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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Deutschlands Medien – Stichwortgeber und unkritisch bis zur Selbstaufgabe. Konkret: Sandra Maischberger mit Angela Merkel
Datum: 20. Mai 2009 um 16:13 Uhr
Rubrik: Medienkritik, Strategien der Meinungsmache, Wahlen
Verantwortlich: Albrecht Müller
Sandra Maischberger finde ich sympathisch, das gebe ich zu. Umso fahler ist der Nachgeschmack nach der Sendung vom 19. Mai mit Angela Merkel und – getrennt davon – einigen anderen Gästen. Schon allein die Tatsache, dass die Moderatorin akzeptiert, die Bundeskanzlerin von den möglicherweise kritischen Fragen der anderen Gäste fernzuhalten und die beiden Runden trennt, ist eigentlich nicht auszuhalten. Das befördert die auch von RTL betriebene Personality-Show der Bundeskanzlerin, die offenbar der Vorbereitung der Bundestagswahl dient. Ansonsten betätigte sich Sandra Maischberger über weite Strecken leider als Stichwortgeberin und hakte nicht kritisch nach. Albrecht Müller.
Dazu einige Beispiele:
Das ist eine so geballte Ladung von Unwahrheiten und von Unsinn, dass man sich wundern muss darüber, das Sandra Maischberger dies einfach im Raume stehen ließ und nicht hinterfragte:
Über alle diese kritischen Seiten der Politik Angela Merkels ist die Moderatorin Maischberger großzügig hinweggegangen. Ganz im Sinne dieser Linie werden wir vermutlich einen Wahlkampf und eine Wahlentscheidung erleben, bei der die tatsächliche Politik nicht ins Visier der Bürger und Bürgerinnen gerät, weil die Medien total an der Oberfläche bleiben und die öffentliche Debatte mehr und mehr zu einem Austausch von angelernten Formeln gerät. Angela Merkel ist eine Meisterin des Gebrauchs angelernter Formen. Sie behauptet eben einfach, sie sei für die soziale Marktwirtschaft und die soziale Marktwirtschaft sei der dritte Weg. Basta. Wie die Wirklichkeit ihre Politik aussieht, interessiert die Medien nicht.
Nach diesem so unkritischen Gespräch zwischen Maischberger und der Bundeskanzlerin muss man auch den Eindruck gewinnen, das hier ein Stück Frauensolidarität eine Rolle spielt. Wir kennen das ja schon vom guten Verhältnis zwischen Angela Merkel und Alice Schwarzer. Diese Frauensolidarität überspielt alle Zweifel. Am Ende werden wir alle die Folgen dieses Vorgangs zu tragen haben. Es geht weiter mit der gleichen Politik, die sich dritter Weg und soziale Marktwirtschaft nennt, tatsächlich aber die Fortsetzung der deutschen Variante des Neoliberalismus ist.
Anhang:
Ein gerade auf den Tisch gekommenes Beispiel für die Fortsetzung der Privatisierung und die Verfilzung von Politik und Wirtschaft, vor allem der Finanzwirtschaft:
Email von:
BUND Regionalverband, Wilhelmstr. 24a, 79098 Freiburg
Bund für Umwelt und Naturschutz
0761/30383, [email protected], www.bund-freiburg.de
An die Medien
Nicht nur am Oberrhein: Die Bundesregierung privatisiert 370 Kilometer Autobahn
Die Lkw-Maut sorgt für ein umweltfeindliches neues Gewinnmodell: Einige Unternehmen und Konzerne wollen über privatisierte Autobahnen Milliarden aus der Straßengebühr für Lastwagen verdienen. Sechs Projekte sind (für den Anfang!) in Planung. Ein erstes Projekt wurde im Mai 2009 am Oberrhein angegangen. Während die Privatisierung der Bahn bundesweit ein wichtiges und umstrittenes Thema ist, läuft die beginnende Autobahnprivatisierung noch ohne große öffentliche Debatten.
Die Privatisierung der Autobahn lohnt sich für die Betreiber nur, wenn möglichst viele PKW und LKW die Autobahn nutzen. Eine Verlagerung auf die Bahn ist nicht im Sinne der privaten Betreiber. Nachhaltigkeit, Ressourcen- und Klimaschutz wird durch die Privatisierung nicht erreicht.
Stellen Sie sich vor der Staat, also wir alle, besäßen zwei Garagen. Diese zwei Garagen, wurden mit unseren Steuergeldern gebaut, gepflegt, repariert und brächten lohnende Mieteinahmen. Jetzt bietet sich ein privater Unternehmer an, eine zusätzliche Garage zu bauen und alle drei Garagen 30 Jahre lang zu reparieren. Er will (und bekommt!) allerdings nicht die Miete für die eine, neue Garage sondern für alle drei Garagen(…)
Ersetzen Sie jetzt einfach den Begriff Garage durch Autobahnspur, und den Begriff Miete durch LKW-Maut(…)
Einige Fragen zur Autobahnprivatisierung:
Im Mai 2009 fand die offizielle Übergabe der Konzession zum Betreibermodell Autobahn A5 Malsch-Offenburg statt.
Das Regierungspräsidium Karlsruhe hatte im Februar den Zuschlag an die „Via Solutions Südwest GmbH & Co. KG” erteilt. Die Konzession beinhaltet den 6-spurigen Ausbau der A5 im Abschnitt Baden-Baden / Offenburg sowie den Betrieb und die Instandhaltung der A5 zwischen Malsch und Offenburg über einen Zeitraum von 30 Jahren.
Die Teilprivatisierung öffentlicher Aufgaben bedeutet, dass die SteuerzahlerInnen langfristig nicht nur die Baukosten und Zinsen zahlen müssen, sondern über die LKW-Maut, auch die Gewinne des privaten Konsortiums. Aus den Fehlern der Finanz- und Wirtschaftskrise (Privatisierung / Deregulierung) wurde nichts gelernt. Die finanziellen Risiken tragen wie immer die SteuerzahlerInnen. “Laut Medienberichten werden 400 Millionen Euro mit Bankdarlehen finanziert. 200 Millionen kommen demnach von der Europäischen Investmentbank (EIB, Luxemburg). Eigentümer der EIB sind die Mitgliedstaaten der EU. Weitere 200 Millionen Euro steuert laut Vinci ein Bankenkonsortium bei, dem die spanischen Banken Banco Bilbao Vizcaya Argentaria und Santander, die belgische Bank KBC und die niederländische Bank NIBC angehören. Bei den Bankdarlehen handele es sich um solche »ohne Rückgriff auf die Gesellschafter«, teilte Vinci mit. Das heißt, dass Via Solutions Südwest nicht für die Kredite haften muss. Eigenes Geld und eigene Kredite werden den Angaben zufolge nur in Höhe von 110 Millionen Euro in den A5-Ausbau investiert.”
(Quelle: Baden-Online)
Bei Erarbeitung der vom Bundesrechnungshof
sehr kritisch bewerteten Privatisierung der Autobahn hatten die Beamten im Verkehrsministerium „professionelle Hilfe“. Lobbyisten der Bauindustrie “halfen” den Beamten bei „fachspezifischen Fragen” zu PPP weiter, wie die Bundesregierung 2006 zugeben musste. Externe Lobbyisten der Bauindustrie in den Ministerien und als Volksvertreter getarnte Industrielobbyisten… So wird der Staat zu Beute für privaten Gewinninteressen und die Umwelt leidet.
Nur wenn möglichst viel energiefressender und klimabelastender Verkehr über die privatisierten Autobahnen läuft, lohnt sich dass PPP Model für die Betreiber, sagt auch der Bundesrechnungshof. Verkehrsvermeidung und Verkehrsverlagerung sind, Lobby sei Dank, im Zeitalter schwindender Energiereserven und des Klimawandels dann kein Thema mehr.
Axel Mayer, BUND-Geschäftsführer
Der Bundesrechnungshof hat sich in einer kaum bekannten Studie zu “Öffentlich private Partnerschaften (ÖPP) im Bundesfernstraßenbau” am 5.01.2009 sehr kritisch geäußert.
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