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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: „Ein Politbüro für den Kapitalismus?“ So fragte der „Spiegel“ im Blick auf das mächtige „Council on Foreign Affairs“ (CFR).
Datum: 13. September 2017 um 17:18 Uhr
Rubrik: Aktuelles, Außen- und Sicherheitspolitik, Erosion der Demokratie, Lobbyorganisationen und interessengebundene Wissenschaft, Strategien der Meinungsmache
Verantwortlich: Albrecht Müller
Das war am 8.12.1975 und ist Geschichte, so könnte man fälschlicherweise denken. Das ist es nicht, im Gegenteil: Das CFR hat sich mit Unterstützung anderer Organisationen und staatlicher Stellen quasi weltweit festgesetzt und beeinflusst mit Lobbyismus und Propaganda das Denken und das Geschehen.
Und wenn sich, wie im vorigen Beitrag geschrieben, kaum mehr Alternativen zur neoliberalen Politik und Ideologie durchsetzen, dann hat das genau mit dieser Propaganda zu tun. Swiss Propaganda Research hat das in einer Studie untersucht und eine 22-seitige Schrift veröffentlicht: Die Propaganda-Matrix. Albrecht Müller.
Wir hatten darauf in den Hinweisen vom 10. September schon hingewiesen. Aber diese Schrift ist so informativ und so wichtig für alle, die erkennen wollen, in welcher Welt wir leben und wer hier das Sagen hat, dass wir noch einmal darauf zurückkommen.
Einige Leserinnen und Leser hatten uns übrigens schon darauf aufmerksam gemacht und dringend empfohlen, das Werk von Swiss Propaganda Research noch einmal aufzugreifen. Zur Einführung zitiere ich einen unserer Leser:
„Ob Russland, Syrien oder Donald Trump: Um die geopolitische Berichterstattung westlicher Medien zu verstehen, muss man die Schlüsselrolle des amerikanischen Council on Foreign Relations (CFR) kennen.
In der Studie von Swiss Propaganda Research wird erstmals dargestellt, wie das Netzwerk des Councils einen in sich weitgehend geschlossenen, transatlantischen Informationskreislauf schuf, in dem nahezu alle relevanten Quellen und Bezugspunkte von Mitgliedern des CFR und seiner Partnerorganisationen kontrolliert werden.
Auf diese Weise entstand eine historisch einzigartige Informationsmatrix, die klassischer Regierungspropaganda autoritärer Staaten deutlich überlegen ist, indes durch den Erfolg unabhängiger Medien zunehmend an Wirksamkeit verliert.
Das ist eine extrem lesenswerte Analyse für alle die verstehen wollen, wie die Gleichschaltung zustande kommt, mit der uns der Großteil der westlichen Mainstreammedien seit Jahrzehnten mit neoliberaler Indoktrination, Feindbild-Genese und Kriegs-Propaganda zu manipulieren versucht. Und für alle Linke, die auf den “PEGIDA-Trick” hereingefallen sind und denken, dass die “Lügenpresse” nur eine Halluzination rechter Schwachmaten ist…
Vor allem die vielen gut belegten Beispiele und Schaubilder sind sehr aufschlussreich, um das Treiben transatlantischer Netzwerke zu durchschauen. Ich denke, diese Analyse kann gerade für viele “Neu-Linke” (insb. Antideutsche und “Reaktionäre mit Regenbogenfahne”) ein echter Eye-Opener sein. Vor allem, weil darin unter anderem auch solche schönen Quellen zu finden sind, wie der Artikel zum CFR aus dem Jahr 1975, als der SPIEGEL noch als kritisches linkes Politmagazin durchging.
Soweit unser Nachdenkseiten-Leser. Ihm verdanken wir wie gezeigt auch den Hinweis auf den Spiegel-Artikel.
Auch wenn es für unsere vielbeschäftigten Leserinnen und Leser eine Zumutung und Belastung sein könnte, wir können nur empfehlen, sich sowohl die Studie als auch den Spiegel-Artikel anzuschauen.
Einige wenige Grafiken und Inhalte und auch das Inhaltsverzeichnis der Studie will ich für einen kurzen Überblick wiedergeben. Das ersetzt nicht den Blick in das ganze Werk:
Die Propaganda-Matrix: Wie der CFR den geostrategischen Informationsfluss kontrolliert
Eine Studie von Swiss Propaganda Research
September 2017
»Wir sind jetzt ein Imperium, und wenn wir handeln, so erschaffen wir unsere eigene Realität.«
– Karl Rove, ehemaliger Leiter des Büros für Strategische Initiativen der US-Regierung
Inhaltsübersicht
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Der Durchbruch gelang dem Council während des Zweiten Weltkriegs, als CFR-Experten im Rahmen der War and Peace Studies die amerikanische Kriegsstrategie sowie die Grundsätze der Nachkriegsordnung formulierten – inklusive den Satzungen von UNO, Weltbank und Weltwährungsfonds. Dabei folgten sie der Vorgabe von CFR-Gründungsdirektor Isaiah Bowman, wonach die USA künftig die »globale Sicherheit garantieren« müssten, dabei jedoch »konventionelle Formen des Imperialismus« zu vermeiden hätten, weswegen der Ausübung amerikanischer Macht ein »internationaler Charakter« zu verleihen sei (Shoup & Minter, 1977:169ff).
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Mit dem Zweiten Weltkrieg erweiterte sich das amerikanische Einflussgebiet erstmals auf (West-)Europa und Ostasien (insbesondere Japan). Um in diesen Regionen lokale Eliten aufzubauen und in die eigenen Planungen miteinzubeziehen, musste der Council sein Netzwerk ergänzen: Für Europa lancierte CFR-Mitglied Charles D. Jackson, Eisenhowers Assistent für psychologische Kriegsführung, 1954 die sogenannte Bilderberg-Gruppe, während für Ostasien von CFR-Präsident David Rockefeller und CFR-Direktor Zbigniew Brzezinski 1972 die Trilaterale Kommission gegründet wurde.
Beide Organisationen haben zum Ziel, die zentralen geostrategischen Herausforderungen zu erörtern und einen länder- und parteiübergreifenden Konsens zu entwickeln. Der ehemalige französische Premierminister (und Bilderberg-Teilnehmer) François Fillon dürfte insofern nicht unrecht gehabt haben, als er 2013 konstatierte: „Es sind die Bilderberger, die uns regieren.“
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2. Die CFR-Matrix
Die erfolgreiche Umsetzung einer geopolitischen Strategie – in Friedens- und insbesondere in Kriegszeiten – wäre undenkbar ohne die wirkungsvolle Beeinflussung der öffentlichen Meinung. Autoritäre Staaten sind hierfür meist auf direkte Regierungspropaganda angewiesen, die indes oft rasch an Glaubwürdigkeit verliert.
Der Council ging dies klüger an: Mit seinen inzwischen knapp 5000 Mitgliedern baute er ein scheinbar vielfältiges und unabhängiges Informationssystem auf, in dem jedoch nahezu alle relevanten Quellen und Bezugspunkte von Mitgliedern des CFR und seiner Partnerorganisationen kontrolliert werden. Auf diese Weise entstand eine historisch einzigartige »Propaganda-Matrix«, deren Elemente und Funktionsweise im Folgenden dargestellt werden.
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Eingebettete Medien
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Die traditionellen Medien in (West-)Deutschland wurden nach dem Krieg in einem alliierten Lizenzverfahren gegründet und mit sorgfältig ausgewählten Verlegern und Chefredakteuren besetzt – Strukturen, die sich über verwandtschaftliche und andere Beziehungen bis heute erhalten haben. Nebst der Bilderberg-Gruppe und der Trilateralen Kommission erfolgt die Einbindung und Sozialisierung der führenden deutschen Medienleute dabei insbesondere über die sogenannte Atlantik-Brücke, die 1952 von CFR- und Weltbank-Präsident sowie Hochkommissar für Deutschland, John J. McCloy, zusammen mit CFR-Mitglied und Bankier Eric Warburg – dem Enkel von CFR-Direktor und Federal Reserve Initiant Paul Warburg – gegründet wurde.
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Nichtregierungsorganisationen (NGOs)
Während Propaganda in autoritären Staaten zumeist direkt von der Regierung ausgeht (und entsprechend einfach zu durchschauen ist), spielen in der CFR-Matrix die sogenannten Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine besondere Rolle, da sie der Bevölkerung eine Regierungsferne und mithin eine größere Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit suggerieren.
Tatsächlich sind die Direktoren von Amnesty International (AI), Human Rights Watch (HRW) und vieler weiterer vordergründig humanitärer Organisationen jedoch seit Jahrzehnten in den Council eingebunden, während zahlreiche andere von CFR-Milliardären wie George Soros finanziert und gelenkt werden. Letzterer betreibt dabei durchaus keine eigenständige Außenpolitik, sondern unterstützt lediglich die internationalen Operationen des Councils im Rahmen seiner (beträchtlichen) Möglichkeiten.
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Während diese NGOs unterm Jahr bisweilen durchaus sinnvolle, indes überwiegend folgenlose Arbeit leisten (z.B. Berichte zur internationalen Menschenrechtslage verfassen), kommt ihre geopolitische Funktion immer dann zum Einsatz, wenn es gilt, einen Regime Change vorzubereiten oder eine Militärintervention humanitär zu legitimieren.
So »verifizierte« Amnesty International bereits 1991 öffentlich die von einer amerikanischen PR-Firma erfundene »Brutkastenlüge« und trug damit wesentlich zur Lancierung des Golfkriegs bei. Auch auf dem Balkan, in Afghanistan („NATO: keep the progress going!“), dem Irak und Libyen forderten AI und HRW auf Basis fragwürdiger bis falscher Behauptungen »humanitäre« Militärinterventionen.
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Neben den permanenten NGOs wie Amnesty und HRW gründen und finanzieren CFR-geführte Institutionen wie USAID und NED für einzelne Konflikte bei Bedarf zusätzlich temporäre Organisationen, die lokale Aufgaben übernehmen und sich nahtlos in die Matrix einfügen lassen. In Syrien entstanden auf diese Weise etwa die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, das Aleppo Media Center oder die berüchtigten Weißhelme, die die westlichen Agenturen und Medien mit dramatischen und nicht immer über alle Zweifel erhabenen Bildern und Informationen versorgten.
Ein Mitarbeiter der Weißhelme zeigt auf den UNO-Hilfskonvoi, der am 20. September 2016 in der Nähe von Aleppo unter ungeklärten Umständen ausbrannte, und beschuldigt Russland und Syrien.
Selbstverständlich gibt es auch zahlreiche aufrichtige und unabhängige NGOs, die sich ernsthaft für den Frieden und die Menschenrechte engagieren. Nur sind diese zumeist mit wesentlich weniger Mitteln ausgestattet, und kommen in CFR-Medien kaum je zu Wort – insbesondere nicht in geostrategisch entscheidenden Momenten.
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In den USA betrifft dies etwa die Brookings Institution, die RAND Corporation, den NATO-nahen Atlantic Council, das Aspen Institute oder das Center for Strategic and International Studies (CSIS), die allesamt von CFR-Kadern geführt werden. Auch der Gründer des »investigativen Journalisten-Kollektivs« Bellingcat – das CFR-Medien in der Ukraine-Krise und im Syrienkrieg mit einschlägigen Analysen belieferte – tauchte alsbald als Senior Non-Resident Fellow beim Atlantic Council auf.
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Denkfabriken und Experten
Eine weitere wichtige Funktion in der CFR-Matrix nehmen die sogenannten Denkfabriken (Think Tanks) und Experten wahr.
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Bellingcat-Gründer Eliot Higgins und ZDF-Moderatorin Marietta Slomka erhalten 2015 den Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis für herausragenden Fernsehjournalismus. (WDR)
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In Deutschland zählen zu den in CFR-Medien gefragten Denkfabriken insbesondere die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) – die 1955 vom CFR mitgegründet und vom ehemaligen Atlantikbrücke-Chef Arendt Oetker präsidiert wird – sowie die von einem BND-Geheimdienstler auf Anraten von CFR-Direktor Kissinger gegründete Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Die SWP wird hauptsächlich von der deutschen Bundesregierung finanziert und von Volker Perthes geleitet, der gleichzeitig Mitglied in der Atlantikbrücke, der Trilateralen Kommission, der Bilderberg-Gruppe und der DGAP ist und damit zu den führenden Transatlantikern Deutschlands zählt.
SWP-Direktor Volker Perthes in den ARD-Tagesthemen (ARD)
Die SWP ist indes nicht nur eine Denkfabrik, sondern auch ein Planungsbüro: So organisierte sie 2012 in Berlin zusammen mit dem »US Institute of Peace« – das vom ehemaligen US-Sicherheitsberater und CFR-Mitglied Stephen Hadley geleitet wird – eine Serie von Workshops mit syrischen Oppositionellen und Rebellen, um die Zeit nach dem anvisierten Regierungssturz zu planen (Projekt »Day After«).
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Unabhängige Experten – an Fachwissen ihren transatlantischen Kollegen nicht selten überlegen – haben in den CFR-Medien hingegen einen schweren Stand: Die meisten von ihnen werden schlicht ignoriert, während besonders kritische Köpfe sogar mit Diffamierungskampagnen rechnen müssen, wie sie zuletzt der deutsche Islamwissenschaftler und Syrienkenner Michael Lueders oder der Schweizer Historiker und Experte für verdeckte Kriegsführung Daniele Ganser erlebten.
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4. Fazit
Jahrzehntelang hatte das Netzwerk des Council on Foreign Relations eine nahezu uneingeschränkte Kontrolle über den geostrategischen Informationsfluss in den NATO-Ländern. Die meisten Menschen hatten keine Möglichkeit zu realisieren, dass sie sich trotz scheinbarer Medienvielfalt tatsächlich in einer dicht gewobenen Informationsmatrix befanden.
Weshalb betrieb und betreibt der Council einen derartigen Aufwand zur Täuschung der eigenen Bevölkerung? Der inzwischen verstorbene Nationale Sicherheitsberater und Council-Direktor Zbigniew Brzezinski brachte es in seinem Buch The Grand Chessboard: American Primacy and Its Geostrategic Imperatives auf den Punkt: „Demokratie ist der imperialen Mobilisierung abträglich, denn das Streben nach imperialer Macht läuft den demokratischen Instinkten zuwider.“ (Brzezinski 1998, S. 20)
Tatsächlich mussten die USA seit dem Krieg gegen Spanien von 1898 für nahezu alle ihre Interventionen einen Vorwand kreieren, um die stetige Expansion der eigenen Einflusssphäre – nach der letztlich alle Imperien streben – moralisch zu legitimieren und die eigene Bevölkerung dafür zu gewinnen – zumal kaum je ein Land so leichtfertig war, die Vereinigten Staaten ohne Not von sich aus anzugreifen.
Hierzu erschufen die USA – wie Karl Rove es ausdrückte – eine eigene, »imperiale« Realität, die von verdeckten Operationen über die mediale Berichterstattung bis hin zur Geschichtsschreibung reicht und von den Mitgliedern des Councils und seiner Partnerorganisationen inszeniert und propagiert wird.
Damit wird zugleich verständlich, warum CFR-Medien bisweilen derart nervös auf den Erfolg russischer Medien wie Russia Today (RT) reagieren: Diese erweitern eben nicht nur die gepriesene Meinungsvielfalt, sondern destabilisieren die umfassende Informationsmatrix des Councils – zumindest dort, wo es russischen Interessen dienlich ist.
Durch das Internet entwickelte sich zudem die Möglichkeit, Informationen dezentral und kostengünstig zu verbreiten und so die Gatekeeper des Councils zu umgehen. Inzwischen existieren auch im deutschsprachigen Raum eine Vielzahl leserfinanzierter Medien und Plattformen, die das konventionelle Narrativ kritisch hinterfragen und neue Sichtweisen ermöglichen (siehe den Medien-Navigator).
Aus Sicht des Councils stellen solche Publikationen indes eine zunehmende Bedrohung der eigenen Informations- und Deutungshoheit dar. CFR-konforme Medien und Internetunternehmen reagierten hierauf mit der Schließung von Leserforen, Zensur auf sozialen Netzwerken, der »Bereinigung« von Suchresultaten sowie zunehmender Überwachung. Auf Illusion folgt somit Repression – es bleibt die Frage, ob dadurch das Vertrauen der Bevölkerung zurückgewonnen werden kann.“
Soweit die Auszüge aus der Studie von Swiss Propaganda Research vom September 2017.
Schön sind diese Erkenntnisse nicht, wichtig aber schon, um sich keine Illusionen über den demokratischen Gehalt unserer Staatswesen zu machen.
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