Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lohnenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CW)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Unantastbarer Reichtum
Bereits die Sondierungsgespräche zu den Finanzen machen klar: Jamaika wird die Privilegien der Reichen in Deutschland nicht antasten. Einen bösen Verdacht wollen die Grünen unbedingt vermeiden. Jamaika, sagen sie, dürfe auf keinen Fall wie ein Bündnis der Besserverdiener wirken. Das Image sei tödlich. Nun, die ersten Verabredungen der Parteien zu Finanzen weisen leider in genau diese Richtung.
Schon jetzt ist klar: Jamaika wird die Privilegien sehr reicher Menschen in Deutschland nicht antasten. Unter dieser Koalition dürfte sich die Schere zwischen Arm und Reich weiter öffnen. Dabei wäre es dringend nötig, endlich zu handeln. Ungezählte Studien belegen, wie ungleich der Reichtum verteilt ist. In Deutschland besitzen die obersten 10 Prozent über 60 Prozent des Vermögens, Immobilien, Grundbesitz oder Aktien. Die ärmsten 40 Prozent der Deutschen besitzen überhaupt nichts. Für sie bleibt die Eigentumswohnung, die FDP-Chef Christian Lindner als Altersvorsorge empfiehlt, ein schöner Traum.
Wahrscheinlich sind die Unterschiede noch krasser, denn solche Zahlen sind nur Schätzungen. Der echte Reichtum operiert in Deutschland in einer Schattenwelt. Die Grünen beklagen in ihren Papieren zu Recht diesen Trend; viele Reiche zögen sich aus der Finanzierung des Gemeinwesens zurück. Aber leider sind sie zu schwach, um sich gegen die Union und die FDP durchzusetzen. Die Verhandler haben sich zum Beispiel darauf geeinigt, keine Substanzsteuern einzuführen. Das Jamaika-Bündnis positioniert sich damit also gegen eine Vermögensteuer und gegen eine faire Erbschaftsteuer. Es fasst die beiden entscheidenden Hebel, um Ungleichheit zu mindern, gar nicht erst an. Die künftigen Partner nehmen den fortgesetzten Skandal hin, Union und FDP achselzuckend, die Grünen mit Bauchschmerzen.
Quelle: taz
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Alles präzise beschrieben. Leider ist es aber noch viel schlimmer. Es wird unterschlagen, dass die Grünen in ihrer ersten Regierungszeit, 1998 bis 2005, nicht nur nichts zur Verbesserung der Einnahmen getan haben, sondern viele der heutigen Probleme erst verursacht haben: die Niedriglohnpolitik, die (Teil-)Zerstörung der Sozialversicherungen, und obendrauf die unsäglichen und unbezahlbaren Steuersenkungen für Unternehmen (Senkung des Körperschaftsteuersatzes von 45 auf 25 Prozent = -25 Milliarden Euro jährlich, Senkung des Spitzensteuersatzes = über 10 Milliarden Euro jährlich) zuzüglich der Quasi-Abschaffung der Erbschaftsteuer für Unternehmenserben, an der Kretschmann maßgeblich beteiligt war. Auch diese krasse Begünstigung der Sowieso-Reichen soll nicht einmal ansatzweise rückgängig gemacht werden, und von einem Bündnis für die dringend notwendigen Lohnerhöhungen kann ja auch keine Rede sein.
Anmerkung André Tautenhahn: Dass die Grünen leider zu schwach seien, um sich gegen Union und FDP durchsetzen zu können, ist zu einfach daher gesagt. Sie haben es ja nicht einmal versucht. Formell handelt es sich doch um Sondierungen und nicht um Koalitionsverhandlungen. Dafür haben die Grünen die Themen Vermögensteuer und Erbschaftsteuer, die ja immerhin in ihrem Wahlprogramm auftauchen, viel zu schnell und quasi widerstandslos beiseite gewischt. Das hat doch mit Schwäche nichts zu tun. Da stimmt etwas mit der Einstellung nicht.
dazu: Solidaritätszuschlag: Abschaffung nutzt Top-Verdienern
In dieser Woche diskutierten Unionsparteien, FDP und Bündnis 90/Die Grünen über die künftige Finanzpolitik einer gemeinsamen Bundesregierung. Die Grundlinie scheint klar: Keine Vermögensteuer, keine neuen Schulden, dafür Steuersenkungen. Wer unten und in der Mitte entlasten und dennoch investieren will, sollte einen Blick in die steuerpolitischen Eckpunkte des DGB werfen.
Diese Woche trafen sich die Spitzen von Unionsparteien, FDP und Bündnisgrünen, um inhaltliche Schnittmengen für die Finanzpolitik einer gemeinsamen Bundesregierung zu sondieren. Auch wenn nach wie vor Konflikte herrschen – die Grundlinie scheint klar zu sein: Keine Vermögensteuer, möglichst keine neuen Schulden, dafür Steuersenkungen, aber auch Investitionen. Diese Pläne sind durchaus widersprüchlich. Denn Geld, das für Steuersenkungen ausgegeben wird, steht nicht mehr für dringend erforderliche Ausgaben anderenorts zur Verfügung – zumal wenn sich die Aufnahme von Krediten weitgehend verbietet.
Quelle: DGB klartext
- Gott sei Dank, es isch over
Wolfgang Schäuble als Finanzminister ist Vergangenheit, sein Erbe aber wird noch viele Generationen in Deutschland und Europa belasten. Seine Markenzeichen, die schwarze Null und „strukturelle Reformen für Europa“, waren die größten Fehlentscheidungen, die ein deutscher Finanzminister je getroffen hat.
Der Satz, der sinngemäß sicher am häufigsten in den deutschen Gazetten über die achtjährige Amtszeit von Wolfgang Schäuble geschrieben wird, stand am Montag morgen schon im Handelsblatt: „Er hat Eurostaaten gerettet und den Haushalt konsolidiert“. Soll wohl heißen: Er war ein deutscher Herkules, der komplette Staaten rettete und finanzpolitisch etwas schaffte, was vor ihm noch keiner geschafft hat.
Unangemessener kann eine Würdigung nicht mehr sein. Viel näher an dem, was wirklich passiert ist, wäre der Satz: Er hat Eurostaaten an den Abgrund getrieben und exakt zum falschen Zeitpunkt zugelassen, dass der deutsche Staatshaushalt einen Überschuss ausweist.
Quelle: Makroskop
- Kämpfe im Nordirak: Bericht über Beschuss durch deutsche Waffen
Im innerirakischen Konflikt zwischen Regierungstruppen und kurdischen Kämpfern werden auch deutsche Panzerabwehrraketen eingesetzt. Die Bundeswehr unterstützt vor Ort beide Seiten. Nun wird eine Neubewertung des Einsatzes im Krisenland gefordert. Bei Gefechten zwischen irakischen Einheiten und kurdischen Kämpfern im Nordirak sind nach Angaben beider Seiten binnen einer Woche mehr als 30 Menschen getötet worden. Wie das gemeinsame Einsatzkommando der irakischen Streitkräfte (JOC) meldet, sollen bei den Kämpfen um die ländliche Region Altun Kupri zwei Soldaten getötet worden sein, als die Regierungstruppen dort auch unter Beschuss deutscher Panzerabwehrraketen gerieten. Mit den Waffen hatte die Bundesregierung die Kurden für den Kampf gegen den „Islamischen Staat“ ausgerüstet. Die Bundeswehr unterstützt die kurdischen Kämpfer seit drei Jahren mit militärischer Ausrüstung sowie mit Ausbildern.
Quelle: Tagesschau
Anmerkung Paul Schreyer: Dazu fällt einem der treffende Titel von Peter Scholl-Latours letztem Buch ein: „Der Fluch der bösen Tat: Das Scheitern des Westens im Orient“.
- Ein europäischer Rüstungshaushalt im rechtsfreien Raum
Der Weg, sich als globaler Akteur in der Riege der Großmächte zu etablieren, führt für die EU nur über den Aufbau eines schlagkräftigen Militärapparats, so zumindest die aktuell vorherrschende Sichtweise in Brüssel.
Allerdings wurde dessen Ausbau viele Jahre lang von Großbritannien aus Sorge um seine militär- und machtpolitische Beinfreiheit blockiert. Dies erklärt auch, weshalb der bevorstehende Brexit von vielen Militärpolitiker*innen eher als Chance denn als Problem begriffen wird.
Tatsächlich ging es nach dem Referendum Schlag auf Schlag: Unter deutsch-französischer Führung und auf Grundlage einer neuen Globalstrategie (EUGS) wurde eine Reihe von Initiativen vorangetrieben, die bislang von Großbritannien blockiert worden waren. Doch seit dem Referendum scheint die Kommission bereit, „sich in einem bisher nicht gekannten Ausmaß in der Verteidigung zu engagieren (…) mit dem Ziel, eine Verteidigungsunion aufzubauen.“ Das Kronjuwel dieses militaristischen Maßnahmenpakets soll die erstmalige Einrichtung eines milliardenschweren EU-Rüstungshaushaltes werden. Von den vielen Problemen, die das Vorhaben aufwirft, soll im Folgenden vor allem der Frage nachgegangen werden, ob der „Europäische Verteidigungsfonds“ (EVF) überhaupt legal wäre.
Quelle: Euractiv
- Deutschland beteiligt sich finanziell an U-Booten für Israel
Die Bundesregierung hat dem Verkauf von drei U-Booten an Israel offiziell zugestimmt. Laut Regierungssprecher Seibert unterstützt Deutschland den Deal auch finanziell. […]
Deutschland hilft bei der angeblich 1,5 Milliarden Euro teuren U-Boot-Deal finanziell, weil es sich für die Sicherheit des Staates Israel besonders verantwortlich fühlt. Die Beteiligung gelte als Beitrag zum Schutz und zur Existenzsicherung des Landes.
Später äußerte Seibert sich gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters auch zur Höhe der Staatshilfen. „Es sind maximal 540 Millionen Euro“, sagte er. Es gehe um rund 30 Prozent des Geschäftsumfangs. Die Summe betreffe die Bundeshaushalte von 2018 bis 2027.
Quelle: SPIEGEL Online
Anmerkung Jens Berger: Zugspitzt könnte man also sagen, dass „wir“ kein Geld für Lehrer, Krankenschwestern und Polizisten haben, weil „wir“ lieber Israel und der deutschen Rüstungsindustrie 540 Millionen Euro schenken. Wer ist dieser „wir“? Sie? Ich? Wohl sicher nicht. Der deutsche Bundestag? Auch nicht. Solche „Deals“ werden ohne Debatte im Bundestag und ohne parlamentarische Kontrolle von der Exekutive einfach durchgezogen und dann auch nicht mehr weiter thematisiert. Oder können Sie sich vorstellen, dass Anne Will oder Frank Plasberg eine Sendung zu dem Thema „U-Boote für Israel aber kein Geld für Lehrer“ machen? Ganz sicher nicht. So ist es halt mit „unserer“ Demokratie. Immer wenn man sie mal bräuchte, ist sie auf wundersame Weise verschwunden. Seltsam.
- EU-Kommission will Glyphosat schneller abschaffen
Die EU-Kommission ist von ihrem Vorschlag abgerückt, die Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat für weitere zehn Jahre zu verlängern. Wie ein Sprecher nach der wöchentlichen Sitzung der Kommission sagte, strebt die Behörde nun in Abstimmung mit den Mitgliedstaaten eine Verlängerung zwischen fünf und sieben Jahren an. (…) Das Europaparlament hatte zuvor in einer Resolution gefordert, die Zulassung nach fünf Jahren im Dezember 2022 auslaufen zu lassen. (…) Das Votum des Parlaments ist nicht bindend. Am Ende entscheiden entweder die Mitgliedstaaten oder die EU-Kommission über die Zulassung, die Ende 2017 ausläuft.
Quelle: FAZ
Anmerkung Paul Schreyer: Man sollte meinen, die Sache sei einfach: Entweder der Stoff ist gesundheitsgefährdend – dann gehört er selbstverständlich sofort vom Markt –, oder eben nicht. Doch nach Logik darf man wohl nicht fragen, wenn es um so viel Geld geht wie bei diesem Produkt und jedes weitere Jahr einer Zulassung Millionengewinne bedeutet.
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Das EU-Parlament will (immerhin), hat aber nichts zu sagen, sondern die nationalen Regierungen und die nicht gewählte EU-Kommission entscheiden. So viel zum Demokratiedefizit in der EU. Und warum wählen wir noch mal das EU-Parlament? Für die Bürgerbeteiligung? Wozu sind dann länderübergreifende Listen für Abgeordnete gut, die auch höchstens empfehlen können und nichts zu sagen haben?
dazu: Glyphosat: Nur die Spitze des Eisbergs
Der Skandal um das Pestizid Glyphosat vertieft eine seit langem bestehende Vertrauenskrise in das europäische System der Bewertung von Gesundheits- und Umweltrisiken.
»Wahrscheinlich krebserregend« sei das Pflanzenschutzmittel Glyphosat. Das war im März 2015 das Ergebnis der Weltgesundheitsorganisation (WHO), genauer, ihrer Krebsforschungsagentur, der International Agency for Research on Cancer (IARC). Ein halbes Jahr später, im November 2015, wurde das „wahrscheinlich“ plötzlich zu einem »unwahrscheinlich«. Zumindest, wenn man der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) glaubte.
Zwei Jahre später, im März 2017, erschien ein neues Gutachten. Diesmal von der Europäischen Agentur für chemische Produkte (ECHA). Auch sie kam zur Erkenntnis, dass Glyphosat nicht krebserregend oder mutagen sei. Seit kurzem nun glaubt man der EFSA und der ECHA gar nichts mehr. Das liegt an unabhängigen Experten, die vor einem gemeinsamen Umwelt- und Agrarausschuss des Europaparlamentes zu Glyphosat-Studien angehört wurden. Die Experten stellten klar, dass die zuständigen EU-Behörden EFSA und ECHA ihre Gutachten in weiten Teilen vom Agrarkonzern Monsanto abgeschrieben haben. Ein Skandal, der in der EU nur die Spitze des Eisberges sein dürfte.
Quelle: Makroskop
und: Skandalöse Praxis des Bundesinstituts für Risikobewertung
Lobbyismus in Reinkultur
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat offensichtlich große Teile seines Glyphosat-Bewertungsberichts vom Hersteller Monsanto abgeschrieben. Ich habe daher schriftliche Fragen an die Bundesregierung gestellt. Die Antworten offenbaren, dass wir dringend über Interessenkonflikte und versteckten Lobbyismus bei der Gutachtenerstellung reden müssen. Das Institut soll wissenschaftlich unabhängig und verantwortungsvoll Bewertungen vornehmen, die für die Gesundheit von Millionen Menschen von Bedeutung sind. Dies ist mit dem derzeitigen Vorgehen nicht gewährleistet. So schreibt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft:
Es ist üblich, nach kritischer Prüfung der Originalstudien auch Textpassagen aus eingereichten Dokumenten in die Bewertungsberichte zu integrieren. Die wörtliche Übernahme ist auch im Sinne einer ökonomischen Bearbeitung sinnvoll (…).
Die Übernahme ganzer Textpassagen ist völlig inakzeptabel und spielt den Lobbyisten in die Hände. Aber es kommt noch schlimmer: Alleiniges Kriterium für die Berücksichtigung von Studienergebnissen ist die wissenschaftliche Qualität und Evidenz der Studien. Mögliche Interessen der Auftraggeber, der Politik oder anderer Interessengruppen können und dürfen bei einer wissenschaftlichen Bewertung keine Rolle spielen. Im Klartext heißt das: Es wird lediglich geprüft, ob vorliegende Studien den Testrichtlinien entsprechen – das ist alles, was zählt. Wer eine Untersuchung mit welchem Motiv durchgeführt hat, ist egal. Diese unreflektierte Haltung ist gefährlich und völlig unverantwortlich.
Quelle: Marco Bülow
- Libor-Skandal Deutsche Bank zahlt 220 Millionen Dollar für Zins-Manipulation
Während der Finanzkrise soll die Deutsche Bank Zinsen künstlich niedrig gehalten haben, um Gewinne zu erzielen. Fast ein Jahrzehnt später einigte sich das Geldhaus mit US-Bundesstaaten nun auf einen Vergleich.
Quelle: Spiegel Online
dazu schreibt das Handelsblatt in seinem Morning Briefing
Die Deutsche Bank hat sich im Libor-Skandal mit 45 US-Bundesstaaten auf einen Vergleich geeinigt. Die Ermittlungen gegen das Geldhaus wegen mutmaßlich gefälschter Zinssätze würden gegen Zahlungen von insgesamt 220 Millionen US-Dollar beigelegt, teilte New Yorks Generalstaatsanwalt Eric Schneiderman am Mittwoch mit. Die Bank zahlt, obwohl sie laut eigener Aussage keine Zinssätze manipuliert hat. Der Laie staunt, der Fachmann wundert sich: Entweder die Bank nimmt es mit dem Geld oder mit der Wahrheit nicht so genau.
Quelle: Handelsblatt
- Quote der Kinder, die auf Hartz IV angewiesen sind, erreicht neuen Höchststand
14,6 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland beziehen Leistungen nach dem SGB II. Damit hat der Anteil der Kinder, die auf „Hartz IV“ angewiesen sind, einen neuen Höchststand erreicht. Insgesamt leben rund 1,95 Millionen Kinder und Jugendliche in Familien, die SGB II beziehen – über 110.000 Kinder oder 0,8 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Das zeigt eine neue Auswertung der aktuellsten verfügbaren Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (Stand Juni 2017) durch das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Im Webangebot der Stiftung sind detaillierte Daten für alle Landkreise und kreisfreien Städte in Deutschland verfügbar.
Quelle: Hans Böckler Stiftung
dazu: Kinderarmut und Löhne: Die neue soziale Frage
Die Koalitionsverhandlung muss Verteilungsfragen in den Blick nehmen. (…) Die „Kinderarmut“ könnte zum Test werden dafür, wie man über soziale Gerechtigkeit noch streiten kann und will. Oder eben nicht. Mehr als jedes fünfte Kind in Deutschland lebt über mehr als fünf Jahre hinweg in armen Verhältnissen, zeigt eine Studie der Bertelsmann-Stiftung. (…) Es ist daher richtig, dass die Grünen das Thema Kinderarmut in den Jamaika-Verhandlungen zur Sprache bringen wollen und dass sie dabei nicht nur Hartz-IV-Empfänger im Blick haben, sondern auch Schlechtverdiener. Sozialleistungen und Löhne müssen zusammengedacht werden. Der karitative Sound hingegen, der die Bilder von Migrantenkindern heraufbeschwört, die ohne warmes Mittagessen zu Hause Videospiele spielen und die Zeit totschlagen, das bringt nichts. Damit versucht man, das Thema über Klischees mental zu entsorgen. Stattdessen muss man über Arbeitslöhne für die Eltern reden und eine starke politische Sprache dafür finden. Würde sich eine neue, breite Lohndebatte entwickeln, geriete vielleicht auch der Streit über die AfD und Flüchtlingsobergrenzen in den Hintergrund, entpuppte sich gar als Stellvertreterstreit. Das wäre doch ein Fortschritt.
Quelle: taz
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Ein sehr erfreulicher Kommentar. Dribbusch ist fast die einzige, die zu niedrige Löhne (und Hartz-IV-Sätze) als Ursachen für Kinderarmut benennt. Aber eine Regierung aus vier neoliberalen Parteien, deren erklärtes Ziel Lohn- und Sozialkürzungen sind und waren: woher sollen da höhere Löhne kommen?
- Stromsperren endlich verbieten!
Die Strompreise sind in den vergangen Jahren rapide gestiegen. Für Millionen von Privathaushalten mit niedrigen Einkommen ist das eine enorme Belastung. Nach Angaben der Bundesnetzagentur wurde im Jahr 2015 rund 418.000 Haushalten der Strom abgeklemmt. Hinzu kommen 58.000 Gasabschaltungen (im Einzelnen siehe Antwort der Bundesregierung unten). Diese enorme Anzahl von Energiesperren in der Bundesrepublik ist eine stille soziale Katastrophe, besonders in den kalten und dunklen Wintermonaten.
Für viele Bürgerinnen und Bürger kann bei den hohen Preisen von einer Versorgungsicherheit mit Strom keine Rede mehr sein. Schwierigkeiten sich und ggf. andere Haushaltsmitglieder mit grundlegenden Basisgütern, wie Strom, zu versorgen, führen zu Stress, Scham und Rückzug vom gesellschaftlichen Leben. Während das Mietrecht hohe Hürden bei Wohnungsräumungen vorsieht, sind Stromsperren rechtlich völlig unterreguliert und können ohne Gerichtsbeschluss bereits vier Wochen nach der Mahnung vollzogen werden. Die tatsächliche Stromsperre ist allerdings nur die Spitze des Eisbergs der Energiearmut in diesem Land: Über 6 Millionen Sperr-Androhungen wurden im Jahr 2015 von den Stromversorgern verschickt.
Von der Bundesregierung gibt es bisher zu diesem Thema nur Energiespartipps. Für die Fraktion DIE LINKE ist die Versorgung mit Strom eine Grundvoraussetzung für ein menschenwürdiges Wohnen und die Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger am gesellschaftlichen Leben: Sie ist daher ein soziales Recht. Die Fraktion DIE LINKE setzt sich deshalb dafür ein, dass Stromsperren durch die Energieversorger aufgrund von Zahlungsunfähigkeit von Verbraucherinnen und Verbrauchern unverzüglich gesetzlich untersagt werden.
Quelle: Linksfraktion
- Deutschland blockiert Fipronil-Informationen
Millionen Eier mussten im Sommer wegen des Fipronil-Skandals vom Markt genommen werden. Doch wie viele es genau waren und wie die Meldungen innerhalb des EU-Warnsystems aussahen, wollen Deutschland und die Niederlande auch weiterhin nicht bekannt geben.
Deutschland und die Niederlande blockieren die Veröffentlichung von Informationen zum Fipronil-Skandal. Die EU-Kommission verweigerte jetzt offiziell eine von der Deutschen Presse-Agentur beantragte Herausgabe der Meldungen und Zahlen, die im Sommer von den Mitgliedsländern in das gemeinsame Schnellwarnsystem RASFF eingegeben worden waren. Dabei geht es um die Eier, die mit dem Insektengift Fipronil verunreinigt waren.
Als Begründung wurde die Ablehnung von Deutschland und den Niederlanden genannt. Diese beiden Länder waren besonders stark von dem Skandal betroffen. Bis heute ist aber zum Beispiel völlig unklar, wie viele Eier möglicherweise belastet waren. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt hatte im August von etwa 10,7 Millionen Eiern gesprochen, die nach Deutschland geliefert worden waren. Doch allein über die Zahl hatte es Streit mit Landesministern gegeben.
Quelle: Tagesschau
- Gegen das Schweinesystem
Zwei Männer und eine Frau begehen Hausfriedensbruch und werden dafür von der Justiz belobigt – so ist es geschehen an diesem Mittwoch in Magdeburg, wo das Landgericht als Berufungsinstanz einen Freispruch des Amtsgerichts Haldensleben bestätigte. Das Handeln der Angeklagten sei nicht nur zu rechtfertigen, es sei ausdrücklich zu begrüßen, sagte der Vorsitzende Richter Ulf Majstrak in seiner Urteilsbegründung.
Weitgehend unstrittig war in beiden Verfahren der Hergang der zu verhandelnden Strafsache. Zwei Männer verschafften sich demnach im Sommer 2013 nachts Zugang zu einer Schweinemastanlage in Sandbeiendorf im Landkreis Börde in Sachsen-Anhalt. Sie kamen in Einwegkleidung und mit desinfizierten Kameras, um die Anlage nicht zu verunreinigen und auch keine Keime einzutragen. Ziel der Tierschützer war es, jene Zustände zu filmen, von denen eine Informantin ihnen vorher berichtet hatte. […]
Einer der Angeklagten führte am Mittwoch aus, er habe in 25 Jahren Tierschutz die Erfahrung machen müssen, dass gegen solche Widrigkeiten am Ende nur Videoaufnahmen und in der Folge öffentlicher Druck etwas bewirken könnten.
Darin bestand die alltagssprachliche Variante des in Paragraf 34 Strafgesetzbuch formulierten „rechtfertigenden Notstands“: Wer eine Tat begeht (etwa Hausfriedensbruch), um Gefahr von anderen (etwa Schweinen) abzuwenden, darf dies unter zwei Bedingungen tun. Im Widerstreit der Interessen muss das eine Rechtsgut (Tierwohl) das andere (Hausfrieden) „wesentlich überwiegen“ – und die Tat muss zudem ein „angemessenes Mittel“ darstellen, die Gefahr abzuwenden.
Quelle: Süddeutsche
- In was für einer Welt, verdammt noch mal, wollen wir leben?
Frankreich ist im Umbruch, aber wie durchlässig sind die Klassengrenzen? In Frankreich herrscht ein System von Klassen und eine Gesellschaft voller sozialer Gewalt, sagte der Soziologe Didier Eribon im Dlf. Und Schriftstellerin Gila Lustiger fordert: Politik muss auch der Raum sein, in dem sich soziale Bewegungen mobilisieren können.
Lieske: Didier Eribon, Ihr Buch „Rückkehr nach Reims“ war ein großer Erfolg im vergangenen Jahr. Nun haben Sie einen Folgeband vorgelegt: „Gesellschaft als Urteil“. Ihre Bücher treffen auch deshalb auf viel Zuspruch, weil sie immens lesbar sind. Ihre eigene Autobiografie, Didier Eribon, ist immer der Fluchtpunkt Ihres Schreibens. Sie verwenden dafür in Ihrem neuen Buch „Gesellschaft als Urteil“ den Begriff der soziologischen Introspektion. Erklären Sie mir dieses Oxymoron.
Eribon: Mein Buch „Rückkehr nach Reims“ ist ein sehr persönliches Buch. Ich spreche darin über meine Familie, über meine Eltern, über meine soziale Herkunft. Man könnte also sagen, es ist eine Autobiografie. Trotzdem ist es für mich eher ein soziologisches Werk und ein Geschichtsbuch. Ich versuche, von meinem persönlichen Werdegang aus eine soziale Struktur zu rekonstruieren. In Frankreich ist dies ein System von Klassen und eine Gesellschaft voller sozialer Gewalt. Über diese Klassengewalt wird in Frankreich geschwiegen, sie wird euphemisiert, noch öfter wird sie ignoriert oder sogar ganz geleugnet.
Soziologische Introspektion meint in diesem Zusammenhang, dass ich so tief wie möglich in mein eigenes Leben hinabgetaucht bin. Nicht, um mich selbst besser zu verstehen; vielmehr wollte ich anhand meiner eigenen Person das soziale Gewebe um mich herum analysieren, insbesondere auch das Wesen des Schulsystems. Die Schule ist nämlich in Frankreich ein zentraler sozialer Ort; sie ist eine Art Maschine, mittels derer sich die sozialen Klassen reproduzieren. Hier verlängert sich auch die Klassenherrschaft. All das hat uns der Soziologe Pierre Bourdieu schon vor fast einem halben Jahrhundert in brillanter Weise erklärt. […]
Quelle: Deutschlandfunk
- RT unter Beschuss – einige Fragen und Antworten
Der global agierende russische Nachrichtenkanal RT steht unter Druck – vor allem in den USA, aber auch in Großbritannien. „Sie werden versuchen euch auszuschalten“, hatte WikiLeaks-Gründer Julian Assange der Chefredakteurin des Senders einst prophezeit. Behält er am Ende Recht? Hier einige Fragen und Antworten zum „Phänomen RT“. (…) Soll das heißen: Man darf in einem staatlich kontrollierten Programm wie RT die Politik der russischen Regierung kritisieren? Ja, das soll es heißen. Es gibt auf RT sogar eigene Programmplätze für diesen Zweck. Die Interviewsendung Worlds Apart zum Beispiel bietet Russland-Kritikern ein Forum. Allein in dieser Sendung sind inzwischen wohl zig-mal mehr Kreml-Kritiker zu Wort gekommen als im deutschen Fernsehen „Kreml-Versteher“. (…) Beispiele dieser Art finden sich zuhauf: In der Anfangsphase des russischen Eingreifens in Syrien trat der US-Journalist und Pazifist David Swanson als Interviewgast auf und kritisierte das russische Vorgehen mit deutlichen Worten. Es hatte für ihn keine negativen Folgen. Swanson war seither mehrfach im Programm zu sehen. Anders erging es ihm interessanterweise beim US-amerikanischen MSNBC. Dort durfte Swanson einmal auftreten – und dann nie wieder.
Quelle: Ulrich Teusch
Anmerkung Paul Schreyer: Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Sollte die Meinungsvielfalt im russischen Staatsfernsehen tatsächlich größer sein als bei ARD und ZDF, zerbräche wohl das Selbstverständnis vieler Leitmedien-Macher hierzulande. Anders als offenbar mancher Kollege, redet der Journalist Ulrich Teusch nicht nur über RT, sondern schaut den englischsprachigen Hauptkanal des Senders auch hin und wieder. Er zeigt nun, dass es sich bei dem Bild vom dogmatischen russischen Staatsfunk, der Andersdenkende ausgrenzt, um eine bequeme Legende handelt. Doch Legenden sind ja bekanntlich am langlebigsten.
- Stopp Air Base Ramstein: Einladung zur Aktions- und Planungskonferenz
Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde, liebe Kolleginnen und Kollegen,
große Aktionen, die wir gemeinsam langfristig geplant haben, sollten wir auch gemeinsam auswerten.
Ramstein 2017 war ein großer, beeindruckender Erfolg: Die Beteiligung, die Vielfalt der Aktionen, die interessanten Diskussionen, das Friedenscamp, der internationale Kongress, die öffentliche Abendveranstaltung, das Friedensfestival – über vieles ist zu berichten und zu diskutieren.
Sicher war auch nicht alles optimal. Daraus gilt es zu lernen, um es das nächste Mal noch besser zu machen. Es hat viel Spaß gemacht, aber auch viel Kraft gekostet. Können wir die Aufgaben solch großer Aktionen auf noch mehr Schultern verteilen?
Interessante und solidarische Diskussionen, das soll die Auswertung der Ramstein Aktionen 2017 prägen.
Wir wollen mit Euch aber auch gemeinsam weiterplanen, denn das war ja die einheitliche Stimmung bei allen Aktionen: Wir machen weiter, wir kommen wieder und wir wollen noch viel mehr werden!
Wie wollen wir die Ramstein Proteste 2018 planen und durchführen? Was soll neu sein, was hat sich bewährt, was wollen wir wiederholen?
Und dann wollen wir mit Euch auch ganz praktische Dinge besprechen. An welchem Datum sollen die Aktionen 2018 stattfinden und wer macht alles mit?
Die Weltlage, die Kriege und die Politik der Konfrontation und Aufrüstung erfordern eine noch stärkere Friedensbewegung. Die Ramstein-Aktionen sind ein entscheidendes aktiv schlagendes Herz dieser Bewegung. Aber wir müssen noch viel stärker werden – quantitativ und qualitativ.
Wie schaffen wir das? Dies bedarf sicher einer intensiven, manchmal auch kontroversen, Diskussion.
Wir möchten Euch alle zu diesen und sicher noch mehr Debatten auf der Aktions- und Planungskonferenz einladen.
Wann: Samstag 9.12 von 11.00 bis 17.00 Uhr
Wo: Saalbau Gutleut, Rottweiler Straße 32, 60327 Frankfurt am Main
Anmeldung unter [email protected]
Bitte kommt alle und bringt noch viele mit. Jede und jeder wird gebraucht und ist gefragt, seine Meinung und seine Hände und Füße einzubringen.
Quelle: Stopp Air Base Ramstein
- Hagen Rether: Unser Wohlstand steht auf Leichenbergen
Quelle: WDR Mitternachtsspitzen via youtube