Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Michael Hudson – Finanzsystem ermöglicht US-Militär
Nach dem Ersten Weltkrieg stiegen die USA zur Weltmacht auf. Ihre Vorherrschaft basiert auf der Dominanz des Dollar. Ein Gespräch mit Michael Hudson (…)
Sie schreiben, dass die Obama-Regierung die Regeln im Internationalen Währungsfonds änderte, um die Ukraine mit einem Drei-Milliarden-Dollar-Kredit zu versorgen, den sie niemals zurückzahlen wird. Warum wurde das gemacht?
Hillary Clintons Strategie war es, Russland zu einem Krieg zu provozieren, um daraufhin mit einem Nuklearschlag gegen Russland zu ziehen. Deswegen verlor sie die Präsidentschaftswahl und ist heute die nach Donald Trump am meisten gehasste Person in den USA. Washington versuchte, die Regierung in Kiew zu unterstützen, die sehr schnell pleite ging, nachdem sie mit Russland gebrochen hatte. Die Ukraine schuldete Russland Geld. Der IWF sagte, wenn ihr Russland eure Schulden nicht zurückzahlt, werden wir euch genug Geld leihen. Die Regierung in Kiew verfuhr nach demselben Prinzip, wie Donald Trump zu seinen Milliarden kam: Du zahlst Kredite nicht zurück und hältst die Gläubiger hin, immer und immer wieder. Dann lässt du sie gegen dich vor Gericht ziehen und hältst sie wieder hin. Das war der Versuch, Russland zu isolieren.
Ist die Strategie von Erfolg gekrönt?
Das Resultat ist, dass sich Russland, China und der Iran angenähert haben, etwa in der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit, und aus dem Dollar-Gebiet ausgebrochen sind. Diese Länder wollen die US-Währung nicht mehr nutzen, um ihren Handel abzuwickeln, und auch keine Dollar mehr in den Bilanzen ihrer Zentralbanken halten – bis auf ein Minimum, um die Währung stabil zu halten. Sie haben verstanden, dass das Horten von Dollar ihre eigene militärische Umzingelung finanziert. Aus ihrer Sicht operiert der IWF von einem sehr kleinen Apartment im Keller des Pentagon aus. Das ist ähnlich wie bei der Weltbank, deren Spitzenpersonal meistens direkt aus dem US-Verteidigungsministerium kommt, um andere Staaten zu kontrollieren.
Wird Donald Trump diese »Dollar-Strategie« auch verfolgen?
Er hat überhaupt keine Strategie. Er hat sein Leben bisher als Kleinkrimineller geführt. Und als Gauner vertraut er nur seinen Familienmitgliedern. Keiner von ihnen hat politische Erfahrung. Was macht Trump zu solch einem wundervollen Präsidenten für die USA? Es ist viel besser, einen inkompetenten aggressiven Präsidenten als eine kompetente aggressive Präsidentin, wie es Hillary Clinton gewesen wäre, an der Spitze des Staates zu haben.
Quelle: junge Welt
dazu: Amerikaner sahen in Trump das kleinere Übel
Der Ökonom Michael Hudson spricht im Interview über die Paradise Papers, Donald Trump und den Umgang mit Schulden.
Michael Hudson ist einer der bekanntesten Kritiker unserer Wirtschaftsordnung. Er wuchs in einer linken Familie auf – Trotzki war sein Pate, sein Vater saß als sozialistischer Agitator im Gefängnis, seine Tante, so erzählte er vor Jahren, bewahrte den Eispickel auf, mit dem der russische Revolutionär von Stalins Leuten ermordet wurde. […]
Korrupte Politiker gab es schon immer. Aber Obama setzte eins drauf: Er korrumpierte die korrupte Politik. Er übereignete die demokratische Partei den Parteispendern. Donald Trump ist Obamas Erbe. Vor die Wahl zwischen Hillary Clinton und Donald Trump gestellt, sahen die Amerikaner in Donald Trump das kleinere Übel. […]
Hillary Clinton stellte sich vor die Wähler und erklärte ihnen, es ginge uns besser als vor acht Jahren. „Von wem redet die?“ fragten sie sich. Trump sagte, es ginge ihnen schlecht und er werde alles tun, damit es ihnen in Zukunft besser ginge. Er war näher an der Wahrheit: 95 Prozent der Amerikaner geht es heute schlechter als vor neun Jahren. Nur fünf Prozent geht es besser.
Quelle: FR
Anmerkung JK: Bemerkenswert ist Hudsons scharfe Kritik an der Ikone des linksliberalen Juste Milieus, Barack Obama.
- Die EU braucht eine Sozialunion, keine Kriegsunion
„Die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten setzt mit der Gründung einer sogenannten Verteidigungsunion, der PESCO, am heutigen Montag ein verheerendes Signal, denn die EU braucht nicht mehr Geld für Militäreinsätze und Aufrüstung, sondern für ein soziales Europa. Die schwere wirtschaftliche Krise und Verarmung in großen Teilen Süd- und Osteuropas ist Ergebnis einer neoliberal ausgerichteten Europäischen Union. Die EU muss neu ausgerichtet werden, wir brauchen eine Sozialunion, keine Kriegsunion“, sagt Heike Hänsel, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf das heutige Außen- und Verteidigungsministertreffen in Brüssel. Hänsel weiter:
„Die geplante deutsche Beteiligung an dieser ständig strukturierten Zusammenarbeit innerhalb der EU ist auch deshalb ein Skandal, weil eine geschäftsführend amtierende Bundesregierung keine politische Legitimation besitzt, derart weitreichende Entscheidungen zu treffen und dies ohne jegliche Beteiligung des Bundestages. SPD-Minister Gabriel will dennoch nicht nur den Beitritt zur PESCO vollziehen, sondern zugleich die Rechte des Bundestags einschränken, indem er die künftige Bundesregierung zur ‚Prüfung nationaler Entscheidungsmechanismen‘ verpflichtet. Ich fordere Außenminister Gabriel und Verteidigungsministerin von der Leyen auf, den Bundestag an der Entscheidungsfindung über die PESCO zu beteiligen.”
Quelle: Die Linke. im Bundestag
Lesen Sie dazu auch auf den NachDenkSeiten: Die Vorbereitung auf den Krieg wird zum alltäglichen Geschäft: bei der NATO, bei der EU etc. Und wichtige Medien mischen mit.
- Libanon-Mosaik
Libanon in den Medien: Saudi-Arabien eröffnet im Libanon eine neue Front gegen Iran und stürzt das Land ins Chaos
Quelle: Dietrich Klose auf freitag.de
Anmerkung Jens Berger: Dietrich Klose hat seine exzellente Presseschau zum Krieg im Jemen nun auch auf den Libanon ausgeweitet. Ein Hoffnungsschimmer, beklagten wir uns gestern doch noch, wie schwer es ist, im deutschen Bereich überhaupt Informationen zu den Vorgängen im Libanon und in Saudi Arabien zu finden.
- Cem Özdemir will Russland-Sanktionen beibehalten
Der Bundesvorsitzende der Partei Bündnis 90/Die Grünen, Cem Özdemir, will die europäischen Sanktionen gegen Russland beibehalten. Dies erklärte der Politiker im Rahmen der Jamaika-Verhandlungen bei einem Treffen mit Union und FDP in Berlin.
„Ich sehe keinen Anlass, die Sanktionen aufzugeben, denn Russland hat keinen Anlass dafür geboten“, sagte Özdemir. Deshalb könnten die Strafmaßnahmen gegen Russland nicht aufgehoben werden. Deutschland müsse „zur Ukraine stehen und nicht akzeptieren, dass die Ukraine quasi wie ein Filet aufbereitet wird von Herrn Putin“.
Die Russlandfrage gilt als einer der zentralen Streitpunkte bei den Verhandlungen über eine mögliche Jamaika-Koalition. FDP-Chef Christian Lindner hatte in der Vergangenheit geäußert, dass der Status der Halbinsel Krim als „dauerhaftes Provisorium“ anerkannt werden müsse. Außerdem plädierte der Politiker zuletzt dafür, die Beziehungen zu Moskau zu verbessern und den russischen Präsidenten Wladimir Putin zurück an den G7-Tisch zu holen.
Quelle: ostexperte
Anmerkung JK: Bei Atlantik-Brücken-Mitglied Özdemir wahrlich keine Überraschung.
Lesen Sie dazu auch auf den NachDenkSeiten: Jamaika bedeutet auch, dass wir einen Transatlantiker als Außenminister bekommen.
- Politisch tot
Vor den Wahlen in Italien droht den Sozialdemokraten ein Desaster: Die Partei von Ex-Premier Renzi fällt im Streit auseinander. Zur Freude der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung. Und von Silvio Berlusconi.
Luigi Di Maio, designierter Spitzenkandidat der Fünf-Sterne-Bewegung für die italienischen Parlamentswahlen im Frühjahr, reagierte schnell und unbarmherzig. Er sagte ein in dieser Woche geplantes TV-Duell mit dem sozialdemokratischen Parteichef Matteo Renzi ab. Nach ihrer verheerenden Niederlage bei den Regionalwahlen in Sizilien sei dessen Partito Democratico (PD) “politisch tot” und Renzi “nicht mehr unser Gegenspieler”.
Gut möglich, dass er recht hat. Vieles spricht derzeit dafür, dass die jetzigen Regenten in Rom bei den anstehenden Wahlen keine entscheidende Rolle mehr spielen. Denn in den Umfragen liegen die Sozialdemokraten abgeschlagen hinter der populistischen, antieuropäischen, vom Ex-Komiker Beppe Grillo gegründeten Fünf-Sterne-Bewegung und einem Bündnis mehrerer Rechts-Parteien, angeführt von – man glaubt es kaum – Silvio Berlusconi.
“Wir sind das Bollwerk gegen die Populisten”, tönte der 81-jährige Ex-Premier. Der Medienzar und Milliardär hatte in den vergangenen Jahren eher mit Sexismus-Skandalen und als Angeklagter vor Gericht von sich Reden machen lassen. Als verurteilter Steuerhinterzieher darf er selbst kein Staatsamt bekleiden – aber eine Koalition schmieden und führen. Und diese liegt derzeit ganz vorne.
In Sizilien brachten es Berlusconi und Co. auf knapp 40 Prozent der Stimmen, die Grillo-Sterne schafften knapp 35 Prozent. Das Mitte-Links-Wahlbündnis mit Renzis PD im Zentrum kam nicht einmal auf 20 Prozent. Umfragen für ganz Italien sagen ähnliche Ergebnisse voraus.
“Die Krise der Linken” ist laut Meinungsforscher Ilvo Diamanti “die Krise einer Massenpartei, die heute offenbar keine Antworten auf die Bedürfnisse der Gesellschaft mehr hat”. Die Demokratische Partei (PD) sei eine Partei geworden, die “um die Person Renzi kreist”, weshalb Diamanti sie schon vor geraumer Weile in “Partei von Renzi” umtaufte.
Quelle: SPIEGEL Online
Anmerkung JK: Auch Renzi wusste nichts Besseres als eine neoliberale Arbeitsmarktreform mit Lockerung des Kündigungsschutzes und Steuererleichterungen für Unternehmen, sowie verschärfte Repression gegen Erwerbslose einzuführen, ohne damit die wirtschaftliche Situation für die Mehrheit der italienischen Bürger wesentlich zu verbessern. So gehen auch die italienischen Sozialdemokraten den Weg aller europäischen sozialdemokratischen Parteien, die der neoliberalen Ideologie hinterhergelaufen sind, den Weg in die politische Bedeutungslosigkeit.
Nebenbei sei noch erwähnt, dass dieser Beitrag wieder ein Beispiel für die meiningsmachende Semantik des deutschen „Qualitätsjournalismus ist. Natürlich ist die Fünf-Sterne-Bewegung populistisch und antieuropäisch, während Renzis Partei als europäisch und weltoffen dargestellt wird.
Dazu nochmals: Renzi macht den Schröder: Zu den aktuellen Arbeitsmarktreformen in Italien
- Frankreich wird gewaltsamer, aber auch ehrlicher
Der Philosoph Tristan Garcia über die soziale Spaltung des Landes und warum er trotzdem hoffnungsvoll in die Zukunft blickt.
Europa steckt in der Krise und Frankreich auch: Der rechtsgerichtete Front National stellte eine Präsidentschaftskandidatin, die es bis in die zweite Runde schaffte, Terroranschläge haben viele Opfer gefordert, und die Arbeitslosenquote ist mit 9,6 Prozent hoch. Geht es Frankreich besonders schlecht?
Es ist schwierig, gegenüber Frankreich gerecht zu sein. Frankreich ist immer noch ein reiches Land, aber seit meiner Kindheit spüre ich ein Gefühl von Verlust. Frankreich fühlt sich verwundet, eine dieser Wunden hat mit seiner Kolonialgeschichte zu tun. Le Pen ist ein Produkt des Algerienkrieges. Eine andere Wunde hat mit der Tatsache zu tun, dass alle Länder liberale Reformen durchgeführt haben, Deutschland unter Schröder, Großbritannien unter Blair, nur Frankreich nicht. Seit 15 Jahren nicht. Die dritte Wunde sind die terroristischen Anschläge, die wiederum mit der ersten, der Kolonialgeschichte Frankreichs, zusammenhängt. Natürlich gibt es auch ein bestimmtes französisches Lamento, eine Klage, dass es auch kulturell nicht mehr weit her ist. Der französische Film ist nicht mehr, was er einmal war, und auch die Literatur ist es nicht. Die Franzosen fühlen sich ärmer, als sie sind. Aber der Hass ist überall. Es ist nicht wie in Deutschland, wo die Krawalle beim G20-Gipfel in Hamburg eine Ausnahme darstellen. Wir haben diese Gewalt täglich. Es gibt in der französischen Gesellschaft ein Begehren nach Krieg, und zwar von Islamisten, Identitären, die Kreuzzüge wollen, es gibt Sommercamps, die von Neofaschisten organisiert werden, es gibt Studenten, die gegen die Polizei kämpfen, und so weiter. Wir werden trotzdem keinen Bürgerkrieg hier haben. Es ist eher wie ein Zirkus, ein Theater, eine symbolische Bühne, auf der diese Triebe ausgetragen werden.
Frankreich ist tief gespalten: in eine weiße Arbeiterklasse, eine Elite, der man vorwirft, sich abzuschotten, ein verunsichertes Bürgertum, und in die Banlieues, in denen vor allem Einwanderer leben; es gibt Dschihadistengruppen und Salafisten. Wie ist das passiert?
In anderen Ländern ist das ebenso, wie im Nordosten der USA zum Beispiel. In Amiens in Nordfrankreich, wo ich unterrichtet habe, gibt es Familien, die in der dritten Generation arbeitslos sind. Diejenigen, die Le Pen gewählt haben, sind zu einem großen Teil weiße Arbeiter, die sich gedemütigt fühlen – durch ihre Arbeitslosigkeit aber auch kulturell. Sie werden zwar vom Staat unterstützt, aber diese ehemalige Arbeiterklasse ist unruhig, weil sie keine eigene Musik hat, keinen eigenen Kleidungsstil, keine Street-wear. Sie müssten eine eigene Kultur erfinden. Auch wenn es den Banlieues wirtschaftlich schlecht geht, ist es ihren Bewohnern gelungen eine Kultur zu erfinden, mit der sie sich identifizieren.
Quelle: Kulturaustausch
- Great Game
In Syrien wie im gesamten Nahen Osten ringen Regional- und Großmächte um Einfluss. Die Position der USA ist dabei schwächer geworden
»Great Game«, das »Große Spiel«, wird der Konflikt zwischen Großbritannien und Russland genannt, der Anfang des 19. Jahrhunderts begann und erst 1947 mit dem Abzug der Briten vom indischen Subkontinent und der Unabhängigkeit Indiens und Pakistans endete. Er drehte sich ganz allgemein um die Kontrolle Zentralasiens: Russland wollte seine Interessensphäre Richtung Süd- und Westasien festigen, die Kolonialmacht Großbritannien verteidigte dagegen das »Kronjuwel des Britischen Empire«, das Kaiserreich Indien. Heute findet das »Great Game« seine Fortsetzung in Vorderasien. Die Region, die in Europa Naher und in den USA Mittlerer Osten genannt wird, hat seit dem Ersten Weltkrieg keinen dauerhaften Frieden gesehen.
Die Aufteilung der Region durch Frankreich und Großbritannien im geheimen Sykes-Picot-Abkommen von 1916 wurde durch den Völkerbund bei der Pariser Friedenskonferenz abgesegnet. Immer neue Konflikte entstanden durch diesen »Frieden, der jeden Frieden beendete«.¹ Heute wollen die USA gemeinsam mit ihren Verbündeten aus der sogenannten Anti-IS-Koalition ihren Machtanspruch in der Region ohne UN-Sicherheitsratsmandat gewaltsam durchsetzen. Doch nicht alle Regionalstaaten und Akteure sind bereit, sich der Weltmacht zu unterwerfen. Russland und China unterstützen die »Achse des Widerstandes« gegen das westliche Hegemoniemodell.
In Zentralasien, das hebt der wichtigste Vordenker und Stratege der USA, Zbigniew Brzezinski, hervor, gibt es die bedeutendsten geostrategischen Verbindungslinien und die größten noch nicht ausgebeuteten Vorkommen an Bodenschätzen.² Um den Anspruch, einzige Weltmacht zu sein, sichtbar für alle zu manifestieren, müssten die USA das Gebiet wenn schon nicht beherrschen, so doch zumindest kontrollieren. Und findet Washington keine Vereinbarung mit Moskau und Beijing, den Mächten, die über soliden Einfluss in Vorderasien verfügen, dann ist die Gefahr eines offenen oder latenten Krieges stets gegeben. Mit anderen Worten, die Region wird destabilisiert.
Quelle: Karin Leukefeld in junge Welt
- Wie Egoismus die Solidarität verdrängt hat
Millionenschwere Boni, Abfindungen, Steuervermeidung – am oberen Ende der Gesellschaft will jeder ein möglichst großes Stück vom Kuchen, sagt der Soziologe Michael Hartmann. Und da die Eliten Vorbilder sind, ist dieses Prinzip inzwischen Allgemeingut geworden.
Viereinhalb Millionen Euro für den Vorstandschef der insolventen Airberlin, während die einfachen Beschäftigten um die Auszahlung ihrer Gehälter bangen müssen – für den Soziologen Michael Hartmann ist das symptomatisch für die Entwicklung der deutschen Gesellschaft.
“Am oberen Ende der Gesellschaft guckt jeder, dass er so viel wie irgend möglich vom gesamten Kuchen abkriegt”, sagte Hartmann im Deutschlandfunk Kultur. “Und das ist in den letzten Jahrzehnten auch in den Rest der Gesellschaft durchgesickert. Dieses Konkurrenzprinzip hat dieses gegenseitige Helfen und Unterstützen, was in den Nachkriegsjahrzehnten relativ stark war, doch weitgehend ersetzt.” (…)
Die Wurzeln dieser Entsolidarisierung liegen für Hartmann bereits in den 1980er-Jahren, als sich in der Ära Margaret Thatchers und Ronald Reagans das Grundprinzip zu etablieren begann, dass jeder sich individuell mit Leistung und Ellbogen durchsetzen müsse.
“Man optimiert sich auf allen Ebenen, dass man dann auch das Gefühl hat, man hat dadurch das Anrecht, so viel wie irgend möglich auch für sich zu beanspruchen”, betont der Soziologe. “Wenn Sie sich heute die Arbeitswelt angucken, die Arbeitswelt ist zunehmend geprägt durch eine erbitterte Konkurrenz von völlig isolierten Einzelpersonen – Sie kennen das ja aus dem Medienbereich mit den vielen Freiberuflern. Es gibt eine Hierarchie, wer nun gerade noch wie abgesichert ist, und dann ist das Grundprinzip bald, jeder muss sehen, wo er bleibt.” (…)
Hartmann begrüßt, dass durch Enthüllungen wie die Paradise Papers der öffentliche Druck auf die Reichen erhöht wird, sich ihrer gesellschaftlichen Verpflichtung zu stellen: “Denn auch bei den Reichen ist es ja letztlich so, dass sie ungern an den Pranger gestellt werden, also am liebsten ist ihnen, wenn über das ganze Problem geschwiegen wird.”
Quelle: Deutschlandfunk Kultur
- Kaum Chancen auf ein gutes Leben
Fehlende Schlafplätze, kaum Personal mit rumänischen oder bulgarischen Sprachkenntnissen und nur wenig passende Hilfsangebote: Viele Einrichtungen für Obdachlose sind mit der zunehmenden Zahl an osteuropäischen Migranten überfordert. So wie in Köln, wo jetzt ein Bezirksbürgermeister Alarm schlägt. (…)
Ein Sprachvermittler wie Gabriel ist eine absolute Ausnahme in den Obdachloseneinrichtungen in Köln. Viele Anlaufstellen sind überfordert mit den Bulgaren und Rumänen, manche haben kapituliert. Die zweitgrößte Tageseinrichtung der Stadt vom Sozialdienst Katholischer Männer hat osteuropäische Obdachlose vor wenigen Wochen von ihrem Angebot ausgeschlossen. Ihr Argument: Vielen Zuwanderern fehlten die Sprachkenntnisse, man könne nur auf Deutsch beraten. Sozialarbeiter Thomas Münch und Professor für Verwaltung und Organisation an der Hochschule Düsseldorf beobachtet das mit Sorge:
“Es gibt quantitativ zu wenig Hilfsangebote für die autochthonen Kölner Wohnungslosen und für die Zugewanderten, die die Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe nutzen, ist sozusagen der Platz nicht mehr geworden. Die Angebote sind nicht mehr geworden. Es gibt ein qualitatives Problem, es gibt nicht die Sprach- und die Kulturkompetenz.”
Viele der niedrig qualifizierten Rumänen und Bulgaren seien mit falschen Erwartungen nach Deutschland gekommen, sagt Münch. Mit dem Beitritt Bulgariens und Rumäniens zu EU vor zehn Jahren und der anschießenden Arbeitnehmer-Freizügigkeit glaubten viele, gut bezahlte Arbeit finden zu können. Stattdessen konkurrieren sie – meist chancenlos – mit niedrig qualifizierten deutschen Arbeitssuchenden und rutschen oft ins soziale Elend.
“Das ist eines der zentralen Probleme: dass diese Zuwanderer gar keine Ansprüche an die deutsche Sozialstaatlichkeit haben. Kein Hartz IV. Das heißt die Menschen leben hier unter ganz menschenunwürdigen Bedingungen.” (…)
Wie prekär ihre Situation ist, hat Thomas Münch in einer Studie untersucht, dabei hat er Dutzende osteuropäische Obdachlose in Köln befragt. Ein Ergebnis: Köln ist “arrival city”, es gibt soziale Brennpunkte am Rand der Stadt, wo Bulgaren und Rumänen zunächst bei Bekannten unterschlüpfen, bevor sie in die Innenstadt weiter wandern. Gerade an diesen Orten wäre Fachpersonal dringend notwendig.
“75 Prozent der Menschen, die wir befragt haben, haben uns gesagt, wir wollen hier bleiben. Wir haben es eigentlich mit einer klassischen europäischen Binnenwanderung in der Europäischen Union zu tun. Da wollen wir, das ist der rechtliche Rahmen, da können wir gar nichts gegen tun. Das ist auch gut so. Wir müssen nur überlegen, wie wir ihnen helfen. Sprachkurse, Fortbildungen, Arbeitskurse, Führerscheine – die gleichen Methoden, die bei deutschen Erwerbslosen auch angewendet werden.”
Quelle: Deutschlandfunk
Anmerkung Christian Reimann: Hinzu kommen dann noch „Menschenfischer“ in Bulgarien und Rumänien oder z.B. auch aus Albanien und dem Kosovo, die u.a. Menschen in diesen Ländern Hoffnungen auf gutes Einkommen durch Arbeit beispielsweise in der Fleischproduktion bzw. – eher verdeckt – in der Prostitution machen. Das sind insgesamt keine gute Entwicklungen innerhalb Deutschlands und der EU.
- Politik muss aktiv werden gegen Armut von Beschäftigten
DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach fordert die potentiellen Koalitions-Parteien auf, wirksame Maßnahmen gegen die Armut von Beschäftigten zu vereinbaren. Nach aktuellen Daten von Eurostat ist jeder zehnte Erwerbstätige arm oder von Armut bedroht. Der Anteil derer, die trotz Arbeit armutsgefährdet sind, hat sich seit 2006 nahezu verdoppelt. Buntenbach sagte am Montag in Berlin:
„Es ist zutiefst ungerecht und gefährdet den sozialen Zusammenhalt, wenn Beschäftigte trotz Arbeit ausgegrenzt und abgehängt werden. Um Armut trotz Arbeit zu überwinden, müssen vor allem Formen prekärer Arbeit wie Minijobs, Leiharbeit und Befristungen zurückgedrängt werden. Prekär Beschäftigte sind viermal häufiger von Armut betroffen als Beschäftigte in einem regulären Arbeitsverhältnis. Deshalb sollten Befristungen ohne sachlichen Grund untersagt und Minijobs in normale, sozialversicherungspflichtige Arbeit umgewandelt werden.
Auch wer Kinderarmut bekämpfen will, muss niedrige Löhne und prekäre Arbeit bekämpfen. Kinder sind arm, weil ihre Eltern arm sind, oftmals weil ihr Lohn nicht zum Leben reicht. Der Vereinbarung der Jamaika-Parteien, etwas gegen Kinderarmut unternehmen zu wollen, müssen konkrete Maßnahmen folgen. Neben neuen Regeln zur Eindämmung prekärer Arbeit, schlägt der DGB vor, das Kindergeld zu reformieren. Ein höheres Kindergeld für Geringverdiener ermöglicht mehr soziale Teilhabe für Kinder, die unsere Unterstützung besonders nötig haben.“
Quelle: DGB
- Zahl dauerhafter Hartz-IV-Kinder weiter gestiegen
Immer mehr Kinder leben nach einem Medienbericht quasi dauerhaft von Hartz-IV-Leistungen. Zur Jahresmitte hätten 526 127 unter 15-Jährige seit mindestens vier Jahren entsprechende Sozialleistungen bezogen.
Das sind 14 256 oder 2,8 Prozent mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahrs, wie die “Bild”-Zeitung unter Berufung auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit berichtet. Dabei sei die Gesamtzahl der Dauer-Hartz-Bezieher um 4,2 Prozent gesunken: von 2,624 Millionen auf 2,519 Millionen. Besonders stark von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind aber Alleinerziehende: Ihre Zahl stieg von 629 823 auf 648 781.
Quelle: Süddeutsche Zeitung
Anmerkung Christian Reimann: Glaubt Bundeskanzlerin Merkel immer noch, dass es uns (wer ist damit eigentlich genau gemeint?) so gut gehe wie noch nie? Aber vermutlich ist sie und die “Elite” in Medien und Ökonomie so sicher abgeschirmt, dass sie die Realität an der gesellschaftlichen Basis gar nicht erleben muss. Wie war das noch mit der Familie als “Keimzelle der Gesellschaft” in der “Christenunion”?
- In 230 Berufen reicht die Rente später nicht
Laut offiziellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes sind derzeit nur rund drei Prozent der Rentner auf Fürsorgeleistungen des Staates angewiesen, um ihre Rente aufzustocken. Das sind rund eine halbe Million Menschen. Aber: Seit 2003 hat sich die Zahl der Rentner verdoppelt, die Grundsicherungsleistungen beziehen. Dabei ist die regionale Verteilung sehr unterschiedlich. Beispiel Offenbach: Hier sind 8,6 Prozent der über 65-Jährigen auf staatliche Unterstützung angewiesen.
Verzicht aus Stolz und Scham
Drei Prozent oder 15 Prozent? Die Umfrage zeigt, dass es bei dem Thema Altersarmut offenbar eine hohe Dunkelziffer gibt. Zahlreiche Rentner, die Leistungen vom Staat beantragen könnten, nehmen ihre Ansprüche aber nicht wahr – aus Scham oder Stolz, wie die Sozialverbände sagen. Oder aus Unwissenheit.
Wie groß wird das Problem Altersarmut? Bis zu 50 Prozent der Rentner werden in Zukunft betroffen sein, warnen die Gewerkschaften. Vor allem geschiedene, alleinstehende Frauen und Menschen, die nicht kontinuierlich in die Rentenkasse einzahlen, stehen schlecht da. Experten warnen: “Die Teilzeitarbeit von heute ist die Altersarmut von morgen”. Andere Studien, wie die jüngste Rentenstudie der Bertelsmann-Stiftung, gehen davon aus, dass 2036 immerhin 20 Prozent der Rentner betroffen sein könnten.
Laut einer Studie der Deutschen Rentenversicherung Bund ist das Risiko bei Menschen, die zwischen 1981 und 1984 geboren wurden, später niedrige Rentenansprüche zu haben, höher. Besonders betroffen: Menschen, die im Niedriglohnsektor arbeiten. Wer jeden Monat darum kämpfen muss, die Miete pünktlich zu zahlen, hat kein Geld, privat fürs Alter vorzusorgen.
Quelle: tagesschau
Anmerkung JK: Offensichtlich ist es bei der Tagesschau nicht möglich über das Thema Rente zu berichten ohne die übliche neoliberale Propaganda, dass auf Grund der zunehmenden Lebenserwartung das Rentensystem künftig nur noch funktioniert, wenn das Rentenniveau sinkt und die Beiträge steigen.
- Das Arbeiten am Limit ist ein Dauerzustand
Hebammen, Altenpfleger, Krankenschwestern und Ärzte leiden unter miesen Arbeitsbedingungen. Der Pflegeforscher Michael Isfort erklärt, was das mit den Angestellten macht.
ZEIT ONLINE: Herr Professor Isfort, im Krankenhaus sinkt die Zufriedenheit der Angestellten seit Jahren und von den Altenpflegern sucht sich mehr als die Hälfte im ersten Jahr nach der Ausbildung einen neuen Beruf. Was läuft da schief?
Michael Isfort: In den allermeisten Fällen treffen hoch motivierte Menschen, die ihren Beruf als sinnstiftend und erfüllend empfinden, auf Arbeitsbedingungen, die sie überfordern. Nehmen wir einmal den Bereich Pflege im Krankenhaus: In den letzten 15 Jahren ist die Zahl der Pflegekräfte um zehn Prozent gesunken. Die Menge an Arbeit ist jedoch gewachsen, denn die Zahl von pflegebedürftigeren und hochaltrigen Patienten steigt. Die Folge für die Pflegenden: Eine enorm erhöhte Arbeitsbelastung. Jeder, der zum Beispiel in der freien Wirtschaft arbeitet, kennt wohl eine Situation wie die folgende: Die Deadline wird vorverlegt oder ein Kunde hat einen Eilauftrag und plötzlich steht man für eine Woche unter enormen Druck, man geht früher ins Büro und kommt später nach Hause und abends kann man auch nicht recht abschalten. Wie erleichtert ist man da, wenn man endlich geliefert hat und Durchatmen kann. Bei der Pflege aber kommt es dazu gar nicht. Da ist das Arbeiten am Limit nicht die Ausnahme, sondern ein Dauerzustand.
ZEIT ONLINE: Was macht das mit den Angestellten?
Isfort: Grundsätzlich gibt es bei denen, die mit diesem Zustand nicht zurechtkommen können, zwei mögliche, gut untersuchte Reaktionsweisen. Die eine ist, sich selbst und seine Arbeit als mangelhaft zu bewerten und die eigenen Ansprüche hochzuhalten. Das kann in einem Burn-out enden, weil man diese Schere kaum über ein Berufsleben durchhalten kann. Die andere Variante ist, innerlich zu verhärten, das zu machen, was man zu leisten noch imstande ist und die Ansprüche herunterzuschrauben. Hier sprechen wir von einem Cool-out, was aber nicht minder gefährlich ist. Für beide gilt: Zahlreiche Untersuchungen und Reporte der Krankenkassen weisen darauf hin, dass für viele die Dauerbelastung gesundheitsschädlich ist. Muskel- und Skeletterkrankungen kommen bei Pflegekräften häufiger vor als in anderen Berufen. In den letzten Jahren hat auch die Wahrscheinlichkeit für psychische Erkrankungen wie Depressionen und Panikstörungen erheblich zugenommen. Das alles ist letztlich Ausdruck davon, dass die Menschen in dem Beruf oft überfordert sind.
ZEIT ONLINE: Welche Folgen hat diese Situation für die Patienten?
Isfort: Die Qualität der Pflege sinkt. Zu glauben, dass man viel mehr Arbeit mit weniger Personal bei gleicher Qualität abliefern kann, ist ja sehr naiv. Weil die Besetzung zu knapp ist und insbesondere Ausfälle Einzelner nicht mehr kompensiert werden können, muss man im Grunde jeden Morgen entscheiden, auf welche wichtige Pflegeleistung man bei wem noch am ehesten verzichten kann. In der Praxis bedeutet das zum Beispiel, dass bettlägerige Patienten nicht oft genug umgelagert werden können und dass bei Patienten, die beobachtet werden müssen, nicht mehr so oft jemand hereinschaut. Schmerzmittel werden manchmal zu spät gegeben, weil vorher niemand dazu kommt. Selbst bei der Händehygiene geht es nicht ohne Abstriche: Ein Desinfektionsmittel muss 30 Sekunden einwirken, bevor der nächste Körperkontakt erfolgen sollte. Die Zeit hat ein Pflegender aber nicht. Wenn dann ein Kollege krank ist, verschärft sich die Situation noch. Das alles steht im Widerspruch zu dem, was man in der Ausbildung gelernt hat, und das ist frustrierend.
Quelle: ZEIT
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Das Tolle an dieser Pflegekräfte und Patienten schlimmen und unerträglichen Situation ist, daß sie noch schlimmer werden soll. Die FDP freut sich jedenfalls schon darauf, daß die Sozialversicherungsbeiträge sowohl für die Kranken- als auch für die Pflegeversicherung um 0,1 Prozentpunkte gesenkt werden.
- UK pay squeeze to last five more years, warns thinktank
The average pay packet in Britain in five years’ time will still be more than £20 lower than it was before the start of the financial crisis as the biggest squeeze on wages since the end of the Napoleonic Wars extends well into a second decade, a leading thinktank has warned.
The Resolution Foundation said that the downgrade to Britain’s future productivity performance expected in next week’s budget would have a negative impact on wage growth between now and 2022 and also limit the room for manoeuvre of the chancellor, Philip Hammond.
In its pre-budget report, the thinktank said it believed the independent Office for Budget Responsibility would cut its long-term estimate of productivity growth to 1% – half its level before the financial crisis broke in 2007.
The OBR has already signalled that it has given up on the notion that productivity will rebound to its pre-crisis levels and the Resolution Foundation said this would have an impact both on wages and on the state of the public finances.
The thinktank said wages were on course to be £24.50 a week lower in inflation-adjusted terms in 2022 than anticipated at the time of the March 2017 budget. This would leave them £22.70 or just over 4% below their level in 2007 and delay the return to their pre-crisis peak into later in the 2020s.
According to the foundation, the last time Britain suffered a decade of productivity growth as weak as that since 2007 was in the 10-year period which started in 1812 – the year of Napoleon’s invasion of Russia. Wage growth over the past 10 years has been the worst since the period starting in 1825.
Quelle: The Guardian
- Mehr Bundesförderung für Güterverkehr auf privaten Schienen
Bundesrat beschließt Verbesserung der privaten Eisenbahninfrastruktur. Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene soll beschleunigt werden
Der Bundesrat hat in seiner 961. Sitzung am 3. November 2017 einen Gesetzentwurf zur Änderung des Schienengüterfernverkehrsnetzförderungsgesetzes (SGFFG) beschlossen. Er möchte damit die Infrastruktur privater Eisenbahnen verbessern. Ziel ist es, die teilweise hochbelasteten oder überlasteten Netze der Deutschen Bahn AG zu ergänzen und die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene zu beschleunigen.
Quelle: Telepolis
Anmerkung C.G.: Noch mehr Privatisierung im Schienenverkehr und der Staat soll wieder einmal lediglich die Infrastruktur schaffen und Subventionen locker machen, damit sich einige wenige Investoren die Taschen voll machen können. Ein wiedersinniges Konzept, dabei hatte sich die Staatsbahn jahrzehntelang bewährt, für faire Beschäftigungsverhältnisse gesorgt und der Allgemeinheit mit wesentlich mehr Personal besseren Service, ein gut ausgebautes Streckennetz und stabilere Preise beschert. Kann sich noch jemand daran erinnern?
- Dein langer Schatten auf Facebook: Warum Facebook viel mehr über dich weiß, als du selbst angibst
Ein Nachbar, mit dem wir noch nie gesprochen haben. Ein ehemaliger Arbeitskollege, mit dem wir seit Jahren keinen Kontakt mehr haben. Sie werden uns als neue Freunde vorgeschlagen. Aber woher weiß Facebook überhaupt, dass wir diese Person kennen?
Facebook weiß mehr über uns, als wir selbst preisgeben. Facebook weiß ziemlich genau, was wir den Tag über machen, wo wir uns aufhalten und wen wir kennen. Und zwar auch dann, wenn wir diese Daten nicht bewusst teilen. Denn Facebook greift auf Telefonbücher und Kontakte zu oder registriert, wenn wir uns in ein neues WLAN einloggen.
Facebook schlägt uns gerne Freunde vor – „Personen, die du vielleicht kennst“. Viele sind einfach Freunde von Freunden. Aber andere haben via Facebook keine Verbindung zu uns. Und doch findet Facebook Wege, Verbindungen herzustellen.
Das macht Facebook mit einem “Schattenprofil” seiner Nutzer. Und das setzt sich aus Mailbox- und Smartphone-Daten anderer Facebook-UserInnen zusammen. Kontaktinformationen, die man dem Konzern nie gegeben hat, werden mit dem eigenen Profil verknüpft.
Quelle: Kontrast.at
Anmerkung unseres Lesers D.S.: Zusätzlich ist zu bedenken, dass Facebook für diese Profile nicht nur die Adressbücher von Facebook-User verwendet, sondern auch von WhatsApp und Instagram, die ebenfalls zum Facebook-Unternehmen gehören.
- Wir erschaffen eine Dystopie, nur damit Leute mehr Werbung anklicken
In einem Vortrag erklärt die Techno-Soziologin Zeynep Tufekci, wie eine digitale Überwachungsstruktur mit riesigem Missbrauchspotential entsteht, die ursprünglich nur effektiver Werbung dienen sollte. Sie nennt Beispiele für Manipulation und spricht Dinge an, die sich dringend ändern müssen.
In ihrem TED-Talk „We’re building a dystopia just to make people click on ads“ spricht die Soziologin Zeynep Tufekci über die Risiken künstlicher Intelligenz. Diese lägen jedoch weniger in autonomen Robotern, wie Hollywood sie etwa mit dem „Terminator“ darstellt, sondern in den Algorithmen der großen Internetkonzerne, die längst real sind. Die Algorithmen, die beispielsweise Google, Facebook, Amazon oder ihre chinesischen Pendants Tencent und Alibaba entwickeln und einsetzen, seien nicht nur um einiges subtiler, sondern lenkten schon jetzt die Aufmerksamkeit der Internetnutzer und böten ein riesiges Missbrauchspotential.
Künstliche Intelligenz hat in den letzten Jahren riesige Fortschritte gemacht, beispielsweise können Algorithmen mit dem entsprechenden Datensatz Erdbeben voraussagen oder bei der Suche nach neuen medizinischen Wirkstoffen helfen. Doch vor diesem großen Potential warnt Tufekci, wenn es um den Einsatz von selbstlernenden Algorithmen in der Werbeindustrie geht, mit denen global gesehen allein auf Facebook mehr als eine Milliarde Menschen ständig in Kontakt kommen.
Besser und schneller als jede menschliche Analyse können die Algorithmen auf Grundlage der gigantischen Datenmengen – Facebook-Posts, -Likes und -Fotos, Chat-Verläufen, aufgerufenen Websites, Standorten und vielem mehr – Individuen durchleuchten und mit hoher Erfolgsquote einschätzen, ob jemand als potentieller Käufer eines Produkts in Frage kommt oder nicht.
Quelle: Netzpolitik.org
Dazu: Komplizen des Erkennungsdienstes
In seinem Buch ‘Komplizen des Erkennungsdienstes’ geht es Andreas Bernard um das Selbst in der digitalen Kultur. Ausgangspunkt ist die Beobachtung, dass auffällig viele Verfahren der Selbstpräsentation und Selbsterkenntnis in der digitalen Kultur auf Methoden zurückgehen, die in der Kriminologie, Psychologie und Psychiatrie seit dem Ende des 19. Jahrhunderts erdacht wurden: Das Format des ‘Profils’, in den Sozialen Netzwerken heute unbestrittener Ort der Selbstdarstellung, entstand als ‘psychiatrisches Profil’ von Internierten oder als ‘Täterprofil’ von Serienmördern. Die Selbstortung auf dem Smartphone, ohne die kein Pokémon-Go-Spiel und keine Registrierung bei Uber, Yelp oder Lieferando möglich wäre, nutzt eine Technologie, die bis vor zehn Jahren hauptsächlich im Zusammenhang mit der elektronischen Fußfessel bekannt war. Und die Vermessungen der ‘Quantified Self’-Bewegung zeichnen Körperströme auf, die einst die Entwicklung des Lügendetektors voranbrachten. Andreas Bernard fördert die wissensgeschichtlichen Zusammenhänge zutage und geht der irritierenden Frage nach, warum Geräte und Verfahren, die bis vor kurzem Verbrecher und Wahnsinnige dingfest machen sollten, heute als Vehikel der Selbstermächtigung gelten.
Quelle: Perlentaucher
- “Couragiert gegen den Strom” / Buchvorstellung mit Sahra Wagenknecht und Peter Gauweiler
Sahra Wagenknecht im Gespräch mit Peter Gauweiler über Goethe, Macht, und die Zukunft des Kapitalismus. Mitschnitt der Veranstaltung in der Urania Berlin am 9.11.2017. Moderation: Peter Zudeick
Quelle: Westend Verlag via YouTube