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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: „Warum Linke keinen Humor haben“ – Spiegel Online weiß das
Datum: 13. Mai 2009 um 9:08 Uhr
Rubrik: Ideologiekritik, Medien und Medienanalyse
Verantwortlich: Albrecht Müller
Spiegel Online trumpft mit neuen Erkenntnissen über die politische Landkarte auf. Der frühere stellvertretende Leiter des Berliner Spiegel-Büros, Jan Fleischhauer, hat ein Buch geschrieben, und Spiegel Online gibt wie üblich bei Produkten der eigenen Redakteure Auszüge wieder. Ich habe ein Stück, jenes zum fehlenden Humor der Linken, gelesen. Wow! Dem Mann muss irgendwann in seiner Jugend ein linkes Mädchen den begehrten Flirt verweigert haben. Ohne einen solchen gefühlsgestörten Hintergrund kann man die Texte nicht fassen. Albrecht Müller.
Meine Empfehlung: Sie sollten dieses Buch nur dann kaufen, wenn Sie einem rechtskonservativen Bekannten etwas zum Besuch oder zum Geburtstag schenken wollen. Dann aber mit der Widmung: „Für so flach hält man euch! Viel Spaß!“.
Bevor ich noch ein paar Anmerkungen dazu mache, geben wir Ihnen die Mail eines NachDenkSeiten-Lesers zur Kenntnis. Sie enthält auch die notwendigen Links.
F.K. zu den Texten von Fleischhauer und zu Spiegel Online:
„Heidewitzka!
Man könnte meinen, ein Gespenst ginge um in der Redaktion von Spiegel Online. Da wagen die ersten Journalisten und Kommentatoren der Republik doch tatsächlich nach Jahrzehnten erstmals zaghaft einen kritischen Blick durch das neoliberale Schlüsselloch, da wird die Tür von der anderen Seite schon mit Brettern und Nägeln versperrt und eifrig feuchte Handtücher unter den Türschlitz geschoben.
Falls Sie es noch nicht mitbekommen haben: Wir haben eine Krise! So eine richtige, grundsätzliche Krise. Und der Spiegel bewährt sich einmal mehr als Stein in der ideologischen Brandung: Endlich wird aufgeräumt mit alten Irrtümern, krummen Paradigmen und gescheiterter Politik. Endlich werden Hintergründe erläutert und komplizierte Zusammenhänge investigativ aufgedeckt. Endlich, die neuerliche Sternstunde des deutschen Journalismus.
Und wenn Sie die Nachdenkseiten lesen, dann stecken Sie vermutlich bis zum Hals mit drin, sind unter Umständen sogar mitverantwortlich! Für was? Für die Krise! Sie sind die Krise! Die Linke ist in der Krise, ganz tief drin, haben Sie es denn noch nicht mitbekommen? Man kann nur froh sein, dass in einer Zeit der Korruption und wirtschaftlicher Unsicherheit Verlass ist auf die Blätter der Aufklärung und Demokratie. Lesen Sie selbst:
“Unter Linken – Wie man aus Versehen konservativ wird”
“Ideologie-Debatte – Warum die Linken die Krise nicht lösen können”
“Ideologie-Krise – Warum Linke keinen Humor haben”
Um noch einen ernsthaften Kommentar, der über die Artikel hinausgeht, anzuhängen: Interessant hierbei ist wie so oft der sprachliche Gebrauch von Wörtern wie “Ideologie” oder “Realität”. “Ideologisch” sind immer nur Linke, ist immer nur links. Andere Positionen dagegen beinhalten die “realistischen”, “objektiv richtigen” Antworten auf bestehende “Sachzwänge”. Für mich als Student der Politologie liegt darin die eigentliche Krise unserer Zeit: Es wird versucht, eine bestimmte Perspektive durchzusetzen, jedoch nicht innerhalb eines diskursiven Prozesses, indem Argumente ausgetauscht werden, sondern durch den Versuch, genau dieses zu verhindern. Der Versuch, die eigene Position oder Partei inhaltlich als die “einzig korrekte” darzustellen, also zu proklamieren, man hätte den einzigen neutralen, unwiderlegbaren Zugang zur Wahrheit, ist für mich im Kern antidemokratisch. Jeder Mensch mit dem Hauch eines Verstandes ist sich darüber im Klaren, dass hinter jeder politischen Partei eine ganz bestimmte normative Vorstellung von Gesellschaft steht, auf deren Grundlage die Parteigründung stattgefunden hat. Gleichzeitig sollte klar sein, dass Begriffe wie “objektiv” in einer politischen Debatte höchstens mit einem Schmunzeln zu gebrauchen sind. Doch genau dieser Prozess, eine normative/ ideologische Diskursposition als neutral verkaufen zu wollen, führt meiner Meinung nach zu fortschreitender Politikverdrossenheit. Wenn man diesen Gedanken fortsetzt, gelangt man nämlich zu folgender Frage: Wenn tatsächlich eine Partei die “einzigen objektiv korrekten” Antworten auf die Fragen unserer Zeit hat – wozu braucht es dann eigentlich noch Demokratie? Alle anderen Parteien hätten doch nachweislich faktisch unrecht. Hieran wird für mich deutlich, wie sich die politischen Debatten in der Öffentlichkeit radikalisiert haben, obwohl das Gegenteil behauptet wird.
Aus Versehen, aber mit freundlichen Grüßen
ein wahrscheinlich ziemlich humorloser F. K.“
Ergänzung Albrecht Müller zum Stück über den fehlenden Humor:
Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/
Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=3939