Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lohnenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CW)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnendsten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Aufrüstung ablehnen und Atomwaffen aus Deutschland abziehen
Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch haben einen Antrag initiiert, den DIE LINKE zur Sondersitzung des Bundestages am 5. September einbringen wird und der sich für den Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland und gegen das Zwei-Prozent-Rüstungsziel der NATO ausspricht.
Die Zustimmung der Bundesregierung zu den Plänen der NATO, dass alle Mitgliedsstaaten ihren Rüstungshaushalt auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erhöhen – für Deutschland heißt das eine Kostenerhöhung von 37 Milliarden Euro auf schätzungsweise rund 70 Milliarden Euro – ist am Bundestag vorbei, ohne ein Mandat des Parlaments, erfolgt. Die Bundesregierung hat bisher keine Verhandlungen mit den USA aufgenommen, um den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland zu befördern.
Mit dem Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert werden, ihre Zustimmung zum Beschluss der NATO, die Rüstungsausgaben auf zwei Prozent des BIP zu erhöhen, öffentlich und gegenüber den NATO-Partnern zurückzuziehen. Außerdem soll die Bundesregierung umgehend mit den USA Verhandlungen mit dem Ziel aufnehmen, die in Büchel stationierten US-Atomwaffen schnellstmöglich aus der Bundesrepublik abzuziehen.
Mit ihren Unterschriften unter die Erklärung des NATO-Gipfels von Wales vom 16. September 2014 bekannten sich Außenminister Steinmeier (SPD) und Bundeskanzlerin Merkel (CDU) im Namen der Großen Koalition zu einer Erhöhung der Militärausgaben auf 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bis 2024. Diese gravierende Vorfestlegung würde massive sicherheitspolitische Konsequenzen in Europa mit sich bringen, und gleichzeitig tief in die Bundeshaushaltsführung der kommenden Jahre eingreifen. Trotzdem ist der Bundestag mit dieser Selbstverpflichtung der derzeitigen Regierung nie befasst worden.
Interessant wird sein, wie sich die SPD-Fraktion zum neuen Antrag der Linksfraktion verhält. 2015 stimmten die Sozialdemokraten noch gegen den Antrag der Linksfraktion, Atomwaffen aus Deutschland abzuziehen. Bundesaußenminister Gabriel hat gerade die Forderung seines Parteichefs Schulz nach einem Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland unterstützt. Er sei ”der Überzeugung, dass es wichtig ist, dass wir endlich wieder über Rüstungskontrolle und Abrüstung reden“, so Gabriel. Am 5. September kann die SPD im Bundestag nicht nur reden, sondern handeln.
Quelle: die Linke im Bundestag
- At least 41 million people affected in floods in India, Bangladesh and Nepal, UN says
‚We live in a global world and there is a lot going on out there at the moment but people should know about what is happening here,‘ Red Cross worker says.
More than 40 million people have been affected by devastating floods and landslides in South Asia, UN humanitarian agencies have said.
Torrential monsoon rains have killed at least 1,200 people and left millions fleeing their homes in India, Bangladesh and Nepal over the last fortnight. […]
According to the latest figures form the UN, more than 32 million people have been affected in India, 6.9 million in Bangladesh and 1.7 million in Nepal, bringing the total to around 41 million people.
Hundreds of thousands of people have found refuge in emergency shelters, with numbers expected to grow.
Figures from the Red Cross released on Tuesday put the numbers of affected people in Bangladesh even higher, at 8.6 million, with over 3.5 million homes damaged or destroyed.
Quelle: The Independent
Anmerkung Jens Berger: Tausende tote Inder sind den deutschen Medien übrigens nur eine Randnotiz wert, während der Hurrikan Harvey in Houston tagelang Topmeldung ist. Man könnte es auch mit der Rockband Rammstein sagen … „We’re all living in Amerika.“
- EU-Flüchtlingspolitik in Afrika – Die Vorfeldkontrolle
Über Asylanträge soll künftig schon in Afrika entschieden werden. Das beschlossen die vier größten EU-Länder am Montagabend in Paris – unter großzügiger Einbeziehung Libyens und der Sahel-Staaten. […]
Eingeladen waren zudem die Präsidenten der Sahel-Länder Niger und Tschad sowie der Ministerpräsident der libyschen Übergangsregierung, der freilich nur in einem winzigen Teil seines Landes etwas zu sagen hat. Gleichwohl sollen die drei Afrikaner wichtige Rollen in der neuen Migrationsstrategie der europäischen „Big Four“ spielen: die Vorfeldkontrolle. […]
Das soll sich ändern, mit „Migrationspartnerschaften“ und mit viel Geld und viel Equipment aus Europa. Luftüberwachung, schnelle Fahrzeuge, mit modernster Technik und Bewaffnung, Entwicklungshilfe, die Jobs schaffen und somit den ökonomischen Ausfall der Schleuser-Branche ausgleichen.
Möglichst viele Migranten sollen dann schon vor Ort in große Auffanglager gebracht werden. Dort soll dann „auf der Grundlage des UNHCR“, also nach den Regeln des Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen, sofort geprüft werden, wer Anspruch auf Asyl hat und wer nicht. Die Glücklichen dürfen legal weiterreisen – die anderen, die meisten, müssen zurück in ihre Heimat ziehen. Wie das rechtlich und praktisch ablaufen soll, weiß keiner. Aber Frankreich-Präsident Macron jubelte nach dem Pariser „Migrationsgipfel“ schon: „Über Asylanträge wird künftig in Afrika entschieden.“
Quelle: SPIEGEL Online
Anmerkung Jens Berger: Ja, über das im deutschen Grundgesetz verankerte Recht auf Asyl und die Anwendung der Genfer Flüchltingskonvention durch die Bundesrepublik entscheiden wohl schon bald zutiefst korrupte Länder im Herzen Afrikas, in denen die Menschenrechtssituation prekär ist und die selbst mit Hunderttausenden Flüchtlingen aus den Konfliktregionen Mali und Nigeria zu tun haben. Man mag kaum glauben, dass eine derartige Politik in den vier „größten EU-Ländern“ beim Wähler derart gut ankommt.
dazu: Das Elend wird in die Wüste verlagert
Die Ergebnisse des Pariser Flüchtlingsgipfels werden das Elend nicht bekämpfen, sondern nur verlagern, meint Georg Restle. Kanzlerin Merkel opfert Völker- und Menschenrechte, um die Flüchtlingszahlen zu drücken. Die deutsche Flüchtlingspolitik ist eine Schande.
Ich gebe zu: Ich schäme mich! Ich schäme mich für diese Flüchtlingspolitik, die da in Paris verhandelt wurde. Eine Politik, die von der deutschen Bundeskanzlerin wesentlich mitbestimmt wird – und die eine einzige Schande ist – für dieses Land und für diesen Kontinent.
Es ist eine Schande, dass auch die Bundesregierung es offensichtlich billigt, dass libysche Milizen Flüchtlinge in Lager verfrachten, wo sie weiterhin misshandelt, gefoltert und vergewaltigt werden. Der Vorschlag, diese Lager unter die Obhut der UN zu stellen ist ein schlechter Witz, in einem Land das vom Bürgerkrieg zerrissen ist und nicht mal eine richtige Regierung hat.
Quelle: Georg Restle auf tagesschau.de
Anmerkung Albrecht Müller: Lesenswert.
- A1-Privatisierungs-Skandal: Die Gier des Finanz-Zombies
Am 30. September 2013 treffen unter anderem Vertreter der Unicredit Bank AG eine brisante Entscheidung, die Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) vier Jahre lang geheim halten wird. Am Wochenende deckte die Berliner Zeitung den Vorgang auf. An dem entscheidenden Tag vor vier Jahren drohen die Herren des Konsortiums A1 Mobil den Vertretern des Verkehrsministeriums damit, dass sie den Vertrag mit der Bundesrepublik Deutschland wegen ihrer angespannten Finanzlage kündigen könnten. Ein außergewöhnlicher Vorgang, denn die rund eine Milliarde schwere Beziehung sollte noch 25 Jahre währen.
Ab 2013 lautete die Strategie: Ein Ausstieg aus dem bisherigen Vertrag, eine Änderung musste her. Ihre Argumentation: Die Finanzkrise stelle etwas Unkalkulierbares dar, eine Art Naturkatastrophe, von „höherer Gewalt“ soll die Rede gewesen sein. Solche Risiken seien nicht vertraglich fixiert gewesen. Da sollte der Staat aushelfen. Nach Informationen der Berliner Zeitung fordert das Konsortium von der öffentlichen Hand nun neben den Mauteinnahmen eine monatliche Zahlung von knapp 2,49 Millionen Euro bis 2038. Zusammen also rund 645 Millionen Euro.
Quelle: Berliner Zeitung
dazu: Freifahrt in die Pleite
Autobahnen werden immer öfter von privaten Betreibern gebaut. Der Staat erhofft sich hohe Einsparungen. Aber die Rechnung geht nicht auf.
Wenn man von neun Millionen Euro knapp eine Million sparen kann, klingt das nach einer Menge Geld. Zumal es in diesem Fall nicht bloß um wenige Millionen geht, sondern um ein Vielfaches davon. Neun Millionen Euro kostet jeder Kilometer Autobahnstrecke in Deutschland, der neu gebaut, ausgebaut oder von vier auf sechs Spuren erweitert wird, jedenfalls wenn es der Staat tut. Das ist eine Menge Geld für eine Regierung – und viel Arbeit.
Private Unternehmen schaffen jeden Kilometer für gut acht Millionen Euro, für zehn Prozent weniger. Warum also nicht den Autobahnbau demjenigen überlassen, der es billiger kann, der Privatwirtschaft nämlich? So lautete das politische Kalkül der vergangenen Jahre. Und Politiker wie Wirtschaftsforscher lobten die Idee als großen Gewinn für alle. Das könnte ein teurer Irrweg sein.
Quelle: Zeit Online
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Hier wird alles noch mal detailliert aufgelistet und werden Ross und Reiter benannt: das Lobby-Institut der deutschen Wirtschaft, die Versicherungswirtschaft, die korrumpierte Politik.
dazu auch: Betriebsmodell für Wasserstraßen: Dobrindts private Kanäle
Seit Jahren steckt Deutschland zu wenig Geld in seine Wasserstraßen. Nun erwägt Verkehrsminister Dobrindt, den Ausbau mithilfe privater Investoren voranzutreiben. Kritiker befürchten ein Desaster wie beim Autobahnbau.
Der Staat bestellt neue Infrastruktur, private Unternehmen planen, bauen und pflegen sie: Dieses Prinzip, auch bekannt als öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP), steht seit vergangener Woche wieder in der Kritik. Da wurde bekannt, dass eine private Betreibergesellschaft der Autobahn 1 zwischen Hamburg und Bremen den Bund auf bis zu 640 Millionen verklagt und zugleich mit Insolvenz droht. Es wäre nicht das erste Mal, dass eine Kooperation mit der Privatwirtschaft entgegen allen Versprechen teurer wird.
Trotz solcher Erfahrungen erwägt die Bundesregierung, ÖPP-Projekte künftig auch für Wasserstraßen zu nutzen. Das geht aus einem Bericht des Bundesfinanzministeriums hervor, der dem SPIEGEL vorliegt. Demnach plant die Regierung an den Bundeswasserstraßen „eine stärkere Einbeziehung von Dritten in die Planung und Baudurchführung sowie die Nutzung der Bandbreite der vorhandenen Vergabeverfahren“.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung unseres Lesers J.A.: Weil ÖPP im Straßenverkehr immer nur in Katastrophen zulasten der Steuerzahler und der Nutzer geendet ist, wird das Modell großzügig auf die restliche Infrastruktur ausgedehnt? Demokratie heißt Macht auf Zeit, und eine Regierung, die so offen bürgerfeindlich und scheinbar korrupt agiert, kann auch abgewählt werden.
Anmerkung JK: Das ist vor dem Hintergrund des A1 Desasters so irre, das kann man nicht so stehen lassen. Oder es ist ein Fall von unglaublicher politischer Korruption. Wäre nach dem schon erwähnten A1 Desaster eine Steilvorlage für den Wahlkampf der SPD. Geht aber leider nicht, da die SPD selbst die Privatisierung öffentlichen Eigentums massiv befördert hat, etwa durch die sogenannte „Fratzscher-Kommission“ des Herren Gabriel (SPD). So viel wieder einmal zur Glaubwürdigkeit der SPD. Aber diese Behauptung ist sicher wieder eine „Verschwörungstheorie“, wie wir nun wissen.
- Arbeit
- Die Bundesregierung lässt im August wieder fast eine Million Erwerbslose aus der Statistik schummeln
Offizielle Arbeitslosigkeit im August 2017: 2.544.845
Nicht gezählte Arbeitslose verbergen sich hinter:
- Älter als 58, beziehen Arbeitslosengeld I und/oder ALG II: 163.507
- Ein-Euro-Jobs (Arbeitsgelegenheiten): 83.275
- Förderung von Arbeitsverhältnissen: 7.005
- Fremdförderung: 236.892
- Bundesprogramm Soziale Teilhabe am #Arbeitsmarkt: 14.220
- berufliche #Weiterbildung: 142.561
- Aktivierung und berufliche Eingliederung (z. B. Vermittlung durch Dritte): 192.204
- Beschäftigungszuschuss (für schwer vermittelbare Arbeitslose): 2.432
- Kranke Arbeitslose (§146 SGB III): 69.082
Nicht gezählte Arbeitslose gesamt: 911.178
Tatsächliche Arbeitslosigkeit im August 2017: 3.456.023
Handeln statt tricksen!
Quelle: die Linke im Bundestag via Facebook
- Tarifverträge hebeln gesetzliche Schutzbestimmungen aus
Das galt lange als sicher: Wer nach Tarif bezahlt wird, der hat Glück, dem geht es gut! Anders als in den Unternehmen, die sich dem Tarif verweigern und in denen nur die gesetzlichen Mindeststandards eingehalten werden. Doch viele Leiharbeiter mussten in der Vergangenheit feststellen, die gesetzlichen Mindeststandards sind besser als die Bedingungen, denen die Gewerkschaft bei den Tarifverhandlungen zugestimmt hat.
Quelle: Kontraste
Anmerkung André Tautenhahn: Die Arbeitsministerin Andrea Nahles verkauft die geschaffene Möglichkeit, gesetzliche Mindeststandards zu unterlaufen, so:
„Die Sozialpartnerschaft ist für mich Herzstück unserer sozialen Marktwirtschaft. Deshalb geben wir den Sozialpartnern Spielraum. Durch Tarifvertrag – also zusammen, nicht alleine – können sie den Einsatz von Leiharbeit, abweichend von den Grundregeln des Gesetzes, gestalten und aushandeln. Das setzt einen neuen Anreiz, sich tariflich zu binden.“
Dabei wird deutlich, dass es der Ministerin nicht um eine reale Verbesserung von Arbeitsbedingungen geht, sondern lediglich darum, Regierunghandeln in einem guten Licht dastehen zu lassen. Es wäre ja toll, wenn die SPD künftig damit werben könnte, eine höhere Tarifbindung ermöglicht und damit dem Eindruck nach, auch eine Verbesserung für Arbeitnehmer erreicht zu haben, obwohl das in Wirklichkeit gar nicht stimmt. Die Geschichte ähnelt dann vermutlich der märchenhaften Erzählung von der Halbierung der Arbeitslosenzahlen.
- Niedriglohnsektor: Deutschland, deine Sklaven
Onkel Toms Hütte kann auch irgendwo am Neckar stehen. Sklavenhandel, so eine Stuttgarter Arbeitsrechtlerin, Sklavenhandel gibt es nämlich immer noch, sogar dort, wo Deutschland am reichsten ist. Bei Paketdiensten, im Baugewerbe, in der Gebäudereinigung, der Pflege sowie der Gastronomie arbeiten Menschen häufig unter Bedingungen, die es so eigentlich gar nicht geben dürfte. Natürlich sind sie keine Sklaven im strengen Sinne des Wortes, obwohl es auch Leibeigenschaft gerade da noch gibt, wo genau dieser Leib verkauft werden soll. Nein, ich rede hier nicht von jenem internationalen Menschenhandel, der mit verheerenden Auswirkungen die Prostitution bestimmt, ich meine die Arbeitsverhältnisse, die auf den ersten Blick ganz normal aussehen. Nur dass die Arbeitnehmer hier eben oft miserabel bezahlt sind, dass sie um Überstunden und Lohn betrogen werden, dass sie gar keinen oder nur einen befristeten Vertrag haben. Ausbeutung in ihrem schlechtesten Sinne eben.
Quelle: Deutschlandfunk Kultur
- Armut
- Von Armutsgefährdungsquoten und bedenklichen Entwicklungen hinter den großen Zahlen
Das Armutsrisiko war – gemessen an der Armutsgefährdungsquote – im Jahr 2016 in den südlichen Bundesländern Baden-Württemberg mit 11,9 Prozent und Bayern mit 12,1 Prozent am geringsten. Das bundesweit höchste Armutsrisiko wies Bremen mit 22,6 Prozent auf, gefolgt von Sachsen-Anhalt mit 21,4 Prozent und Mecklenburg-Vorpommern mit 20,4 Prozent. So findet man das am Anfang einer dieser typisch-trockenen Pressemitteilungen des Statistischen Bundesamtes: Armutsgefährdung in den Bundesländern weiter unterschiedlich, so ist die überschrieben. Die neuen Zahlen zur „Armutsgefährdungsquote“ wurden in vielen Medien aufgegriffen. Glückliches Baden-Württemberg – so die Überschrift im Handelsblatt. Zugleich wird dort aber auch gleich am Anfang des Beitrags darauf hingewiesen: »Insgesamt verharrt die Armut in Deutschland auf hohem Niveau.« Und dem Artikel kann man außerdem entnehmen: »Als von Armut bedroht gilt danach jemand, dessen Einkommen 60 Prozent des mittleren Einkommens (Median) unterschreitet. Im Bundesdurchschnitt verharrt die Armutsgefährdungsquote bei 15,7 Prozent – so hoch wie 2015. In den Jahren davor ist sie stetig gestiegen.« Andere Schlagzeilen von heute: Armut in Berlin: Fast jeder Fünfte von Armut bedroht, so der in Berlin erscheinende Tagesspiegel: »In Berlin lebt fast jeder Fünfte am Rand des Existenzminimums. Berlin liegt dabei an vierter Stelle nach Bremen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern.«
Quelle 1: Aktuelle Sozialpolitik
Quelle 2: Statistisches Bundesamt
- Armut verharrt auf Höchststand: Paritätischer kritisiert fehlendes Engagement der Bundesregierung
Als Armutszeugnis für die Bundesregierung wertet der Paritätische Wohlfahrtsverband die heute vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Armutsquoten. Der Verband weist darauf hin, dass eine notwendige Trendwende noch immer nicht in Sicht sei und die Armutsquote auch in 2016 mit 15,7 Prozent auf dem höchsten Niveau seit der Wiedervereinigung verharrt. Der Verband fordert von der künftigen Regierung, einen Masterplan zur Bekämpfung der Armut in den Koalitionsvertrag aufzunehmen.
Zwar gebe es durchaus positive Entwicklungen in einigen Ländern, vor allem in den Stadtstaaten und in Ostdeutschland, doch sorge der auffällige Anstieg in einwohnerstarken Flächenstaaten wie Bayern oder Nordrhein-Westfalen dafür, dass die Armutsquote bundesweit nicht sinkt. Für die besonders von Armut betroffenen Gruppen bleibe dagegen alles im Wesentlichen unverändert, wie der Paritätische feststellt. Erwerbslose, Alleinerziehende und Menschen mit Migrationshintergrund sind nachwievor die Hauptrisikogruppen. Die stärksten Zuwächse zeigten sich bei Haushalten mit Kindern sowie bei Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Der Verband geht davon aus, dass sich in diesen Zahlen auch bereits Geflüchtete wiederfinden, die 2015 nach Deutschland kamen.
„Insgesamt spiegeln die neuen Zahlen des Statistischen Bundesamtes das Versagen der Bundesregierung in der Armutsbekämpfung wider. Es ist einfach eine Schande, wenn immer mehr Kinder in Deutschland in Armut leben müssen“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. „Überraschen muss die schlechte Armutsentwicklung nicht, angesichts der Tatsache, dass das Wort Kinderarmut im letzten Koalitionsvertrag nicht einmal vorkam. Die Große Koalition war auf dem armutspolitischen Auge blind, mindestens aber jedoch extrem kurzsichtig.“ Der Paritätische fordert die im Wahlkampf stehenden Parteien auf, sich zu den aktuellen Befunden des Statistischen Bundesamtes klar zu positionieren. „Der Koalitionsvertrag der nächsten Regierung muss zwingend einen Masterplan zur Armutsbekämpfung enthalten“, fordert Schneider.
Quelle: Der Paritätische
- Bundesregierung und Andrea Nahles haben bei der Armutsbekämpfung kläglich versagt
Die Armutsgefährdungsquote verharrt im Jahr 2016 unverändert gegenüber dem Vorjahr auf dem Höchststand von 15,7 Prozent, wie das Bundesamt für Statistik heute mitteilte. Auf 20,7 Prozent ist die Armutsquote von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahre gestiegen – jedes fünfte Kind, jeder fünfte Jugendliche unter 18 Jahren ist damit von Armut bedroht. Fast 57 Prozent der Erwerbslosen leben in Einkommensarmut, ebenso 43,6 Prozent der Alleinerziehenden, darunter insbesondere Frauen.
Quelle: die Linke im Bundestag
- Club der Milliardäre
Für 6,4 Millionen Bezieher von Hartz IV und Sozialgeld hat die Regierung im Bundeshaushalt 2017 21 Milliarden Euro veranschlagt. Fast doppelt so viel Geld soll der reichste Deutsche besitzen. Das berichtete das Wirtschaftsmagazins Bilanz aus dem Hause Springer am Freitag. Lidl-Gründer Dieter Schwarz verfügt demnach über ein Gesamtvermögen von etwa 37 Milliarden Euro.
Allein im vergangenen Jahr setzte die Schwarz-Gruppe 94 Milliarden Euro um. Deren Gründer führt mit seinem Vermögen laut Bericht einen »Club« von 195 Milliardären in Deutschland an. Ihm dicht auf den Fersen sind demnach die Reimanns (Jacobs, Kosmetik), die Schaefflers (Maschinenbau, Reifen), die Aldi-Familien sowie die BMW-Geschwister Susanne Klatten und Stefan Quandt. Damit sei die Zahl der Milliardäre weitergewachsen. 2016 hätten 170 Familien über ein so hohes Vermögen verfügt.
Allerdings befänden sich darunter auch 13 Großfamilien, deren Vermögen sich auf mehrere Haushalte verteile. Ganz oben stünden die Pharmaunternehmer Boehringer (gut 41 Milliarden Euro) und die in derselben Branche tätige Familie Merck (34 Milliarden Euro). Über mehr als acht Milliarden Euro verfügen der Auflistung zufolge die Besitzer der Unternehmen Henkel, Porsche, Siemens und Freudenberg. Das Magazin führte insgesamt die 1.000 reichsten Familien in der Bundesrepublik auf. Zusammen besitzen diese demnach Vermögen von etwa 1,1 Billionen Euro – mehr als ein Drittel des deutschen Bruttoinlandsprodukts. Die letzten zwölf Monate seien »eine gute Zeit für die wohlhabenden Familien in Europas größter Volkswirtschaft« gewesen, jubelt das Magazin. Sie hätten ihre Aktivposten um fast zwölf Prozent erhöht.
Quelle: junge welt
- Ran an die Firmenerben, Spitzenverdiener und Kapital-Millionäre
In Deutschland herrschen gravierende soziale Unterschiede. Die kommende Regierung sollte Mittel- und Geringverdiener entlasten – und Reiche stärker heranziehen.
Deutschland im Sommer 2017, ein paar Schlaglichter: Trotz guter Konjunktur bleibt fast jeder sechste Bürger von Armut gefährdet, meldet das Statistische Bundesamt. 40 Prozent der Beschäftigten im Lande verdienen real zum Teil deutlich weniger als vor 20 Jahren, meldet das Wirtschaftsministerium. Und wer ist im Angesicht dieser Nöte der größte Empfänger von Subventionen in der Bundesrepublik, und das mit Abstand? Firmenerben. Ihnen werden nächstes Jahr sechs Milliarden Euro Steuern erlassen, meldet die Bundesregierung. Im Deutschland des Sommers 2017 herrschen ganz offensichtlich gravierende soziale Unterschiede. Sie haben sich in den vergangenen 20 Jahren verschärft, durch Globalisierung, neue Technologien und eine Politik zugunsten der Besserverdiener.
Aber das muss ja nicht so bleiben. Es gibt eine Menge Dinge, die eine neue Bundesregierung für mehr Gerechtigkeit tun kann – wenn sie denn möchte. Angesichts des Fachkräftemangels liegt es auf der Hand, dass mehr Deutsche der Armut entgehen würden, wenn sie für bessere Jobs qualifiziert wären. Doch dafür müsste das Bildungssystem umgekrempelt werden, in dem der Aufstieg schwerer fällt als in anderen Industriestaaten. Während, nur ein Beispiel, drei Viertel der Kinder deutscher Akademiker studieren, tut dies nur jedes vierte Arbeiterkind. Schon die frühe Trennung zwischen Gymnasium und anderen Schularten zementiert soziale Unterschiede. Und Kindern aus bildungsfernen Schichten würde ganz simpel mehr Geld helfen – Geld für intensive Kita-Betreuung, Beratung und ausreichend Nachhilfe. (…)
Es wird überall in den Industriestaaten mehr Zeit und geschicktere Wahlkämpfer brauchen, um die neoliberalen Mythen zu entzaubern. Um wieder das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass zu viel Ungleichheit eine Gesellschaft auseinanderreißt. Der Frust vieler Bürger ist ja schon deutlich zu sehen. Von diesem Frust profitieren an den Wahlurnen allerdings bisher nur Rechtspopulisten wie Donald Trump und die AfD, die keine ernsthaften Lösungen anbieten.
Quelle: Süddeutsche
Anmerkung unseres Lesers L.Z.: Ein lesenswerter Artikel in der SZ. Die in Deutschland existierende Armut und Gründe für Abstiegsängste werden benannt. Alternativen werden – zumindest teilweise – aufgezeigt. Auch auf die Gründe für die derzeitige Situation wird, wenn auch nur kurz, eingegangen.
Anmerkung unseres Lesers M.P.: Schön mal eine klare Benennung der Probleme in Deutschland zu lesen mit einer extremen Forderung. Ein Glück, dass dies kein Linker geschrieben hat.
- Abkehr von der Lebensstandardsicherung: Absenkung des Rentenniveaus: Neue WSI-Berechnungen illustrieren Konsequenzen
Wenn das Rentenniveau wie bislang vorgesehen gesenkt wird, wird es auch für qualifizierte Beschäftigte mit mittlerem Einkommen schwieriger, sich eine gesetzliche Rente deutlich oberhalb der Grundsicherungs- oder der Armutsgefährdungsschwelle zu erarbeiten. Das gilt insbesondere, wenn man statt des traditionellen Konzepts des „Eckrentners“ mit 45 Beitragsjahren mit Durchschnittsverdienst kürzere Versicherungsverläufe zugrunde legt, die heute und wahrscheinlich auch in Zukunft realistischer sind – insbesondere bei Frauen. Dass die Veränderungen erheblich sein werden, illustrieren neue Modellrechnungen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Drei von mehreren in einer Kurzstudie dargestellten Beispielen:
- Beim aktuellen Rentenniveau (rund 48 Prozent, gemessen am Durchschnittsentgelt) erhält eine Person, die als Alten- oder Krankenpfleger/in nach dem Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes bezahlt wird, nach gut 25 Beitragsjahren eine Rente, die höher ist als die Grundsicherung im Alter. Würde heute dagegen bereits das für das Jahr 2045 prognostizierte Rentenniveau von knapp unter 42 Prozent gelten, hätte die Pflegerin / der Pfleger erst nach rund 29 Beitragsjahren einen Rentenanspruch oberhalb der Grundsicherung, die 2015 bei durchschnittlich 747 Euro im Monat lag.
- Ein Rentner mit 45 Beitragsjahren in Vollzeit muss beim aktuellen Rentenniveau im Durchschnitt 11,42 Euro pro Stunde brutto verdienen, um die Grundsicherungsschwelle zu überschreiten. Gälte schon das für 2045 prognostizierte Rentenniveau, wären dafür mindestens 13,06 Euro nötig. Bei 35 Beitragsjahren in Vollzeit stiege der notwendige Stundenlohn von aktuell 14,68 Euro auf 16,79 Euro.
- Soll die gesetzliche Rente über der Armutsgefährdungsschwelle liegen, die nach den neuesten vorliegenden Daten von 2015 bei 942 Euro Monatseinkommen für einen Alleinstehenden liegt, fallen die notwendigen Stundenlöhne noch deutlich höher aus: Nach heutigem Stand und bei 45 Beitragsjahren in Vollzeit müssen im Durchschnitt 14,40 Euro verdient werden. Beim Rentenniveau des Jahres 2045 wären es 16,47 Euro. Rechnet man mit 40 Beitragsjahren in Vollzeit, betragen die nötigen Stundenlöhne sogar 16,20 bzw. 18,53 Euro.
Quelle: Hans-Böckler-Stiftung
- Datenskandal bei der Polizei: Offenbar zehntausende Unschuldige gespeichert
Durch die Recherchen rund um die G20-Presseakkreditierungen kommt heraus, dass offenbar zehntausende Menschen in Deutschland ungerechtfertigt in polizeilichen Datenbanken gespeichert werden. Es geht längst nicht mehr nur um ein paar Journalisten.
Über den Umweg des Skandals um den Entzug von 32 Presseakkreditierungen beim G20-Gipfel in Hamburg kommt jetzt heraus, dass offenbar zehntausende Menschen ungerechtfertigt in Datenbanken des Bundeskriminalamtes (BKA), der Länderpolizeien und der Verfassungsschutzämter gespeichert sind. Von den betroffenen Journalisten sind mittlerweile 23 Personen über die Gründe des massiven Eingriffs in die Pressefreiheit informiert worden. Schon jetzt ist klar, dass es beim Entzug der Akkreditierungen zu Fehlern und falschen Bewertungen kam. Neben einer Namensverwechslung waren – teils veraltete – Eintragungen in polizeiliche und geheimdienstliche Datenbanken Grund für die Beschneidung der Pressefreiheit.
Die Fälle von fünf betroffenen Journalisten zeigen, wie problematisch die Datenbanken sind und wie leicht Menschen ins (politische) Visier von Behörden geraten können. Wenn in mindestens fünf von 23 Fällen bei Journalisten solch massive Fehler enthalten sind, dürften bundesweit zehntausende Menschen von einer Stigmatisierung durch polizeiliche Datenbankeinträge betroffen sein.
Quelle: Netzpolitik.org
dazu: Warum werden Journalisten erst munter, wenn sie selbst betroffen sind?!
Jetzt auf einmal ist die Aufregung groß. Jetzt, wo sich herausstellt, dass Informationen über Journalisten, man stelle sich das vor! JOURNALISTEN!, die Hüter der Bürgerrechte, in polizeilichen Informationssystemen zu Unrecht gespeichert wurden, dass falsche Informationen gespeichert wurden oder ursprünglich einmal richtige Informationen nicht gelöscht wurden. Da erbebt die Szene und berichtet jetzt mit überschwappender Empörung als die große Neuigkeit, dass es einen „Datenskandal“ bei der Polizei gibt und dass offenbar zehntausende Unschuldige gespeichert sind.
Mit Verlaub, verehrte Kollegen, sowohl unter den Journalisten als auch aus dem netzpolitischen Lager: Das ist ziemlich scheinheilig! Und was Sie da berichten, ist bei weitem nicht der größte Skandal im Bereich der polizeilichen Informationstechnik! Doch all diese Skandale haben „die Medien“ bisher geflissentlich ignoriert, tot geschwiegen und ausgesessen. Kleine Aufzählung gefällig?!
Bei der Polizei gibt es nicht nur EINEN Datenskandal, sondern eine ganze Fülle, weil das Gros der polizeilichen Informationssysteme, die hier eine Rolle spielen, gar nicht in der Lage ist, die gesetzlich geforderten Anforderungen an den Datenschutz und die Kennzeichnung von Informationen mitzuführen und auszuwerten. Als jemand der fast zwei Jahrzehnte lang als Entwickler solcher Systeme gearbeitet hat, würde ich so weit gehen zu sagen, dass kein einziges der in der Bundesrepublik eingesetzten polizeilichen Informationssysteme derzeit die gesetzlichen Anforderungen erfüllt.
Quelle: Police-IT
- Indymedia-Betreiber klagen vor Bundesgericht gegen Behörden
Die vermeintlichen Betreiber von linksunten.indymedia haben am Mittwoch mehrere Klagen eingereicht. Vor dem Bundesverwaltungsgericht wendeten sich die Betroffenen gegen das angewendete »Konstrukt eines Vereins« durch das Bundesinnenministerium. Parallel dazu gehen die Beschuldigten vor dem Verwaltungsgericht Freiburg juristisch gegen die Hausdurchsuchungen Ende letzter Woche vor. (…)
Der Rechtsanwalt Sven Adam bezweifelt in einer Pressemitteilung zur Klage die Einordnung von »Linksunten Indymedia« als Verein. Außerdem sei nicht ersichtlich, ob die Betroffenen der Untersuchungen tatsächlich mit dem linken Nachrichtenportal in Verbindung stehen. Die beantragte Akteneinsicht solle Klarheit bringen. »Aus den uns bislang vorliegenden Unterlagen ist nicht ersichtlich, wie das Bundesinnenministerium die Einordnung von linksunten.indymedia.org als Verein belegen will geschweige denn was die Betroffenen der Durchsuchungen damit zu tun haben sollen«, so Adam. Sein Verdacht: Das Bundesinnenministerium »missbrauche« das Vereinsrecht, um gegen ein »unliebsames« Nachrichtenportal vorzugehen.
Mit der zweiten Klage vor dem Amtsgericht Freiburg soll zunächst einmal die »schnelle Herausgabe« der während der Durchsuchungen beschlagnahmen Habseligkeiten der Betroffenen, wie etwa Computer und Mobiltelefone, erwirkt werden.
Quelle: Neues Deutschland
dazu: Rechtsstaatlich fragwürdiges Verbot
Reporter ohne Grenzen kritisiert das Vorgehen des Bundesinnenministeriums beim Verbot der als linksextremistisch eingestuften Website linksunten.indymedia.org als rechtsstaatlich gefährliche Entwicklung.
„Aufrufe zu Gewalt sind inakzeptabel – sie müssen gelöscht und ihre Urheber bestraft werden. Aber Pressefreiheit gilt auch für unbequeme, ja selbst für schwer erträgliche Veröffentlichungen“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. „Um gegen strafbare Inhalte auf linksunten.indymedia vorzugehen, hätte es weniger einschneidende Mittel gegeben. Dass die Bundesregierung ein trotz allem journalistisches Online-Portal durch die Hintertür des Vereinsrechts komplett verbietet und damit eine rechtliche Abwägung mit dem Grundrecht auf Pressefreiheit umgeht, ist rechtsstaatlich äußerst fragwürdig. International ist das ein bedenkliches Signal und liefert repressiven Regimen in aller Welt einen Vorwand, es den deutschen Behörden gleichzutun.“
Quelle: Reporter ohne Grenzen
- Von Santiago Maldonado keine Spur
Ein Aktivist, der sich für die Rechte der indigenen Mapuche einsetzt, wird bei einer Räumungsaktion von Polizeikräften verschleppt.
Santiago Maldonado bleibt verschwunden. Der 28-Jährige war bei einer Räumungsaktion in der argentinischen Provinz Chubut von Polizeikräften verschleppt worden. Mehrere Augenzeugen berichteten, wie Maldonado von Polizisten in ein Fahrzeug gesperrt und abtransportiert worden war. Mit ihren Protestaktionen kämpft die Mapuchegemeinschaft Lof Cushamen in Chubut um die Rückgabe ihrer angestammten Ländereien, die sich heute im Besitz der Holding Tierras Sud Argentino befinden, besser bekannt unter dem Namen des Textilherstellers Benetton. Maldonado, selbst kein Mapuche, hatte sich den Protesten angeschlossen. Seit der Räumungsaktion am 1. August fehlt von ihm jede Spur.
Quelle: taz
Anmerkung unserer Leserin A.F.: Keine Empörung weit und breit. Geschähe das in Venezuela und träfe vor allem Wohlsituierte, die Berichte würden sich überschlagen. Aber der Kampf von ein paar am liebsten zum Aussterben verdammten Indios erregt doch keine westliche Wertegemeinschaft.
- »Feuert auf sie! Tötet sie alle!«
Im Koreakrieg (1950–53) verübten die US-amerikanischen Besatzungstruppen und ihre Verbündeten unter der Zivilbevölkerung Massaker wie das von No Gun Ri. Jahrzehntelang wurden die Verbrechen tabuisiert
Der seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ungelöste Korea-Konflikt beweist gerade wieder seine Gefährlichkeit. Jederzeit kann es dort zu einer militärischen Eskalation zwischen der Demokratischen Volksrepublik Nordkorea und den USA kommen, in die unmittelbar auch andere Länder wie China, Russland oder Japan einbezogen wären. Anders, als es überwiegend dargestellt wird, waren bisher insbesondere Seoul und Washington nicht an einer Friedensordnung für die Koreanische Halbinsel interessiert. Wie verzerrt die Berichterstattung über diese ist, zeigt sich auch an einem geradezu tabuisierten Thema: den Kriegsverbrechen der USA während des Koreakriegs, dessen verheerende Folgen bis heute nicht überwunden sind. (jW)
»Ich würde sagen, dass fast die ganze Halbinsel Korea ein einziger Schutthaufen ist«, erklärt Emmett O’Donnell. Mit dem Unterton des Bedauerns, als sei er gerade arbeitslos geworden, fügt der US-amerikanische Luftwaffengeneral hinzu: »Alles ist zerstört. Nichts Nennenswertes ist stehengeblieben. Kurz bevor die Chinesen in den Krieg eintraten, wurden von unseren Bombern keine Angriffe mehr geflogen. Es gab in Korea halt keine Ziele mehr.« Drei lange Jahre, von Ende Juni 1950 bis Ende Juli 1953, setzt die US-Luftwaffe in Korea systematisch und flächendeckend Napalm gegen Mensch und Natur ein. Städte und Dörfer sind davon ebenso betroffen wie ehedem dichtbewaldete Berghänge, aus denen bald nur noch verdorrte Baumstümpfe in den Himmel ragen.
Quelle: junge Welt
- Frau Bundeskanzlerin, empfinden Sie sich selbst auch als langweilig?
80 Fragesteller haben sich schon während des Eingangsstatements gemeldet. Doch ausgerechnet die Pluralität des Formats ist auch seine Schwäche: Denn jeder Journalist möchte der Kanzlerin unbedingt die Frage stellen, die er sich vorher überlegt hat. So gibt es ein Themenhopping. Merkel muss keine Nachfragen fürchten, es wird nicht „nachgebohrt“ und schon gar nicht „gegrillt“, wie es in angelsächsischen Ländern in solchen Situationen üblich ist. Als „Meute“ werden die Hauptstadtjournalisten seit einem berühmten Dokumentarfilm von Herlinde Koelbl oft beschrieben, aber an diesem Morgen sind sie keine Raubtiere. Im Gegenteil: Bisweilen spielt Merkel sogar mit ihnen.
Quelle: Welt Online
dazu: Langweilig? Merkel ist es nicht allein
Merkels Sommer-Pressekonferenz war langweilig. Routiniert spulte sie ihre Meinung zu den Themen ab, die im Moment als Aufreger-Themen gehandelt werden: Diesel-Skandal; Deals mit afrikanischen Staaten, damit weniger Flüchtlinge nach Europa kommen; Umgang mit Erdogan; Zusammenarbeit der CDU mit der AfD; Gauland-Äußerungen usw. Sie juxte, dass sie jetzt auch den Namen Schulz erwähnt habe. Und offenbarte an dieser Stelle ihr doppeltes Gesicht: Hinter aufgesetzter Bescheidenheit und Freundlichkeit verbirgt sie ihre Arroganz. Die wichtigsten Themen, die die Menschen bewegen – Lohnentwicklung, Rentenentwicklung, Entwicklung der sozialen Sicherungssysteme – wurden in der Pressekonferenz der Frau, die die Richtlinienkompetenz besitzt, nicht aufgerufen.
Viele Journalisten kritisieren, dass der Wahlkampf langweilig sei und Merkel die Wähler einlulle. Wie die SPD übersehen sie dabei, dass sie selbst daran großen Anteil haben.
Die SPD kann Merkel nicht kritisieren, weil sie alle großen Fehlentscheidungen – Lohndumping, Rentenkürzungen, Abbau der sozialen Sicherungssysteme, Verärgerung der europäischen Nachbarn, Aufgabe der Ost- und Entspannungspolitik, Waffenexporte, Kriegseinsätze der Bundeswehr, um nur die wichtigsten zu nennen – mit zu verantworten hat. Mit dem Satz, die SPD war doch daran beteiligt, wischt Merkel fast jede Wahlkampf-Attacke der Sozialdemokraten vom Tisch.
Und die Journalisten? Der Spiegel-Reporter Jürgen Leinemann hat einmal gesagt: „Jeder Bundeskanzler besitzt in der Bundespressekonferenz eine absolute Mehrheit“. So ist es. Selbst wenn die Merkel schamlos lügt („Ich unterstütze nie einen Krieg. Ich habe auch den Irak-Krieg nicht unterstützt“, als sie nach ihrer Unterstützung des Irak-Krieges gefragt wurde) schweigt das Pressekorps.
Quelle: Oskar Lafontaine via Facebook
passend dazu: Ex-ZDF-Chefredakteur Brender wirft Merkel Erpressung vor
Der ehemalige ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender erhebt Vorwürfe gegen Kanzlerin Angela Merkel (CDU), das TV-Duell am 3. September durch massiven Druck ihrer Vertrauten zu einem reinen Kanzlerformat gemacht zu haben. „Die Einigung ist unter Erpressung durch das Kanzleramt zustande gekommen“, sagt Brender in der aktuellen Ausgabe des SPIEGEL. „Solche Vereinbarungen nennt man sittenwidrig.“
Die Absicht dahinter sei glasklar. „Das Kanzleramt verlangt ein Korsett für die Kanzlerin, in dem sie sich nicht bewegen muss. Und zugleich eines für Schulz, in dem er sich nicht bewegen darf“, so Brender: „Als Fernsehformat ist das eine Missgeburt.“ Merkel mache einen Wahlkampf „im Schlafmodus“. Ein Fernsehduell, „das Funken schlägt, würde dabei nur stören“. (…)
Das Duell Anfang September ist das einzige direkte Aufeinandertreffen von Merkel und Schulz in diesem Wahlkampf. In den Verhandlungen über die Modalitäten war es nach Ostern zu einem Konflikt zwischen den Sendern, der SPD und Vertretern aus dem Kanzleramt gekommen.
Merkels Vertraute Eva Christiansen und Regierungssprecher Steffen Seibert hatten den Wunsch der Sender nach zwei Duellen sowie andere Vorschläge zur Änderung des Formats abgelehnt und erkennen lassen, notfalls einem Duell fernzubleiben. Die beiden Politiker werden im TV-Studio in Berlin-Adlershof von vier Moderatoren befragt.
Quelle: Spiegel Online
- Das Letzte: Abenteuer-Camps sollen Jugendliche zur Bundeswehr locken
Soldat spielen in den Schulferien: Im Kampf um Rekruten setzt die Bundeswehr auf Schnupperwochen für Jugendliche – mit Erfolg. Die Linke attackiert „knallharte Werbepraktiken“. Sie befürchtet die Verletzung von Kinderrechten. […]
Mit aufwendig produzierten Videos wirbt die Truppe in sozialen Netzwerken für „Schnupperwochen“ und Abenteuercamps in den Schulferien. Die Zielgruppe laut Eigenwerbung: 15- bis 18-Jährige, die noch unentschlossen sind, was sie beruflich einmal machen wollen und sich mit dem Gedanken an eine Laufbahn bei der Bundeswehr tragen. Sie können kostenfrei an den mehrtätigen Camps teilnehmen und den „attraktiven Arbeitgeber Bundeswehr“ aus der Nähe erleben, wie es etwa im Video zum „Heidecamp“ am Standort Schönewalde/Holzdorf heißt.
Eine Strategie, die offenbar verfängt. Das zeigt die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion, die der WELT vorliegt. Die Nachfrage nach den Ferien-, Kennenlern-, IT- und Abenteuercamps ist beträchtlich: Mehr als 1000 Jugendliche haben seit 2012 Jahr für Jahr teilgenommen. Im vergangenen Jahr waren es 1544, und allein in den ersten sieben Monaten 2017 sogar bereits 2066 Teilnehmer. Angebote gab es an Standorten der Marine und Luftwaffe, vor allem aber beim Heer, etwa bei Panzereinheiten, Gebirgsjägern, im Sanitätsdienst oder bei den neu geschaffenen IT-Bataillonen.
Quelle: Welt Online