Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
- Große Koalition: Sozialpolitik in Trippelschritten
- Kumpanei zwischen Politik und Wirtschaft
- Überlastung der Verwaltungsgerichte ist Folge inhumaner politischer Vorgaben
- Lockt die Beamten in die gesetzliche Krankenversicherung!
- Laute(r) Tricks
- Poison Papers: Schatztruhe voll toxischer Geheimnisse
- Frankreich: Im Widerspruch zum eigenen Modernisierungsanspruch
- Afghanistan: Koloniale Söldner
- Gesicht zeigen im Zeitalter der Gesichtserkennung
- Propaganda wiederholt sich
- Lobbyismus: Wohl verdient
- Unbedingt lesen: DIE GROẞE RENTENLÜGE
- Granaten zu Spaten zu Granaten
- Zu guter Letzt: Auch nur heiße Luft
Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.
- Große Koalition: Sozialpolitik in Trippelschritten
„Den Menschen in Deutschland ging es noch nie so gut wie heute“ – mit diesen Worten bilanzierte Angela Merkel während der Haushaltsdebatte Ende 2016 ihr Regierungsgeschäft. Diese oberflächliche und undifferenzierte Einschätzung der Lebenslagen von 82,5 Millionen Bürgern lässt eines völlig unberücksichtigt: In dieser Legislaturperiode sind die Reichen reicher und die Armen zahlreicher geworden.
Während die beiden reichsten Geschwister unseres Landes, Susanne Klatten und Stefan Quandt, im Mai 2017 für das Vorjahr eine Rekorddividende in Höhe von 1,074 Mrd. Euro allein aus ihren BMW-Aktien kassierten, bezogen 600 000 Alleinerziehende mit einer Million Kindern Hartz IV, lebten 4,1 Millionen Geringverdienerinnen und Geringverdiener unter der Armuts(risiko)grenze, steckten 526 000 Rentnerinnen und Rentner in der staatlichen Grundsicherung und 6,85 Millionen Menschen in der Schuldenfalle. Alle diese Zahlen liegen deutlich höher als vier Jahre zuvor, was den eingangs zitierten Satz der Kanzlerin als soziale Wohlfühlpropaganda und politische Beruhigungspille entlarvt.
In Wahrheit gibt es eine massive Tendenz zur Polarisierung der bundesdeutschen Sozialstruktur, die mittlerweile auch im internationalen Vergleich extrem stark ausgeprägt ist. So attestierte selbst ein Länderbericht der EU-Kommission den von Angela Merkel geführten Bundesregierungen, die soziale Spaltung vorangetrieben zu haben: „Im Zeitraum 2008-2014 hat die deutsche Politik in hohem Maße zur Vergrößerung der Armut beigetragen, was auf die Tatsache zurückzuführen ist, dass die bedarfsabhängigen Leistungen real und im Verhältnis zur Einkommensentwicklung gesunken sind.“ Von dieser Kritik blieb die schwarz-rote Regierung allerdings ungerührt und verhinderte durch Trickserei eine angemessene Neuberechnung der Hartz-IV-Regelsätze, die insbesondere für Kinder alles andere als ausreichend sind.
Quelle: Christoph Butterwegge auf Blätter für deutsche und internationale Politik
- Kumpanei zwischen Politik und Wirtschaft
Eine zu enge Verflechtung von Politik und Wirtschaft sei dem Ziel geschuldet, im globalen Wettbewerb zu bestehen, sagte der Wirtschaftsethiker Ulrich Thielemann im Dlf. Darum werde die Automobilindustrie auch so außerordentlich hofiert. Eine Diskussion über den Sinn des “unbegrenzten Wettbewerbs” sei aber tabuisiert. […]
Kapern: Also, ist das normal, dass sich ein Regierungschef ein Redemanuskript in einer Konzernzentrale überarbeiten lässt?
Thielemann: Natürlich ist das nicht normal und es sollte auf keinen Fall normal sein. Aber ich glaube, im Falle Weils wird da etwas zu heiß gekocht. Ich glaube tatsächlich, er musste das in dieser eigenartigen Konstellation tun, um ganz sicherzugehen, um nicht noch größeren Schaden vom Unternehmen abzuwenden, überprüft das doch mal. Und er hat ja die Kritik auch gar nicht zurückgenommen. Also, wer da gesagt haben soll, das Papier, die Rede sei weichgespült worden, der hat offenbar nicht gesehen, was da passiert ist. Das ist natürlich ein heikler Vorgang, aber insgesamt, würde ich sagen, da gibt es ganz andere Fälle. Da gibt es ganz andere Fälle, die haben ein ganz anderes Kaliber. Nämlich 2015, als es darum ging, die Real Driving Emissions einzuführen, hat sich die gesamte politische Landschaft Deutschlands gegen die EU-Kommission gestemmt, und zwar auf Geheiß von BMW. Das ist eine ganz andere Dimension, das ist Korrumpierung der Politik, da hat sie sich korrumpieren lassen. […]
Steuert die Politik? Die lässt sich ja steuern. Die bayrische Staatskanzlei hat einen Staatssekretär, BMW ausgeliehen, und zwar ausdrücklich dafür, damit er Wirtschaftskompetenz sich aneignet. Und dann kommt dieser Staatssekretär zurück in die Staatskanzlei und ist natürlich offen für die Anliegen von BMW. Und als dann eingeführt werden sollte, jetzt soll endlich mal auf der Straße getestet werden, hat BMW die bayrische Staatskanzlei, und die Staatskanzlei wiederum mit diesem Staatssekretär die Bundesregierung angewiesen, kann man ja beinahe sagen, das doch bitte zu lassen, sodass die Fahrzeuge weiterhin den Schmutz ausstoßen.
Quelle: Deutschlandfunk
- Überlastung der Verwaltungsgerichte ist Folge inhumaner politischer Vorgaben
„Die Verwaltungsgerichte müssen jetzt ausbaden, was das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Auftrag der Bundesregierung verbockt“, kommentiert die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, Berichte über die Überlastung von Verwaltungsgerichten mit Asylverfahren. Jelpke weiter:
„Die Überlastung der Verwaltungsgerichte ist eine direkte Folge der Vorgaben der Bundesregierung, rigidere Asylbescheide zu erteilen. Es ist doch absurd, dass die Anerkennungsquoten etwa bei afghanischen Asylsuchenden sinken, wo sich gleichzeitig die Sicherheitslage in Afghanistan ständig verschlechtert. Mit solchen politisch motivierten Entscheidungen provoziert man die Klagen vor den Verwaltungsgerichten regelrecht.
Das Gleiche gilt für die zunehmende Erteilung von lediglich subsidiärem Schutz. Den Betroffenen, darunter Zehntausenden Syrern, wird der Familiennachzug verwehrt. Wer nicht will, dass seine Angehörigen unter unzumutbaren Bedingungen in Flüchtlingslagern in der Türkei oder den Nachbarländern Syriens vegetieren müssen oder die lebensgefährliche Fahrt übers Mittelmeer wagen, dem bleibt gar nichts anderes übrig, als gegen den BAMF-Bescheid vor Gericht zu gehen.
Statt über eine personelle Aufstockung der Verwaltungsgerichte zu diskutieren, sollte man zu einer Asylpolitik zurückkehren, die rechtlichen und humanitären Standards gleichermaßen genügt. Der politische Druck auf das BAMF zur Ablehnung von Asylanträgen muss zurückgenommen und der Familiennachzug für alle anerkannten Flüchtlinge ermöglicht werden.“
Quelle: Die Linke. im Bundestag
dazu: Ein Formelkompromiss wohl ohne Vollzug
Die Bundesregierung bleibt bei ihrem Kurs eingeschränkter Abschiebungen nach Afghanistan, doch, meint Gudula Geuther, de facto werde weiterhin nicht oder so gut wie nicht an den Hindukusch abgeschoben werden. Mindestens nicht bis zur Wahl.
Es ist ein Kompromiss, den die Sprecher der Ministerien heute verkündet haben: Wie gefährlich Afghanistan ist, so lautet das Ergebnis der jüngsten Einschätzung der Sicherheitslage durch das Auswärtige Amt, hängt vom Einzelfall ab. Von der Region, in der eine Person lebt, vom Geschlecht, der Religion, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Volksgruppe. Und die Schlussfolgerung lautet: Die Entscheidung liegt wie immer bei den Bundesländern.
Quelle: Deutschlandfunk
dazu auch: Ab sofort wird zurück geschoben
So ein schöner Zufall: Rechtzeitig vor der Bundestagswahl dürfen Deutschland und andere EU-Länder wieder Flüchtlinge nach Griechenland zurückschieben. War was? Gab es mal Probleme in Idomeni? Revolten auf Lesbos? Streunende Flüchtlingskinder in Athen? Aber nein! Wie durch ein Wunder haben sich die Bedingungen für Flüchtlinge in Griechenland verbessert, behauptet die EU-Kommission.
Quelle: Lost in Europe
- Lockt die Beamten in die gesetzliche Krankenversicherung!
Welche Krankenversicherung ein Bürger abgeschlossen hat, das kann er manchmal durch den Telefonhörer spüren. Es ist die Stimmlage der Sprechstundenhilfe, ihr Tonfall nach einer unverblümten Frage: Privat versichert oder gesetzlich? Wie der Anrufer antwortet, entscheidet nicht selten über den Zeitpunkt seiner Untersuchung. Geschieht sie binnen Tagen oder erst nach Monaten? Denn Privatpatienten haben bei einigen Fachärzten Vorrang, bei vielen Herzspezialisten oder Nervenärzten, zum Beispiel. An ihnen verdienen die Mediziner einfach besser.
Weil es beim Arzt aber um die Gesundheit der Menschen gehen sollte und nicht ums Geld, weil es ganz schön ungerecht klingt, Patienten nach Geldbeutel zu sortieren, setzen sich die SPD, die Grünen und die Linken für eine Abschaffung so einer “Zweiklassenmedizin” ein. Sie fordern eine gesetzliche Versicherung für alle. Jeder zahlt ein, jeder bekommt dieselbe Behandlung, der Konzernchef genauso wie der Hartz-IV-Empfänger. Schon vor den vergangenen Bundestagswahlen diskutierten die Parteien dieses Konzept. Es würde für eine gerechtere Medizin in Deutschland sorgen. Durchsetzen ließ es sich nicht.
Denn in der privaten Krankenversicherung sind nicht nur wohlhabende Selbständige Mitglied. Knapp die Hälfte der Privatpatienten sind Beamte, Pensionäre und deren Familien. Sie sind diejenigen, die am meisten von der Zweiklassenmedizin profitieren. Denn die Behörden der Länder, Gemeinden und des Bundes, bei denen sie arbeiten, bezahlen einen Großteil ihrer Arztrechnungen. Ihre Sonderbehandlung ist sogar im Grundgesetz verankert: Für das besondere “Dienst- und Treueverhältnis” seiner Diener muss der Staat extra zahlen. So ist es schon lange und so soll es bleiben, finden die Beamten. Und ihre Lobby ist mächtig. Die CDU und die FDP werden ihnen kaum von der Seite weichen. Doch ohne diese Parteien lässt sich im Bundestag keine Zweidrittelmehrheit für eine Grundgesetzänderung erreichen.
Quelle: Süddeutsche
- Laute(r) Tricks
Hersteller tricksen offenbar auch bei Lärm-Grenzwerten. Die Ergebnisse der Messverfahren im Labor weichen stark von denen auf der Straße ab. […]
Straßenverkehr gilt seit Langem als die dominierende Lärmquelle in Deutschland. Über 40 Millionen Menschen fühlen sich durch den Krach von draußen gestört, fast 3 Millionen leiden auch nachts unter einem Lärmpegel von über 55 Dezibel – so laut wie ein Gespräch direkt neben dem Bett. Das führt zu mehr Stresshormonen – und zu Verengungen der Blutgefäße, Bluthochdruck und Herzerkrankungen.
Dennoch sind die Zulassungsbehörden laut Experten nachlässig, damit die Industrie bloß keine Wettbewerbsnachteile hat: „Die Prüfbedingungen sind lax und realitätsfern, die Fahrzeuge wissen genau, in welchem Bereich sie leise sein müssen“, sagte Arne Fellermann, Verkehrsexperte des BUND, der taz. Sein BUND-Kollege Holger Siegel behauptet, einige Motorräder könnten sogar erkennen, dass sie in einer Prüfungssituation sind – und dann wahrscheinlich einfach die Auspuffklappe schließen. Die Parallele zum Diesel-Abgasskandal sei deutlich. „Ich habe keine konkreten Hinweise auf eine Software, die dafür geschrieben ist“, zieht Fellermann eine Analogie zu den Abschaltvorrichtungen, die in den Autos vieler Dieselhersteller dafür sorgen, dass Abgase nur gereinigt werden, wenn eine Testsituation erkannt wird. „Aber wir gehen davon aus.“
Quelle: taz
dazu: Massive Tricksereien bei Lärm-Emission von Autos und Motorrädern
- Straßenverkehr ist die größte Lärmquelle in Deutschland.
- Experten schätzen 4.000 Herzinfarkte pro Jahr durch Lärm.
- Bei Lärmmessungen von Autos und Motorrädern wird getrickst.
Laut Bundesumweltamt ist der Straßenverkehr die größte Lärmquelle in Deutschland. Zwar hat die EU neue Grenzwerte für die Lautstärke der Fahrzeuge eingeführt, doch in der Praxis ist selbst die Polizei oft machtlos. Wird beim Fahrzeuglärm ähnlich getrickst wie beim Diesel?
Quelle: plusminus
- Poison Papers: Schatztruhe voll toxischer Geheimnisse
Eine Sammlung historischer Dokumente belegt unter anderem geheime Absprachen von Chemieunternehmen mit den Behörden, die sie eigentlich regulieren sollen
Die Ende Juli 2017 veröffentlichten “Poison Papers” sind eine Sammlung von Korrespondenzen und wiederentdeckten Dokumenten, die bis in die 1920er Jahre zurückreichen. Sie zeigen, dass sich sowohl die chemische Industrie als auch die zuständigen Regulierungsbehörden der außerordentlichen Toxizität vieler chemischer Produkte trotz anderslautenden Beteuerungen durchaus bewusst waren – und wie beide Seiten zusammengearbeitet haben, um diese Informationen vor der Öffentlichkeit zu verbergen.
Die “Poison Papers”-Aktivisten glauben, dass ihre Veröffentlichung die verbreitete Wahrnehmung der von Chemikalien ausgehenden Gefahren ändern kann, weil die Dokumente eine zusätzliche Dimension ans Licht holen: das Ausmaß des Betrugs, mit dem diese Stoffe marktfähig gemacht wurden, von Behörden, deren Aufgabe eigentlich im Schutz von Gesundheit und Umwelt besteht.
Die “Poison Papers” sind das Ergebnis einer Zusammenarbeit des Bioscience Resource Project und des Center for Media and Democracy. Eine Schlüsselfigur ist Carol Van Strum, die einen Großteil der nun veröffentlichten Dokumente über Jahrzehnte in einer Scheune aufbewahrte.
Quelle: Telepolis
- Frankreich: Im Widerspruch zum eigenen Modernisierungsanspruch
Neophyten – so bezeichnet die Presse Frankreichs die Neuankömmlinge der »Bewegungsparteien« FI (Mélenchon’s »La France insoumise«) und LREM ( Macron’s »La République En Marche«) in den Parlamenten. Ein Drittel dieser in die Nationalversammlung eingewanderten Spezies wird mit der Parlamentsreform wohl wieder seinen neu eroberten Lebensraum verlieren.
Dafür hat die Regierungsmehrheit den Weg ebenso frei gemacht wie für die Durchsetzung der Arbeitsmarktreformen auf dem Verordnungswege ohne langwierige Beteiligung des Parlaments.
Der Jupiter im Präsidentenpalast will seinen Höhenflug ohne die lästigen Bleigewichte der überkommenen gesellschaftlichen Strukturen fortsetzen. Die propagierte Moralisierung der Politik auf dem Gesetzeswege wird zwar künftig die Beschäftigung von Familienangehörigen durch Abgeordnete, Minister usw. unterbinden. Doch gleichzeitig zog neuerlich der Stallgeruch aus dem Augiasstall der vermögenden Klassen auch über den Kabinettstisch: Die heutige Arbeitsministerin hatte als Personalvorstand des Lebensmittelkonzerns Danone ihre Aktienoptionen realisiert, als der Kurs nach der Ankündigung von Massenentlassungen im Konzern zum Höhenflug ansetzte.
Den Weg in neue Höhen will sich der Präsident erleichtern. Regierungschef Eduard Philippe will für ca. 10 Mrd. Euro Staatseigentum veräußern. Das könnte Europas größten Energie-Konzern Engie betreffen, an dem der Staat noch mit 38% beteiligt ist, und der wiederum an dem Betreiber der belgischen Atommeiler Anteile hält. Insgesamt hält der französische Staat noch etwa 81 Beteiligungen im Wert von 90 Mrd. Euro. Die Erlöse sollen in einen Zukunftsinvestitionsfonds fließen und nicht in die Sanierung des Staatshaushalts. Unter Hollande war für die Einrichtung solcher Fonds eine staatliche Förderbank gegründet worden, die EU-Gelder aus dem Junkerplan hebeln sollte. Aufgrund der geringen staatlichen Ausstattung blieb sie als Sammelstelle für Privatkapital wirkungslos bei der Erneuerung der industriellen Basis Frankreichs.
Quelle: Sozialismus aktuell
Anmerkung Christian Reimann: Der von den hiesigen “Qualitätsmedien” oft als linksliberal bezeichnete Macron zeigt nun immer mehr sein wahres Gesicht: Immer deutlicher zu erkennen ist eine Fratze mit neoliberalen Inhalten. Hoffentlich setzen die künftigen Arbeitskämpfe dem neuen Präsidenten deutliche Grenzen – anders und besser als in Deutschland.
- Afghanistan: Koloniale Söldner
Bereits Mitte Juli wurde öffentlich, dass enge Berater von US-Präsident Donald Trump Erik D. Prince, Gründer der privaten Militärfirma Blackwater Worldwide und Stephen A. Feinberg, der mit DynCorp International verbunden ist, beauftragt hatten, eine „Söldnerlösung“ als Alternative zur anvisierten Aufstockung der US-Truppen in Afghanistan auszuarbeiten – die komplette Kontrolle über das Land und die dortige US-Politik solle dabei originellerweise an einen „Vizekönig“ übertragen werden (IMI-Aktuell 2017/421). In der Washington Post wurden nun weitere Details dieses aberwitzigen, von einem Großteil des Kongresses mutmaßlich abgelehnten, von Trump anscheinend aber wohlwollend aufgenommenen Plans veröffentlicht: „ Prince has described the proposal in interviews this week as a plan to send 5,500 private military contractors to embed with Afghan National Security Forces units at the battalion level to fight the Taliban, supported by a 90-plane private air force. […]Prince’s proposal states that Afghanistan is headed to a complete meltdown and is effectively in “bankruptcy” with the best way forward analogous to a Chapter 11 reorganization. […] Prince wants Trump to appoint a “trustee” to preside over all U.S. policy in Afghanistan and Pakistan with authority over the military commanders, the U.S. ambassadors and even the Afghan military’s own decision-making regarding operations, targeting, rules of engagement and internal promotions. That handover of control to what Prince has called a “viceroy” is a non-starter for many on Capitol Hill, especially since that person would also control spending and contracting. […] There are signs Trump is open to the idea.“
Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.
- Gesicht zeigen im Zeitalter der Gesichtserkennung
Der Ausbau von Überwachung wie jüngst am Berliner Südkreuz sorgt nicht für mehr Sicherheit. Solche Maßnahmen sind allenfalls als Nachsorge zu gebrauchen
Die letzten 15 Jahre müssten eigentlich eine Ära gewesen sein, in der die Kriminalität, der Terrorismus und der Betrug abgenommen haben. Ja, eigentlich müsste es sogar als das Zeitalter der Abschaffung solcher Auswüchse abonniert sein. Seit mindestens anderthalb Dekaden erklärt man den Bürgerinnen und Bürgern nun, dass der sukzessive Ausbau der Überwachung zu mehr Sicherheit führen würde. Die Gesichtserkennung am Berliner Südkreuz, die neulich ihren Betrieb aufnahm, wurde mit genau dieser These von der Bundespolizei verteidigt. So könne es nämlich gelingen, »Straftaten und Gefahrensituationen im Vorfeld zu erkennen«.
Die Gesichtserkennung ist aber nun gar kein aktuelles Kapitel in dieser vermeintlichen Abschaffungsgeschichte der Kriminalität und des Terrorismus – sie ist vielmehr eine von vielen Maßnahmen, die gar nichts vereiteln. Die Überwachung ist an ihrem Anspruch, die Gesellschaft a priori sicherer zu machen, auf ganzer Linie gescheitert. Sie kommt als Vorsorge daher, ist aber bestenfalls für die Nachsorge zu gebrauchen. Dass Überwachung schon im Vorfeld »Gefahr erkannt, Gefahr gebannt« spielt, kann man getrost ausschließen. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen das ja auch: Passiert ist immer wieder allerlei. Wenn das gefilmt wurde, konnte man hin und wieder Aufklärung betreiben. Dann war es aber schon zu spät und die Justiz pflegte nachsorgerisch, wo die Überwachungsfreaks Vorsorgequalitäten versprachen.
Quelle: Heppenheimer Hiob
- Propaganda wiederholt sich
Viele kluge Beschwerden wurden seit 2014 über den medialen Umgang mit der Sezession der Krim geäußert: dass dieser Umgang regelmäßig die entscheidende erste Hälfte der Geschichte verschweigt (den nationalistischen Putsch in Kiew). Dass er die aktuelle Zufriedenheit der Krimbewohner, die es keineswegs »zurück« zur Ukraine treibt, außer Acht lässt. Dass die zum »schweren Völkerrechtsbruch« hochdramatisierte (unblutige) Krim-Sezession im Vergleich zu den Hunderttausenden Toten der westlichen Angriffskriege geradezu ein pazifistischer Akt war, der weitere ernste Eskalationen verhinderte – doch diese Sichtweisen perlen an den großen deutschen Redaktionen noch immer ab: Eine Welle an russenfeindlichen, sachlich falschen und moralisch grotesk verdrehten Kommentaren folgte auf Christian Lindners nicht mal besonders klugen, sondern nur der Realität Rechnung tragenden Vorschlag eines pragmatischen Umgangs mit der Krim-Causa.
Quelle: Neues Deutschland
dazu: Warum Christian Lindner recht hat
Weil Christian Lindner dafür eintrat, die russische Annexion der Krim-Halbinsel vorerst zu akzeptieren, verurteilen große Teile der Medien und der Politik den FDP-Chef. Die Reaktion ist hysterisch und kurzsichtig. Wer Frieden und Sicherheit will, muss den Weg für politische Lösungen öffnen
Mitten im Wahlkampf hat sich Christian Lindner in einem Interview mit der Funke Mediengruppe deutlich dafür ausgesprochen, wieder Bewegung in das Verhältnis zu Russland bringen zu wollen. Erwartungsgemäß jaulte ein Großteil der Medien und Teile von CDU und SPD auf. Zusammen unterstellten sie Lindner einen „Abschied vom Rechtsstaat“ und bezichtigten ihn, ein „Putinversteher“ zu sein. Diese hysterische Argumentation schloss sich nathlos daran an, womit seit Beginn der Ukraine-Krise jeder Versuch, Bewegung in eine festgefahrene Politik zu bringen, im Keim erstickt wird. Damit ist man auf dem besten Weg, die Entwicklungen in Europa zu versteinern. Manche Journalisten – wie Richard Volkmann von der Bild – müssen die Archive geöffnet haben, um authentisch an den Propagandastil ihrer Berichterstattung zur Zeit des Kalten Krieges anknüpfen zu können.
Quelle: Cicero
- Lobbyismus: Wohl verdient
Es gibt starke Verflechtungen der Union mit der Wirtschaft. Franz-Josef Holzenkamp ist ein ganz besonderes Beispiel. Denn er ist Lobbyist und Abgeordneter zugleich.
War er da schon Lobbyist der Wirtschaft – oder noch Volksvertreter? Und ist das überhaupt ein Widerspruch? Ende Juni sprach der CDU-Abgeordnete Holzenkamp im Plenarsaal des Deutschen Bundestags. Es ging um die Düngeverordnung. Holzenkamp hielt eine für ihn typische Rede, in der das Lob für die Landwirte nicht fehlt. Ein Satz seiner letzten Rede: „Und bitte, meine Damen und Herren, anerkennen wir, was die Landwirtschaft, was die deutschen Landwirte für unsere Gesellschaft leisten, und instrumentalisieren wir die Landwirte nicht für Wahlkämpfe.“
Und er – ist auch er ein „Instrument“? Nein, sagt Holzenkamp: Er habe immer „unabhängig und auf fachlicher Basis entschieden“, sagt er. Doch die Frage liegt auf der Hand: Wie frei ist ein Wirtschaftspolitiker, wenn er zugleich eine Reihe von lukrativen Nebenposten anhäuft? Viele tun das, aber kaum jemand steht dafür so wie Holzenkamp. Sein Name findet sich unter den ersten fünf in der Liste der Nebenverdiener, die „Abgeordnetenwatch.de“ jüngst veröffentlicht hat – zwischen 255.000 und 532.000 Euro betragen seine gemeldeten Nebeneinkünfte im Jahr demnach, und zwar nur diejenigen aus Nebentätigkeiten für Unternehmen.
Quelle: FAZ
Anmerkung JK: “Es gibt starke Verflechtungen der Union mit der Wirtschaft.” Das ist nun wirklich keine neue Erkenntnis. Wenn eine Partei in Deutschland seit jeher die Interessen der deutschen Oligarchie fest im Blick hat, dann ist es die CDU.
- Unbedingt lesen: DIE GROßE RENTENLÜGE
Seit dem dem 1. August ist das neue Buch von Holger Balodis und Dagmar Hühne auf dem Markt. Wir finden, ein überaus lesenswertes Buch.
Alle die sich einen gut lesbaren Überblick über eine scheinbar komplizierte Materie machen wollen und dabei gleichzeitig nach Orientierung für machbare Lösung aus dem Rentendesaster suchen greifen hier richtig zu.
Die Autoren skizzieren überzeugend was sie zu Recht als „die große Rentenlüge“ bezeichnen: Über Jahrzehnte wurde mit der „Demografiekatastrophe“, der behaupteten fehlenden Generationengerechtigkeit und dem angeblich so überlegenen „Drei Säulen Modell“ regelrecht eine Rentengehirnwäsche betrieben. Das Erfolgsmodell „Umlagefinanzierte Rente“ wurde so verantwortungslos demontiert mit der Aussicht auf millionenfacher Altersarmut.
Das Buch nennt die Verantwortlichen und die Gewinner.
Es macht aber auch Mut zum Engagement. Gibt einen Überblick wie es einige Nachbarn besser machen und skizziert die Positionen von Parteien, Verbänden und Bewegungsorganisationen. Die von den Autoren vorgeschlagenen Reformschritte sind eine gute Grundlage für die weitere politische Meinungs- und Willensbildung…
Holger Balodis, Dagmar Hühne: Die große Rentenlüge – Warum eine gute und bezahlbare Alterssicherung für alle möglich ist
Westend-Verlag, Taschenbuch: 18 €, e-book: 13,99€
Am 9.8.17 war Holger Balodis Gast in der „WDR-Redezeit“. Das Gespräch gibt einen gute Vorgeschmack auf die Buchlektüre.
Quelle: Seniorenaufstand
dazu: Riester-Rente: Nutzlos und sozial ungerecht?
Ist die Riester-Rente gescheitert? Aktuelle Zahlen der Deutschen Rentenversicherung belegen, dass Riester-Sparer immer weniger Zulagen erhalten. Kritiker halten das ganze Modell für zu ineffizient – doch die Versicherer wollen weiter daran festhalten.
Quelle: Deutschlandfunk
- Granaten zu Spaten zu Granaten
Die Umwandlung von militärischer in zivile Produktion war auch bei den Südwest-Grünen einmal ein großes Thema. Zumindest bis zur Wahl 2011. Kirchen, Gewerkschaften und Friedensinitiativen werben indes weiter für Rüstungskonversion.
Jürgen Grässlin ist kein Freund zurückhaltender Formulierungen. In einem “Sieben-Jahres-Schlaf” befänden sich die Landes-Grünen seit Übernahme der Regierungsverantwortung, was die baden-württembergische Rüstungsindustrie angehe, ätzte der prominente Freiburger Rüstungsgegner Anfang Juli bei der Vorstellung des Rüstungsatlas Baden-Württemberg in Stuttgart. Die Härte der Kritik hängt auch mit den Erwartungen zusammen, die die Partei noch in ihrem Landtagswahlprogramm 2011 geweckt hatte. Unter der Überschrift “Frieden statt Waffen exportieren” standen darin Sätze wie: “Zu einer verantwortungsbewussten Politik gehört auch der kritische Umgang mit der baden-württembergischen Rüstungsproduktion und mit Rüstungsexporten”, oder: “Wir setzen uns deshalb sowohl im Land als auch auf Bundes- und europäischer Ebene für den Umstieg dieser Industrien auf zivile Fertigung ein”.
Letzteres ist ein klares Bekenntnis zur Rüstungskonversion, einer Idee, die unter dem Slogan “Schwerter zu Pflugscharen” (oder auch “Granaten zu Spaten”, wie es der Kabarettist Wolfgang Neuss formulierte) zu den zentralen Inhalten der Friedensbewegung der siebziger und achtziger Jahre gehörte. Gefordert wurde eine Umstellung von militärischer auf zivile Produktion beziehungsweise Nutzung, um der immer weiter gedrehten Rüstungsspirale ökonomisch die Grundlage zu entziehen, die Logik des Militarismus zu durchbrechen.
Quelle: Kontext: Wochenzeitung
- Zu guter Letzt: Auch nur heiße Luft
Beim Diesel ist es Manipulation. In der PR heißt es: zeitgemäße Co-Produktion. Arno Frank ergänzt die Erklärung von Ministerpräsident Stephan Weil
Sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger Mitbürger_innen (Vorschlag kommissarische Kommission für queere Belange), liebe Öffentlichkeit! Es gilt, gewisse Missverständnisse Irrtümer (Vorschlag Pressereferent) bezüglich meiner Regierungserklärung zum Skandal um die Volkswagen AG zu aktuellen Entwicklungen in der Wirtschaft (Vorschlag der Volkswagen AG) auszuräumen. Diese Missverständnisse Irrtümer (viel besser! Pressereferent) betreffen nicht etwa eine mögliche völlig absurde (Pressereferent) Befangenheit der Landesregierung vorläufigen Landesregierung (Gemeinschaftsvorschlag von Elke Twesten/Bernd Althusmann) als Anteilseignerin der Volkswagen AG einer Firma für Maschinenbauprodukte (Vorschlag der VW AG), sondern das zeitgemäße Verfassen von Texten.
Quelle: der Freitag
dazu: VW-Betriebsratschef warnt vor Diesel-Wahlkampf
Heizt der Wahlkampf die Debatte um die Abgasaffäre und die VW-Beteiligung von Niedersachsen an? Ja, glaubt VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh und fordert “einfach mal wieder ein bisschen mehr Ruhe”.
VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh hat vor einer politischen Instrumentalisierung der Abgasaffäre gewarnt. “Mein Eindruck ist: Der Wahlkampf trägt sehr zur hitzigen Debatte bei”, sagte der oberste Mitarbeitervertreter der “Braunschweiger Zeitung”. Es stehe “außer Frage, dass Volkswagen allen Grund hat, demütig zu sein. Aber genau wie manche Kunden zu Recht ärgerlich sind, sind es auch die Kolleginnen und Kollegen.”
Die Beschäftigten bräuchten auch “einfach mal wieder ein bisschen mehr Ruhe, damit wir uns wieder auf unseren Job konzentrieren können”, so Osterloh. Vertrauensleute der IG Metall sammelten Unterschriften in den deutschen Werken von VW. Die Aktion solle klarmachen, dass eine Profilierung von Politikern über die Reizthemen im Konzern unangemessen sei. “Von den 600.000 Beschäftigten weltweit haben die wenigsten etwas mit Dieselgate zu tun.”. […]
Linken-Spitzenkandidat Dietmar Bartsch sprach sich dafür aus, den Anteil Niedersachsens an die VW-Belegschaft zu übertragen. “Die 20 Prozent Landeseigentum sollten ganz oder teilweise in Belegschaftseigentum umgewandelt werden”, sagte Bartsch der Deutschen Presse-Agentur. Möglich sei etwa ein Stiftungsmodell. FDP-Parteichef Christian Lindner will dagegen eine Privatisierung.
Quelle: Spiegel Online
Anmerkung unseres Lesers M.H.: Nicht einmal Herr Osterloh als Konzernbetriebsrat will den längst überfälligen Wandel und die Weiterentwicklung des VW-Konzerns unterstützen und schon gar nicht fordern. Er will stattdessen den Konzern weiter gegen berechtigte Kritik abschotten, Belegschaft und Kunden wieder in die betäubte “Ruhe” zurückführen. Kein Wunder, Herr Osterloh sitzt ja auch im Präsidium des Aufsichtsrates der VW AG und war mit Peter Hartz ab 2000 für Tarifdumping im VW-Konzern zuständig.
In der Debatte von Betriebsrat und Konzernspitze scheint noch nicht genug Hitze angekommen zu sein. Nur so kann man die Krise nicht zur Veränderung nutzen, die letzten Hinweise verschlafen und sich eine fragwürdige Wechselprämie ausdenken. Die “ärgerlich[en]”Beschäftigten und Kunden sollen schon wieder eingeschläfert werden, bevor sie überhaupt richtig aktiv geworden, auf die Straße gegangen sind und bevor alle geklagt haben. Vielleicht sinnvolle Vorschläge werden als “Profilierung” abgetan. IG Metall, willige Presse und Spiegel online unterstützen diesen “weiter so”-Kurs, der am Schluss zu Lasten der Beschäftigten gehen wird.