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Titel: Kapitalismus verstehen heißt Karl Marx studieren
Datum: 16. September 2017 um 11:00 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Ökonomie, Erosion der Demokratie, Ideologiekritik
Verantwortlich: Albrecht Müller
Rudolf Hickel machte darauf aufmerksam, dass der erste Band „Das Kapital“ von Karl Marx vor 150 Jahren erschienen ist. Er hat aus Anlass dieses Jubiläums etwas für die NachDenkSeiten geschrieben. Es gibt unter den Leserinnen und Lesern der NachDenkSeiten viele, die das Werk von Karl Marx schätzen, andere weniger. So viel Pluralität muss möglich sein. Hier ist der Text von Rudolf Hickel, vielen Dank dafür. Albrecht Müller.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
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Vor 150 Jahren, am 14. September 1867, ist der erste Band „Das Kapital“ im Otto-Meißner-Verlag in Hamburg erstmals erschienen. Heute zählt dieses Werk, dessen Band zwei und drei Friedrich Engels posthum herausgegeben hat, zum UNESCO-Kulturerbe. Es gibt keinen anderen Autor, der die Bewegungsgesetze des Kapitalismus derart zutreffend radikal, d.h. an die Wurzel gehend, dechiffriert hat. Wie die Berichte selbst in den Provinzzeitungen zu diesem Kapital-Jubiläum zeigen, das Interesse an der Frage, wie kann mit Marx heute die Klärung von Widersprüchen und Ungerechtigkeiten betrieben werden, ist riesig. Das wird auch im kommenden Jahr an seinem 200sten Geburtstag zu beobachten sein.
Die Fundamentalkritik am Kapitalismus, der durch Ausbeutung, Verelendung und langfristigen Zusammenbruch geprägt ist, konnte auch durch seine bitteren Gegner nicht ausgemerzt werden. Dabei haben die sozialistisch-kommunistisch geprägten Länder wie die DDR, die Sowjetunion und China ihn zu ihrem Säulenheiligen erhoben. Die machtvolle Instrumentalisierung ging so weit, dass ein überzeugter Marxist, der der Herrschaftslehre widersprach, mit Diskriminierung rechnen musste. Auch diese Vereinnahmung hat seine Kapitalismus-Anatomie überstanden.
Die Dominanz von Marx hat zweifellos ihren Grund in der Tatsache, dass er die Ursachen der kapitalistischen Systemfehler benannt hat. Dabei hat Marx, wie er selbst in einer Kritik an dem Kathedersozialisten Adolph Wagner in seinen „Randglossen“ festhielt, nicht ein sozialistisches System entwickeln wollen, war also in diesem Sinne kein Marxist. Wie er selbst festgestellt hat: „Der letzte Endzweck dieses Werks ist es, das ökonomische Bewegungsgesetz der modernen Gesellschaft zu enthüllen.“ Dazu betrieb er die Kritik der ihn damals umzingelnden Politischen Ökonomie. An Smith, Ricardo, aber auch den „Speichelleckern“, den Sykophanten, und den Produzenten von Herrschaftswissen hat er sich abgearbeitet. Heute wären das die Neoklassiker und Neoliberalen wie Hans-Werner Sinn, der allerdings Marx ob seiner Aktualität zum Teil lobt.
Die nicht immer runden Meilensteine seiner Kapitalismusanatomie, die ihm nach wie vor die Aktualität sichern, sind:
Marx studieren ist sicherlich die Voraussetzung für das Verständnis des Kapitalismus. Aber erst die politisch-praktische Opposition gegen die machtvoll starr gehaltenen gesellschaftlichen Verhältnisse kann die kapitalistische Logik durchbrechen. Denn Marx zeigt auch, dass Demokratie und radikale Profitwirtschaft ein in sich unauflösbarer Widerspruch darstellt. Nicht die Vermarktung der Demokratie à la Merkel, sondern die Demokratisierung der Wirtschaft zum Abbau von strukturell Abhängigen sind gefordert.
Herausgegeben und interpretiert von Rudolf Hickel, westdeutsche Ausgabe im Ullstein Verlag: Die Ausgabe der drei Bände „Das Kapital“ als Paperback mit den hinzugefügten Interpretationen:
Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/
Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=40105