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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 27. April 2009 um 8:59 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

(KR/WL)
Heute unter anderem zu diesen Themen:

  1. Bilanz des Schreckens
  2. Bundesbank-Präsident Weber: “Konsolidierung nach Krise notwendig”
  3. Heiner Flassbeck: “Gewinne müssen einer Volkswirtschaft zugute kommen”
  4. Ackermann verhöhnt Konkurrenz mit Traumrendite
  5. Herfried Münkler: Neuer Hochmut nach tiefem Fall
  6. Robert von Heusinger: Ifo-Index gibt Rätsel auf
  7. Die Linke: Steuerhinterziehungsgesetz – eine leere Hülle
  8. Experten für steuerliche Absetzbarkeit von Versicherungsbeiträgen
  9. Deutschlands Geldbeschaffer – die Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur GmbH
  10. Hartz IV-Kürzung im kommenden Jahr nicht ausgeschlossen
  11. Erste Rentenkürzung seit 1957 droht
  12. Kinderfreundlichkeit? – Taschengeld muss zurückbezahlt werden
  13. Fiat-Einstieg: Opelaner gehen auf die Barrikaden
  14. Günter Wallraff zur Bahn-Überwachung: “Mehdorn war der Diktator”
  15. Eine soziale Zukunft für Deutschland
  16. Privatisiertes Uni-Klinikum: Gewinnmaximierung auf Kosten der Patienten?
  17. Berlin soll Empfänger von Agrar-Milliarden nennen
  18. Sonne statt Reli: Berlin bleibt in Sachen Religionsunterricht ein Vorreiter des modernen Staats
  19. Kinderporno-Sperren: Regierung erwägt Echtzeitüberwachung der Stoppschild-Zugriffe
  20. Justizskandal in Sachsen: Eine “kleine Anfrage” im Sächsischen Landtag sorgt für Furore
  21. FDP rechnet mit 2,6 Millionen-Strafe für Möllemann-Spendenskandal
  22. Margret Wintermantel als HRK-Präsidentin wieder gewählt – Rektoren unter der Ägide von Bertelsmann
  23. Bologna-Prozess: Studenten im Punktefieber
  24. Zum Hochschulpakt II
  25. Bildungsausgaben im föderalen System
  26. HIS-Studie: Studierneigung und Berufsausbildungspläne
  27. Wer mehr Ingenieurinnen will, muss bessere Karrierechancen für Frauen in Technikberufen schaffen
  28. Monsanto: „Der gegebene Anlass“

Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Bilanz des Schreckens
    Gigantisches Milliardenrisiko: Die Finanzkrise trifft die deutschen Banken weitaus stärker als bislang bekannt. Kredite und Wertpapiere in problematischen Geschäftsfeldern addieren sich auf 816 Milliarden Euro, wie aus einem Bafin-Papier hervorgeht, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt.
    Allein bei der Commerzbank sind nach der Bafin-Aufstellung, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt, Wertpapiere und Kredite im Wert von 101 Milliarden Euro von der Finanzkrise betroffen. Darin enthalten sind 49 Milliarden Euro aus der Bilanz der übernommenen Dresdner Bank. Die Commerzbank ist demnach von der Finanzkrise ähnlich stark betroffen wie die Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein, die HSH Nordbank, für die die Bafin 105 Milliarden Euro ansetzt.
    Bei der Westdeutschen Landesbank mit 84 Milliarden Euro und der Landesbank Baden-Württemberg mit 92 Milliarden Euro sieht die Aufsicht Risiken in einer ähnlichen Größenordnung. Deutlich besser stehen die Deutsche Bank mit 21 Milliarden Euro, sowie die Postbank und die Hypovereinsbank mit jeweils fünf Milliarden Euro da. Am stärksten ist laut Bafin-Papier die vor der Verstaatlichung stehende Hypo Real Estate (HRE) betroffen, die 268 Milliarden Euro an Problemanlagen hält.
    Die Zahlen der Bafin sind für die Regierung indes keine Überraschung. So war in den Unterlagen, die Finanzminister Peer Steinbrück vor Wochen an Kanzlerin Angela Merkel zur Vorbereitung des Banken-Gipfels am Dienstag geschickt hatte, sogar von potentiell gefährdeten Anlagen von 853 Milliarden Euro die Rede.
    Quelle: SZ

    Dazu:

    Bafin-Geheimpapier sorgt für Ärger
    Der Report war streng geheim. Weshalb die Finanzaufsicht nun Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet hat. Es sei eine streng vertrauliche Aufstellung der Behörde über Vermögenswerte einzelner Banken an die Öffentlichkeit gelangt, begründete die BaFin am späten Freitagabend ihren spektakulären Schritt. Dies könnte einen Verstoß gegen gesetzliche Verschwiegenheitspflichten darstellen.
    Quelle: FTD

    Anmerkung WL: Offenbar dürfen solche Schreckensbilanzen immer erst dann veröffentlicht werden, nachdem die Bundesregierung jeweils Garantien oder Kapitalbeteiligungen übernommen hat. Es ist wie immer, wenn solche unangenehmen Informationen öffentlich werden: Man empört sich über die Veröffentlichung und erreicht auf diese Weise, dass die Sache selbst, um die es doch eigentlich gehen sollte, nicht mehr im Zentrum der Aufmerksamkeit steht. Warum nimmt man diese Zahlen nicht zum Anlass, diejenigen zur Verantwortung zu ziehen, die sich auf die „problematischen Geschäftsfelder“ begeben haben?

  2. Bundesbank-Präsident Weber: “Konsolidierung nach Krise notwendig”
    Die Konsolidierung muss kommen, sie ist alternativlos…Ich sehe aber durchaus eine Chance, dass wir im Jahr 2010 dann doch die Talsohle durchschritten haben. Vermutlich kommen wir schon wieder zu etwas weniger starkem Abwärtsdruck im Laufe dieses Jahres, insbesondere über den Sommer, aber so richtig besser dürfte es dann erst im Jahr 2010 so langsam werden. Ich erwarte keine dynamische Erholung, aber zumindest eine Besserung, und dann sollten wir sicherlich auch dazu übergehen, dass wir die jetzt expansive Geld- und Fiskalpolitik wieder zurückfahren und eher langfristig versuchen zu konsolidieren …
    Von mir als Notenbanker bekommen Sie immer nur eine einzige Aussage zur Inflation: Wir müssen sie verhindern. Inflation ist kein Mittel zur Verbesserung, sondern sie ist Ursache vieler Probleme – und diese Ursachen werden wir als Notenbanken immer bekämpfen.
    Ich glaube, Inflation hilft hier auch nicht weiter an dieser Stelle, weil es ist immer Inflation zutiefst unsozial. Es ist eine Umverteilung von denjenigen, die verschuldet sind – die profitieren von einer solchen Inflation. Und diejenigen, die Vermögenswerte haben, verlieren. Solche Systeme sind meines Erachtens, wo es zu Umverteilungsmechanismen kommt, mit erheblichen Problemen belastet.
    Quelle 1: DLF (Text)
    Quelle 2: Deutschlandradio (Audio-Podcast)

    Anmerkung WL: Weber tut so, als wäre die Pleite der Lehman-Bank an allem schuld und als hätten die anderen Banken, die jetzt „vergiftete“ Papiere in ihren Büchern haben, nicht mitgezockt. Es ist geradezu absurd, dass Weber inmitten der tiefsten Rezession und der Gefahr einer Deflation angeblich vor allem eine Inflation fürchtet. Für die Masse der Besitzlosen oder der Verschuldeten ist es sicher ganz interessant, einmal von sozusagen höchster Stelle zu hören, dass sie von einer Inflation „profitieren“ und „diejenigen, die Vermögenswerte haben, verlieren“. Es ist gewiss nicht zu wünschen, dass diejenigen, die Erspartes haben, verlieren, aber Sorge vor einer Inflation müssen vor allem diejenigen haben, die größere Vermögenswerte haben. Wenn also Ängste vor einer Inflation geschürt werden, so sind es vor allem die Ängste der Vermögenden; vor allem für deren Interessen treten Bundes- und Zentralbank mit ihrem rigiden Antiinflationskurs offensichtlich ein. Wohingegen durch Sozialabbau oder durch die gleichfalls ständig von Weber angemahnten niedrigen Löhnen (die womöglich unter der Inflationsrate liegen) vor allem die „verlieren“, die keine Vermögenswerte haben.

    Siehe zu der von Weber befürchteten Inflation:

  3. Heiner Flassbeck: “Gewinne müssen einer Volkswirtschaft zugute kommen”
    Manche Experten sehen Inflationsgefahren. Was halten Sie davon?
    Eine solche Gefahr existiert überhaupt nicht. Zu bekämpfen ist eine akute Deflationsgefahr. Viel Geld führt nicht automatisch zu Inflation. Die Kanäle, über die Inflation entsteht, sind hohe Nachfrage oder steigende Löhne. Von beidem sind wir unendlich weit entfernt. Inflationsgefahr bestände nur dann, wenn es weltweit zu einem enormen Aufschwung käme und die Arbeitslosigkeit abgebaut wäre. Und das dauert so lange, dass die Notenbanken kein Problem hätten, Liquidität wieder vom Markt zu nehmen.
    Quelle: VDI-Nachrichten
  4. Ackermann verhöhnt Konkurrenz mit Traumrendite
    Josef Ackermann lehnt sich erneut weit aus dem Fenster: Laut einem Medienbericht hat er indirekt bestätigt, dass die Deutsche Bank im ersten Quartal eine Rendite von rund 25 Prozent erzielt hat. Für die schwächere Konkurrenz hat er nur Häme übrig. Politiker sind entsetzt – die SPD fordert bereits seinen Rücktritt.
    Quelle: WELT

    Anmerkung KR: Die von der WELT zitierten, lauen Proteste derer, die mit der Deregulierung die gesetzlichen Voraussetzungen für Ackermanns Umtriebe selbst erst geschaffen hatten, sind unglaubwürdig. Substantielleres hierzu kann man etwa bei Flassbeck nachlesen, z.B. hier [PDF – 13 KB]:

    Das Wichtigste aber ist, dass wir beginnen zu begreifen, dass in einer Wirtschaft, deren Produktivität jährlich um 2 Prozent wächst, das gesamte Finanzsystem, das zu dieser Produktivität praktisch nichts beiträgt, nicht Renditen im zweistelligen Bereich erzielen kann, ohne die Schwachen im System massiv und vollkommen ungerechtfertigt zu schädigen. Das Finanzsystem ist heute zu einem Nullsummenspiel à la Kasino geworden: Der eine gewinnt, was ein anderer verliert. Regierungen, die in der Krise den Feuerwehrmann spielen und Spekulanten vor dem Ruin retten, können das nur verantworten, wenn sie vorher systematisch die Schwachen gegen die Willkür der Geldmächtigen geschützt haben.

    Oder dort [PDF – 80 KB]:

    Herrn Ackermanns Deutsche Bank will 25 %. Andere Kapitalverwalter erwarten mindestens 15 % Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital. Der Wettbewerb sei hart, argumentieren die Banken. Wer auf dem internationalen Parkett bestehen will, müsse zweistellige Renditen heranschaffen, weil die von den Kapitalanlegern, also vorwiegend von reichen Privatpersonen und Pensionsfonds, „gefordert“ würden.
    Da staunt der Laie und der Fachmann sollte sich wundern. Marktwirtschaft bedeutet flexible Gewinne – und die Anleger „fordern“ zweistellige Renditen? Jeder mittelständische Unternehmer oder selbständige Handwerker fragt sich, wer das erwirtschaften soll. Denn die Bank leiht das Geld ja nur an Sachinvestoren aus, die innovative Ideen in Produktivitätssteigerungen umzusetzen versuchen, aus denen neben der Tilgung des Kredits auch die Zinsen bezahlt werden sollen. Wer ist jedes Jahr um ein Viertel produktiver? Welches Land wächst jährlich mit einer zweistelligen Wachstumsrate? Denn um eine solche Größenordnung muss es sich handeln, wenn das Kapital so fürstlich entlohnt werden soll – oder geht es etwa darum, solche Renditen dauerhaft auf Kosten der Arbeit zu erzielen?
    Solche Steigerungsraten kann man nicht durch reale Leistung zustande bringen, auch wenn der Sachverständigenrat schon vor 30 Jahren seine Ideologie auf „Ansprüchen“ der Kapitalseite aufgebaut hat. Zweistellige Gewinne gibt es, wenn überhaupt, nur beim Glücksspiel. Dort allerdings nur mit viel Risiko und niemals dauerhaft. Außer man mogelt permanent und zockt die restlichen Spieler ab.

  5. Herfried Münkler: Neuer Hochmut nach tiefem Fall
    Man darf davon ausgehen, dass die Rosse schon gesattelt werden, auf denen einige der Kampagnenmacher des gescheiterten Neoliberalismus demnächst wieder stolz und selbstbewusst in die Talkshows einziehen wollen. Die Zeiten sind schnelllebig, und das Volk ist vergesslich. Auf den eben noch lautstarken Ruf nach der Kreuzigung kann bald ein neues Hosianna folgen. Die Aktienmärkte müssen dafür nur für etwas längere Zeit wieder nach oben zeigen.
    Man muss das Charisma des Goldmachers, das einigen Magiern der Wirtschaft nachgesagt worden ist, nachhaltig entzaubern, wenn man seinen wechselnden Konjunkturen nicht immer wieder aufs Neue zum Opfer fallen will.
    Quelle: FR
  6. Robert von Heusinger: Ifo-Index gibt Rätsel auf
    Die beste Nachricht der Woche liefert der Ifo-Index. Die Stimmung in den Chefetagen der 7000 befragten deutschen Unternehmen hat sich im April überraschend kräftig aufgehellt. Wie passt dieser vorsichtige Optimismus zur Horrorprognose der Wirtschaftsforschungsinstitute, die im Frühjahrsgutachten der deutschen Wirtschaft für 2009 einen Absturz um historische sechs Prozent vorhergesagt haben und bis in die zweite Hälfte 2010 auf Schrumpfung setzten?
    Kann es sein, dass auch Forscher dem gleichen Herdentrieb unterliegen wie Händler an der Börse? Kann es sein, dass sie die grottenschlechte Gegenwart einfach fortschreiben? Der Ifo-Index, der zuverlässigste Frühindikator, den die deutsche Wirtschaft kennt, legt diesen Schluss zumindest nahe. Und auch die Einkäuferindizes für Euroland, die bereits am Donnerstag veröffentlicht wurden, verbreiteten Hoffnung.
    Quelle: Frankfurter Rundschau
  7. Die Linke: Steuerhinterziehungsgesetz – eine leere Hülle
    Ursprünglich sollten durch einen GE einseitige steuerrechtliche Maßnahmen gegen Steueroasen – Staaten, die sich nicht an den o. g. OECD-Standart halten – ergriffen werden. Allerdings ist der Gesetzentwurf eine leere Hülle. Die Bundesregierung soll lediglich die Möglichkeit erhalten, Rechtsverordnungen zu verabschieden, die gegen Steueroasen vorgehen. Der GE soll sich auf Länder beziehen, die die OECD-Standards (insbesondere Artikel 26) nicht erfüllen. Nach Aussage von Vertretern des BMF in einer Finanzausschusssitzung ist dies aktuell aber kein Land. Dies liegt daran, dass verschiedene Länder im Vorfeld des G 20-Gipfels Absichtserklärungen abgegeben haben, die Standards erfüllen zu wollen, um nicht auf die Schwarze Liste der Steueroasen der OECD gesetzt zu werden…Die Schweiz, Österreich und Luxemburg werden nur als Finanzzentren genannt, die sich zwar den OECD-Standards angeschlossen, aber noch nicht umgesetzt haben.
    Problematisch ist grundsätzlich auch der Ansatz, die betroffenen Maßnahmen und Länder in Rechtsverordnungen festlegen zu wollen. Damit ist das Parlament ausgeschlossen. Mit Jersey wurde seitens der Bundesregierung kürzlich u. a. ein Abkommen über den Informationsaustausch gemäß des OECD-Standards abgeschlossen. Allerdings: In Jersey – so haben es die Vertreter des BMF in einer früheren Ausschusssitzung zugeben müssen – existieren weder Register über Unternehmen und Stiftungen, noch Daten über Steuerpflichtige. Damit wird jedes Auskunftsersuchen deutscher Finanzbehörden – trotz Abkommen – bis auf Weiteres ins Leere laufen.
    Inkonsequent ist die Bundesregierung auch, wenn es um den Abschluss von Doppelbesteuerungsabkommen geht: So ist in den meisten Doppelbesteuerungsabkommen die sog. Freistellungsmethode verankert. Dies heißt, dass Steuerinländer, deren ausländische Einkünfte im Ausland versteuert wurden, an den deutschen Fiskus keine Steuern mehr abführen müssen. Das Problem ist allerdings, dass bisher in den meisten Staaten niedrigere Steuern erhoben wurden.
    Quelle: Fraktion Die Linke [PDF – 92 KB]
  8. Experten für steuerliche Absetzbarkeit von Versicherungsbeiträgen
    Die meisten Experten haben die von der Bundesregierung geplante Abschaffung der steuerlichen Berücksichtigung von Beiträgen für die Arbeitslosen-, Haftpflicht-, Unfall- und Berufsunfähigkeit scharf kritisiert. In einer Anhörung des Finanzausschusses am Mittwoch zum Entwurf eines Gesetzes zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung, 16/12254) sahen einige Experten diesen Versuch der Bundesregierung sogar als verfassungswidrig an. Einhellig begrüßt wurde in der Anhörung dagegen die aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts vorgesehene stärkere steuerliche Berücksichtigung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen.
    Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) wies in diesem Zusammenhang aber darauf hin, dass Bezieher höherer Einkommen erneut stärker entlastet würden als Menschen mit geringem Einkommen. Der Deutsche Steuerberaterverband lobte die stärkere Berücksichtigung von Krankenversicherungsbeiträgen. Dieser Teil sei verfassungskonform umgesetzt. Bei der Streichung der anderen Beiträge stelle sich jedoch die Frage, ob dies mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Freistellung des Existenzminimums zu vereinbaren sei.
    Quelle: Deutscher Bundestag

    Anmerkung WL: Wenn es um Steuern und Sozialabgaben geht, dann hören wir doch ständig die Parole „Mehr netto vom brutto“, wenn es aber ernst wird und Arbeitnehmer ihre Versicherungsbeiträge von der Steuer absetzen können sollen, dann gilt natürlich etwas anderes.

  9. Deutschlands Geldbeschaffer – die Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur GmbH
    Die dunkle Kehrseite all der Staatshilfen und Rettungspakete wird allerdings selten diskutiert. 18 Milliarden für die Commerzbank, 50 fürs Konjunkturpaket, 100 als Garantiesumme für die Hypo Real Estate. Woher nimmt der Staat das viele Geld? Dass tatsächlich eine unscheinbare GmbH das gesamte Schuldenmanagement des Bundes betreibt, ist heute immer noch nur wenigen bekannt. Die “Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur GmbH” untersteht dem Finanzministerium und leiht sich das Geld am Finanzmarkt. Nur bei wem konkret? Dazu gibt es kaum Informationen. Die Finanzagentur veröffentlicht lediglich eine allgemeine Liste der “Bietergruppe Bundesemissionen”. Diese nennt für das Jahr 2008 als Hauptkreditgeber die Barclays Bank, die Deutsche Bank, Merrill Lynch, UBS und Morgan Stanley, weiter unten tauchen Goldman Sachs und Citigroup auf, schließlich sogar die mittlerweile teilverstaatlichte Commerzbank.
    Die Namen der einzelnen Geldgeber, denen Deutschland Jahr für Jahr mehr als 40 Milliarden Euro Zinsen überweist, immerhin gut 15 Prozent des kompletten Bundeshaushalts, bleiben auf diese Weise sorgsam verborgen. Dass man Sie in der Klasse der Reichen und Superreichen vermuten darf, liegt auf der Hand. Die kleinen Privatanleger besitzen schließlich direkt gerade einmal ein Volumen von zwei Prozent der Staatspapiere.
    Für den Bund rechnet sich das Ganze zudem langfristig kaum. Von 1980 bis 2000 betrug beispielsweise die staatliche Kreditaufnahme 752 Milliarden Euro, die Zinszahlungen für diese Kredite beliefen sich im gleichen Zeitraum jedoch auf 903 Milliarden. Warum, so kann man fragen, wird dann weiterhin ständig der Weg über neue Schulden gewählt? Eine Alternative wäre bekanntermaßen, die Wohlhabenden und Superreichen stärker zu besteuern – statt das gleiche Geld teuer von ihnen zu leihen.
    Quelle: Hintergrund
  10. Hartz IV-Kürzung im kommenden Jahr nicht ausgeschlossen
    Wie hart wird die angelaufene Wirtschaftskrise Berlin noch treffen? Zumindest die CDU in der Hauptstadt schließt offenbar sogar einen Zusammenbruch der Sozialsysteme nicht mehr aus. Nach den jetzt vom Bundeswirtschaftsministerium vorgelegten Prognosen fordert sie vom Senat ein „Deeskalationsprogramm zur Erhaltung der zwingend notwendigen sozialen Infrastruktur“
    450.000 Berliner müssen derzeit von Hertz IV existieren. Eine Zahl, die angesichts der Konjunkturerwartungen durchaus noch ansteigen kann. „Es ist daher bereits zum heutigen Zeitpunkt klar, dass der Status Quo der Leistungsangebote nicht beibehalten werden kann“, so der sozialpolitische Sprecher der Abgeordnetenhaus-Fraktion, Gregor Hoffmann, am Donnerstag. Die zum Juli geplante leichte Anhebung des Regelsatzes auf 359 Euro monatlich begrüßte Hoffmann, „da im nächsten Jahr vermutlich eine Reduzierung zu erwarten ist“.
    Quelle: Berliner Umschau

    Anmerkung WL: Es deutet sich also schon an, wo künftig die Milliarden für die Bankenrettung wieder hereingeholt werden sollen.

    Siehe auch:

  11. Erste Rentenkürzung seit 1957 droht
    Den 20 Millionen Rentnern droht als Folge der Wirtschaftskrise im nächsten Jahr eine Kürzung ihrer gesetzlichen Altersbezüge um über zwei Prozent. Dies erfuhr das Handelsblatt aus Kreisen der Sozialversicherung. Begründet wurde die Einschätzung mit den negativen Erwartungen der Wirtschaftsinstitute zur Lohnentwicklung.
    Die Institute erwarten, dass in diesem Jahr die für die Rentenerhöhung im nächsten Jahr maßgebliche durchschnittliche Brutto-Lohn- und Gehaltssumme um 2,3 Prozent sinken und erst 2010 wieder um 1,1 Prozent steigen wird. Damit droht den Angaben zufolge eine entsprechende Kürzung der Renten, da nach der Rentenformel ein Absinken der Löhne in einem Jahr auch zu einer Senkung der Renten im nächsten Jahr führen muss. Rentenkürzungen sind nach geltendem Recht lediglich dann ausgeschlossen, wenn sie durch die weiteren Faktoren der Rentenformel wie den Nachhaltigkeits- und den Riesterfaktor ausgelöst würden.
    Quelle: Handelsblatt
  12. Kinderfreundlichkeit? – “Alles eine große Lüge”
    Zwei Jungs, deren Eltern Hartz-IV-Empfänger sind, bessern mit Ferienarbeit ihr Taschengeld auf. Nun fordert die Agentur für Arbeit eine Rückzahlung
    Quelle: Südthüringer Zeitung
  13. Fiat-Einstieg: Opelaner gehen auf die Barrikaden
    Mit massivem Widerstand wollen die Arbeitnehmervertreter von Opel einen mehrheitlichen Einstieg des Fiat-Konzerns verhindern. “Wir werden mit europaweiten Protesten reagieren”, sagt Klaus Franz, Chef des Europäischen Arbeitnehmerforums, der Frankfurter Rundschau. Fiat-Chef Sergio Marchionne hege kein strategisches Interesse an Opel, sondern wolle nur an frisches Geld herankommen.
    Quelle: FR

    Im Gegensatz dazu:

    Fiat wird aktiv: Retter für alle?
    Experten in Italien sehen für den möglichen Einstieg von Fiat bei Opel nicht so schwarz wie ihre Kollegen in Deutschland. Die Fachleute aus dem Süden sagen, wer gegen eine Übernahme Opels durch Fiat sei, weil beide auf die Produktion von Klein- und Mittelklassewagen spezialisiert seien, der vergesse, dass zum Fiat-Konzern auch die Marken Alfa Romeo, Lancia, Ferrari und Maserati zählen.
    Auch bezüglich drohender Werkschließungen bei der GM-Tochter Opel im Fall einer Übernahme durch den Turiner Konzern Fiat seien überzogene Ängste fehl am Platz, hieß es. Fiat-Chef Marchionne hat zwar auch bei Fiat Überkapazitäten abgebaut und will diese Strategie weiter fortsetzen. Er genießt aber bei den italienischen Gewerkschaften beinahe Heiligenstatus, weil er dies ohne Entlassungen an den Fließbändern bewerkstelligt hat.
    Das Motto des Fiat-Chefs: “Die Arbeitskosten machen in unserer Branche weniger als zehn Prozent der Gesamtkosten aus. Ein Manager, der glaubt, ein Autounternehmen durch Entlassungen sanieren zu können, hat seine Hausaufgaben nicht gemacht.”
    Statt in den Werkshallen hat Marchionne in den Teppichetagen von Fiat aufgeräumt und in den ersten Monaten etwa einhundert fürstlich bezahlte, aber unterbeschäftigte Führungskräfte auf die Straße gesetzt.
    Quelle: FR

  14. Günter Wallraff zur Bahn-Überwachung: “Mehdorn war der Diktator”
    Herr Wallraff, Sie schreiben, die Bahn sei mit sehr fragwürdigen Methoden gegen ihre Mitarbeiter vorgegangen, habe Angestellten Pornos und Hitlers “Mein Kampf” auf ihre Computer gespielt, um besser kündigen zu können – haben Sie da nicht etwas dick aufgetragen?
    Ich habe sehr sorgfältig recherchiert und zitiere aus eidesstattlichen Erklärungen der Betroffenen.
    Es ist bei der Bahn ein Überwachungssystem und ein Begünstigungssystem entstanden, wo mit Zuckerbrot und Peitsche der Hofstaat zum parieren gebracht wurde. Einerseits wurden enorme Vergünstigungen und Tantiemen ausgeschüttet … Andere wiederum wurden als Abweichler und Kritiker der Privatisierung angesehen und eingeschüchtert. Diese Mitarbeiter fühlten sich bespitzelt und haben sich wirklich wie in einem totalitären Regime verhalten: die haben jemanden vorgeschickt, wenn sie sich privat trafen und prüften, ob ihnen niemand hinterher war.
    Quelle: FR
  15. Eine soziale Zukunft für Deutschland
    Ein soziales Deutschland sollte ein deutlich höheres Pro-Kopf-Einkommen haben (etwa wie in den USA), das zugleich gerechter verteilt ist (etwa wie in Schweden). Dazu bedarf es einer Strategie, die auf vier gleichzeitig zu berücksichtigenden Säulen beruht: 1. Steigerung der Produktivität, 2. Erhöhung der Beschäftigung, 3. Sicherung der Nachfrage und 4. Verbesserung der Verteilung.
    Steigerung der Produktivität: Internationale Vergleiche haben gezeigt, dass eine Verbesserung der Angebotsbedingungen in Deutschland vor allem Investitionen in Bildung benötigt, um das Humanvermögen zu fördern und die wachstumshemmende Statusabhängigkeit des Bildungserfolges abzubauen.
    Erhöhung der Beschäftigung: Die Maßnahmen zur Förderung des Humanvermögens tragen auch dazu bei, die Beschäftigungschancen bisher benachteiligter Gruppen zu erhöhen. Eine aktive Arbeitsmarktpolitik und Schritte zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie können diese positiven Effekte weiter verbessern.
    Sicherung der Nachfrage: Deutschland sollte sich in Zukunft weniger stark auf den Export verlassen, sondern vor allem die Binnennachfrage stärken, wozu besonders eine bessere
    Einkommensverteilung beitragen würde.
    Verbesserung der Verteilung: Ein nachhaltiges und gleichgewichtiges Wirtschaftswachstum verlangt die konsequente Teilhabe der Löhne am gesamtgesellschaftlichen Produktivitätsfortschritt. Eine gerechtere Einkommensverteilung durch eine bessere Lohnquote dank hoher Beschäftigung, angemessene Mindestlöhne und eine Entlastung der unteren Einkommen im Rahmen eines sozialen Steuern- und Abgabenkonzepts sichern die Massenkaufkraft. Von Michael Dauderstädt u.a…
    Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung [PDF – 220 KB]
  16. Privatisiertes Uni-Klinikum: Gewinnmaximierung auf Kosten der Patienten?
    Vor drei Jahren hatte das Land Hessen die bundesweit erste Privatisierung einer Uni-Klinik beschlossen, sie wurde an eine Aktiengesellschaft, Rhön Klinikum AG, verkauft. Die Uni-Klinik sollte ein Leuchtturm-Projekt im Gesundheitswesen werden, effizient für Ärzte und Patienten, Forscher und Investoren. Privat kann es besser als Staat. Das war der Glaubenssatz des letzten Jahrzehnts, auch im Gesundheitssystem. Aber wie weit darf Privatisierung gehen? Wie weit darf sich der Staat aus der Behandlung von Kranken und der Organisation von Krankenhäusern zurückziehen? Ralph Hötte und Jan Schmitt ziehen nach drei Jahren Bilanz.”
    Quelle 1: ARD Monitor (Einführung und Video)
    Quelle 2: ARD Monitor [Text, PDF – ca. 77 KB]

    Anmerkung KR: Wer Hilfe bei Parteien sucht, um gegen die in der obigen Sendung beschriebenen Missstände vorzugehen, hoffe nicht auf die SPD. Auf die Gesundheitspolitik dieser Partei übt das MdB Karl Lauterbach großen Einfluss aus. Über ihn heißt es in Wikipedia (Stand 26.4.2009):

    Er ist Mitglied des Aufsichtsrats der privaten Krankenhauskette Rhön-Klinikum AG. Da er sich im Rahmen der Gesundheitsreform für die ebenfalls von der SPD befürwortete Neuausrichtung der Zulassung von Leistungsanbietern zur ambulanten Behandlung einsetzt, können gemäß diesen Vorstellungen auch Krankenhäuser möglicherweise stärker an der ambulanten Versorgung teilnehmen.

    Diese Einbeziehung wirkt sich laut MONITOR konkret auf die folgende Weise aus: „Dr. Hendrick Eckert, Allgemeinmediziner: “Seit der Privatisierung ist halt die Situation, dass Patienten aus der Klinik in zunehmendem Maße entlassen werden, ohne dass die Erkrankung selber festgestellt worden ist. Damit ist der Grund, warum Patienten in die Klinik überwiesen werden ad absurdum geführt, denn jetzt müssen die niedergelassenen Ärzte versuchen, trotz dieses Defizits, dieses Mangels, herauszubekommen, was der Patient hat.”

  17. Berlin soll Empfänger von Agrar-Milliarden nennen
    Mehrere Milliarden Euro Agrarsubventionen fließen jährlich nach Deutschland, doch wer die Empfänger sind, will Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner nicht verraten – weil die Geheimniskrämerei gegen europäisches Recht verstößt, droht die Europäische Kommission nun mit einem Verfahren.
    Quelle: SPIEGEL
  18. Sonne statt Reli: Berlin bleibt in Sachen Religionsunterricht ein Vorreiter des modernen Staats
    Religion ist doch Privatsache. Zumindest im aufgeklärten Staat. Meinen jedenfalls die Berliner. Der Berliner Volksentscheid über Religion als gleichberechtigtes Schulfach endete am Sonntag mit einer Niederlage für die “Pro Reli”-Vertreter, die nur 48,5 Prozent der abgegebenen Stimmen erhielten. Mit Nein stimmten 51,3 Prozent. Die Beteiligung lag bei 28,2 Prozent.
    Damit endet der von Christdemokraten und anderen konservativen Christen angeregte Volksentscheid mit einem klaren Sieg des Universalismus, der Differenzen integrierend aufheben will, über ein Pluralismusverständnis, das die “Pro Reli”-Fraktion mit den Neonazis verbindet: Die Konzentration auf das eigene, auf ein homogenes Identitätskonzept in der Wertevermittlung. Und dies verbunden mit dem misstrauischen Verdacht, ein Ethikunterricht, in dem nicht einseitig eine bestimmte Weltanschauung vertreten wird, sondern der das staatliche Neutralitätsgebot beachtet, mache die Schule zu einem normfreien Raum, in dem Werteverfall und moralischer Relativismus gepredigt würden. Diese Argumentation stellt den Bildungsauftrag des Staates in Frage – als könnten nur Religionsgemeinschaften Werte vermitteln. Jetzt ist die Schlammschlacht geschlagen. Man könnte wieder vernünftig werden.
    Quelle: Telepolis
  19. Kinderporno-Sperren: Regierung erwägt Echtzeitüberwachung der Stoppschild-Zugriffe
    Die Bundesregierung erhofft sich von dem geplanten Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie im Internet offenbar wesentlich weitergehende Überwachungsmöglichkeiten als bislang bekannt. Gegenüber heise online erklärte jetzt Ulrich Staudigl, Sprecher im Bundesjustizministerium, dass man in der Regierung durchaus eine Überwachung der von den Providern gehosteten Stoppseiten-Server durch Strafverfolgungsbehörden in Betracht zieht …
    Diese Planungen kommen überraschend, denn im Gesetzgebungsverfahren war bislang von keiner Seite die Rede davon, dass ein Echtzeitzugriff auf die von Providern geloggten Nutzer-IP-Adressen zu Strafverfolgungsmaßnahmen möglich sein soll. Im Gegenteil versuchte Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen vor rund einem Monat noch die Wogen zu glätten, indem sie beispielsweise gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bezüglich des geplanten Gesetzes behauptet hatte: “Eine Auswertung der Internetkommunikation findet nicht statt.”
    Quelle: heise online
  20. Justizskandal in Sachsen: Eine “kleine Anfrage” im Sächsischen Landtag sorgt für Furore
    Am 24. Januar 1996 sendet das ZDF in „Kennzeichen D“ den Beitrag des freien, investigativen Journalisten Heinz Fassbender aus Köln, der nach intensiven Recherchen über den skandalösen Umgang von Angestellten der Leipziger Stadtverwaltung und offiziellen Beratern der Stadt mit Filetstücken des Immobilienfonds der Stadt berichtete. Der Beitrag findet insbesondere auch deshalb Beachtung, weil Heinz Fassbender und sein Team bei den Dreharbeiten zum dubiosen Immobilienerwerb eines leitenden LWB-Mitarbeiters tatsächlich angegriffen und erheblich verletzt wurden.
    Nach Ausstrahlung des Beitrages überlässt Fassbender drei Ordner Recherchematerial dem LKA Sachsen auf dessen Bitten und im Glauben auf Weiterverfolgung seiner Rechercheergebnisse. Vom LKA Sachsen erfolgt nie wieder eine Rückmeldung. Seine wichtigste Informantin, Rechtspflegerin Beer vom Amtsgericht Leipzig, verschwindet 1996 spurlos und wird Jahre später ermordet aufgefunden.
    Quelle: Pressemitteilung WebService
  21. FDP rechnet mit 2,6 Millionen-Strafe für Möllemann-Spendenskandal
    Die nordrhein-westfälische FDP rechnet damit, dass sie für den Spendenskandal ihres früheren Vorsitzenden Jürgen Möllemann eine Gesamtstrafe von 2,6 Millionen Euro zahlen muss. Das hat Landes-Schatzmeister Paul Friedhoff an die Bezirks- und Kreisverbände geschrieben, wie eine Parteisprecherin am Freitag einen Bericht der Tageszeitung „Die Welt“ (Samstag) bestätigt.
    Quelle: Westfälische Nachrichten

    Anmerkung WL: Gut, dass man darüber auch noch einmal etwas erfährt.

  22. Margret Wintermantel als HRK-Präsidentin wieder gewählt – Vizepräsidenten Lenzen und Müller ebenfalls in ihren Ämtern bestätigt
    Prof. Dr. Margret Wintermantel bleibt für weitere drei Jahre Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz (HRK). Sie wurde von der HRK-Mitgliederversammlung mit überwältigender Mehrheit im Amt bestätigt.
    Quelle: idw

    Anmerkung WL: Mit Wintermantel und Lenzen an der Spitze ist kein Kurswechsel der HRK in Sicht. Beide sind Vertreter des Modells der „unternehmerischen Hochschule“, Lenzen wurde vom Bertelsmann Centrum für Hochschulentwicklung gar als Hochschulmanager des Jahres ausgezeichnet, weil er die Kriterien der „unternehmerischen Hochschule“ (nach dem CHE-Konzept) am besten erfüllt hat. Wintermantel hält das NRW-Hochschul-„Freiheits“-Gesetz für einen bedeutenden Reformschritt. Der Bologna-Prozess wird also intensiviert, eine zentrale Hochschulzulassung weiter blockiert, die Hierarchisierung der Hochschullandschaft weiter forciert.
    Es ist schon eine merkwürdige Diskrepanz: Wenn man mit einzelnen Hochschullehrern und deren Verbänden spricht, wird massive Kritik am gegenwärtigen Reformprozess laut, doch die HRK ist inzwischen so weit von der Hochschulbasis entfernt, wie die Berliner Politik von den Bürgerinnen und Bürgern. Die HRK ist derzeit letztlich nichts anderes mehr als der politische Arm des CHE der Bertelsmann Stiftung.

    Zum Einfluss des Kraken Bertelsmann siehe auch:

    Staatsschulden bedrohen Leuchttürme
    Mehr Wettbewerb um Wissenschaftler, Studenten, Forschungsgeld: Deutsche Hochschulen haben sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Doch die Rezession stellt all die Errungenschaften wieder in Frage.
    Straubhaar und Landfried sind zwei in einer Reihe namhafter Experten, die das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) jetzt zu Folgen der Krise für die deutschen Hochschulen befragt hat. Dabei herausgekommen sind erstaunliche Antworten, die von der FTD in Auszügen dokumentiert werden.
    Der Ruf nach dem Staat jedenfalls ist auch aus den Unis deutlich zu hören. Wenn Banken und Firmen mit Milliarden Steuergeldern gerettet werden, fordert auch die Wissenschaft ein Konjunkturprogramm. Doch statt immer darauf zu setzen, dass der Staat noch mal nachlegt, sollten Hochschulen vielmehr selbst vorsorgen, meinen die vom CHE befragten Experten. Potenzial gäbe es genug. Unis könnten, meint etwa Straubhaar, die Krise nutzen und sich verstärkt um privates Kapital bemühen.
    Quelle: FTD

    Anmerkung WL: Ohne jegliche kritische Anmerkung über die Funktion des CHE als Lobbyorganisation für die „unternehmerische Hochschule“ druckt die FTD die Aussagen der vom CHE ausgewählten „Experten“ ab. Wieder einmal eine Vermischung von Journalismus und PR. Das ist kein Wunder, denn die FTD gehört zu Gruner+Jahr, und an diesem Verlag ist Bertelsmann mit 74,9% beteiligt.

  23. Bologna-Prozess: Studenten im Punktefieber
    Äffchenschule. Das ist ein Wort, das Alexandra Ivanova, 20, gern benutzt, wenn sie von ihrem Bachelorstudium erzählt. So nennt sie es, wenn sie mit 50 Kommilitonen vor Klausurcomputern hockt und auswendig gelernte Antworten anklickt. Oder wenn sie wie angeleint im Japanologie-Seminar sitzt und täglich Stotterreferate von Kommilitonen hören muss, weil im Bachelorstudium Anwesenheitspflicht herrscht. Oder wenn ein Dozent ein lange vorbereitetes Gruppenreferat absagt und keiner von ihren Kommilitonen – den »Ja sagenden Äffchen« – Einspruch erhebt. Alexandra Ivanova ist wütend. Auf das deutsche Bachelorstudium. Auf Politiker, die Kritik nicht hören wollen. Und auf die Kommilitonen, die nicht gegen die Situation aufbegehren.
    Quelle: ZEIT

    Anmerkung KR: Wir erinnern an die folgende Meldung aus dem Jahre 2003:

    Die rasche und konsequente Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengänge in Deutschland fordert das Gütersloher Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) in einem Positionspapier.

    Quelle: Bertelsmann-Stiftung

    Dass so viele Hochschulangehörige lange nicht wahrhaben wollten, was mit dem Bologna-Prozess auf sie zukommt, ist mit Sicherheit zu einem großen Teil der mit Bertelsmann-Propaganda kontaminierten Berichterstattung der ZEIT zu verdanken.
    Und die Kooperation zwischen ZEIT und CHE wird unseres Wissens fortgesetzt.

  24. GWK verabschiedet ihren Vorschlag für die Weiterführung von Hochschulpakt, Exzellenzinitiative und Pakt für Forschung und Innovation
    Alle drei Vorhaben zusammen umfassen ein Finanzvolumen von rund 18 Mrd. Euro bis zum Jahr 2019 und werden als gemeinsamer Beitrag von Bund und Ländern erheblich zum Erreichen des auf dem Qualifizierungsgipfel in Dresden vereinbarten Zehn-Prozent-Ziels beitragen: dieses Ziel beinhaltet die Verabredung von Bund und Ländern, dass in Deutschland der Anteil der Aufwendungen für Bildung und Forschung bis zum Jahr 2015 auf zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen soll.
    Quelle: Gemeinsame Wissenschaftskonferenz [PDF – 34 KB]

    Anmerkung WL: Das sind pro Jahr gerade mal 1,8 Milliarden. Man vergleiche diese Zahlen einmal mit den Unternehmensteuersenkungen der letzten Jahre, dem Bankenrettungsplan oder den Kapitalzuschüssen für HRE, Commerzbank und IKB.

    Siehe dazu:

    GEW: „Dem „Hochschulpakt II“ muss schleunigst ein „Hochschulpakt III“ folgen“
    Keller kritisierte, dass der pro Studienplatz bereit gestellte Betrag von 26.000 Euro, das sind 6.500 Euro pro Studienjahr, nicht ausreiche, um alle 275.000 Studienplätze vollständig zu finanzieren. „Die durchschnittlichen Kosten eines Studienplatzes liegen bei 7.300 Euro im Jahr, für ein komplettes Bachelor- und Master-Studium werden 36.500 Euro benötigt“, rechnete der GEW-Hochschulexperte vor. Er gab außerdem bedenken, dass 275.000 zusätzliche Studienplätze zwar die zusätzliche Nachfrage der geburtenstarken Jahrgänge der neunziger Jahre und der doppelten Abiturjahrgänge abdeckten. „Wenn wir aber die im internationalen Vergleich sehr niedrige Studienanfängerquote von derzeit unter 40 Prozent deutlich steigern wollen, brauchen wir mindestens 370.000 zusätzliche Studienplätze. Dem ‚Hochschulpakt II’ muss daher schleunigst ein ‚Hochschulpakt III’ folgen, der einen bedarfsgerechten Ausbau der Hochschulen sicherstellt“, forderte Keller.
    Der GEW-Sprecher zeigte sich enttäuscht, dass der „Hochschulpakt II“ die miserablen Betreuungsverhältnisse an den Hochschulen fortschreibe: „An den Universitäten kommen heute auf eine Hochschullehrerstelle 60 Studierende, in vielen Studiengängen sind es sogar 80, 100 oder 140 Studierende.“ Keller erinnerte daran, dass der Wissenschaftsrat erst im Sommer 2008 in seinen „Empfehlungen zur Qualitätsverbesserung von Studium und Lehre“ eine Verbesserung des Betreuungsverhältnisses angemahnt habe. „Die Verbesserung der Qualität der Lehre und die Studienreform im Europäischen Hochschulraum setzen eine intensivere Beratung und Betreuung der Studierenden voraus. Wir brauchen daher im ‚Hochschulpakt III’ eine Qualitätskomponente, die nicht nur mehr Studienplätze, sondern auch bessere Studienbedingungen sicher stellt – durch deutlich mehr Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.“
    Quelle: GEW

    Hochschulpakt II: Deutsches Studentenwerk fordert Mittel für soziale Infrastruktur
    “Studienplätze allein reichen nicht. Studierende brauchen ein Dach überm Kopf, campusnahe Verpflegung, eine solide Finanzierung und Beratung.” Mit diesen Worten wiederholte Prof. Dr. Rolf Dobischat, der Präsident des Deutschen Studentenwerks (DSW), heute die Forderung nach Mitteln für die soziale Infrastruktur im Hochschulpakt II, den Bund und Länder heute beschließen wollen.
    Quelle: IDW

  25. Bildungsausgaben im föderalen System – Zur Umsetzung der Beschlüsse des “Bildungsgipfels”
    Klaus Klemm argumentiert in seiner neuen Studie, dass die politisch gewollten Ziele (Erhöhung der Betreuungskapazitäten für den vorschulischen Bereich der Krippen und Kindertagesstätten, die bessere sprachliche Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund, die höhere Qualifizierung und Besoldung der Erzieherinnen, die Erhöhung der Abiturientenzahl, die massive Förderung der Hochschulen und der Forschung, die Erhöhung der Beteiligung an Weiterbildungsmaßnahmen usw.) mit den bisher dafür vorgesehenen Mitteln in den Haushalten des Bundes, der Länder und der Gemeinden nicht erreicht werden können. Über die Höhe des privaten Sektors kann naturgemäß weniger ausgesagt werden.
    Insofern hat sich strukturell nichts gegenüber dem Befund von 2005 geändert.
    Klaus Klemms Argumentationen laufen darauf hinaus, für das Bildungssystem klarere Zielvorgaben und verbindliche Finanzierungsentscheidungen für die Realisierung zu erarbeiten, die möglichst krisenunabhängig sind. Ob das gelingt, hängt davon ab, wie lange es dauern wird, bis in Deutschland bildungspolitische Reden nicht nur eine Pflichtaufgabe, sondern eine Herzensangelegenheit sein werden.
    Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung [PDF – 535 KB]
  26. HIS-Studie: Studierneigung und Berufsausbildungspläne
    Neben dem starken Einfluss unterschiedlicher schulischer Leistungsniveaus ist auch der familiäre Bildungshintergrund nach wie vor von Bedeutung für die Überlegungen, ein Studium aufzunehmen oder darauf zu verzichten. Bei den zukünftigen Studienberechtigten 2008 aus Familien, in denen mindestens ein Elternteil über einen Hochschulabschluss verfügt, beläuft sich die Bandbreite der Studierneigung auf minimal 59 % bis maximal 78 %; Schüler/innen ohne akademischen Bildungshintergrund äußern dagegen erheblich seltener eine Studienabsicht (43 % bis 65 %). Von einigem Gewicht ist zudem der West-Ost-Unterschied. Im Unterschied zu 2005 und 2006 zeigen sich beim Schulabschlussjahrgang 2008 erstmals wieder deutliche Differenzen zwischen den alten und neuen Ländern. Während sich die Studierneigung in den alten Ländern in einem Korridor von 52 % bis 73 % bewegt, liegt sie in den neuen Ländern nur zwischen einem Minimalwert von 47 % und einem Maximum von 68 %. Keinerlei Studienabsichten bekunden 26 % der westdeutschen, aber 31 % der ostdeutschen Schüler/innen in den Abschlussklassen.
    Quelle: HIS [PDF – 1.9 MB]
  27. Wer mehr Ingenieurinnen will, muss bessere Karrierechancen für Frauen in Technikberufen schaffen
    Die tatsäch­lichen Berufsaussichten von Frauen in den „MINT-Berufen“ (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) bestimmen maßgeblich mit, ob Mädchen und junge Frauen sich für naturwissenschaftliche und technische Ausbildungen so­wie Leistungs- und Studienfächer entscheiden.
    Frauen, die ein Studium in MINT-Berufen erfolgreich abgeschlossen haben, sind mit deutlich größeren Schwierigkeiten als Männer konfrontiert, einen Berufseinstieg zu finden, der ihrer Qualifikation ange­messenen ist. Sie sind stärker von Sucharbeitslosigkeit betroffen, können häufiger nur in befristete und zumeist schlechter bezahlte Jobs einsteigen. Aktuell sind etwa 22 Prozent der Absolventen in den Ingenieurwissenschaften Frauen, aber nur 11 Prozent der beschäftigten Ingenieure.
    Die Arbeitslosenquote der In­genieurinnen ist mit 18,9 Prozent zweieinhalbmal so hoch wie die der Ingenieure (7,2 Prozent) – und im Vergleich zu 1999 hat sich diese Geschlechterungleichheit zumindest absolut sogar noch erhöht (21,3 Prozent zu 9,4 Prozent).
    Quelle: Wissenschaftszentrum Berlin [PDF – 250 KB]
  28. Monsanto: „Der gegebene Anlass“
    Wenn ein gealterter Kritiker auf den Putz haut, ist es dem Fernsehen eine Sondersendung wert; wenn Monsanto lügt und betrügt, weil behauptet wird, es gäbe keine ausreichenden Studien zur Schädlichkeit von Genmais, wenn Monsanto darüber hinaus auch noch droht, rechtliche Schritte einzuleiten, damit das mörderische Geschäft auch in Europa betrieben werden kann, dann gibt es keinen gegebenen Anlass.
    Es gäbe viele gegebene Anlässe für Deutschlands öffentlich-rechtliche Sendeanstalten, doch das Interesse am Bildungsauftrag ist gering. Man will unterhalten, nicht informieren.
    Quelle: ad sinistram


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