbehandlung, Chefärzte um ihre Hauptverdienstquelle, Versicherungskonzerne um ihre Profite und Vertreter um ihre Provisionen.
Assistiert von strukturkonservativen Juristen, die für jedes Privileg scheinbar plausible Argumente finden, machen Privatversicherer, Ärztevertreter und Wirtschaftslobbyisten denn auch gegen die „Einheitsversicherung“ mobil. Mit dem Hinweis auf die angeblich bedrohte (Gewerbe-)Freiheit startet man teure Propagandakampagnen, um die Schaffung einer gemeinsamen Krankenversicherung für alle Bewohner unseres Landes zu verhindern und eine Form der Zwei-Klassen-Medizin zu erhalten, die es Besserverdienenden und Vermögenden ermöglicht, in Sondersysteme auszuweichen, statt Solidarität mit dem Rest der Bevölkerung zu üben.
Das Modell ist längst verwässert
Dabei hat die SPD ihr Modell einer Bürgerversicherung unter dem Druck der mächtigen Lobbygruppen längst so weit verwässert, dass es nun wirklich nicht mehr als Bürgerschreck taugt. Demnach könnten auch Privatkassen die Bürgerversicherung als Spezialtarif anbieten, die Beitragsbemessungsgrenze würde weder abgeschafft noch angehoben und auf Vermögenseinkünfte sollen auch zukünftig keine Beiträge anfallen. Bei diesem „entschärften“ SPD-Konzept handelt es sich insofern um Etikettenschwindel, als bloß die Konkurrenzbedingungen zwischen gesetzlichen und privaten Krankenkassen mit dem kontraproduktiven Ziel angeglichen werden sollen, den Wettbewerb zwischen ihnen zu intensivieren.
Dadurch entstünde aber kein solidarisches Gesundheitssystem, vielmehr wüchse sogar die Gefahr, dass auch die gesetzlichen Kassen von Brüssel als Wirtschaftsunternehmen behandelt und dem EU-Wettbewerbsrecht unterworfen, die Tendenzen zur Privatisierung und Kommerzialisierung dieses Bereichs also verstärkt werden.
Quelle: Frankfurter Rundschau
Anmerkung Jens Berger: Leider hat Christoph Butterwegge mit seiner Kritik Recht. Die Bürgerversicherung wäre ein wichtiger Schritt, das gleichnamige Modell der SPD ist jedoch nicht das, was man sich unter einer echten „Bürgerversicherung“ vorstellt. Was Butterwegge jedoch nicht erwähnt, ist die prekäre Lage der privaten Kassen und das große Risiko für ihr Geschäftsmodell durch die Kombination aus Niedrigzins und geringer Neuverschuldung der öffentlichen Haushalte.
Lesen Sie dazu auf den NachDenkSeiten: Die Bürgerversicherung ist alternativlos, da das PKV-System keine Zukunft hat
passend dazu: Wo die Bürgerversicherung schon Realität ist
Ob Spitzenverdiener oder Arbeitsloser, selbständig oder beamtet – in Österreich ist jeder Bürger automatisch krankenversichert. Das österreichische System gilt sogar als sehr effizient. Es ist aber auch ziemlich komplex.
„Wir bieten für den gleichen Beitragssatz quer durch Österreich die gleiche Leistung und das auf einem sehr hohen Niveau“, sagt Alexander Biach, Vorstandsvorsitzender des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger. Der Grundgedanke sei der einer Krankenversicherung, die für alle gleich ist. „Das gelingt uns, weil wir letzten Endes im internationalen Vergleich auch hier Spitzenpositionen einnehmen und ähnlich wie Deutschland bei einer Abdeckung von über 99 Prozent aller medizinischen Bedürfnisse alleine aufgrund des Versicherungswesens liegen.“
Der Unterschied zu Deutschland ist, dass alle erwerbstätigen Österreicher automatisch und verpflichtend versichert sind. Auch Spitzenverdiener, Selbständige und sogar Beamte. Eine freie Wahl der Krankenkassen gibt es nicht und dementsprechend auch keinen Wettbewerb zwischen den Kassen. Das führt zu vergleichsweise geringen Verwaltungskosten, sagt Alexander Biach: „Wenn Sie Deutschland nehmen aufgrund des Versicherungssystems, wo man sich das aussuchen kann, muss natürlich Werbung gemacht werden, sind die Kosten höher. Da liegt man laut OECD bei 5,4 Prozent und Österreich kann sich diese Werbungskosten ersparen und liegt damit bei einem Verwaltungskostenanteil von lediglich 2,8 Prozent.“
Quelle: Deutschlandfunk
- Quid pro quo: Niemand muss bei Deals à la Weinstein mitspielen
Geduldete sexuelle Übergriffe von Menschen in Machtpositionen sollten nicht als Missbrauch, sondern als Korruption verstanden werden
Bei der Affäre Weinstein handelt es sich, wie bekannt, nicht um einen Einzelfall, zumindest nicht im Mediengewerbe. Ich selbst habe zweimal und eine Studienfreundin mindestens einmal erlebt, dass Männer in einer Machtposition sexuelle Gefallen für Unterstützung beim Fortkommen einforderten. […]
Die Rechtslage ist mir im Einzelnen nicht bekannt, vermutlich komplex und in vielen Fällen uneindeutig und/oder schwer durchsetzbar. Was bei geduldeter sexueller Übergriffigkeit von Personen geschieht, die Mittel, Positionen und Aufträge in unsicheren, begehrten Berufen kontrollieren, ist im Normalfall aber Korruption nach § 299 StGB.
Dazu gehören zwei, wenn auch nach meinem Rechtsempfinden die größere Schuld beim jeweiligen Initiator liegt (wenn das Ansinnen abgewehrt wird, ist es natürlich die alleinige Schuld). Auch in Fällen gewöhnlicher Korruption und erst recht politischer Korruption wird ja das Quid pro quo zumeist nicht eindeutig ausgesprochen, sondern verklausuliert oder impliziert. Auch hier ist die rechtliche Verfolgung der Taten bzw. der Nachweis regelmäßig schwierig, wenn nicht unmöglich.
Wenn das Framing als „sexueller Missbrauch“ oder „sexuelle Belästigung“ hilft, diese spezielle Form der Korruption ans Licht zu bringen, zu ächten und mit Konsequenzen zu bedrohen und wenn die so ausgelöste öffentliche Empörung korrupte Entscheider und Institutionen, die diese dulden, abschreckt, so ist mir das sehr recht. Juristisch ist dem Problem ja schwer beizukommen; Einstellungsänderungen können da mehr bewirken.
Wenn die derzeitige Diskussion allerdings zur Aufweichung und Verharmlosung des Vergewaltigungsbegriffes beiträgt oder zur Kriminalisierung normalen sexuellen Annäherungsverhaltens, ist das ein Ärgernis.
Quelle: Telepolis
Anmerkung Lutz Hausstein: Das ist einer der überschaubar wenigen klugen Beiträge, die mir im Zuge der MeToo-Debatte untergekommen sind. Denn die Autorin stellt darin den Aspekt des Machtgefälles, die Ausübung einer Machtposition einer Person an entscheidender Schaltstelle gegenüber einer anderen Person, heraus und weist den den Umständen wenig bis gar nicht entsprechenden Begriff des sexuellen Missbrauchs zurück. Sie kippt nicht, wie in dieser Diskussion häufig geschehen, das Kind mit dem Bade aus, sondern argumentiert sehr differenziert. So zum Beispiel auch anhand der Umstände, aber auch den Folgen bei/für diejenigen, die sich auf diese besondere Art der Korruption einlassen wie auch bei/für diejenigen, die sich dem aktiv verweigern. Eine öffentliche Debatte, die in dieser Richtung weitergeführt werden würde, könnte in der Tat einen wichtigen Beitrag leisten, zuerst einmal die Logik des Problems richtig zu beschreiben und hoffentlich daran anschließend zur Lösung beizutragen.
Anmerkung JK: Die Problematik der MeToo Debatte liegt sicher wohl auch darin, dass die Debatte fast ausschließlich von privilegierten, akademischen Frauen der oberen Mittelschicht geführt und vorangetrieben wird. Es ist wenig glaubwürdig, Frauen mit Millionenvermögen wie eben diverse Hollywood-Schauspielrinnen als beispielhaft für Diskriminierung und sexuelle Übergriffe anzuführen.
Wo wird etwa von den Anführerinnen dieser Kampagne in Deutschland thematisiert, dass gerade im dank der Agenda 2010 ausufernden Niedriglohnsektor viele Frauen arbeiten, dass gerade dort täglich Diskriminierung stattfindet? Dass gerade in den ärmeren Schichten Frauen einer Doppelbelastung durch Haus- und Familienarbeit und durch zusätzliche Berufstätigkeit, da sonst das Familieneinkommen nicht reicht, ausgesetzt sind. Das wäre öffentlich zu diskutieren, und nicht die Verhältnisse in der Unterhaltungsindustrie Hollywoods, zumindest nicht die Befindlichkeiten irgendwelcher Filmstars. Denn dass dort auch viele Frauen unter prekären Verhältnissen arbeiten müssen und dort wohl täglich auch sexuellen Übergriffen ausgesetzt sind, kann schwer bezweifelt werden. Aber um diese Frauen geht es in der MeToo Kampagne überhaupt nicht.
- Der große Exkulplator: ISM-Kurator Lessenich verteidigt den neoliberalen Status Quo gegen linke Kritiker
Fast die ganze Titelseite seines Feuilletons hat die Süddeutsche Zeitung am Mittwoch dem sich radikal links gebenden Münchener Soziologen Stephan Lessenich zur Verfügung gestellt, um all jene in den Senkel zu stellen, die den Aufstieg der AfD mit neoliberaler Politik aus Brüssel oder wirtschaftlichen Sorgen der Abgehängten und Ignorierten in Verbindung bringen.
Lessenich, ein Mitglied des wissenschaftlichen Beirats von attac und Kuratoriumssprecher des Instituts Solidarische Moderne, geht seine Aufgabe mit Verve an. Es ist allerdings nicht ganz leicht, aus seinen Schachtelsätzen herauszudestillieren, was seine konkreten Einwände gegen die kritisierte Position sind und was seine eigene Position ist. Mit vielen kraftvollen, negativ eingefärbten Bildern und Vergleichen insinuiert er mehr, als dass er argumentiert. Ich will es aber dennoch, bei aller Fehleranfälligkeit, versuchen, indem ich negativ eingefärbte Aussagen als seiner Ansicht nach falsch und die positiv eingefärbten als seiner Ansicht nach richtig klassifiziere.
Quelle: Norbert Häring
Hinweis: Die NachDenkSeiten hatten sich bereits kritisch mit dem Autor Lessenich hier und hier auseinandergesetzt.
- Neuer US-Sender aus Berlin: Ein Radio für die Völkerverständigung
Weder für noch gegen Trump, sondern pro-atlantisch: Seit dem 16. Oktober hat Berlin ein neues englischsprachiges Radioprogramm. Der Sender KCRW will an alte Radiotraditionen anknüpfen und neue Brücken schlagen zwischen Deutschland und den USA.
„Zu diesem Zeitpunkt ist es sehr wichtig, dass man sich versteht und wir meinten, es ist sehr wichtig, dass es auch einen englischsprachigen Sender für Berlin gibt. Ein Ziel ist auch, Berlin ein bisschen zu erklären, von Politik bis zu Verkehr, für besonders die Leute, die kein Deutsch sprechen, es ist wichtig, wir möchten sie helfen, die Stadt besser kennenzulernen“.
John Kornblum, ehemaliger US-Botschafter in Deutschland und Susan Woosley, Geschäftsführerin von KCRW Berlin, stehen diskutierend in einem kleinen Büro im Stadtteil Steglitz. Es ist Teil des Medienzentrums Berlin, in dem einige private Radiostationen ihre Studios haben. Seit Oktober sitzt hier auch der neue englischsprachige Sender für Berlin, den Kornblum mitgegründet hat.
Quelle: Deutschlandfunk Kultur
Anmerkung Albrecht Müller: Ein neues Propaganda-Radio, mit einer Sprache, die einem die Schuhe auszieht.
Ergänzende Anmerkung JK: Man sehe sich auch einmal die Unterstützer an, Vertreter der transatlantisch orientierten Elite wie aus dem Bilderbuch.